Bobby

Bobby

Rezensionen
Filtern & sortieren
1 - 5 von 31
Bobby vor 1 Jahr 10 3
8
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Aber ja, aber nein...
Es ist Sonntagnachmittag, gegen 14.00 Uhr: Ich stehe im Zoo auf dem Spielplatz und schaukel meine Tochter an. Es ist recht voll. Mehrere Väter mit Kindern stehen und laufen mit ihren Kindern in der Nähe.
Ich nehme mit zunehmender Intensität einen extrem guten Zitrusduft wahr, was mich genauso zunehmend verwirrt.
Wie stark muss hier denn jemandes Parfüm sein, damit ich das so intensiv wahrnehmen kann?
Der Vater, der sein Kind direkt neben mir anschaukelt, muss es sein.. Ich will ihn gerade fragen, was da so unglaublich klar und lecker nach würzigem Zitrusholz riecht, da geht er weg.
Nach einer Weile und mehreren wechselbden Verdächtigen in meiner unmittelbaren Umgebung wird mir klar, dass es nicht von jemand anderem kommen kann. Dafür präzisiert sich das Duftbild: Ich muss kurz an Creeds wacholdrig-zitroniges Royal Water denken
Sollte es vielleicht der Sprüher Dolce Gabbana lemon sein, den ich gestern testweise auf dem rechten Handgelenk hatte? Aber so natürlich und gleichzeitig komplex war der nun wirklich nicht. Das kann auch von der Haltbarkeit her überhaupt nicht sein, der muss längst weg sein. Ich rieche am Handgelenk- nein. Nichts.
Ich bin ratlos, aber stelle zumindest fest, dass dieser Duft extrem gut ist.
Plötzlich fällt mir ein: ich habe doch zwei Proben dabei aus einem Wanderbrief-Rückläufer. Ängstlich fasse ich in meine Jackentasche.
Worstcase: der eine 2ml -Zerstäuber ist restlos ausgelaufen. Meine Hand ist nass, die Jackentasche auch. Was, wenn da gleich noch eine Basis aus Yasmin-Sambac-Osmanthus-Labdanum folgt? Werden die Zoo-Tiere dann unruhig? Bekomme ich Spielplatz-Verbot? Werde ich mich je wieder nach Hause trauen?
Im Moment allerdings riecht es einfach nur lecker.
Zittrig greife ich zum Handy und tippe auf Parfumo den Duftnamen ein, der auf dem kaputten Röhrchen steht.
Gottseidank: gut bewertet, "zitrischer" Duft.
Das ist schonmal die halbe Miete.
Dann die Duftnoten: donnerwetter. Fast alles, was ich mag, in einem Parfum. Mandarine, Wacholder, Zeder...
Mehr Glück kann man mit einem zerbrochenen Tester wohl nicht haben.
Noch nie gabe ich so schnell einen Flakon bestellt: Noch im Affenhaus, nur die Orang-Utans waren Zeuge.
Zwei Tage später will ich zur Arbeit gehen und kann das, was ich rieche, schon wieder nicht zuordnen. Ich mag es überhaupt nicht, es passt nicht zu mir: Es ist ein klebrig-süßer Weihrauchschleiher.
Na klar, meine Jacke...
Respekt für die Haltbarkeit und Respekt für diese klaren Phasen, die wie unterschiedliche Parfums voneinander getrennt werden: erst Zitrone mit Wacholder, dann ein etwas isoartiges Zeder-Intermezzo und zuletzt eine etwas zu geduldige Weihrauchbasis.
Wegen letzterer habe ich den Flakon dann doch ungeöffnet zurückgeschickt.
Eine recht aufwändige, aber auch aufschlussreiche Testerfahrung.
Und jetzt muss meine Jacke erstmal in die Wäsche.
3 Antworten
Bobby vor 2 Jahren 9 3
8
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
5
Duft
Neroli verdirbt alles
Wie immer, wenn meine Erwartungen hoch sind, bin ich darauf gefasst, dass sie enttäuscht werden.
Ich habe mich beim Warten auf diesen Duft auf drei Dinge gefreut: Acqua Allegoria ist eine ziemlich natürliche Duftreihe, allen voran für mich Mandarine Basilic. Das mag ich schonmal sehr.
Einige wären für mich vielleicht tendenziell zu weiblich, aber Yuzu (Zitrik!) und Oud (Pilz!) würden es hier richten, hoffte ich. Und die beiden Noten waren auch das zweite, worauf ich mich freute: zwei sehr gegensätzliche, aber für sich genommen von mir sehr gemochte Noten. Gerade diese Gegensätze (und das war das Dritte, worauf ich mich freute) ohne viele ergänzende andere Noten, mag ich sehr, z.B. in Eau de Memo (Zitrone und Leder) oder Oud und Bergamotte von Jo Malone.
Was ich im Vorfeld ausgeblendet hatte: Neroli.
Dann lese ich in den ersten Rezensionen was von "warmem Neroli" was mich schon ganz Fürchterliches erahnen lässt. Meine Abneigung gegen Neroli sitzt tief und ist vom Grundsatz her eine weit verbreitete: Es ist schlicht die Abneigung gegen 4711, die Ikone des Neroli. Die Gründe sind jetzt egal, da hat jeder irgendeine Oma, an die ihn das erinnert - die Oma muss ja nicht schlimm sein, aber man möchte halt einfach selbst nicht so riechen...
Soweit zum Kopfkino im Vorfeld.
Und so war der Test dann:
Neroli.
Viel zu dominant.
Alles andere drapiert sich schüchtern drumherum.
Es ist aber ein 1A-Neroliduft.
Riecht wie ein 4711-Flanker.
Für mich leider unerträglich.
Augen auf bei der Duftpyramide...
Schade!
Fazit: Neroli-hater können sich den Test sparen.
3 Antworten
Bobby vor 2 Jahren 18 6
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Einfach und schön
Der kommt direkt mal auf die Wunschliste... Manch andere teure Marke versucht den Preis durch extrem viele, schwülstige, sich überlappende Duftnoten, eine quälende Sillage und extreme Haltbarkeit zu rechtfertigen.
Nicht so Memo:
Wie schon im hervorragenden Eau de Memo reduziert man sich auf weniges, aber macht das großartig. In Eau de memo sind es "einfach nur" Zitrone und Leder, die einen feinen, ausgewogenen, herb-weichen Duft erzeugen.
https://www.parfumo.de/Parfums/memo-paris/Eau_de_Memo
Hier nun:
Wieder etwas herb, klare Bleistiftzeder (Texaszeder) im Anschlag, dazu spritzige Frucht, zitrisch-bitter (Bitterorange), aber zugleich das, was man als Blattabrieb bei schwarzen Johannisbeeren riechen kann (Schwarze-Johannisbeere-Knospe-Absolue).
Das sind ja schonmal drei Duftnoten. Diese sind super klar erkennbar und sehr natürlich und erfrischend umgesetzt.
Es entsteht auch ein Wäschefrischegeruch wie in einem guten Hotelzimmer, wo alles fein gewaschen und die Betten gemütlich neu gemacht sind. Dazu kommt die Assoziation zu einer edlen Hotelseife, aber die Frische steht immer im Vordergrund.
Man fühlt sich klar, sauber, erfrischt und dennoch geerdet.
Auf eine extrem lecker Art und Weise rieche ich dann nach ca 30 Minuten den Jasmin. ich bin superskeptisch mit Blumen in Parfums, aber hier ist es nur eine Andeutung, die das Schönste, dieses leicht Lebendig-Animalische am Jasmin kurz aufblitzen lässt.
Die süß-säuerliche Fruchtnote lässt mich manchmal an irgendeine Kindheits-Schleckerei denken (Lollies im Freibad oder so), was den Suchtfaktor nochmal etwas erhöht.
Trotzdem bleibt er durch die Strenge der Zeder immer seriös und erwachsen.
Schade, dass er so teuer ist...
Gemeinsam mit Eau de Memo wartet er nun auf eine Gehaltserhöhung.
6 Antworten
Bobby vor 3 Jahren 12 6
8
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
9.5
Duft
Herb(stlich)
Der Auftakt von Trudon II ist heftig bitter auf eine sehr "naturmedizinisch" wirkende Art und Weise. Wer Myrrhentinktur aus der Apotheke kennt, weiß, was ich meine. Vergleichbar ist dieser herbe Beginn etwa mit dem Start von Creeds Royal Oud, auch wenn die gemeinsame Zedernote hier eigentlich erst am Ende steht. Diese bittere Note dominiert den gesamten Verlauf, wenn auch mit minimalen Veränderungen.
In der Herznote denke ich an Heu, aber auch Stroh, immer noch bitter, aber minimal süßlicher (jedenfalls nehme ich den Geruch getrockneter, sich zersetzender Pflanzen war), im Drydown wird es ein ganz bisschen Anis-Ouzo-artig, Weihrauch würde ich eher nicht sagen, auch wenn es irgendwie "ätherisch" werden mag.
Ich werde im Vergleich zu einigen Vorrednern weniger an Frühling erinnert als vielmehr vor allem an den Herbst. Der bittere Geruch der Blätter am Boden ist eine meiner liebsten Begleiterscheinungen dieser Jahreszeit und hier sehr schön eingefangen.
Um noch mal auf Royal Oud zurückzukommen: Das wurde mir irgendwann zu dicht und drückend-schwitzig und auch zu oldschool. Aber: der warme, fluffige Moschusdrydown war schon toll - den würde ich mir hier für 10 Punkte vielleicht noch wünschen.
Aber das ist Jammern auf hohem Niveau.
Zum anderen Creed-Vergleich von Pollita: Der Creed-Vetiver würde für mich zu Beginn vielleicht noch leicht punkten, da das für mich wirklich einer der umwerfendsten Natureindrücke, gefangen in der Kopfnote eines Parfums ist, aber später bekommt der Original Vetiver etwas marmeladig-Nerviges, was dem II völlig abgeht. Beim Trudon nervt mich einfach gar nichts - und das ist der gemeinsame kleine Nenner aller meiner Lieblingsparfums.
Ach ja, fast vergessen... an alle Sillage- und Haltbarkeitsfetischisten: Der hier ist nicht für euch.
6 Antworten
Bobby vor 3 Jahren 19 9
7
Flakon
5
Sillage
5
Haltbarkeit
7.5
Duft
One more cup of coffee for the road
Ja, die Kaffeedüfte...
Sie treiben hier so einige zur Verzweiflung. Die meisten suchen ja schlicht etwas, das nach Kaffee riecht, ohne Schnick und Schnack. Ist das wirklich so schwierig?
Es gibt die Etikettenschwindler unter den Kaffeedüften, die es einigen Testern unmöglich machen, den Kaffee überhaupt wahrzunehmen, wie z.B. SM Café oder "Coffee Break - Golden Dallah | XerJoff" .
Der von mir lange sehr geschätzte Follow hat für mich eine auf Dauer nervige Nelkennote, ansonsten ist er schon recht beeindruckend.
Es gibt die schwülstig-blumigen wie Intense Cafe , die versoffenen wie "Black Phantom Memento Mori | Kilian" , die pappsüßen Karamellen wie Aoud Café oder Coffee Addict und zuletzt die schüchternen, deren sehr schönes Kaffeearoma nur 1-2 Minuten hält wie "Acqua Colonia Coffee Bean & Vetyver | 4711" oder Black Vetyver Café .
Für Kaffeepuristen ist es also zum Haareraufen...
Kurz vorm Aufgeben hab ich dann noch Demeter durchsucht: Wenn ich schon einen monothematischen Duft suche, dann werde ich wohl dort fündig, dachte ich. Auch hier gibt es verschiedene Kandidaten (das gilt fürs Thema generell: Von Kaffeeblüte über grüne Kaffee-Bohnen, geröstete Bohnen über gemahlenen Kaffee bis hin zu Espresso etc. ist alles dabei). Ich entschied mich für den frisch gebrühten, da ich das an Kaffee am liebsten rieche.
Eine Probe konnte ich nicht ergattern, also musste es ein relativ niedrigpreisiger Blindkauf sein.
Für ca 30 Euro erhält man 30ml, wobei ich bei Ebay fündig wurde - der US-Hersteller wollte 130 Euro Liefergebühr. Gerade noch rechtzeitig gesehen...

Der Duft nun ist weniger puristisch als gedacht und funktioniert für mich daher als vollwertiges Parfum.
Dennoch ist die Authentizität in der Kopfnote frappierend und eine echte Wohltat.
Der Duft hält im Anschluss die feine Balance aus anhaltendem Kaffee und leicht vanilliger Süße durchgehend aufrecht. So etwas habe ich gesucht.
Er ist genau so leise, wie ich Parfüm generell mag, d.h. absolut nichts für Fans von beeindruckender Haltbarkeit oder Sillage. Beide sind aber keineswegs lachhaft oder nicht vorhanden.
Die Basis ist leicht bitter-süß-rauchig und nach wie vor eindeutig Kaffee. Sie verschwindet auf der Haut nach ca. 5 Stunden, hält auf Test-Papier und Kleidung aber deutlich länger. Also leise, aber wenigstens durchgehend mit Kaffee.
Den Flakon finde ich ok, er ist halt kein Kunstwerk.
Er darf jedenfalls bleiben.
9 Antworten
1 - 5 von 31