Tabac Rouge / Turkish Blend von Phaedon

Tabac Rouge
Turkish Blend
2013

Meggi
28.01.2015 - 14:35 Uhr
20
Top Rezension
7Duft 7.5Haltbarkeit 5Sillage 7.5Flakon

Verwandter mit Vorsprung

Die Mehrzahl der Vorkommentatoren hat Tabac Rouge mit Tobacco Vanille verglichen oder davon abgegrenzt. Da hat es womöglich was, diesen einmal zu besprechen, ohne jenen zu kennen. Ein…nun ja, sicherlich nicht gerade Zwilling, doch zumindest naher Verwandter fällt mir allerdings ebenfalls ein, dazu später.

Direkt nach dem Auftragen schließe ich mich der bereits geäußerten Auffassung „Kirsche“ an und ergänze süßes Kräuterbonbon wie vom Jahrmarkt, aber der Eindruck verschwindet sofort (vorläufig) und macht einer Wachs-Honig-Note Platz. In den ersten ein bis zwei Stunden hat sie die Nase vorn.

Noch innerhalb der zweiten Stunde wird es extrem süß. Eine ziemlich synthetische Note wie von rein künstlichem Vanille-Aroma, offensiv heliotropig gespeist, mit einem gelegentlich regelrecht indolig-aggressiven Einschlag. Daneben nehme ich die sibyllinisch benannten pudrigen Noten wahr, insbesondere in der zweiten und dritten Stunde. Mir kommt phasenweise (vor allem zu Beginn) eine Talkum-Anmutung in den Sinn, die mir bei Greene Street von Etro aufgefallen war, obwohl es lange her ist, dass ich den unter der Nase hatte; daher mag mich die Erinnerung trügen.

Stets schwingt hinfort zwar ein leichtes Frucht-Aroma mit und Kirsche passt zu dessen Beschreibung nach wie vor tatsächlich am besten, -, doch hat dieser Wiedergänger von oben vor allem mit Kirsch-Lollis à la Kojak zu tun, deren Beziehung zu echten Kirschen sich vermutlich in der Abbildung auf der Packung erschöpft.

Dennoch präsentiert Tabac Rouge bei mir in erster Linie Süße und erinnert mich nahezu vom Start weg an The Odd Fellow’s Bouquet. Dort an den zweiten Teil, nachdem sich der Bonbon-Eindruck des Auftakts verflüchtigt hat. Tabac Rouge nimmt also gewissermaßen eine Abkürzung und hat einen Verlaufs-Vorsprung von rund zwei Stunden. Nun war es mir beim Odd Fellow in besagtem (und leider zeitlich weit überwiegendem) hinteren Duftabschnitt schon des Guten zu viel. Mithin verwundert es nicht, dass mir Tabac Rouge in diesem Stadium gleichermaßen schlichtweg zu süß ist.

Gegen Mittag, sprich: nach fünf bis sechs Stunden, ist endlich eine süßliche Tabaknote da, die den Heliotrop-Eindruck ein wenig zurückgedrängt hat. Das immerhin macht er besser als der Fellow, bei dem kriegt nach hinten raus nichts anderes mehr ein Bein an Land. Möglicherweise erklärt es auch, warum ich beim Fellow den versprochenen Tabak nicht bemerkt habe. Der ist halt hier. Im Laufe der siebten Stunde zieht sich Tabac Rouge mit einem letzten Aufbäumen von in diesem Fall – variatio delectat – ambratischer Vanille auf die Haut zurück. Dagegen kommt der Tabak nicht mehr an.

Fazit: Ich rieche an derlei ab und zu ganz gern, zum Selbst-Tragen ist es mir zu süß. Ein bisschen besser als sein Verwandter gefällt mir Tabac Rouge trotzdem. Vielen Dank an MisterE für die Abfüllung!
12 Antworten
noirceurnoirceur vor 10 Jahren
Trage ihn gerade (glücklicherweise extreme sparsam dosiert) und war heute morgen richtiggehend schockiert von dieser bienenwachsig unterlegten vollen Honigdröhnung. Wo bleibt bloß der versprochene Tabak? Und wo der sehnlichst erwartete Weihrauch?
GaukeleyaGaukeleya vor 11 Jahren
Für die nächste Herbst-Winter-Saison wäre er ein interessanter (Test)Kandidat für mich. Jetzt mag ich es auch so langsam nicht mehr so gern weihnachtsmarktsüss, schliesslich neigt sich der, äh, Winter? .. alsbald dem Ende zu.
IngerInger vor 11 Jahren
Toller Kommentar - wieder mal! Der Duft ist aber nix für Inger!!
KleopatraKleopatra vor 11 Jahren
Der Duft wäre wohl nicht so meins, aber dank Deiner tollen Beschreibung kann ich ihn förmlich riechen! *Pfeifchenstopf*
DobbsDobbs vor 11 Jahren
Süß mag ich eigentlich auch, aber die Ähnlichkeit mit TV schreckt mich doch. Dank dir weiß ich auch, dass ich den Atkinson nicht unbedingt testen muss.
OrmeliOrmeli vor 11 Jahren
1
Mit süßen Düften kann ich zwar recht gut –zu süß darf jedoch auch nicht werden. Daher werde ich mir diesen Duft gerne vormerken :-) Kojak-Kirschlolly Pokal – wobei er auch Orangengeschmack nicht verschmäht haben soll ;-)
MisterEMisterE vor 11 Jahren
Absolut differenziert beschrieben. Bei bewusster Dosierung, richtiger Jahreszeit und passendem Anlass finde ich ihn schon, auch von einem Mann, tragbar. Ganz so synthetisch wie Du habe ihn nun gar nicht wahrgenommen......
YallaYalla vor 11 Jahren
Not am Mann! Zu Hülfe ..
PaloneraPalonera vor 11 Jahren
"Tobacco Vanille" ist in der Tat in homöopathischer Dosierung zu genießen, sonst versetzt man seine Umgebung stante pede ins olfaktorische Koma. Das scheint beim roten Tabak nicht viel anders zu sein. Aber indolische Vanille?! Oje, oje...
Mustang69Mustang69 vor 11 Jahren
Tolle Gegenüberstellung!
DuftJunkieDuftJunkie vor 11 Jahren
3-2-1-Meins ;-).
ErgoproxyErgoproxy vor 11 Jahren
Mir geht es wie Dir in Deinem letzten Satz.