Weihrauch-Test im Dezember 2025
Ich mochte Weihrauch immer schon. Vor etwa einem Jahr habe ich auf einem Weihnachtsmarkt spontan Weihrauch gekauft und daraufhin zu Hause fleißig geräuchert. Zeitgleich hat sich mein Interesse für Weihrauch in Parfums verstärkt. Davor hatte ich Parfums, die zu sehr nach (vermeintlich) purem Weihrauch rochen, als "Kirche" und damit als nicht mein "Cup of Tea" abgetan. Aber das hatte sich nun verändert - warum sollte dieser schöne Geruch der Kirche vorbehalten sein? Also habe ich mehrere Proben geordert. Zwischenzeitlich war mein Fazit dann allerdings, erst mal keinen Flakon zu kaufen; wer weiß, ob ich so etwas auch tatsächlich tragen würde? Und falls doch, hatte ich ja nun immerhin einige ml flüssigen Weihrauch im Schrank.
Nun, ein Jahr später - im Dezember, welch ein Zufall - hat mich Weihrauch wieder in seinen Bann gezogen. Einige mehr Samples haben sich hier und da angehäuft. Diese werde ich nun noch mal durchtesten und meine Gedanken dazu festhalten.
Ein kleiner Disclaimer vorab: Kyoto (Comme des Garçons) befindet sich gerade auf dem Weg zu mir und Cardinal steht auf meiner Wunschliste ganz weit oben. Es geht mir also auch darum kritisch zu hinterfragen, ob Cardinal der Beste für mich ist, oder ob mir ein anderer doch noch besser gefällt. Kyoto ist hingegen in meiner Wahrnehmung sein eigenes Genre, hier habe ich keine Doppelungen zu befürchten.
Boswelia Scotia (Jorum Studio): Im Auftakt sehr schöner, angenehmer Weihrauch; gemischt mit waldigen Noten. Etwas später gesellt sich unter anderem Safran dazu. Safran ist für mich eine "Hass-Liebe", im ersten Moment ist er meist schön und interessant, aber auf Dauer kann er ziemlich nervig werden.
Olibanum (Profumum Roma): Ist ganz okay, aber mehr auch nicht. Bisschen harzig, bisschen grün. Wird im Verlauf schöner. Ich kanns nicht genau festmachen, woran es liegt, aber er berührt mich nicht - obwohl es objektiv (so gut man das als Individuum beurteilen kann) wohl ein guter Duft ist. Scheint nicht ganz meine Marke zu sein (auch bei Arso war ich auf meiner Suche nach Walddüften etwas enttäuscht, wie süß und unwaldig der für meine Nase ist).
Zagorsk (Comme des Garçons): Startet deutlich würziger als die beiden vorherigen. Das Bild, dass dieser aus der Incense-Reihe zur russisch-orthodoxen Kirche gehört, passt gut (dabei denke ich weniger an die Religion, mit der ich zu wenig vertraut bin, sondern eher an die landschaftlichen Gegebenheiten): etwas pfeffrig-beißend, etwas "rauer". Im Vergleich dazu strahlt der Kyoto, der den Buddhismus abbilden soll, ruhe, klare, meditative Luft auf mich aus. Vielleicht interpretiere ich da zu viel rein, aber vielleicht ist es auch tatsächlich so.
Mortel (Trudon): Das mag jetzt komisch klingen, aber der riecht für mich ein bisschen nach Suppe. Dieser Eindruck dürfte von Pfeffer und Piment kommen; und obwohl es nicht in der Pyramide steht, rieche ich auch Muskat.
Sacreste (Laboratorio Olfattivo): Ein weiterer sehr würziger Weihrauch-Duft, wobei er im Verlauf weniger würzig wird und im Vergleich zu Mortel kaum mehr würzig wirkt. Aber bei Sacreste bekomme ich auch eine leichte chemische Note. Ich kann sie nicht genau festmachen und vielleicht tue ich dem Duft damit Unrecht, aber meine große Liebe wird er nicht.
Wazamba (Parfum d'Empire): Harze, Weihrauch und die leichte Fruchtigkeit spielen gut zusammen. Am meisten fasziniert mich, dass mir der Apfel hier richtig gut gefällt - bei Früchten in Parfums ergreife ich meist die Flucht. Ein wirklich schöner Duft, aber letztlich nicht ganz mein Vibe.
Ecclesiæ (Arte Profumi): Für mich sehr angenehmer Weihrauch, keine zu pfeffrigen oder sonstigen Störnoten. Im Vergleich zu Samharam wirkt dieser luftiger, leichter. Würde ich Cardinal nicht kennen, wäre dieser mein Favorit.
Samharam (Arte Profumi): Riecht für mich am meisten nach katholischer Kirche, was sich wohl auf die Kombination von Weihrauch mit Myrrhe (und Benzoe?) zurückführen lässt. Im Vergleich zu Ecclesiæ hat Samharam mehr Substanz. Mir gefällt Samharam sehr gut, aber ich sehe ihn nicht wirklich an mir (vielleicht sehe ich ihn generell nicht an Personen, sondern eben in der Kirche).
Cardinal (Heeley): Für mich sehr angenehmer Weihrauch. Obwohl er für sich genommen durchaus sakral wirkt, im Vergleich zu Samharam tut das (für mich) keiner mehr. Gefällt mir sehr gut und hat mich auch im Tragetest überzeugt. Er wirkt beruhigend und auch ein bisschen wärmend auf mich. Es bleibt dabei, Cardinal ist mein aktueller Favorit für einen fast puren Weihrauch-Duft.
Eau Sacree (Heeley): Im Vergleich zu den drei vorangegangenen hat der hier kaum Weihrauch, er kommt mir sogar etwas blumig vor (habe die Probe gerade mehrfach gecheckt; da es sich um eine Original-Probe handelt, schließe ich eine Verwechslung aus). Für sich genommen kommt aber auch hier der Weihrauch klar raus. Ich sehe den (auch) eher im Frühling (Danke an CharlAmbre für ihr Statement) als im Herbst oder Winter. Sehr schön, aber nicht was ich suche.
Damit ist der heutige Weihrauch-Duft-Test abgeschlossen. Vielen Dank, dass ihr bis hierher gelesen habt - ich bin gespannt, welche Weihrauch-Düfte eure Lieblinge sind und wie ihr die erwähnten Parfums empfindet?
Vielen Dank an dieser Stelle auch an die ganze Community! In diesem Fall insbesondere an all jene, die Weihrauch-Düfte im Forum empfohlen haben!
PS: Ich kann die vielen Diskussionen und Vorschläge im Forum allen ans Herz legen. Stand heute gibt es 176 Threads mit "Weihrauch" im Titel (ja, 176 Threads, nicht etwa einzelne Posts).


wie kam es dazu, dass du den Dior Bois d'Argent (2004) nicht in die engere Auswahl genommen hast? Also ich finde an Weihrauch bzw Harzen mangelt es hier nicht. Einer der edelsten und schönsten Weihrauch-Düfte für mich.
Hast du schon den CASBAH von Piguet probiert?
Hervorragende Empfehlung!
Ather - It's Ae Sin bietet einen eher kühlen Weihrauch mit leichter Würze.
Beide sind sich sehr ähnlich, mit etwas unterschiedlicher Ausprägung.
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