Yatagan

Yatagan

Rezensionen
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6 - 10 von 396
Yatagan vor 4 Monaten 81 123
8
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
5
Duft
Was passiert, wenn Dior den New Look neu definiert
Unkommentierte Düfte No. 178

Der sog. New Look bezeichnet einen neuen Stil in der Damenmode der 50er Jahre, der figurbetont und feminin war und von Christian Dior ab Frühjahr 1947 präsentiert wurde. Alles weitere weiß Wiki besser.

Da Dior damit seinerzeit die Damenmode revolutionierte, handelt es sich hier um ein für Dior besonders prestigeträchtiges Label, bei dessen olfaktorischer Umsetzung besondere Sorgfalt zu erwarten war. Nun ist Francis Kurkdjian durchaus jemand, der es könnte, steht allerdings eher für artifizielle Düfte, und zwar sowohl bei den schweren Düften wie "Baccarat Rouge 540 (Eau de Parfum) | Maison Francis Kurkdjian" als auch bei den hellen Colognes wie "Gentle fluidity (Silver) | Maison Francis Kurkdjian". Nahezu alle Düfte zeichnet eine durchaus künstlerisch ambitionierte Synthetik aus: artifizielle Düfte eben.

So auch der neue "New Look | Dior". Das Ergebnis ist m.E. ernüchternd: Im Zentrum der Komposition stehen Aldehyde, die ich durchaus zu schätzen weiß, wenn sie gut eingebunden sind, etwa in florale, ambrierte oder orientalische Kompositionen. Hier jedoch sorgt die Kombination mit Weihrauch, der nicht etwa schwer und sakral, sondern hell, silbrig, ätherisch daher kommt und die künstlich prickelnde Wirkung der Aldehyde unterstreicht, dafür, dass der New Look zu einem Synthetic Look wird. Mir fehlt das Fleisch, die Basis, die Grundierung, die Farbe: der Duft wirkt - synästhetisch betrachtet - grau, weiß, silbern, im eigentlichen Sinne kalt, ganz anders also als der New Look von Dior. Man kann das natürlich durchaus mögen. Ich kann es nicht würdigen.

Was Christian wohl dazu gesagt hätte?

123 Antworten
Yatagan vor 4 Monaten 52 74
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
6
Duft
Du bist Petrus?
Unkommentierte Düfte No. 177

Hier konnte ich einfach nicht widerstehen: Ein Duft, der nach dem sog. Felsenwort Jesu aus dem Matthäusevangelium (Mt. 16,19f.) benannt wurde, der (historisch höchst umstrittenen) Evangelienperikope, die Petrus das Primat in der Kirche zuschreiben soll (tu es Petrus...: Du bist Petrus...), ein Flakon, den eine Kasel (Papst- oder Bischofsmantel) als Umhang ziert und auf dem ein Papstwappen abgebildet ist - und der schlussendlich die Erinnerungen von Filippo Sorcinelli an seine Zeit als Student im Vatikan abbilden soll. Zu vermuten wären viel Weihrauch, Myrrhe und Harze, der Duft aber bricht mit allen Erwartungen. Abgesehen davon, dass er angeblich die Duftpryamide auf den Kopf stellen und die Hesperidien erst in der Basisnote entwickeln soll (wovon man hier nicht wirklich was merkt), ist er ein ausgesprochen grün fruchtiger, recht lustiger Priestergeselle: gar nicht so ernst, würdevoll und weihrauchschwanger wie man glauben (!) könnte. Ein Bild des Aufbruchs?

Den Duft kennzeichnen vor allem säuerlich fruchtige Hesperidien und das wirklich eigenwillige und auf mich geradezu sperrig wirkende Dewfruit® von Givaudan, das mir noch nie bewusst begegnete und bisher wohl recht selten Verwendung findet: Es soll nach LItschie und Himbeere riechen und eine grüne Note entwickeln: passt! Insgesamt ist mir das allerdings zu künstlich, zu neonfarben, zu grell und in Kombination mit dem Jasmin riecht da etwas ganz leicht nach verwelkten grünen Blumenstengeln: moderat indolisch, dezent faulig, ein klein wenig streng. Darüber hinaus wirkt alles synthetisch süß, so als hätte der Parfümeur noch eine ordentliche Dosis Aspartam oder Steviosid ins Blumenwasser gekippt.

Was das nun alles mit Sorcinellis Erinnerungen an seine Zeit im Vatikan zu tun hat? Sorcinelli, der neben seiner Leidenschaft für Düfte vor allem sakrale Gewänder und Accessoires für die Liturgie in der katholischen Messe schneidert, behauptet, es habe während seiner Zeit als Student im Vatikan in den 90er-Jahren einen Duft gegeben, der damals sehr populär gewesen sei. "Unum - Tu es Petrus | Filippo Sorcinelli" soll ähnlich sein: "Erinnerungen an Umarmungen, brüderliche Begrüßungen und Formalitäten im Petersdom." (Quelle F. Sorcinelli auf seiner Homepage).
Wer hätte das gedacht: Im Vatikan riecht es nicht nur nach Weihrauch, sondern auch nach Himbeeren und Litschie! Also doch ein Bild des Aufbruchs!
74 Antworten
Yatagan vor 4 Monaten 83 108
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Flakon
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Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Warum Du diesen Duft an Silvester auf keinen Fall tragen solltest!
Achtung: Lesen Sie nur weiter, wenn Sie Ironie verkraften können!

Du solltest diesen Duft an Silvester auf keinen Fall tragen, weil er nicht viel kostet - und was billig ist, kann schließlich nichts wert sein und wird deine Freunde deshalb mit Sicherheit nicht beeindrucken! Überdies passt er nicht zu deinem neuen SUV und das wäre ja das Mindeste!

Du solltest diesen Duft an Silvester auf keinen Fall tragen, weil der Flakon so schrecklich billig wirkt, - nicht mal ein bisschen retro -, und er deshalb deiner Freundin auf keinen Fall gefallen kann: Er passt nämlich nicht zu ihrem neuen Gucci-Fummel und wenn Du ihn in ihrem Bad platzierst, wird sie dich schlimmstenfalls noch vor der Silvesterparty rausschmeißen.

Du solltest diesen Duft an Silvester auf keinen Fall tragen, weil er nicht nach grünem Apfel, synthetischem Oud und Safran riecht und Du deshalb bei deinen neuen Freunden sofort unangenehm auffallen würdest: so wird das nichts mit der Corporate identity im Luxusclub!

Du solltest diesen Duft an Silvester auf keinen Fall tragen, weil die Haltbarkeit unter 6 Stunden liegt und Du deshalb eine ganze Flasche verbrauchen müsstest, um mit den neuesten Düften deiner Freunde und Freundinnen mithalten zu können. Spätestens ab Mitternacht riechst Du nämlich nach NICHTS mehr.

Du solltest diesen Duft an Silvester auf keinen Fall tragen, weil die Sillage nur deinen Nachbarn auffallen würde, Du aber den ganzen Club beduften möchtest. Spätestens jetzt hat sich die Entscheidung sowieso erledigt.

Du KANNST diesen Duft an Silvester tragen, wenn Du einem alten Klassiker den Vorzug geben möchtest, in den letzten Jahren bereits "Pour Un Homme de Caron (1934) (Eau de Toilette) | Caron", "Pour Monsieur (Eau de Toilette) / A Gentleman's Cologne / For Men | Chanel", "Eau Sauvage (Eau de Toilette) | Dior" und ähnliche unauffällige Altherrendüfte getragen hast und nicht mehr weißt, was sonst noch in Frage käme. Vielleicht wäre das nicht mal eine schlechte Wahl: knarzige, würzige und waldige Fougère-Düfte sollen ja bald wieder angesagt sein - und vielleicht bist Du dann der erste, der diesen neuen Trend bemerkt, und kannst es bei Instagram posten.

Allen Klassik-Fans, Nischenduft-Träger:innen, Mainstream-Liebhaber:innen und Drogerie-Connaisseuren sowie allen sonstigen liebenswerten Menschen auf Parfumo wünsche ich einen schönen Altjahrsabend und ein gutes und gesundes Jahr 2024!

Euer Yatagan
108 Antworten
Yatagan vor 4 Monaten 57 84
10
Flakon
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Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Die gute alte Zeit
Der Manufactum-Versand steht für nachhaltige, im besten Sinne "gute" Waren, die nicht für Wegwerfkonsum, sondern für dauerhaften Gebrauch und lange Haltbarkeit gefertigt werden: ein Fenster in die gute alte Zeit, als Produkte noch überwiegend in Manufakturen - teils von Hand und aus robusten Materialien - gefertigt wurden. Sowohl der Katalog als auch die Homepage zeugen von einer klassischen und traditionellen Ästhetik. Noch schöner ist der Besuch eines der Manufactum-Kaufhäuser, in denen die Produkte stilvoll in Holzschränken präsentiert werden. Das ist alles nicht ganz billig und vielleicht sogar ein wenig elitär, aber oft lohnen die Investitionen, denn vieles wurde für - womöglich - lebenslangen Gebraucht produziert. Auch eine schöne, geradezu liebevolle Auswahl von Düften gibt es dort (u.a. Knize, Klar, Trumper oder verschiedene Klosterwaren), unter anderem auch eine ganze Palette der französischen Marke Panier des Sens, darunter viele Klassiker der Blütendüfte wie Rose und Orangenblüte, sodann Lavendel und natürlich Eisenkraut - und schließlich auch "L'Olivier | Panier des Sens" , den einzigen ausdrücklich als Herrenparfum kategorisierten Duft der Marke.

Wen der Hinweis auf maritime Duftnoten abschreckt, der möge trotzdem bei Gelegenheit testen: gerade auf der Haut duften die aquatischen Akzente ganz dezent und erinnern an eine feine Hautcreme, bleiben allerdings während des ganze Duftverlaufs spürbar. Deutlich markanter tritt der grün-holzige und stilvoll bitter aromatische Geruch nach Olivenblättern hervor, die eher selten in Düften verarbeitet werden, mir selbst vor allem bekannt aus "Vert des Bois | Tom Ford" und im milchig grünen, eigenwillig bitteren "Candour | Humięcki & Graef" , um mal einen weit hergeholten und nur entfernt passenden Vergleich zu wagen.

Nicht allen wird dieser Duft besonders erscheinen: erst beim zweiten und dritten Versuch erschließt sich ganz hintergründig der Charme von "L'Olivier | Panier des Sens" , bleibt eher hautnah, hat dabei aber eine recht gute, aber ganz leise Haltbarkeit von einigen Stunden, die sich eher dem Träger als dem Umfeld erschließt.

Ein abschließender Hinweis: Im Gegensatz zu vielen anderen Produkten, die über Manufactum vertrieben werden, ist "L'Olivier | Panier des Sens" geradezu preiswert, denn 50 ml in nachhaltiger Verpackung ohne Plastik, Folie oder Beschichtung (ganz im Sinne des Manufactum-Versandes) kosten nur wenig mehr als 40 Euro.

Man weiß ja leider nicht immer, was man an Weihnachten als Duft überreicht bekommt, und darum habe ich mir diesen hier selbst geschenkt.

Frohe Weihnachten!
Yatagan
84 Antworten
Yatagan vor 5 Monaten 57 95
10
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
9
Duft
Heidelbergs rustikale Romantik*
Heidelberg ist nicht nur wegen seiner Altstadt, seines märchenhaften Schlosses und als Zentrum der Heidelberger Romantik / deutschen Romantik (Achim von Arnim, Clemens Brentano) ein Anziehungspunkt (für alle Menschen mit Seele), sondern auch wegen einiger wirklich schöner traditioneller Geschäfte in der barocken und klassizistischen kilometerlangen Fußgängerzone. Dazu gehört auch die Zentrale der Klar-Seifenmanufaktur, die zu den ältesten ihrer Art in Deutschland gehört (Gründung 1840) und es damit mit den ältesten Duftmanufakturen weltweit aufnehmen kann, auch wenn dort anfangs nur Seifen gesiedet und parfümiert wurden. Düfte wurden erst später ergänzt. Näheres findet sich auf der wirklich schönen und informativen Homepage.

Derartige ehrwürdige Traditionen ziehen mich unwiderstehlich an und deshalb habe ich den schon vor vielen Jahren getesteten Düften von Klar vor Ort eine neue Chance gegeben. Eigentlich gefallen sie mir alle mehr oder weniger, aber da ich auf der Suche nach einem gut verträglichen Rasierwasser war, habe ich mich als Souvenir aus Heidelberg für das "Rasierwasser Klassik | Klar Seifen" entschieden, das tatsächlich wunderbar klassisch ist, deshalb auch eine deutlich Bergamottenote im Auftakt aufweist, durchaus alkoholisch scharf, wie es sich für ein etwas rustikales Rasierwasser gehört (ich vermeide den Begriff After Shave), dann aber rasch sanfte Blütentöne entwickelt (Weißblüher und Rosengeranie in englischer Manier) und dann in einer holzigen Basis mit dezentem Moschus ausklingt. Das EdT soll noch Cassis enthalten, was ich beim Rasierwasser auch zu bemerken meine; überdies sehr plausibel ist die dort noch angegebene Muskatnuss, denn der Duft zeichnet sich durch eine feine, aparte Würze aus, die so gar nicht an den derzeit populären Pfeffer erinnert. Ein bisschen ähnlich aufgebaut ist übrigens das legendäre, 1967 eingeführte "Russisch Leder (Eau de Toilette) | Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz" von Farina, das überdies als weitere Parallele Leder in der Basisnote enthalten soll. Zwar darf man sich in diesen traditionellen Düften (zum Glück) keine Ledernote à la Tuscan Leather vorstellen, sondern viel eher eine Melange aus Ambra, Labdanum, vielleicht Birkenteer, hier jedoch so zart, dass man die Komponenten so gut wie gar nicht wahrnimmt. Es entsteht hier nur eine untergründiger Ahnung, die dem Duft resp. Rasierwasser einen warmen Schimmer verleiht, so wie früher gegerbtem und dann parfümiertem Leder.

Für Menschen mit Seele und Sensus für melancholische Momente im Leben.

*Achtung: Dieser Kommentar wurde für nassrasierende Männer mit dem Wunsch nach einem gut verträglichen, aber durchaus scharfen (d.h. munter machenden) Rasierwasser geschrieben - oder für Frauen / andere Männer, die ein solches ihren Männern schenken möchten. Muntere Männer können ja nützlich sein.
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