Nazareno Gabrielli pour Homme 1996 After Shave

FvSpee
24.03.2020 - 17:24 Uhr
20
Top Rezension
6
Flakon
5
Sillage
2
Haltbarkeit
7.5
Duft

CoViD-Kommentare, sechstes Stück: Im falschen Format.

Ich hatte eine Weile wenig Lust auf neue Düfte und wollte eher meine Lieblinge genießen; neue Tests empfand ich als stressig. Vor etwa drei bis vier Wochen drehte das. Und als sich vor etwa ein bis zwei Wochen abzeichnete, dass das gesamte öffentliche Leben über längere Zeit heruntergefahren würde (und auch häusliche Quarantäne ja nie auszuschließen ist), deckte ich mich nicht nur über den Souk mit neuen Pröbchen ein, sondern verwandelte auch ein paar Dauergäste meiner Wunschliste in Versand-Bestellungen. So kam es, dass ich endlich das wunderbare (und sehr preiswerte) Malizia Uomo Vetyver EdT bestellte, und zwar beim Versandhaus "dambiro" (meine erste Bestellung dort), das sich auf italienische Alltagsprodukte (u.a. Kosmetik) spezialisiert hat. Damit dieser Duft nicht alleine würde reisen müssen, packte ich dieses Rasierwasser noch mit dazu.

Das war nur eingeschränkt eine gute Idee, denn Nazareno Gabrielli pour homme ist zwar ein schöner und interessanter Duft, aber er ist als After Shave fehl am Platze, eine Art Seele im falschen Körper. Dieser Nazarener ist ein bemerkenswert bitter-herber, aber auch weich-fülliger Duft. Die Zitrik in der Kopfnote strahlt und leuchtet nicht (was keine Kritik ist), sie ist herb und tief eingebunden in die eher dunkle Sämigkeit der Herz- und Basisnoten. Dort begegnet uns recht schweres Blumenwerk (Rosengeranie ist hier charakteristisch) und bittere Herbalistik (Estragon hat den Hut auf); in der Basis scheinen mir Moschus, Tabak und Vetiver für eine würzige, schwere Weichheit zu stehen. Das ergibt einen sehr männlichen, mutigen, fast ausschweifenden Duft, zu wenig grün und fougèrig und strahlend, um ein klassischer Powerhouse-Achtziger zu sein, aber er ist ein schöner melancholischer Spätling dieser Duftepoche, ein Epigone im allerbesten Sinne.

Allerdings braucht es für einen solchen Duft eine auch zeitliche Tiefe, einen Verlauf, eine Geduld. Für ein Rasierwasser ist das an sich viel zu schwer, und das haben die Macher anscheinend durch radikale Reduzierung der Konzentration an Duftstoffen versucht zu reparieren. Infolgedessen hat man nun dieses schwere, nicht eben postrasal-erfrischende Duftgefühl, das aber so schnell abbricht, dass man nach dem Rasieren frühstücken kann und dann, diese Rosengeranie und den Tabak noch im Kopf (aber schon nicht mehr in der Nase) bedenkenlos als Tagesduft "Cool Water" auflegen kann. Dosiert man gering, kann man das Frühstück ausfallen lassen. Dann genügt zeitlich ein Espresso, Zähneputzen und allenfalls noch eine Mundspülung und der blaue Davidoff kann schon ran und trifft auf wieder duftfreie Haut.

Für mich funktioniert das so nicht. Bei einer leichten, spritzig-frischen Duftnote im Rasierwasser, wie einigen meiner Lieblings-Tschechen (sagen wir z.B. "Adam") funktioniert so ein 5-Minuten-Duft-Rasierduft und dann sofort das "richtige" Parfüm des Tages gut, aber mit so einem Kaventsmann nicht. Das wirkt irgendwie unproportioniert. Ich bin daher ein bisschen unschlüssig, was ich mit dieser Neuerwerbung anfangen soll. Immerhin, viel Geld hab ich nicht ausgegeben und wieder etwas über eine mir bis dahin unbekannte feine und interessante italienische Marke gelernt.

Für den Namen des Duftes gibt es 6,5 Punkte; darin enthalten ist ein satter Abzug dafür, dass es auch einen Duft desselben Hauses 'Nazareno pour homme' gibt, was Verwechselungen provoziert. Der Flakon ist eigentlich recht schön, das Kopfteil aus Plastik zum Splashen aber farblich (olivgrüngrau) und von der Verarbeitung (erinnert etwas an Ostblock) wenig überzeugend.

Ich wünsche allen Lesern dieses Kommentars (stellvertretend für alle Menschen) von ganzem Herzen ein frohes Herz und gute Gesundheit.
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