Carpintero

Carpintero

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46 - 50 von 57
Carpintero vor 4 Jahren 12 3
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Vom Gefühl nach Hause zu kommen
Kennst Du das Gefühl, wenn Du nach einer langen Reise wieder bei Dir zuhause ankommst und Du in einem Gefühl aus Nostalgie, Fernweh und Freude schwelgst? Wenn Du Dich nicht entscheiden kannst, ob Du Dich auf Dein eigenes, frisch bezogenes, so vertraut und frisch duftendes Bett freuen oder lieber der abgeschlossenen Reise mit all ihren wunderschönen und einzigartigen Erinnerungen nachtrauern sollst. Wenn Du möchtest, dass der vergangene Moment noch ein wenig bleibt, Dich an jede einzelne Nuance Deiner Erinnerungen klammerst, nur um noch einmal das Gefühl, das Dich auf Deiner Reise begleitet hat, nochmals zu erleben. Der Moment, wenn Du nach dieser langen Reise Deine wunderschöne, lichtdurchflutete Wohnung betrittst und sich die Freude über die Ankunft daheim mit dem Gefühl, etwas verloren zu haben paart.

Ombré Leather, zu Deutsch "Schattiertes Leder" - meine Interpretation aber "Im Schatten des Leders" - ist für mich die olfaktorische Darstellung der oben genannten Emotionen.

Den Auftakt auf meiner Haut gibt mir der fast schon scharfe Kardamom, der durchaus würzige Safran (wohlgemerkt: ich mag Safran eigentlich gar nicht) und die zuckersüsse Jasmin-Sambac. Zur Info: Jasmin-Sambac, oder auch "Arabischer Jasmin" genannt, stammt aus den asiatischen Tropen und wird in Regionen zwischen dem indischen Subkontinent und dem Fernen Osten gewonnen.

Aus diesem Trio eröffnet sich mir der erste Akt, der mich gleich wie eine Wucht aus dem gewohnten Umfeld entreisst und mich in eine fremde, ja weit entfernte Welt entführt. Im Orient-Express begebe ich mich auf eine langsame, gemächliche Reise zwischen Okzident und Orient, begleitet von Luxus und atemberaubend schönen Eindrücken: Zunächst ziehe ich an kultivierten, pulsierenden Städten, an farbenprächtigen Feldern und an bunten kleinen Dörfern vorbei. Am Horizont Wälder und dahinter leicht skizziert die Silhouette der weit entfernten Berge.
Geprägt ist diese Zugfahrt allerdings nicht von den Lastern, wie wir sie aus der heutigen Zeit der Bahnreisen kennen, nein, im Gegenteil: mich umgibt purer Luxus, aufmerksames Personal, exquisite Küche und höchster Komfort.

Nach dem wuchtigen Auftakt, der mich aus meinem gewohnten Umfeld entriss, muss ich mich erst einmal erholen - aber dazu kommt es nicht. Schon gleich nach dem ersten Akt, der mich aus meiner schönen Wohnung in den Orient Express beförderte, kommt es zum zweiten Akt, meinem Ziel auf dieser Reise: Eine Stadt, die Osten und Westen verbindet, die Brücke zwischen Europa und Asien, der Punkt, an dem Okzident auf den Orient trifft. Das taktgebende Trio vom Anfang übergibt das Zepter nun einem tiefschwarzen, kultivierten und weltgewandten Leder. Dieses übernimmt von Beginn des zweiten Aktes nun den massgebenden Ton. Begleitet wird es ganz subtil vom anfänglichen Trio und nun auch von leicht krautigem Patchouli und sanftem Vetiver. Ich wandle aber nicht über pulsierende Bazare oder setze mich der unsäglichen Hitze dieser riesigen Metropole aus, sondern ich beobachte das geschäftige Treiben auf den Strassen und die langsam einsetzende Abendstimmung und den damit verbundenen Farben am Himmel über dieser Weltmetropole am Bosporus gemütlich aus meiner komfortablen Suite, ausgestattet mit Klimaanlage und jenstem anderen Luxus, den man in einem 5-Sterne-Haus erwarten würde. Mir ist, als bliebe dieser Moment auf ewig. Die tiefstehende Sonne am Horizont, die wunderschönen Farben am Himmel, das geschäftige Treiben auf den Strassen, den Luxus, einfach beobachten zu dürfen und sich keinen Millimeter bewegen zu müssen, das Gefühl, genau dort zu sein, wo man in diesem Moment sein möchte. Ich möchte hier nicht mehr weg. Ich möchte diesen Moment einfrieren, nie verlieren wollen, für immer behalten. Je weiter sich die Sonne in Richtung Horizont bewegt, desto obsessiver wird mein Gedanke, die Zeit anhalten zu wollen.

Es wird dunkel, tiefschwarze Nacht, in meiner Suite brennt kein Licht. Ich beobachte am riesigen Fenster weiter das Treiben in dieser Metropole, erkenne die Umrisse einiger Brücken und Gebäude. Und mein Duft, das tiefschwarze Leder liegt genauso über mir wie die dunkelste Nacht über der Grossstadt am Bosporus. Unten das nächtliche Leben, das ich trotz der dicken Scheibe zu riechen vermag: Gewürzbazare, Hammams mit Kräuter-Aufgüssen und etwas Süsse aus den Shishabars und Backhäusern.

Zuhause, in meiner wunderschönen, lichtdurchfluteten Wohnung begebe ich mich langsam zu Bett. Es ist inzwischen dunkel geworden. Noch immer schwelge ich in diesen wunderschönen Erinnerungen, versuche mich in die Suite zurückzuversetzen, das Gefühl noch einmal zu erleben. Noch immer umgibt mich das mächtige Leder, die Gewürzbazare in der weiten Ferne, Kräuter und ganz wenig Süsse.

Da setzt nun auch der dritte und letzte Akt dieses Stückes ein. Das schwarze Leder noch immer präsent, nun aber schon wesentlich heller und frischer. Passend zum weissen Bettbezug meines sonst ganz schwarzen Boxspringbettes gesellen sich nun weisses Moos und Amber.

In meinem Träumen begebe ich mich noch einmal zurück auf meine Reise, geniesse jeden Moment an Bord des Orient Express und in der Suite des exklusiven Boutique-Hotels. Morgen Früh werde ich in meinem eigenen Bett erwachen, die Reise ganz weit weg und der Alltag ganz nah hier. Und dennoch weiss ich, dass ich auch dann noch einen Hauch des tiefschwarzen Leders gepaart mit etwas weissem Moos und sanften Amber auf meiner Haut wahrnehmen werde.

Denn auch wenn das Gefühl des Nachhausekommens eines der ambivalentesten Gefühle überhaupt ist, sofern man die Ferne so sehr liebt wie ich, so weiss ich doch, dass die Erinnerung bestehen bleibt und die nächste Reise auf jeden Fall bald kommt.
3 Antworten
Carpintero vor 4 Jahren 10 6
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Über Apfelstrudel mit Vanillesosse, Batches und Reformulierungen
Ständig auf der Suche nach neuen Düften, stiess ich irgendwann unweigerlich auf Layton aus dem Hause PdM, fand jedoch nie eine Gelegenheit, den Duft zu testen.

Neulich in München war es dann doch endlich so weit: in einer sehr exklusiven Parfümerie testete ich sowohl den Layton als auch den Layton Exclusif. Zuerst auf einem Teststreifen, wo mich beide masslos enttäuschten, dann auf der Haut, wo mich beide auf der Stelle umhauten. Die freundliche Mitarbeiterin empfahl mir, mit dem Duft ein wenig spazieren zu gehen, um alle Facetten auf mich wirken zu lassen und um mit beiden Düften vertrauter zu werden. So ging ich noch zum Frisör, war einkaufen und machte einen langen Spaziergang.

Ich musste immer wieder abwechselnd an beiden Handgelenken schnuppern: Rochen die beiden Düfte anfänglich sehr identisch, so tendierte ich im späteren Verlauf mehr und mehr zum Layton, was mich absolut verwunderte, da ich Oud und Hölzer als Inhaltsstoffe eigentlich liebe und daher nur aufgrund der Ingredienzen dem Exclusif den Vortritt gegeben hätte. Irgendwie passte der süsse Apfel und die cremige Vanille für mich nicht ganz mit dem Oud zusammen.

Der Layton riecht, wie schon so oft beschrieben, nach dem wohl feinsten Apfelstrudel der Welt mit einer gehörigen Portion Vanillecreme. Kalorien: Etwa 5000.
Um meine Beschreibung dann doch noch etwas subtiler zu gestalten: Im Opening rieche ich wirklich überwiegend süsse Frische, grüner Apfel, zitrische Noten, etwas blumiges. Der grüne Äpfel verwandelt sich jedoch sehr schnell im Drydown zu einem Bratapfel oder sogar - wie ich es gerne beschreibe - in einen feinen, leckeren Apfelstrudel, mit dünner knuspriger Kruste und aromavollendeten, reifen Äpfeln und Rosinen. Dazu kommt eine warme Vanillesosse, bestehend aus einer gehörigen Portion Sahne und Zucker und natürlich die feinste Madagaskar Vanille, die es auf dem Markt gibt.
Später wird die gesamte Duftkomposition von feinen, edlen Hölzern untermalt, jedoch behält die Vanille stets die Oberhand. Die Hölzer sind aber die Elemente, welche die restliche Vanillesosse und die Krümel vom Apfelstrudel gebührend zur Feuerstelle tragen, um dann im Grand Finale die Basis für die lodernden Flammen sind, welche Strudelreste und Vanillesosse zunächst karamellisieren und letzten Endes in Rauch aufgehen lassen. Und selbst dann wird die Nase noch Nuancen der wohl reichhaltigsten Vanillesosse vernehmen können, umgeben von rauchigen Hölzern und einer wohligen, dreidimensionalen Wärme.

Lange Rede, kurzer Sinn: Ich entschied mich für den Layton und tätigte den Kauf am selben Abend.
Selbst mehrere Stunden später roch ich immer noch den starken Duft der Probe, den mir die Dame aufgesprüht hatte. Der Duft war so laut und stark, er schrie förmlich aus allen Ecken. Selbst mehrere Saunagänge und anschliessende Duschen im Münchner Wellnesshotel konnten dem Duft nichts ab — natürlich wurde er von Gang zu Gang schwächer, ganz weg war er aber erst am nächsten Morgen. Ich war verliebt.

Drei Tage später, wieder zuhause in der Schweiz, öffnete ich aufgeregt die Verpackung und trug jeweils zwei Sprüher vom neu erstandenen 125 ml Flakon meines Laytons auf meine beiden Handgelenke auf. Nichts. Ein laues Lüftchen. Ein wenig Duft. Aber sonst nichts. Die ganze Magie verschwunden.
Ich dachte, ich werde wahnsinnig. Ich schnüffelte und roch am Handgelenk. Nichts. Dann betrat meine Freundin den Raum und motzte „Wie viel hast du dir von dem Zeug aufgesprüht? Die ganze Bude stinkt“ — und als ich sie am Handgelenk riechen liess, fragte sie mich, woher der Geruch denn dann komme.

Es war wirklich wie verhext. Man schien den Duft im Raum wahrzunehmen, aber nicht an mir?! Was soll das?
Ich schmiss die Mühle an und googelte den Batch Code. Vor allem in englischsprachigen Foren stiess ich auf mehrere Artikel, dass PdM wohl bei einigen Düften, darunter auch Layton, Probleme mit Haltbarkeit und Sillage hat, die Düfte scheinbar sogar reformuliert wurden und sich aufgrund Lieferengpässen bei den Inhaltsstoffen schwer verändert hatten. Ich war entsetzt.
Ich forschte weiter und stiess auch in deutschsprachigen Foren auf ähnliche Artikel — in einem fand ich sogar meinen Batchcode wieder und dachte, ich drehe nun definitiv durch: Genau diesem Batch wurde zwar ein sehr guter Duft, dafür aber eine miserable Haltbarkeit zugeschrieben. Ich war am Ende.

Ich rief am nächsten Tag bei der Parfümerie an, die Dame erinnerte sich noch an mich und bot mir an, den Duft umzutauschen oder einen ganz anderen Duft zuzuschicken. Ich fragte sie, welchen Batchcode denn der Tester im Geschäft gehabt hätte, da dieser so endlos stark, endlos gut und, vor allem, endlos lange duftete. Als sie dann „939805“ sagte, glaubte ich, ich falle vom Glauben ab. Ich rannte zu meinem Parfümschrank, holte meinen Flakon raus und bat die Dame am Telefon noch einmal darum, mir den Batchcode des Testers zu nennen „939805“. Ich wiederholte jede einzelne Zahl um sicher zu gehen, dass ich mich auch ja nicht verhört hatte. Denn genau dieser Batchcode stand auch auf meinem Flakon.

Sowohl die Verkäuferin als auch ich waren ratlos und wir einigten uns darauf, dass ich den Duft nun einige Tage stehen lasse und dann wieder sowohl an Haut als auch an Kleidung testen soll.

Und wie froh ich war, auf den Rat der Verkäuferin gehört zu haben — Vor ein paar Tagen trug ich den Duft erneut auf. Je ein Sprüher auf jeder Seite meines Halses, ein Sprüher in den Nacken und zwei Sprüher auf das Hemd. Als ich etwa 20 Minuten später das Haus verliess und in die Tiefgarage lief, begegnete ich der Nachbarin, die mich fragte, ob jemand im Haus bäckt, da es so fein nach Apfel, Zimt und Vanille riecht. Da ich mein Portmonee vergessen hatte, fuhr ich mit dem Aufzug noch einmal hoch in meine Wohnung — überall roch es nach mir!
Ich fuhr dann in die Autowaschanlage und bekam das Gefühl, der ganze Kontrollraum riecht nach Layton. Ein Herr, der in seinem Auto sass und das Fenster geöffnet hatte, weil er eine Zigarette am rauchen war, fragte mich, ob ich aus Versehen im Parfüm gebadet hätte und schob nach meinem sarkastischen „man sollte es meinen“ ein sehr freundliches „riecht aber verdammt gut!“ hinterher.
Ich könnte jetzt mit Beispielen endlos weitermachen — ich bekam an diesem Tag ganze 8 Komplimente für diesen Duft. Als am Abend meine Freundin nach Hause kam und ich auf dem Sofa saß während sie durch die Tür die Wohnung betrat, hörte ich nur ein „Huiii, hier riecht es aber fein, hast du gebacken?“.
Der Duft riecht so stark, ganz genau gleich wie der Tester. Weshalb nun beim ersten Auftragen dieses Erlebnis stattfand, kann ich nicht ganz erklären. Allerdings bin ich in englischsprachigen Foren auf Artikel gestossen, dass der Duft möglicherweise „nachreifen“ muss, was ich selbst aber weder bestätigen noch dementieren kann. Eine andere Erklärung wäre wohl eine Überlastung der Nase oder des Geruchsinns, aber auch das ist nur eine Theorie, welcher allerdings entgegenzuhalten wäre, dass auch noch andere Menschen Haltbarkeitsprobleme mit diesem Duft haben. Auch die Verkäuferin aus dieser sehr exklusiven Parfümerie in München konnte dieses Phänomen nicht erklären, allerdings meinte sie, dass manche Düfte ihre Zeit brauchen und sich durchaus entwickeln können.

Ich bin einfach nur froh, habe ich diesen wundervollen Complimentgetter für mich entdeckt. Er ist wie eine komfortable und gleichzeitig verführerische Aura zum aufsprühen — eben wie Apfelstrudel mit cremiger Vanillesosse.
6 Antworten
Carpintero vor 5 Jahren 35 10
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Elli Kan*
*) für mich war es

Gleich vorweg: Ich habe jahrelang im Golfstaat Katar gelebt und gearbeitet — dort in einer Mall an Oud vorbeizukommen ist wie wenn man aufs Oktoberfest geht und kein Bier sieht. Entsprechend verliebte ich mich schon vor etlichen Jahren in die wundervolle Welt des Ouds, in seine geheimnisvollen und mächtigen Nuancen, in das Betörende und Verführerische! Es führte einfach kein Weg daran vorbei.

Seit einigen Jahren lebe ich nun wieder in der Heimat, immer auf der Suche nach guten, authentischen Oud-Düften. Per se liebe ich natürlich eine Vielzahl an Düften — mit Oud verhält es sich wie mit Spaghetti Bolognese: ich liebe sie, aber halt nicht täglich. Genauso ist es mit den Düften: je nach Stimmung kommt etwas anderes drauf.

Damit sei der Prolog nun abgeschlossen.

Im Frühjahr verliebte ich mich in Oud Wood aus dem Hause Ford, der mich jedoch schon nach sehr kurzer Zeit wieder verlassen musste, da er mich aufgrund seiner miserablen Haltbarkeit und Sillage schwer enttäuscht hatte — es war wohl batchabhängig, da mir viele andere eine enorme Haltbarkeit bestätigt hatten und ich in Form einer Probe genau die gleiche Erfahrung gemacht hatte, nämlich das der Duft verdammt gut hält. So war die schlechte Haltbarkeit des 100 ml Flakons das frühzeitige Aus unserer kurzen, dramatischen Liebe.

Jetzt ist der Prolog wirklich zu Ende — der Hauptteil möge folgen:

OudTouch.
Bei meinen Recherchen zu guten und holzigen Oud-Düften stiess ich nach längerer Suche irgendwann einmal auf OudTouch, das hier im Forum schon sehr kräftig gelobt wurde. Ich konnte mir unter den oben stehenden Duftnoten rein gar nichts vorstellen und entschied mich aufgrund des unschlagbaren Preises (ca. 25 Euro) für einen Blindkauf im Internet. Kaum bestellt bereute ich meine Entscheidung bereits wieder: wie kann man nur so dumm sein und einen Duft, den man noch nie gerochen hatte, einfach so blind einkaufen. Klar, der Preis ist verhältnismässig sehr niedrig, aber dennoch, was war los mit mir?

Während einer Woche des angespannten Wartens las ich mir immer wieder die Duftnoten durch, wie das wohl riechen würde? Auf meiner Haut?
Ich las Kommentare und Statements, fühlte mich teils bestärkt und teils entmutigt.

Schlussendlich traf nun der Duft endlich wieder ein. Wie ein Süchtiger riss ich die Packung auf, begutachtete kurz den Flakon bevor ich den Deckel herunternahm und den ersten Sprüher OudTouch auf mein Handgelenk sprühte.

Holy Fuck!

Der erste Eindruck: die volle Dröhnung herber Süsse, die mich hier völlig überrumpelt und überfällt.
Meine Freundin sagte „Hier riecht es wie in einer arabischen Mall“. Ja, und zwar genauso: Draussen ist es heiss, brechend heiss, fast schon unerträglich. Die Luft trocken, sie steht, kein Windzug, kein bisschen Erfrischung. Dann betrittst Du die opulente, luxuriöse und moderne Mall und als erstes läufst du in eine eisige Wand. Es wird kalt und es riecht nach Gewürzen, nach luxuriösen Düften, nach reichen Scheichs und deren Frauen. Es riecht nach herbem, fast schon bitterem arabischen Kaffee, den man zusammen mit einer Khalas Dattel von Bateel geniesst. Es riecht nach den opulenten arabischen Süssigkeiten aus der einen und nach hochwertigem Weihrauch aus der anderen Ecke. Aber der Reihe nach...

Zu Beginn überfällt Dich eine würzige, herbe Süsse... ich rieche ganz deutlich Toffee, aber auch etwas Fruchtiges, vielleicht tatsächlich Orangen und Himbeeren, aber im Grunde genommen könnte es alles sein. Es riecht hoch elitär und verwöhnt, es riecht nach ‚Hui‘.

Einen kleinen Augenblick später setzen die Hölzer ein. Ich könnte meinen, Oud ganz deutlich herauszuriechen: Oud in seiner saubersten und edelsten Form, nicht fäkal oder animalisch, aber sehr, sehr präsent und klar. Nur: Es ist kein Oud enthalten.
Neben den hölzernen Tönen nimmt man nun auch sehr deutlich den Weihrauch und die Rose war. Es riecht holzig, leicht süss und rauchig, schon nahezu verrucht — und dabei strahlt der Duft dennoch Unnahbarkeit und Unantastbarkeit aus. Genauso wie die Scheiche in den luxuriösen Mall Katars: Sie würdigen Dich maximal eines Blickes, aber in ihren Inner Circle kommst Du nie. Und genau das strahlt dieser Duft auf seine wunderschönste und eleganteste Art- und Weise aus.

Kurioserweise vernehme ich im Drydown immer wieder das Fucking Fabulous von TF, ich kann es mir nicht erklären wieso. Vielleicht so ein wenig diese Schlauchboot-Plastik-Synthetik, aber deutlich heruntergeschraubt und für mich tausend mal besser als das Original. Ebenso vernehme ich im Drydown OudWood, aber ebenfalls in einer besseren Version: viel extremer und lauter, viel arroganter und distanzierter. Dieser Duft ist nicht verspielt, höchstens dann, wenn es darum geht, dass Du gewinnst. Selbst als im tiefsten Drydown die Vanille so dezent und harmonisch einsetzt, ist der Duft immer noch ein ungezähmtes Biest.

Ein süffisantes Lächeln, ein arroganter Blick, unnahbare Stärke, endlose Macht und gnadenlose Kompromisslosigkeit strahlt dieser Duft aus.

Und trotz all dem hat er etwas romantisches, etwas unglaublich verführerisches und hemmungslos atemberaubendes an sich... die Sehnsucht nach dem Golf setzt ein.

Haltbarkeit und Sillage: Der beste Duft in meiner Sammlung — und ich habe ein paar Biester darunter. Aber dieser Duft bricht wirklich alle Rekorde.

Zuletzt bleibt der Verweis auf den Titel meines Kommentars. Elli Khan ist ein Lied einer bekannten libanesischen Sängerin, Nancy Ajram. Mein Arabisch ist eher basic, aber bei Elli Khan geht es um eine herzzerreissende, mit Sehnsüchten erfüllte Liebe. Ein Fragment der Lyrics lautet so in etwa: ‚Wie konnte ich leben bevor ich dich kennengelernt habe und wie könnte ich je weiterleben wenn du mich verlässt‘.

Ich liebe dich, OudTouch.

Peace Oud... ähhh... out!

10 Antworten
Carpintero vor 5 Jahren 51 12
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Unter dem Radar
— oder besser gesagt: Der wohl unterbewertetste Duft des Jahres!

Weder die Marke noch den Duft kannte ich. An dieser Stelle also einmal ein grosses Dankeschön an Parfumo, dank welchem ich nach langem Herumstöbern auf dieser wundervollen Seite mit hohem Abhängigkeitspotential gestossen bin.

This is Him klang nach all den Kommentaren und Statements sehr vielversprechend und ich war gespannt darauf, den Duft einmal live zu erleben, was beim nächsten Besuch in meiner Lieblingsparfümerie auf meiner To-Do-Liste stand. Nachdem ich mich lang und ausgiebig mit Nischendüften aus dem Hause Ford und Le Labo auseinandergesetzt hatte, war Zadig und Voltaire zugegebenermassen auch aufgrund der Preisklasse nicht ganz auf meinem Radar. Wenn man Düfte für 300 Euro und aufwärts lieben gelernt hat, kann ein Duft für ‚nur‘ 70 Euro wohl kaum noch überzeugen. Und das soll an dieser Stelle nicht arrogant oder hochnäsig gemeint sein, im Gegenteil, wer spart nicht gerne — aber wenn man einige Male Gast im Le Meridien oder Kempenski war, dort ausgiebig im Luxus schwelgte und verwöhnt wurde, hat man nicht unbedingt eine Jugendherberge für seine nächste Reise auf dem Schirm.

— was sich jedoch als Fehler erweisen könnte, denn: Wer wagt, gewinnt.

Also ging ich letzte Woche in die Parfümerie meines Vertrauens. Eigentlich mit der Intention den Schönling aus dem Hause Ford zu testen, fragte ich dann noch nach Zadig und Voltaire. Die Dame musterte mich skeptisch und antwortete auf meine Frage, wie gut der Duft denn halte, nur: „Naja, wenn Sie Düfte von Tom Ford lieben, wird Sie dieser hier in Sachen Haltbarkeit wohl kaum überzeugen können!“. Dennoch insistierte ich den Duft zu testen und sie sprühte mir etwas auf einen Teststreifen. Ich hatte den Streifen noch nicht einmal in der Hand, da überrumpelte mich bereits die erste Ladung Grapefruit-Pfeffer-Melange. Ich war völlig geflashed, jedoch vom Kommentar der Verkäuferin bezüglich Haltbarkeit auch verunsichert und daher zögerlich geworden. Ich schnupperte unentwegt am Teststreifen, die Mischung aus herber Grapefruit und scharfem Pfeffer begeisterten mich ungemein, sollte dieses Vergnügen aber nur von kurzer Dauer sein, wäre das wohl das k.o.-Kriterium für diesen Duft. Wenn ich etwas hasse, dann ist es die Kurzlebigkeit von Düften.
Ich testete noch einige andere Düfte, meine Nase landete dennoch immer und immer wieder auf dem Teststreifen von This is Him.

Nach längerer Debatte entschied ich mich für den Halbblind-Kauf und nahm This is Him im 100 ml Flakon mit. Da ich zu den Stammkunden in dieser Parfümerie gehöre, gibt es an einem bestimmten Tag der Woche immer 10 - 20 % auf alle Düfte, in diesem Fall waren es 20 % und da ich in der Schweiz lebe, entfällt für mich auch die Mehrwertsteuer, kurzum: bei guten 40 Euro für 100 ml Duft kann man wohl nicht sehr viel falsch machen, selbst ein Fehlkauf wäre hier noch zu verkraften.

Als dieses sollte sich jedoch Zadig & Voltaires This is Him noch erweisen. Im Gegenteil.

Am nächsten Tag benutzte ich den Duft zum ersten Mal. Und wieder gab es diesen Flash: Eine wahrliche Bombe aus Grapefruit und Pfeffer donnert Dir in die Nase, wenn Du den Duft frisch aufträgst. Dabei ist weder Grapefruit noch Pfeffer in irgendeiner Form aufdringlich oder gar störend, sondern eher angenehm und ausgesprochen natürlich riechend für einen solch günstigen Duft.

Ja, herbe Grapefruit und würziger Pfeffer sind im ersten Augenblick eine klatschende Ohrfeige, aber in diesem Fall wäre ich auch gerne dazu bereit, auch noch die zweite Wange hinzuhalten.

Schon nach kurzer Zeit wird der starke, laute, knallende Auftakt verrucht, mysteriös und geheimnisvoll: Weihrauch in seiner wohl angenehmsten Form und geschmeidige Vanille beginnen Pfeffer und Grapefruit im Ensemble zu unterstützen. Dabei wird hier nicht der Versuch gestartet, einen Kampf der Giganten auszutragen, sondern wie in einem Orchester ergänzen sich die einzelnen Komponenten zu einem herb-scharfen-rauchig-süssen Dufterlebnis der besonderen Art.

Der Duft ist unglaublich spannend und anziehend, er strahlt eine unwahrscheinliche Eleganz gepaart mit einer gewissen Verruchtheit aus. Er ist edel, geschmeidig und gelassen im einen und draufgängerisch, erotisch und verrucht im nächsten Moment.

Der Drydown ist jedoch für mich der Höhepunkt dieses Duftes, das endlose Grand Finale, das Tüpfelchen auf dem i: Wo Grapefruit, Pfeffer, Weihrauch und Vanille noch immer sehr, sehr präsent sind, beginnt Sandelholz ganz subtil, initial ganz zurückhaltend und später immer deutlicher seine Wirkung zu entfalten. Das Sandelholz unterstützt alle anderen bereits vorhandenen Akkorde, löst sie nicht ab, sondern untermalt sie und verleiht diesem Duft in seinem langanhaltendem Drydown eine luxuriöse und zeitgleich unglaubliche sexy Cremigkeit.

Und das hält. Und hält. Und hält. Und hält.
Wenn ich morgens vor der Arbeit Zadig & Voltaire auftrage, ist er auch abends nach gut 9 Stunden immer noch sehr, sehr deutlich wahrnehmbar und präsent.
Die Sillage ist vor allem im Auftakt und in der Herznote wirklich überdurchschnittlich, im Drydown wird sie zwar schwächer, aber definitiv nicht nur hautnah.
Haltbarkeit liegt nicht nur für einen Duft dieser Preisklasse, sondern generell wirklich im überdurchschnittlichen Bereich — auf der Haut hält er gute 10 bis 12 Stunden, auf der Kleidung bis zum nächsten Waschgang des Hemdes.

Dabei wird der Duft aber nie aufdringlich oder störend, sondern ist wie ein echter Gentleman: stark und präsent, aber nie schmierig oder vorlaut.
Logischerweise verlangt der Duft von seinem Träger eine gewisse Haltung und ein gewisses Selbstbewusstsein ab — er passt schon deutlich eher zum Anzugträger oder wenigstens zum Hemd mit Krawatte als zum legeren Hoodie mit Jeans. Auch sehr schön mit weissem Hemd und dunkler Lederjacke.

Für mich wirklich der unterbewertetste Duft des Jahres. Wie ein wildes Wässerchen so gehypt und an wirklich jedem zweiten Typen wahrgenommen werden kann und ein edler This is Him dabei so völlig unter dem Radar bleibt, ist mir völlig unschlüssig.

Der Duft erfüllt alle Kriterien, die ein überdurchschnittlich guter, erotischer und dennoch alltag- und sogar bürotauglicher Herrenduft aufweisen muss mit Bravour — und dennoch bleibt er unterbewertet und fernab des Hypes.

Klar, gut für uns, die diesem luxuriösen Duft fröhnen und dabei positive Reaktionen von allen Seiten einheimsen — dennoch schade, dass er so unbekannt und unter dem Radar bleibt.

Am Ende bleibt nur zu hoffen, dass die Produktion nicht eingestellt oder der Duft gar reformuliert wird. Es wäre schade darum.

An dieser Stelle nochmal ein riesengrosses Dankeschön an meine Vorredner und an Parfumo, dass ich dank Euch überhaupt auf diesen unglaublich grandiosen Duft aufmerksam gemacht wurde!

Peace out!
12 Antworten
Carpintero vor 5 Jahren 15 3
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Flakon
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Haltbarkeit
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Duft
Wenn ich mal gross bin...
— wer kennt dieses kindliche Statement nicht? „Wenn ich einmal gross bin, dann werde ich...“. Nun ich bin gross geworden, 31 um genau zu sein und einige der Zukunftswünsche wurden tatsächlich zur Realität.
Nun, heute geht es nicht um meinen Beruf oder den Wagen, den ich fahre, sondern um Beau de Jour von TF. Und doch passt das initiale Statement schon ganz gut.
Wenn ich einmal gross bin...

Getestet habe ich den Duft bei uns in Zürich, nachdem ich zufällig über einige sehr positive Kommentare und Statements hier gestolpert war. Und ich muss gestehen: Er haute mich auf Anhieb um. Das erste, was ich wahrnehmen konnte war diese unglaubliche Frische bestehend aus Lavendel und sehr dezenten Gewürzen. Auch wenn ich nie in einem Barbershop war - genauso stelle ich es mir vor. Der Auftakt ist frisch, extrem blumig, aber keine pudrige Blumigkeit, sondern etwas herbes, sehr starkes und dennoch dezentes.

Nach kurzer Zeit gesellten sich bei meiner Wahrnehmung grün-erdig-holzige Nuancen zum Dufterlebnis hinzu. Ich suchte immer wieder nach Symbolen und Sinnbildern — und fand keines. Ich glaube, das macht es fast unmöglich diesen speziellen Duft zu beschreiben.

‚Sophisticated‘ ist wohl das passendste Adjektiv, das mir zu diesem Duft einfallen würde. Es riecht unglaublich erwachsen, männlich, stark und selbstbewusst - dennoch vereinnahmt es nicht gleich den kompletten Raum. Der Duft ist laut auf seine ganz eigene Art, laut schon, ja, aber so laut wie der Orchestergraben bei einer klassischen Oper. Der Sturm von Vivaldis Vier Jahreszeiten.

Ja, ich mag diesen Duft, keine Frage.
Nur nach diesem ausserordentlichen Start und diesem perfekten Mittelfeld wird mir der Drydown etwas zu alt, ohne hier jemanden beleidigen zu wollen. Er riecht im Drydown nach einem süsslich-herben Aftershave, das gleichzeitig eine leichte Schärfe durch Pfeffer erhält und in seinem Kern von erdigen und grünen Nuancen umgeben ist. Auch Holz nehme ich noch sehr deutlich wahr. Jemand brachte den Vergleich mit 70er-Jahren — Ja, kommt hin.

Nur bin ich ein 80er-Kind, wenn nicht sogar nur ein halbes 80-er Kind, da meine Kindheit und Jugend wohl mehr in den 90ern als den 80ern verlief.

Und daher auch der Titel und die Konklusion dieses Kommentars: Wenn ich einmal gross bin...

Der Duft ist ganz grosses Kino, er ist die Mercedes S-Klasse Luxury Line, ausgestattet mit weissem Leder, Mahagoniholz und klassischer Musik, er ist die Edel-Kreuzfahrt unter den Reisen, er ist die Villa auf dem Land im Jugendstil. Alles Dinge, die ich gerne mal hätte, wenn ich älter bin. Aber eben nicht jetzt.
Und genau so verhält es sich mit diesem wunderbaren Duft: gib mir noch 10 oder 15 Jahre du schöner Tom — und dann wirst du mein Signaturduft sein.

Eben, wenn ich einmal gross bin.
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