30.09.2018 - 15:14 Uhr
Meggi
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Die Abfüllungs-Terminatorin
Ende Juli 1995 trat die Abfüllungs-Terminatorin in mein Leben. Wobei ich von dieser speziellen Fähigkeit damals noch nichts ahnte. Es begann im Gegenteil alles sehr friedlich: Ein traumhafter Sommertag ging zur Neige und gleich drei Freunde bzw. Bekannte feierten ab dem späten Nachmittag gemeinsam Geburtstag am Falckensteiner Strand an der Kieler Förde. Zu Gast waren hauptsächlich Studenten, sämtlich feten- und abhäng-erprobt. Kein Wunder in Anbetracht des seinerzeit recht entspannten Uni-Alltags; Studieren in Kiel brachte (außer für die Heiz-Düsen) im Sommer halt die sogenannten „SoS“-Semester mit sich: „Strand oder Statistik?“
Ich zum Beispiel hatte besagten Strand bereits seit Wochen eifrig frequentiert, weil ich nach Abgabe meiner letzten größeren Hausarbeit vor dem Examen das Gefühl gehabt hatte, was geleistet zu haben. Die leicht gelockten Haare waren ein wenig länger geworden, hell geblichen von Salz und Sonne. Dazu eine Bräune, die mit der eines sizilianischen Land-Arbeiters hätte konkurrieren können, was – und das habe nicht ich mir ausgedacht – die Augen unverschämt blau strahlen ließ. Eigentlich hatte meine Heute-Frau die Party überhaupt nicht besuchen wollen. Dass sie es doch tat, war einer jener magischen Zufälle, die Parship & Co. ziemlich alt aussehen lassen.
Bis heute rechne ich es ihr hoch an, dass sie mir die Treue gehalten hat, obwohl sozusagen der Lack bald abblätterte. Es wäre durchaus statthaft gewesen, von einer Vorspiegelung falscher Tatsachen zu murren. Aber womöglich ist es eine späte Rache, dass sie mir nun gelegentlich Kauf-Kandidaten wegschießt?
Zumeist handelt es sich um Düfte mit Beteiligung von Patchouli. Und damit sind wir mitten im Thema. Ich nehme in ‚Nouvelle Collection – Oud‘ zu weiten Teilen, wenn nicht gar überwiegend, Patchouli wahr. Allemal halte ich es für eine Art Rückgrat, einen Grundton, der mit seinen zahlreichen Facetten die vielfältigen Aromen eint, welche überdies an verschiedenen Testtagen abweichende Schwerpunkte zu setzen scheinen.
Freilich darf Oud natürlich nicht allzu kurz kommen. Ein bisschen Kuhstall-Holz aus dem Röhrchen und was Medizinisches direkt nach dem Aufsprühen stellten das unmittelbar klar. Schon am zweiten Test-Tag hingegen kam mir eher hell-staubiges, beinahe holziges Patchouli in den Sinn, sacht gewürzt - Safran passt. Ein dritter Test förderte einen spontanen Gedanken an Leukoplast-Elemi zutage.
Der Fortgang fiel wieder etwas einheitlicher aus. Tanne. Waldboden mit Nadeln darauf. Ein Griff hinein in muffig-modrige Erde, im Ansatz altfäkal. Ich denke, dafür zeichnet Kostus verantwortlich, vgl. ‚Tellus - Eau Arborante‘ von Les Liquides Imaginaires. Später rieche ich unvermutete Süße, fast wie von Zimt. Aus dem Patchouli zwinkert mir die ihm eigene „Schokolade“ zu, während im Hintergrund erneut (oder immer noch?) eine winzige Idee Kuhstall rumort, an der Schwelle zur Einbildung. Nahe der Haut wabert was Harzig-Säuerliches, „duro-haft“ ließe es sich nennen
Langsam dreht die Süße in Richtung Honig weiter - Tannenhonig, versteht sich. Und plötzlich liegt über dem Duft eine intensive Aura ähnlich der, die über flüssigem Honig schwebt. Sie erklärt, warum ich an einem der vielen Testtage unwillkürlich an den ansonsten völlig sachfremden Lavendel(!) gedacht hatte, denn auch der hat eine solche Anmutung, distanziert und metallisch. Der Duft hat mich also an Lavendel erinnert, ohne danach zu riechen. Na super. Firma Piguet lässt mich an meiner Nase verzweifeln.
Im Laufe des Nachmittags kommen cremigere Aspekte zum Zuge. Guajak? Es wäre frei von H-Sahne. Ich finde es eher sandelig, gebe jedoch irgendwann auf, flüchte mich lieber wieder in mein Schoko-Patchouli mit einem Klecks Medizin und Kuhstall und lasse mich davon bis in den Abend tragen.
Tja. Das hört sich nun fürchterlich wirr an. Im Einsatz ist es das allerdings überhaupt nicht. Selbst die teils abenteuerlich klingenden Verschwenkungen wirken im Moment des Geschehens sinnfällig, mit genau dem rechten Maß an Abwechslung. Obendrein darf bei einigermaßen sorgsamer Dosierung die Sillage knapp als mittelmäßig gelten, so dass sich da draußen niemand überfordert fühlen muss.
Abgesehen von meiner Frau. Mehrmals habe ich ihr den Duft heimlich unterzujubeln versucht – keine Chance. Stets die gleiche Diagnose, entsprechend der bei Malles ‚Monsieur.‘, einem anderen Kauf-Kandidaten: Katzenpisse! Vielleicht versuche ich es noch ein- oder zwei Mal, aber ich habe kaum Hoffnung. Ich werde diesen schönen Duft wohl nie mein eigen nennen. Meine ‚Monsieur.‘-Abfüllung habe ich resigniert verschenkt…
Ich bedanke mich bei Terra für das Sharing.
Ich zum Beispiel hatte besagten Strand bereits seit Wochen eifrig frequentiert, weil ich nach Abgabe meiner letzten größeren Hausarbeit vor dem Examen das Gefühl gehabt hatte, was geleistet zu haben. Die leicht gelockten Haare waren ein wenig länger geworden, hell geblichen von Salz und Sonne. Dazu eine Bräune, die mit der eines sizilianischen Land-Arbeiters hätte konkurrieren können, was – und das habe nicht ich mir ausgedacht – die Augen unverschämt blau strahlen ließ. Eigentlich hatte meine Heute-Frau die Party überhaupt nicht besuchen wollen. Dass sie es doch tat, war einer jener magischen Zufälle, die Parship & Co. ziemlich alt aussehen lassen.
Bis heute rechne ich es ihr hoch an, dass sie mir die Treue gehalten hat, obwohl sozusagen der Lack bald abblätterte. Es wäre durchaus statthaft gewesen, von einer Vorspiegelung falscher Tatsachen zu murren. Aber womöglich ist es eine späte Rache, dass sie mir nun gelegentlich Kauf-Kandidaten wegschießt?
Zumeist handelt es sich um Düfte mit Beteiligung von Patchouli. Und damit sind wir mitten im Thema. Ich nehme in ‚Nouvelle Collection – Oud‘ zu weiten Teilen, wenn nicht gar überwiegend, Patchouli wahr. Allemal halte ich es für eine Art Rückgrat, einen Grundton, der mit seinen zahlreichen Facetten die vielfältigen Aromen eint, welche überdies an verschiedenen Testtagen abweichende Schwerpunkte zu setzen scheinen.
Freilich darf Oud natürlich nicht allzu kurz kommen. Ein bisschen Kuhstall-Holz aus dem Röhrchen und was Medizinisches direkt nach dem Aufsprühen stellten das unmittelbar klar. Schon am zweiten Test-Tag hingegen kam mir eher hell-staubiges, beinahe holziges Patchouli in den Sinn, sacht gewürzt - Safran passt. Ein dritter Test förderte einen spontanen Gedanken an Leukoplast-Elemi zutage.
Der Fortgang fiel wieder etwas einheitlicher aus. Tanne. Waldboden mit Nadeln darauf. Ein Griff hinein in muffig-modrige Erde, im Ansatz altfäkal. Ich denke, dafür zeichnet Kostus verantwortlich, vgl. ‚Tellus - Eau Arborante‘ von Les Liquides Imaginaires. Später rieche ich unvermutete Süße, fast wie von Zimt. Aus dem Patchouli zwinkert mir die ihm eigene „Schokolade“ zu, während im Hintergrund erneut (oder immer noch?) eine winzige Idee Kuhstall rumort, an der Schwelle zur Einbildung. Nahe der Haut wabert was Harzig-Säuerliches, „duro-haft“ ließe es sich nennen
Langsam dreht die Süße in Richtung Honig weiter - Tannenhonig, versteht sich. Und plötzlich liegt über dem Duft eine intensive Aura ähnlich der, die über flüssigem Honig schwebt. Sie erklärt, warum ich an einem der vielen Testtage unwillkürlich an den ansonsten völlig sachfremden Lavendel(!) gedacht hatte, denn auch der hat eine solche Anmutung, distanziert und metallisch. Der Duft hat mich also an Lavendel erinnert, ohne danach zu riechen. Na super. Firma Piguet lässt mich an meiner Nase verzweifeln.
Im Laufe des Nachmittags kommen cremigere Aspekte zum Zuge. Guajak? Es wäre frei von H-Sahne. Ich finde es eher sandelig, gebe jedoch irgendwann auf, flüchte mich lieber wieder in mein Schoko-Patchouli mit einem Klecks Medizin und Kuhstall und lasse mich davon bis in den Abend tragen.
Tja. Das hört sich nun fürchterlich wirr an. Im Einsatz ist es das allerdings überhaupt nicht. Selbst die teils abenteuerlich klingenden Verschwenkungen wirken im Moment des Geschehens sinnfällig, mit genau dem rechten Maß an Abwechslung. Obendrein darf bei einigermaßen sorgsamer Dosierung die Sillage knapp als mittelmäßig gelten, so dass sich da draußen niemand überfordert fühlen muss.
Abgesehen von meiner Frau. Mehrmals habe ich ihr den Duft heimlich unterzujubeln versucht – keine Chance. Stets die gleiche Diagnose, entsprechend der bei Malles ‚Monsieur.‘, einem anderen Kauf-Kandidaten: Katzenpisse! Vielleicht versuche ich es noch ein- oder zwei Mal, aber ich habe kaum Hoffnung. Ich werde diesen schönen Duft wohl nie mein eigen nennen. Meine ‚Monsieur.‘-Abfüllung habe ich resigniert verschenkt…
Ich bedanke mich bei Terra für das Sharing.
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