27.08.2023 - 08:33 Uhr

Axiomatic
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Axiomatic
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38
Diebe der Nacht
Die Einstellung als Chauffeur verlief über eine sehr diskrete Agentur.
Die Art der Fragen hätten ihn umgehend misstrauisch werden lassen. Doch die vorzüglichen Vertragskonditionen und ein üppiges Gehalt machten die ungewöhnlichen Einsätze ja geradezu lächerlich. Immer an gewissen Nächten sollte er die Herrschaften kutschieren, keine Fragen stellen, jegliche Wünsche erfüllen. Dafür sollte der unauffällige schwarze Rolls Royce Silver Shadow peinlichst gepflegt sein.
Die ersten Erfahrungen mit dem noblen Paar erwiesen sich als äußerst kultiviert. Sie entstammten einer unscheinbaren Seitenlinie eines alten und reservierten Geschlechts, keine bekannten Namen oder gesellschaftlichen Anlässe in ihrem Umfeld.
Sie wirkte etwas blass, hatte einen Hang zu jenen Abendkleidern mit verborgener Erotik, welche mit der Freigabe weniger Zentimeter ihrer mit schwarzen Seidenstrümpfen verdeckten Ansätze der Oberschenkel hauchend betörte.
Er dagegen wirkte gut durchblutet, sein Abendanzug saß gefährlich wie eine zweite Haut und ein weißer Schal lockerte die Stränge der Schwärze auf.
Beide verband der exzentrische Geschmack opulenter Pelzmäntel, weich, warm, die Witterung aufnehmend.
Es war der Duft des Paares, welcher dem Fahrer schleierhaft vorkam. Ein Kaleidoskop alter Blütenpracht durchzogen von einer verstörenden Animalik, lauernd.
Zart blumig und weich pudrig, ein Patchouli alter Schule.
Diese Rose, ja genau diese mit den verborgenen Wünschen, leise lächelnd.
Die Kodierung der hohen Kunst unterdrückter Gefühlsausbrüche.
Eine Spannung aufbauend, ohne viel zu versprechen.
Doch da schwebte eine andere Blüte mit, die man schlecht ausmachen konnte. Dieses Geheimnis verlangte nach Hingabe, nach Ergebenheit.
Sie.
Doch dann durchbrach ein animalischer Jasmin gepaart mit einem ungeheuerlichen Hyraceum die Stille. Nicht ruppig, nein, der Weißblüher bediente sich der wortgewandten Aussprache verborgener Lüste. Elegant und lyrisch in Eichenmoos getränkt, sorgten jene Konsonanten für diesen elektrisierenden Schauder vom Ohr herab zum Nacken, wie zarte Lippen entlang der nackten Haut am Rücken. Ein griechisches Epos zur magischen Stunde.
Er.
Und am Ende hielten beide in einem nächtlichen Tanz schwebend ihre Hände.
Schwer, wenn nicht unmöglich, ihnen nicht zu verfallen.
An jenem Abend sollte der Fahrer die maßgeschneiderte Uniform tragen, welche zwar tadellos gereinigt, jedoch geruchlos blieb.
Er wurde peinlichst rasiert und frisiert, auf jegliches Parfümieren wurde verzichtet. Im unscheinbaren aber gediegenen Salon beruhigte man seine Gesichtshaut mit einer neutralen Salbe.
Die mondverliebte Nacht mit den schwarzen tierischen Gelüsten der Wolken würde auf Geheiß der Herrschaften wohl geordnet verlaufen.
Falls gewünscht, sollte der Fahrer an einem schattigen Ort anhalten, bis der Mond wieder verdeckt wurde.
Beim Einsteigen berührten beide mit dem kleinen Finger unbemerkt und zart den Handrücken des Fahrers, welcher bien comme il faut ihnen die Wagentür offen hielt.
Ihre Begrüßung an Styrax.
Sie verströmten heute den Duft noch stärker.
Die Hesperiden der Vernunft mahnten zur Vorsicht.
Doch ihre hellen Rufe klangen allmählich fern, wie aus einem Verlies.
Ein Honig begrub jegliche Zweifel, tauchte die Ratio in Gold.
Welche Blüte, welche Absicht?
Diese Fragen klangen noch lang in den Ohren des Fahrers.
Sie saß hinten rechts, wohl platziert im Rückspiegel und verlangte nach Avalon von Roxy Music.
Er nannte eine Adresse.
Während der Fahrt nahm sie eine schwarzlackierte Puderdose aus ihrer Handtasche und besserte ihre gelungene Schminke nach.
Pudrig, blumig, nächtliches Patchouli.
Sie winkelte ihre Beine an, auf dass verschlüsselte Parallelen eine Seide singen ließen.
Kopf oder Zahl?
Er verlor absichtlich, steckte die goldene Honigmünze ein und mußte die perlende Flasche und die drei Bleikristall-Flöten tragen.
Ein Hauch Animalisches färbte sein Lächeln.
Sie würde eine kleine rote Rose Überreichen.
Der erste Halt, die Gemächer einer Dame im Mondlicht.
Vergnügt und heiter kehrten sie mit nur zwei Sektflöten nach einer Stunde zum Wagen zurück.
Die Erinnerung der Rose wurde von dunklen Hyraceum-Wolken überdeckt.
Möglichst leise setzte der Chauffeur die Fahrt fort. In der Ferne durchbrach eine stetige Sirene vergessener Hesperiden die Ruhe, wurde aber mit der Entfernung immer leiser.
Nun saß Er hinten rechts.
Ein hellenistischer Jasmin pochte von seinen athletischen Adern.
Seine Gürtelschnalle blitze gefährlich im Rhythmus der vorbeiziehenden Straßenlaternen.
Sie tupfte sanft mit der Puderquaste seine erregten Wangen vom Eichenmoos.
Dieses Mal beschloss das Patchouli die Reviermarkierung.
Der zweite Halt, eine kleine Soiree zweier befreundeter Paare, der Mond gleißend.
Erneut kehrten sie angeheitert zurück, nur verstohlener und schleichend.
Diebe der Nacht mit Wolken bedacht.
Mit ausgeschalteten Lichtern schnurrte die Limousine in Richtung Park.
Nur ein entgegen kommender Rettungswagen erleuchtete für einen kurzen Augenblick die Rücksitzbank.
Doch der Fahrer konnte nicht ausmachen, wer nun auf der rechten Seite saß.
Zu sehr glichen sie sich auf einmal, rochen gleich.
Der rauchende Duft einer entfachten Leidenschaft, lebhaft, ratlos stimmend.
Was für eine Blüte roch der Fahrer im Verborgenen?
Sie befahlen ihm am Parkplatz des Parks zu warten, bis es dunkler wurde.
Er sollte sie dann zur Trauerweide am Teich begleiten.
Wer nun welche seiner Hände hielt, war nicht mehr wichtig in der schwarzen Dunkelheit des Patchouli und der pudrigen Gartennelke.
Die Asche der Menschen.
Der Vollmondjasmin wurde auf der Wasseroberfläche immer heller im sich verziehenden Schatten der Trauerweide.
Der Fahrer sah sich von den beiden Wesen flankiert im Wasser gespiegelt.
Und zwei Hyraceum-Felle legten ihm das Geheimnis dieser Nacht in seine Hände.
Sein leiser Abschied.
Die Lilie.
Die Art der Fragen hätten ihn umgehend misstrauisch werden lassen. Doch die vorzüglichen Vertragskonditionen und ein üppiges Gehalt machten die ungewöhnlichen Einsätze ja geradezu lächerlich. Immer an gewissen Nächten sollte er die Herrschaften kutschieren, keine Fragen stellen, jegliche Wünsche erfüllen. Dafür sollte der unauffällige schwarze Rolls Royce Silver Shadow peinlichst gepflegt sein.
Die ersten Erfahrungen mit dem noblen Paar erwiesen sich als äußerst kultiviert. Sie entstammten einer unscheinbaren Seitenlinie eines alten und reservierten Geschlechts, keine bekannten Namen oder gesellschaftlichen Anlässe in ihrem Umfeld.
Sie wirkte etwas blass, hatte einen Hang zu jenen Abendkleidern mit verborgener Erotik, welche mit der Freigabe weniger Zentimeter ihrer mit schwarzen Seidenstrümpfen verdeckten Ansätze der Oberschenkel hauchend betörte.
Er dagegen wirkte gut durchblutet, sein Abendanzug saß gefährlich wie eine zweite Haut und ein weißer Schal lockerte die Stränge der Schwärze auf.
Beide verband der exzentrische Geschmack opulenter Pelzmäntel, weich, warm, die Witterung aufnehmend.
Es war der Duft des Paares, welcher dem Fahrer schleierhaft vorkam. Ein Kaleidoskop alter Blütenpracht durchzogen von einer verstörenden Animalik, lauernd.
Zart blumig und weich pudrig, ein Patchouli alter Schule.
Diese Rose, ja genau diese mit den verborgenen Wünschen, leise lächelnd.
Die Kodierung der hohen Kunst unterdrückter Gefühlsausbrüche.
Eine Spannung aufbauend, ohne viel zu versprechen.
Doch da schwebte eine andere Blüte mit, die man schlecht ausmachen konnte. Dieses Geheimnis verlangte nach Hingabe, nach Ergebenheit.
Sie.
Doch dann durchbrach ein animalischer Jasmin gepaart mit einem ungeheuerlichen Hyraceum die Stille. Nicht ruppig, nein, der Weißblüher bediente sich der wortgewandten Aussprache verborgener Lüste. Elegant und lyrisch in Eichenmoos getränkt, sorgten jene Konsonanten für diesen elektrisierenden Schauder vom Ohr herab zum Nacken, wie zarte Lippen entlang der nackten Haut am Rücken. Ein griechisches Epos zur magischen Stunde.
Er.
Und am Ende hielten beide in einem nächtlichen Tanz schwebend ihre Hände.
Schwer, wenn nicht unmöglich, ihnen nicht zu verfallen.
An jenem Abend sollte der Fahrer die maßgeschneiderte Uniform tragen, welche zwar tadellos gereinigt, jedoch geruchlos blieb.
Er wurde peinlichst rasiert und frisiert, auf jegliches Parfümieren wurde verzichtet. Im unscheinbaren aber gediegenen Salon beruhigte man seine Gesichtshaut mit einer neutralen Salbe.
Die mondverliebte Nacht mit den schwarzen tierischen Gelüsten der Wolken würde auf Geheiß der Herrschaften wohl geordnet verlaufen.
Falls gewünscht, sollte der Fahrer an einem schattigen Ort anhalten, bis der Mond wieder verdeckt wurde.
Beim Einsteigen berührten beide mit dem kleinen Finger unbemerkt und zart den Handrücken des Fahrers, welcher bien comme il faut ihnen die Wagentür offen hielt.
Ihre Begrüßung an Styrax.
Sie verströmten heute den Duft noch stärker.
Die Hesperiden der Vernunft mahnten zur Vorsicht.
Doch ihre hellen Rufe klangen allmählich fern, wie aus einem Verlies.
Ein Honig begrub jegliche Zweifel, tauchte die Ratio in Gold.
Welche Blüte, welche Absicht?
Diese Fragen klangen noch lang in den Ohren des Fahrers.
Sie saß hinten rechts, wohl platziert im Rückspiegel und verlangte nach Avalon von Roxy Music.
Er nannte eine Adresse.
Während der Fahrt nahm sie eine schwarzlackierte Puderdose aus ihrer Handtasche und besserte ihre gelungene Schminke nach.
Pudrig, blumig, nächtliches Patchouli.
Sie winkelte ihre Beine an, auf dass verschlüsselte Parallelen eine Seide singen ließen.
Kopf oder Zahl?
Er verlor absichtlich, steckte die goldene Honigmünze ein und mußte die perlende Flasche und die drei Bleikristall-Flöten tragen.
Ein Hauch Animalisches färbte sein Lächeln.
Sie würde eine kleine rote Rose Überreichen.
Der erste Halt, die Gemächer einer Dame im Mondlicht.
Vergnügt und heiter kehrten sie mit nur zwei Sektflöten nach einer Stunde zum Wagen zurück.
Die Erinnerung der Rose wurde von dunklen Hyraceum-Wolken überdeckt.
Möglichst leise setzte der Chauffeur die Fahrt fort. In der Ferne durchbrach eine stetige Sirene vergessener Hesperiden die Ruhe, wurde aber mit der Entfernung immer leiser.
Nun saß Er hinten rechts.
Ein hellenistischer Jasmin pochte von seinen athletischen Adern.
Seine Gürtelschnalle blitze gefährlich im Rhythmus der vorbeiziehenden Straßenlaternen.
Sie tupfte sanft mit der Puderquaste seine erregten Wangen vom Eichenmoos.
Dieses Mal beschloss das Patchouli die Reviermarkierung.
Der zweite Halt, eine kleine Soiree zweier befreundeter Paare, der Mond gleißend.
Erneut kehrten sie angeheitert zurück, nur verstohlener und schleichend.
Diebe der Nacht mit Wolken bedacht.
Mit ausgeschalteten Lichtern schnurrte die Limousine in Richtung Park.
Nur ein entgegen kommender Rettungswagen erleuchtete für einen kurzen Augenblick die Rücksitzbank.
Doch der Fahrer konnte nicht ausmachen, wer nun auf der rechten Seite saß.
Zu sehr glichen sie sich auf einmal, rochen gleich.
Der rauchende Duft einer entfachten Leidenschaft, lebhaft, ratlos stimmend.
Was für eine Blüte roch der Fahrer im Verborgenen?
Sie befahlen ihm am Parkplatz des Parks zu warten, bis es dunkler wurde.
Er sollte sie dann zur Trauerweide am Teich begleiten.
Wer nun welche seiner Hände hielt, war nicht mehr wichtig in der schwarzen Dunkelheit des Patchouli und der pudrigen Gartennelke.
Die Asche der Menschen.
Der Vollmondjasmin wurde auf der Wasseroberfläche immer heller im sich verziehenden Schatten der Trauerweide.
Der Fahrer sah sich von den beiden Wesen flankiert im Wasser gespiegelt.
Und zwei Hyraceum-Felle legten ihm das Geheimnis dieser Nacht in seine Hände.
Sein leiser Abschied.
Die Lilie.
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