RiechArt

RiechArt

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6 - 10 von 13
RiechArt vor 7 Jahren 2 2
8
Flakon
5
Sillage
8
Haltbarkeit
3.5
Duft
Der „so ziemlich gar nicht“ Duft
Einer der Flakons, die seit Jahren ein Nischendasein in meiner kleinen Sammlung im Badezimmer fristen.

Angeregt durch die Duft-neugierige Parfumo-Community und recht wohlwollende, schön verfasste Kommentare hier auf der Seite, hatte ich ihn heute Morgen mal wieder hervorgezogen – wohlgemerkt, ich habe den Duft als Rasierwasser, das Eau de Toilette mag intensiver sein. Irgendwer, hatte mir den Duft wohl irgendwann mal geschenkt. Erst einmal rieche ich den Alkohol. Dann lange nichts. Warum hat mir irgendwer den Duft irgendwann geschenkt? War es ein Schnäppchen? Während ich dies schreibe – der Duftauftrag liegt 7 Minuten zurück und ich sitze im T-Shirt am Schreibtisch, zieht ab und an ein Hauch jenes Blumenstraußes vom vergangenen Wochenende an meine Nase. Rosen und Gerbera - in vorweihnachtlichem Gelb und Rot. Vielleicht standen sie schon ein wenig trocken in der Vase. Und – Ihr werdet es nicht glauben – im Grunde riecht die verwesenden Schwere der Blüten bewegender und vielschichtiger als dieses winzige Duftrinnsaal unter meinem T-Shirt. Nachdem ich letzte Woche mit Jaguars "Classic Red", YR’s "Comme une Evidence Homme", dem alten "1881" von Cerruti und Etienne Aigners "In Leather Man" in den vorweihnachtlichen Einkäufer-Massen herumexperimentiert hatte, ist Aigner’s – „Clear Day for Man“ die pure Ernüchterung. Ich bin aber auch nicht der Liebhaber von nur-fruchtig-frischen Sommernoten. Keine wirklich eigene Linie für mich, kein Radius. Kein Versuch an mir zu schnüffeln, keine Herausforderung für die Riechkölbchen in meiner Nase. Eine fruchtige Note mit etwas grau-nebligen. Nicht warm. Nicht neugierig machend. Der Geruch ist nicht einmal schlecht zu nennen. Er ist einfach nur so dünn (vielleicht liegt es ja am Rasierwasser) und Allerwelts-Parfum und wirkt auf mich - Pardon an Euch Liebhaber der Essenz - ein wenig langweilig. Da riecht der Lavendel Weichspüler im T-Shirt markanter und intensiver. Aigner‘s -Clear Day for Man wird wohl den Weg in den Kellerschrank nehmen. Ich spiele mit dem Gedanken, nochmals zu duschen und etwas neues, spannenderes aufzutragen. Schade eigentlich, dass es keinen (mir bekannten) Geruch gibt, der „verwelkendes, schweres Blütenaroma“ im Portfolio hat…
2 Antworten
RiechArt vor 7 Jahren 6 2
8
Flakon
7
Sillage
6
Haltbarkeit
9
Duft
Klarglas zu Braunglas - fruchtig zu holzig-bräunlich
Das Papierstreiflein mit dem Duft sprang mir aus der Vielzahl von 4 vorrätigen Herren-Düften entgegen. Comme une Evidence Homme – diese Woche (Dezember 2016) im Angebot bei Yves Rocher. Nicht übel. Im Büro angekommen, ungeduldig das schwarze Pappschächtelchen von seiner Kunststoffhülle befreit und aufgenestelt. Schöner Flakon in einem „Klarglas zu Braunglas Verlauf“. Der Farbverlauf spiegelt meiner Meinung nach sehr schön die Veränderung des Duftes mit der Zeit wieder. Beginnen wir mit dem klaren Glas.

Ein paar Spritzer unter Hemd und jahreszeitlich wie immer dicken Pulli. Beeindruckt. Eine wunderbare Woge fruchtiger, gemüsiger und holziger Noten. Der Pfeffer ist toll mit dem Bergamotte vermengt – trotzdem beide Facetten klar unterscheidbar. Ich sollte bei einer der nächsten abendlichen Kochrunden mal die Kombination Pfeffer – Bergamotte erproben. Vielleicht kurz und stark gekochter Earl-Grey Tee mit frisch gemahlenem Pfeffer als Aromagrundgerüst für eine Nachspeise… - doch zurück zum Evidence. Der Radius (Sillage ist wohl der entsprechende Fachterminus, hier im Forum. Ich muss bei Sillage dummerweise immer an das landwirtschaftliche Pendant „Silage“ denken und da ist die Silage nichts, woran man wirklich schnüffeln wollte – also bleibe ich bei Radius. Das ist Mathematik und damit geruchsneutral als Formulierung) in der ersten Stunde ist ziemlich mächtig, trotz drei Lagen Stoff auf dem Körper. Ich erkenne die typischen vibrierenden Nüstern meiner Mitmenschen, die zeigen, dass der Geruch ihre Riechkölbchen erreicht hat. In dieser Stunde überwiegt der pfeffrig-fruchtig-zitrische Duft, aber das Holzige beginnt unter deren leichtflüssigen Wogen schon zu wabern. Ein bisschen nimmt der Duft – nach vielleicht zwei Stunden oder drei etwas von diesen „alten Gerüchen“ wie dem 1881 von Cerruti an – nicht annähernd so massiv, ganz fein altmodisch, männlich und vermischt mit etwas Honigartigen und etwas Harzigen. Jedenfalls einer dieser tollen Gerüche, die sich mit der Zeit verändern. Das Zitrische verliert sich und macht einem etwas wilderen, unbeherrschten Ensemble Platz, das schwerer zu analysieren ist - von der Nase - und diese daher sehr beschäftigt. Er passt zu meinem Schweiß, das merke ich – aber das muss jeder für sich erproben. Winzigste Mengen Phosphor könnten dabei sein – jedenfalls sehe ich - mit geschlossenen Augen den Geruch analysierend - eine Streichholzschachtel-Reibefläche vor mir. Und Myrrhe. Ganz, ganz wenig. Das ist jetzt der braun-beige Teil des Flakons. Wirklich – genau meine Assoziation, braun-beige. Ein klein wenig kantig. Wild und unbeherrscht. Einzig die Haltbarkeit insgesamt könnte ein wenig höher sein. Nach 4-5 Stunden ist kaum noch etwas wahrnehmbar. Da will das Fläschchen also mitgeführt werden, um nach zu sprühen. Trotzdem für diesen Duft meine persönliche, klare Empfehlung. Ein wirklich gutes Preis-Leistungs-Verhältnis...
2 Antworten
RiechArt vor 7 Jahren 12 8
5
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Welkende Blütenblätter auf kaltem Marmorboden, Barockes Orgelkonzert in gotischem Dom
Schon lange bei parfumo beobachtet, Kommentare gelesen, sehr neugierig auf diesen Duft – Himbeeren mit Vanillesauce – konnte ich mir nicht vorstellen. Wohlan auf der Merkliste, gestern im Prospekt gesehen, bei R…mann, heute Morgen zugeschlagen. In der Toilette im Regionalzug unter T-Shirt und Hemd gesprüht. Wow. Irre. Ganz verzückt. Was für eine unglaubliche Vielfalt an Nuancen. Das könnte ein weiterer Favorit meiner Sammlung werden. Zitrisch helle Noten, Beeren und darunter ein tiefes, holziges Rauschen. Wenig Chemie. Andere Kommentare sagen „Himbeeren mit Vanilleeis“. Ich würde dies erweitern auf – ein ganzes leckeres Nachspeisenbuffet. Aber nicht ausschließlich. Das wäre zu einfach beschrieben für diesen Duft. Vanille ist in jedem Fall dabei. Aber ganz fein verwoben. Ein ganz feines Harz ebenfalls. Unglaublich warm, der Geruch. Er verwandelt den grauen Brandenburger Morgen in einen warmen Sommertag. Da liegen auch ganz feine Blumennoten drunter. Ein Hauch Weihrauch, Kirche, ganz, ganz fern – ich muss mich sehr konzentrieren, aber ich rieche den großen Dom mit Blumensträußen, die beginnen zu welken und einen ganz besonders schweren, tief-schwebenden Duftglanz verströmen. Das Rot des Flakons könnte nicht besser gewählt sein. Wenn ich den sanfte wiegenden Odem unter den Kleiderschichten heraus rieche und die Augen schließe, sehe ich Rot. Viel mehr Rot. Rote Beeren, rote, leicht welkende Blütenblätter, die einen roten Schneefall auf marmornem Kirchenboden unter den Sträußen bilden, rote organisch-ineinanderströmende Formen. Welche Musik ließe sich damit vergleichen – eine Pastorale, gespielt auf einer gewaltigen barocken Orgel in einem großen früh-gotisch asketischen Dom. Kein reiner Männerduft. Gespannt, wenn die große Wolke verflogen, was an privatem Nachhall bleiben wird.

Nachtrag, Stunden später – das Beerige bleibt, dünnt allerdings stark aus. Der Geruch ist vollkommen linear über den gesamten Zeitraum. Keine Überraschungen. Selbst am nächsten Morgen, wenn ich an der Haut rieche ist er noch da, der Vanille-Beeren-Rosenblätter-Holz-Harz-Geruch. Ganz dünn aber praktisch genauso, wie er aus dem Flakon kam. Wenn im Sonderangebot erhältlich, eine klare Empfehlung, tolles Preis-/Leistungsverhältnis und ein Duft, den man gut und gerne über längere Zeiträume, Tag füt Tag wieder verwenden möchte…
8 Antworten
RiechArt vor 7 Jahren 15 4
9
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
7.5
Duft
Herrenkriegswaffen der 70ger - Abtauchen in meine Kindheit
Cerruti 1881 pour Homme – seit Jahren habe ich den Duft als Rasierwasser zu Hause. Ein Brecheisen. Altmodisch, wurde hier schon oft gesagt. Ich finde den Duft halbjährlich wieder und weiß jedes Mal wieder nicht, warum ich ihn nicht benutze. Also teste ich wieder und bin jedes Mal aufs Neue erschlagen. „Minigolf“ weiter unten in den Kommentaren vergleicht ihn mit einer moosig-harzigen Waldlichtung. Ein schöner Kommentar. Ich kann das Moos und den Boden, die Feuchte und den fernen Harzgeruch auch nachempfinden. In erster Linie aber denke ich an Badezimmer in Wohnungen, die wir mit der Familie als Kinder besucht hatten. Freunde, vielleicht auch Verwandte. Ich kann mich entfernt an die allgegenwärtigen Aliberts, die Plüschkloodeckelabdeckungen, die Blumenornamente auf den Fließen, die riesigen Schaumbadflaschen und an die stets im Bad anwesende Waschmaschine erinnern. Und an jenen Geruch. Fast überall das 1881. Mein Papa hatte es wohl auch verwendet, damals. Ich meine mich zu erinnern, dass er nach dem Rasieren oft so gerochen hat. Muss nicht 1881 gewesen sein. Fast alle Düfte damals rochen so. Sie waren die Schwerter, Äxte und Lanzen der Karriereritter der 70ger. Archaische Duftwaffenarsenale. Mussten sie auch. Jeder qualmte irgendwelche Klimmstengel und der Rauch wollte überlagert werden. Hei – ich sage nicht, dass ich ihn nicht mag, diesen vorsintflutlichen 1881 Duft. Im Gegenteil. Er ist ein Geruchs-Brüller. Kein Flüstern. Und er hält, Stunden um Stunden. Selbst das AfterShave. Ein gewaltiger Radius – noch ganz hinten im Bus sehe ich Mitfünfziger schnüffeln und abschätzen – „wer hat diesen Duft, das erinnert mich …“

Ab und zu finde ich es herrlich, mich aus der Gegenwart zu lösen und in die Vergangenheit einzutauchen – hinfort zu riechen. Ich sehe faszinierte Nasen der Gleichaltrigen beiderlei Geschlechts um mich. Sie riechen mich und haben ebenfalls sofort Bilder ihrer Kindheit vor Augen. So selten riecht man ihn noch, diesen wuchtigen Duft-Hammer.

Diese und nächste Woche gibt es ihn mal wieder beim Herrn der Rösser für kleines Geld. Greift zu, geruchsliebende Freunde um die 50. Auch wenn ihr ihn nur ab und an ganz selten verwenden werdet – er gereicht zu herrlichen Déjà Vus in eine vergessene Zeit Eures Lebens. Indes seid sparsam im Gebrauch und nehmt den Duft nicht zu einem feinabgestimmten Abendessen mit. Das würden Euch alle Gäste im Lokal verübeln. Nehmt ihn mit in Bus und Bahn, ins Kaufhaus, in eine Ausstellung – und nehmt Euch die Zeit, die älteren Junggebliebenen zu beobachten, wie sie suchend herumschnüffeln, irritiert, fasziniert, überrollt von einer Bilder—und Erinnerungsflut, wie sie in ihre Kindheit verfallen, die Blicke sanft werden…

Ich werde ihn morgen früh abduschen und wieder einen feinwürzigen, moderneren Duft auftragen, und die 1881 Flasche ein halbes Jahr ganz nach hinten packen. Und irgendwann im Juni oder so werde ich sie wiederentdecken und überlegen „was hast Du da denn noch für ein Fossil. Habe ganz vergessen, wie Du riechst, mein Freund im dickglasigen, rubbeligen Flakon – na da wollen wir mal… „ und wieder einen herrlichen verlorenen Tag in den 70gern verbringen…
4 Antworten
RiechArt vor 7 Jahren 6 2
5
Flakon
1
Sillage
1
Haltbarkeit
5
Duft
Der Nicht-Duft
Der, die, das Dritte im Bunde der Rituals-Düfte meiner kleinen Probierschachtel – dreimal 12 ml Entdeckungsreisen meiner Riechknospen. Nach Sultan de Muskat (klare Empfehlung) und Eau du Kashmir (lecker aber zu wenig haltbar) jetzt also Maharaja D’Or. Naja – „Aladins Wunderlampe“ wäre ein besserer Name gewesen. Flakon geöffnet und auf Papierstreiflein aufgesprüht und recht beeindruckt. 7 Spritzer unter T-Shirt und Hemd – ganz schön viel und – nichts. Wie? Nichts. Verschwunden. Der Geist. Allerdings nicht wieder in der Flasche sondern gänzlich. So etwas habe ich noch nie erlebt. Eine gefühlte Haltbarkeit von 30-45 Sekunden bei einem Radius von etwa 30 Zentimetern. Ein schöner Duft. Glaub ich. Zu schnell verschwunden, um überhaupt einen Eindruck zu hinterlassen. Wie hat der Parfumeur das wohl hinbekommen. Gerüche, die sich offenbar gegenseitig auslöschen. Da riecht eine Tüte gebrannte Mandeln von einem Fahrgast am anderen Ende eines Zugabteils länger und intensiver. Auch ein Nachsprühen (4 weitere Spritzer – da würde ich bei Fahrenheit eineinhalb Tage duften) bringt nichts. Wieder verziehen sich die Nuancen blitzartig unters T-Shirt und sind – weg. Die Verkäuferin im Laden hatte erklärt, Maharaja D’Or sei ein zeitlich befristeter Duft, den es nur bis zum Jahresende gibt. Falsch! Es gibt ihn eigentlich gar nicht, diesen Flaschengeist. Diesem Maharaja werde ich nicht nachtrauern. Weil – ich konnte ihn kaum kennenlernen. Vielleicht assoziiert ein anderer Duft-Begeisterter ja anderes – von meiner Seite tendenziell ein Abraten. Nehmt lieber zwei Miniflakons des Sultan de Muskat – da habt Ihr in jedem Fall mehr davon.
2 Antworten
6 - 10 von 13