Smellie13

Smellie13

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11 - 15 von 28
Smellie13 vor 4 Jahren 55 18
10
Flakon
6
Sillage
8
Haltbarkeit
9
Duft
Sanftes Gleiten: Ein Duftvergleich mit „Replica - Lipstick On“

Als bekennende Lippenstiftduftliebhaberin (was für ein Wort ;-) mag ich natürlich gerne gleich ein paar Worte zu diesem neuen Schatz schreiben.

Ich mache mir ja immer wieder Gedanken darüber, was diesen ominösen Lippenstiftakkord eigentlich genau ausmacht, der so herrlich wächsern-pudrig und mineralisch-trocken duftet.
Leider bin ich diesbezüglich noch zu keiner Antwort gekommen, vermutlich ist es das Zusammenspiel mehrerer Duftnoten!?
Es ist auf jeden Fall exakt jener Geruch, der einem beim (Auf-) Tragen mancher Lippenstifte in die Nase steigt, unabhängig davon, ob drum herum noch etwas Fruchtiges oder Gourmandiges eingebaut ist.

Interessanterweise ist das bei „Seduction Collection - Iris Crush“ andersrum gelagert. Die neue Lippenstiftkollektion von Jimmy Choo wurde nach diesem Duft parfumiert, hier also „Parfum vor Lippenstift“.

Gleich vorne weg: der Flakon ist ein absoluter Traum. Er besteht aus schwerem in Facetten geschliffenen Glas, einer soliden „Gold“-Platte und einem wirklich schweren wertigen „Gold“-Stoppel. Der Sprüher funktioniert gut, man kann damit recht akkurat dosieren.

Nun zum Duft:
Die „nasenscheinliche“ Ähnlichkeit zu „Replica - Lipstick On“ wurde in den Statements bereits angesprochen. Ich habe die Düfte parallel aufgetragen und kann diesen Eindruck eindeutig bestätigen. Sie starten mit der exakt gleichen Lippenstiftnote, wobei „Replica - Lipstick On“ zu Beginn etwas süßer ist. Bei beiden kann ich in der Kopfnote Heliotrop klar wahrnehmen, der Replica unterscheidet sich auch noch durch eine vorhandene kleine fruchtige Nuance; diese setzt beim Jimmy Choo erst später ein. Von der Riechkonsistenz nehme ich den „Seduction Collection - Iris Crush“ etwas feiner und tiefer, vielleicht ernster, den Replica tendenziell pudriger und verspielter wahr. Aber die Unterschiede sind an dieser Stelle tatsächlich recht minimal.

Ein großes Manko aller bisher getesteten Lippentstiftfdüfte ist ja bekanntlich zu unserem Leidwesen die relativ kurze Haltbarkeit dieser besonderen Note.
Wenn ich einen Duft auftrage und mir dieser Lippenstiftakkord in die Nase weht, setzt bei mir mittlerweile automatisch ein banges Warten dahingehend ein, wie lange diese Note wohl wahrnehmbar sein wird. Bisher hat sie sich leider immer recht rasch verflüchtigt.

Auch „Replica - Lipstick On“ gehört zu dieser Kategorie. Nach ca. einer halben Stunde entwickelt er sich mehr und mehr in Richtung kuscheliger pudriger Irisduft. Das ist durchaus schön, erinnert aber nur mehr in sanften Nachwehen an die Kopfnote.

In den Statements wurde schon erwähnt, dass der Lippenstiftakkord bei „Seduction Collection - Iris Crush“ eben erfreulicherweise lange hält. Ich bin also mit großer diesbezüglicher Hoffnung und frohen Mutes an den Test gegangen.

Nach ca. 1 Stunde hatte ich zunächst den Eindruck, dass auch hier der Lippenstiftaspekt immer mehr in den Hintergrund gerät. Es folgt bei beiden Düften ein sanftes Hinübergleiten in zwei jeweils sehr schöne Düfte, die einander immer noch recht ähnlich sind. Auch der Jimmy Choo entwickelt im Verlauf eine leicht fruchtige Nuance, die dann sogar deutlicher als beim Replica hervor kommt. Während diese fruchtige Note beim Replica für mich etwas Kirschiges hat, wird sie beim Jimmy Choo leicht beerig. Diese Fruchtnote nehme ich allerdings in der Projektion kaum wahr, sie ist eher beim Direkt- an- der- Haut –Schnüffeln präsent.

„Replica - Lipstick On“ ist vielleicht ein Ticken wärmer, luftiger, pudriger und kuscheliger und süßer im Vergleich. Heliotrop bleibt beim Jimmy Choo präsenter. In der Basis kann ich beim Replica das Patchouli eher heraus riechen, was so eine leicht würzig-erdige Nuance ausmacht. Die frappierende Ähnlichkeit zwischen den beiden Düften bleibt jedoch erhalten.

Wenn ich direkt an der aufgetragenen Stelle des „Seduction Collection - Iris Crush“ schnüffle, kann ich aber tatsächlich nach mehreren Stunden (!) eindeutig noch immer den ursprünglichen Lippenstiftduftes wahrnehmen-juhu, ein echtes Novum!
In der Projektion erreicht mich das jedoch leider nur mehr ganz sanft. Hier erinnert er mich überraschenderweise etwas an „Panthea Iris“. Sie teilen da so eine bestimmte synthetische Note, die ich aber nicht unangenehm finde. Das werde ich noch gegen testen, ob ich das verifizieren kann, oft trügt ja das Gedächtnis.

Mir ist beim Paralleltesten von „Seduction Collection - Iris Crush“ und „Replica - Lipstick On“ das Bild zweier Duftwellen in den Sinn gekommen. Sie starten an gleicher Stelle, schwingen lange Zeit mit sehr ähnlicher Frequenz und Amplitude, manchmal überschneiden sich die Duftwellen, dann gleiten sie wieder sanft auseinander, ohne sich zu weit voneinander zu entfernen.

Gesamt gesehen hat der Jimmy Choo bzgl. Intensität und Dauer der Lippenstiftnote schon klar die Nase vorne. Der Replica entwickelt sich eher in einen allgemein pudrig-kuscheligen süßen Schminkeduft.

Die Sillage und stundenlange Haltbarkeit ist bei beiden Düften sehr zufriedenstellend.

Fazit:
„Seduction Collection - Iris Crush“ ist ein süßer wunderbarer eleganter und zugleich kuscheliger Irisuft mit lang anhaltender Lippenstiftnote.

Ich schwanke stark zwischen: bin ich bin mir nicht sicher, ob man angesichts der beschriebenen Ähnlichkeiten tatsächlich beide Düfte „braucht“ und gleichzeitig hat bei mir der „Seduction Collection - Iris Crush“ schon klar die Nase vorne. Er ist gesamt gesehen etwas wertiger und hält bei allen Lippenstiftdüften, die ich bisher testen konnte, den Rekord bzgl. Haltbarkeit des Lippenstiftakkords.

Und nachdem „Replica - Lipstick On“ anscheinend ohnehin nicht mehr produziert wird, finden dessen Fans mit „Seduction Collection - Iris Crush“ nun eine wunderbare, leider auch etwas teurere Alternative.

Wenn ich mich für einen entscheiden müsste, wäre es allerdings klar der Jimmy Choo!

18 Antworten
Smellie13 vor 4 Jahren 19 9
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Flakon
5
Sillage
7
Haltbarkeit
7
Duft
Der Besuch der alten Dame
Auf der Suche nach einem passenden Titel für diesen Kommentar hatte ich zuerst aufgrund der schon mehrfach genannten schwachen Sillage und Haltbarkeit „der gehauchte Kuss“ im Kopf.

Dann versuchte ich mich in der freien Assoziation. Lipstick Fever…Lippenstift Fieber…und schon hatte ich das Bild einer jener alten Damen vor Augen, die fieberhaft ihr jüngeres Ich optisch am Leben erhalten wollen und dabei mitunter leider etwas übers Ziel hinaus schießen. Folgendes Erscheinungsbild taucht da auf: adrett bis auffällig poppig gekleidet, Föhnwelle im mehr als leicht violett stichigen Haar und beherzt präsentiertes Makeup. Die Lippen sind so stark geschminkt, dass deren eigentlicher Rand durch mehrmaliges Auftragen des Lippenstiftes, vermutlich auch mangels altersbedingt ruhiger Hand und scharfen Blickes, der heutigen Botoxpraxis Konkurrenz macht.

Die gleichnamige Tragikomödie von Friedrich Dürrenmatt war bloß ein weiterer Assoziationsschritt, spielt aber außer als Titelgeber keine weitere Rolle in diesem Kommentar.

Und ich will damit auch keineswegs ausdrücken, dass „Lipstick Fever“ irgendwie altmodisch oder altbacken ist.

Zum Duft:

Als Mitglied der Neigungsgruppe "Lippenstift" hier in diesem Forum habe ich dem Erhalt meiner Probe schon entgegen gefiebert ;-) und die ersten Beschreibungen sehr neugierig gelesen. Nach 3 Tagen persönlichen Testens kann ich so gut wie alle bisherigen Anmerkungen dazu gut nachvollziehen.

Die Ähnlichkeit zu „Replica - Lipstick On“ ist in der ersten Phase des Duftes frappierend, da würde ich ihn sogar als Zwilling sehen, wenngleich „Lipstick Fever“ meiner Meinung nach im Vergleich weniger wächsern und etwas weniger süß (worüber ich froh bin), dafür aber mehr pudrig ist.

Auch ein Zusammenhang zu Malles „Lipstick Rose“ wurde in einem Forumsthread genannt. Der gemeinsame Nenner ist hier meines Erachtens die veilchen-pudrig-lippenstiftige Projektion im Duftverlauf. Der Malle unterscheidet sich durch das prominente Vorhandensein der Rose und eines Vintagecharmes; beides ist in „Lipstick Fever“ nicht vorhanden.

Die präsentierte Lippenstiftnote ist zu Beginn also sehr authentisch und ganz wunderbar, bleibt aber leider wie bei allen Lippenstiftdüften in dieser Form nicht sehr lange erhalten.

Eine leicht fruchtige Himbeere kann ich zu Beginn gut riechen, im Verlauf nehme ich sie nur mehr angenehm leicht in der Projektion wahr, auf der Haut verschwindet sie bei mir völlig, da bleibt nichts davon über. Ein bisschen erinnert mich der Duft, wenn mich diese lippenstift-beerige Note umweht, an „French Kiss“, wobei jener viel intensiver und auch fruchtiger ist.

Wenn ich nach einiger Zeit direkt auf der Haut schnüffle, kann ich leider auch absolut keinen Lippenstiftduft mehr wahrnehmen. Ich empfinde ihn dann eher so wie schon von @Serduszko beschrieben als pudrig-würzigen Veilchen/Irisduft. Dabei ist mir ein weiterer Guerlainduft in den Sinn gekommen, nämlich „Cuir Beluga“. „Süßes“ steht da nur mehr am Rande, und der Duft ist spätestens ab da absolut unisex.

Und auch die von @Baerlie beschriebene stechende Note kann ich orten, wenngleich ich das eher als ein für mich nicht unangenehmes Kitzeln in der Nase empfinde.

Mit der leicht holzigen Note, die im Verlauf dazu kommt, hat er mich mehr an „Armani Privé - Rose d'Artiste“ als an „Liquid Illusion“ erinnert. Letzterer hatte bei mir eine ziemlich deutliche Synthetiknote, die es für mich im „Lipstick Fever“ erfreulicherweise nicht gibt.

In der Projektion kann ich auch immer wieder etwas angenehm Cremiges wahrnehmen, es riecht dann sehr gepflegt und auch wie ein gutes Make-Up.

Wie schon so oft beobachtet, kann ich den Duft immer besser und länger wahrnehmen, je öfters ich ihn getragen habe. Die Mini-Sprühstösse aus der Original-Probe geben ja leider auch nicht viel her und ich kann mir vorstellen, dass der Duft direkt aus dem Flakon oder aus einem Pen gesprüht durchaus mehr Substanz und Ausdauer zeigt.

Gesamt gesehen ist der Duft meiner Meinung nach recht gefällig. Er ist bestimmt ein angenehmer Begleiter, der einem durchaus auch immer wieder unterschiedliche Facetten um die Nase weht und daher auch nicht schnell langweilig wird. Er hält schön die Balance zwischen lippenstifitig, leicht beerig, pudrig-würzig, cremig und make-upig. Also allesamt nichts Neues oder Besonderes (nicht negativ gemeint), aber wenn man diese Richtungen mag, ist man vermutlich gut bedient.

Um das gemalte Titelbild nochmals aufzugreifen: anders als die liebenswerte alte Dame mit ihrer Schminke kann man mit dem Duft eigentlich nichts falsch machen.

Und in Anbetracht des ansprechenden roten Flakons kann ich mir gut vorstellen, dass der Duft bei mir einziehen wird.

Ach ja, und die Lippenstift-Duftkerze „Marilyn Candle“ werde ich mir dann mit bestellen. Darauf hat mich @Behaviour sehr neugierig gemacht. Vielleicht bringt die ja die dauerhaften Lippenstiftschwaden, von denen wohl die gesamt „Lippenstiftfraktion“ hier träumt ;-)

Nachtrag 2.6.2020: der Flakon ist sehr schön und wertig. Es lässt sich ein extrem feiner Sprühstoss dosieren. Und noch eine schöne Überraschung: die silbrige Schrift leuchtet bei Lichtkontakt irisierend in Regenbogenfarben.

Nachtrag 11.6.2020: ich habe den Flakon schweren Herzens schlussendlich weiter ziehen lassen, weil mir der Duft leider tatsächlich zu schwach und in der Basis auch zu holzig war.
9 Antworten
Smellie13 vor 4 Jahren 29 16
8
Flakon
9
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Auf die Dosis kommt’s an

Als ich die ersten Beschreibungen von „The Muse“ gelesen habe, war ich gleich sehr angetan.

Ich kann mir vorstellen, dass dabei wie so oft frühe Prägungen eine Rolle spielen. So liebe ich schon immer die Gerüche von Textilreinigung, Heißmangel, frisch gebügelter oder an der Luft getrockneter Wäsche. Und auch wenn ich persönlich lieber ein flüssiges Naturwaschmittel verwende, stecke ich meine Nase bei Gelegenheit immer wieder ‘mal gerne in eine Waschmittelbox konventioneller Art.

Ich glaube, wenn man diese Gerüche nicht mag und auch kein gewisses Faible für „künstliche“ Düfte hat, wird man mit „The Muse“ nicht glücklich werden.
In meinem Fall hat also die Hoffnung auf eine geballte Ladung positiver Kindheitserinnerungen meinen Blindkauffinger aktiviert.

Hier nun meine Eindrücke:
Gleich vorweg, Liebe auf den ersten Schnüffler war es nicht.
Wie schon in mehreren Beschreibungen erwähnt, startet „The Muse“ schon sehr heftig stark und stechend, so als ob man die Nase etwas zu tief in die Waschmittelbox gesteckt hat. Alles auf einmal strömt auf mich ein, die Heißmangel, die Textilreinigung, das Waschmittel. Die an der Luft getrocknete Wäsche, falls vorhanden, wird völlig von den anderen Komponenten übertönt.
Wie ebenfalls schon in einem Statement erwähnt, würde ich „The Muse“ generell weniger als Parfum, sondern als Geruch bewerten.

Nachdem der erste heftige Geruchsschwall verflogen ist, empfinde ich „The Muse“ zunächst als ausschließlich frisch-synthetisch. Für mich sind da keine Blumen, keine Frucht, kein Puder und auch kein (Oud-) Holz wahrnehmbar. Erst spät in der Basis kommt etwas diese typisch subtil holzige Note auf, wie man sie auch aus anderen rein synthetischen Düften kennt.

Für mich gibt es bislang nichts Vergleichbares in der Duftwelt. Für mich besteht keine Ähnlichkeit zu Düften wie den Prada-Infusions oder diversen „Verwandten“. Das einzig Verbindende mag die „Saubärkomponente“ sein, die hier aber völlig anders umgesetzt wurde. Vielleicht ist "Blanche" von Byredo die Waschmittelnote betreffend ähnlich. Dort fehlt aber diese umfassende "bearbeitete Wäsche-Note".

Meine Assoziationen zu „The Muse“ sind gleißend-hell, strahlend, aber auch vertraut und heimelig.

Nach eingehender Beschäftigung mit dem Duft in den letzten Tagen habe ich für mich nun auch die richtige Dosierung heraus gefunden. Und die ist extrem zart. Am besten funktioniert es, wenn ich in die Luft sprühe und durch den Duftnebel durchgehe. So vermeide ich die anfänglich stechende Synthetikladung und der Duft kann sich bald entfalten.
Wenn ich zu viel verwende, und das ist in dem Fall schon ein einfacher ganzer Sprühstoss direkt auf meine Haut, bleibt der Duft extrem dicht gepackt, und ich rieche nichts außer einer stechenden synthetischen Note. Im besten Fall habe ich dann den Eindruck von Waschmittel. In unserem Haushalt verwenden wir wie schon erwähnt ein flüssiges geruchloses Biowaschmittel, weil ich es nicht mag, wenn meine Kleidung nach Waschmittel riecht. Es wäre also wohl völlig kontraproduktiv, mir diesen Waschmittelgeruch bewusst aufzusprühen.

In der optimalen Dosierung und Entfaltung kann ich nun den angekündigten „Extrem-Saubermoschus“ mit einem Hauch Heißmangelnote gut wahrnehmen. Hin und wieder umweht nach wie vor eine Waschmittelnote meine Nase, aber diese ist so zart, dass sie sich ganz leicht in die frisch getrocknete Wäsche-Assoziation umwandeln lässt. So dezent gesprüht macht der Duft nun Spaß. Also Ende gut, alles gut.

Ich glaube, dass "The Muse" bei Wärme oder gar Hitze (zwecks Heißmangeleffekt ;-) besser zur Geltung kommt.

Und ich kann mir auch vorstellen, dass er sich ganz gut layern lässt. Dazu werde ich noch experimentieren und eventuell gibt es dazu dann noch einen Nachtrag.

Nachtrag 23.5.2020: ich habe ihn mittlerweile mit vielen anderen Düften gelayert und muss sagen, dass es echt immer gut funktioniert hat. Je nach Richtung kommt entweder eine schöne Portion Saubermoschus dazu oder ein Duft bekommt dadurch mehr Strahlkraft oder sogar sanfte Ecken und Kanten.

16 Antworten
Smellie13 vor 5 Jahren 15 6
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Der salonfähige Fetisch
Wir alle haben mehr oder weniger unsere Duftvorlieben. Der eine mag es orientalisch, die andere blumig etc. und auch das ist nichts, was für immer in Stein gemeißelt sein muss und manchmal sogar tageweise fluktuiert. So habe ich vor einigen Jahren Rosendüfte sehr gemocht, mittlerweile habe ich mich wohl an ihnen „satt gerochen“ und möchte sie nicht mehr tragen.
Meine Duftinteressen heute sind recht breit gefächert, vordergründig umfasst mein Beuteschema nun schon recht lange vor allem Irisdüfte aller Art.
So weit so gut, „vordergründig“ war das Stichwort.
Im Forum gab es immer wieder schon einmal die Frage in der Art, welche Düfte man denn außer Parfum noch gerne riechen mag.
Da schnüffelt man schon gerne ‘mal an Lack oder Benzin, liebt den Duft nach nasser Strasse und staubigen Bibliotheken usw. und kann sich anderseits nicht wirklich vorstellen, selber danach riechen zu wollen. Bei mir ist es vor allem der Geruch nach kalkigem staubigem Stein, wie man es gut bei manchen Baustellen wahrnehmen kann und erdigem Gewölbe (aber noch an der Grenze zum typisch muffigen Keller-Patchouliduft). Obwohl ich flüssiges Naturwaschmittel verwende, schnüffle ich gerne das fast stechend reine Pulver-Waschmittel und ich liebe die eisige Winterluft, die in der Nase kitzelt *outingmodus off*.
Ich nenne diese Düfte jetzt ‘mal „Fetischdüfte“, denn es ist wohl eher unüblich, in einem Parfumgeschäft auf die interessierte Frage der Beraterin nach den Duftvorlieben mit Kellermief oder Baustellenduft zu antworten.
Interessanterweise dürfte ich das auch an meine Tochter „vererbt“ haben, quasi im Gleichschritt halten wir abrupt am Weg an, wenn uns zB aus einer Baustelle dieser besagte Geruch entgegen weht und strecken die Nase trancegleich Richtung Duftquelle.
Ich hatte nie zu hoffen gewagt, dass mir diese Duftnoten einmal in Form eines Parfums begegnen könnten und doch ist genau das unglaublicherweise mit California Snow geschehen. Die Kommentare dazu lasen sich schon vielversprechend und beim ersten Auftragen war ich wirklich davon überwältigt, all meine geheimen Duftvorlieben in einem Parfum wieder zu finden.
Der Duft ist extrem mineralisch-staubig, trocken, nach kurzer Zeit ist auch dieser herrlich muffige Geruch wahrnehmbar, allerdings nur, wenn man direkt an der Haut oder am besprühten Stoff schnüffelt. Danach kommen „das Waschmittel“ und „die Winterluft“ dazu und ergeben eine maßgeschneiderte Melange meiner „Fetischdüfte“.
Und wer jetzt denkt, dass ich dieses Schätzchen nur im Geheimen tragen und genießen kann, irrt. Das Beste ist nämlich, dass California Snow durchaus salonfähig und gut tragbar ist!
Von der Projektion her würde ich ihn als Sauberduft beschreiben, pudrig bis dick-cremig, minimal rosig, nie süß, alles ist sehr harmonisch miteinander verwoben. Und doch kommt ihm kein mir bekannter Sauberduft nahe. Die Richtung könnte eventuell wie schon in einem Statement angeführt tatsächlich Love, Chloé, aber in weniger süß- blümelig sein. Aber damit meine ich wirklich nur die DNA, der Duft ist absolut unisex. Eigentlich würde er meiner Meinung nach auch als pudriger „Irisduft“ durchgehen.
Außer der feuchten Erde und mit viel Fantasie Kamille kann ich keine der angeführten Duftnoten heraus riechen.
Die Sillage ist mittelmäßig bis gut und die Haltbarkeit mit ein paar Stunden für ein edP zufriedenstellend.
Das Fantastische ist also, dass ich mit California Snow einen gut tragbaren und interessanten Duft habe, bei dem ich aber dennoch die ganze Zeit auch diese „Fetischnoten“ erschnüffeln kann. Es ist ein absoluter Suchtstoff für mich, und ich hoffe jetzt ‘mal, dass das nicht doch nur dem enthaltenen Cannabis geschuldet ist… ;-)
Ein Flakon ist auf dem Weg zu mir und ich bin noch gespannt, ob der tatsächlich wie nach den Bildern erahnbar, auch noch perlmuttfarben ist. Dann wäre mein Glück komplett.
6 Antworten
Smellie13 vor 5 Jahren 26 12
9
Flakon
6
Sillage
9
Haltbarkeit
8
Duft
Geschichten (im Kopf) oder: manchmal passt es einfach…
„Brighton Rock“ ist gemeinsam mit dem ebenfalls ganz neu erschienenen „Blousy“ und „Ida Violet“ (2018) Teil der sogenannten Colour Collection von Miller Harris. Drei Düfte, die die unterschiedlichen Facetten von Brighton, auch „London next the Sea“ genannt, einfangen sollen. Leicht verblasster Glamour, Spaß, Musik, salzige und von Süßigkeiten kandierte Luft, verbunden mit einem allgegenwärtigen urbanen Unterton, sollen laut Herstellerseite durch diese Düfte in unterschiedlichen Facetten eingefangen werden.
Weiters sollen diese drei Parfums die Ära und den Ton von Graham Greenes gleichnamigem Roman Brighton Rock der 1930er Jahre aufnehmen und diese nostalgische Atmosphäre in den Duft bringen.
Den Inhalt des Romans musste ich erst nachlesen, es handelt sich wohl um einen psychologischen Krimi respektive eine fatale Liebesgeschichte, im Gangstermilieu spielend. Interessanterweise gibt es eine Romanfigur namens Ida Arnold, die vermutlich namensinspirierend für „Ida Violet“ gewesen ist!?
Ich will euch nicht mit weiterer Theorie langweilen, ohnehin sei der Mehrwert dieser rund um einen Duft konstruierten Geschichten bzw. eine tatsächliche Hintergrundgeschichte dahin gestellt. Sie können einem da ja viel erzählen…
In diesem speziellen Fall war ich aber in der spannenden Lage, den Angaben direkt nachschnüffeln zu können und das kam so: vorige Woche waren mein Mann und ich zu Besuch bei unserer Tochter. Sie macht gerade ein Praktikum, ihr errät es schon, in Brighton.
Tags davor habe ich hier auf Parfumo von der Neuerscheinung „Brighton Rock“ gelesen und fand diesen Zufall sehr lustig. Noch dazu liiiebte ich sogleich diese Zuckerlfarbe des Flakons.
Zurück zum Strand in Brighton und endlich zum Duft:
Ich rieche zunächst eine fruchtige Rose, die aufgrund einer sehr satten runden Duftmischung eine Guerlinade-Assoziation hervorruft.
Vermutlich aufgrund der ozonischen und salzigen Noten kann ich ein Strandfeeling gut nachvollziehen. Kandierte Süßigkeiten gesellen sich dazu und aufgrund einer rosa-pudrigen Schminkenote (leicht synthetisch) kann ich mir auch die Nostalgie in meinem Kopfkino dazu vorstellen.
Der Duft ist leicht, fast ätherisch, hält aber sehr lange. In der Basis bleibt eine wundervolle cremige vanille-mandelige Heliotropenote gepaart mit frischem Maiglöckchen. Maiglöckchen und Süßigkeiten scheine ich laut Pyramide quasi vertauscht wahrzunehmen…
Eines habe ich noch verschwiegen. Immer wieder schwingt sich eine synthetische (Kunststoff-) Note in meine Nase, die an Petrochemie erinnert. Besonders auf dem Duftstreifen oder auf Kleidung ist dies riechbar. Ehrlich gesagt gefällt mir diese Note nicht so gut und ich hätte sie nicht gebraucht, weiß auch nicht, wodurch die zustande kommt. Ab dem Moment aber, als ich mir einen vorbeifahrenden Tanker dazu vorgestellt hatte, passt das wieder und rundet das Strandfeeling ab ;-)
Ich fasse zusammen: für mich ein toller Flakon, ein angenehmer Duft, eine persönliche Geschichte dazu einerseits, anderseits kann ich das vom Hersteller gezeichnete Bild in meinem Kopf gut nachvollziehen.
„Brighton Rock“ ist somit eine wundervolle Erinnerung an den Besuch bei unserer Tochter in Brighton und somit viel mehr als ein Parfum.
Ob man den Duft ohne diese Geschichte „braucht“, müsst ihr natürlich selber heraus finden. Ich finde ihn angenehm, aber bestimmt ist er jetzt kein Highlight, das man so noch nicht gerochen hätte.
Aber in meinem Fall passt es halt einfach und meine liebe Tochter wird bei ihrer morgigen Rückreise einen Flakon für mich im Gepäck haben :-)

Edit 08.08.2019: mittlerweile rieche ich "den Tanker nebst Fischgefolge" erfreulicherweise nicht mehr; ist wohl weiter gezogen ;-) Daher auch Bewertungserhöhung auf 9.
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