22.09.2019 - 04:45 Uhr
Carpintero
57 Rezensionen
Carpintero
Kritik Top Rezension
51
Unter dem Radar
— oder besser gesagt: Der wohl unterbewertetste Duft des Jahres!
Weder die Marke noch den Duft kannte ich. An dieser Stelle also einmal ein grosses Dankeschön an Parfumo, dank welchem ich nach langem Herumstöbern auf dieser wundervollen Seite mit hohem Abhängigkeitspotential gestossen bin.
This is Him klang nach all den Kommentaren und Statements sehr vielversprechend und ich war gespannt darauf, den Duft einmal live zu erleben, was beim nächsten Besuch in meiner Lieblingsparfümerie auf meiner To-Do-Liste stand. Nachdem ich mich lang und ausgiebig mit Nischendüften aus dem Hause Ford und Le Labo auseinandergesetzt hatte, war Zadig und Voltaire zugegebenermassen auch aufgrund der Preisklasse nicht ganz auf meinem Radar. Wenn man Düfte für 300 Euro und aufwärts lieben gelernt hat, kann ein Duft für ‚nur‘ 70 Euro wohl kaum noch überzeugen. Und das soll an dieser Stelle nicht arrogant oder hochnäsig gemeint sein, im Gegenteil, wer spart nicht gerne — aber wenn man einige Male Gast im Le Meridien oder Kempenski war, dort ausgiebig im Luxus schwelgte und verwöhnt wurde, hat man nicht unbedingt eine Jugendherberge für seine nächste Reise auf dem Schirm.
— was sich jedoch als Fehler erweisen könnte, denn: Wer wagt, gewinnt.
Also ging ich letzte Woche in die Parfümerie meines Vertrauens. Eigentlich mit der Intention den Schönling aus dem Hause Ford zu testen, fragte ich dann noch nach Zadig und Voltaire. Die Dame musterte mich skeptisch und antwortete auf meine Frage, wie gut der Duft denn halte, nur: „Naja, wenn Sie Düfte von Tom Ford lieben, wird Sie dieser hier in Sachen Haltbarkeit wohl kaum überzeugen können!“. Dennoch insistierte ich den Duft zu testen und sie sprühte mir etwas auf einen Teststreifen. Ich hatte den Streifen noch nicht einmal in der Hand, da überrumpelte mich bereits die erste Ladung Grapefruit-Pfeffer-Melange. Ich war völlig geflashed, jedoch vom Kommentar der Verkäuferin bezüglich Haltbarkeit auch verunsichert und daher zögerlich geworden. Ich schnupperte unentwegt am Teststreifen, die Mischung aus herber Grapefruit und scharfem Pfeffer begeisterten mich ungemein, sollte dieses Vergnügen aber nur von kurzer Dauer sein, wäre das wohl das k.o.-Kriterium für diesen Duft. Wenn ich etwas hasse, dann ist es die Kurzlebigkeit von Düften.
Ich testete noch einige andere Düfte, meine Nase landete dennoch immer und immer wieder auf dem Teststreifen von This is Him.
Nach längerer Debatte entschied ich mich für den Halbblind-Kauf und nahm This is Him im 100 ml Flakon mit. Da ich zu den Stammkunden in dieser Parfümerie gehöre, gibt es an einem bestimmten Tag der Woche immer 10 - 20 % auf alle Düfte, in diesem Fall waren es 20 % und da ich in der Schweiz lebe, entfällt für mich auch die Mehrwertsteuer, kurzum: bei guten 40 Euro für 100 ml Duft kann man wohl nicht sehr viel falsch machen, selbst ein Fehlkauf wäre hier noch zu verkraften.
Als dieses sollte sich jedoch Zadig & Voltaires This is Him noch erweisen. Im Gegenteil.
Am nächsten Tag benutzte ich den Duft zum ersten Mal. Und wieder gab es diesen Flash: Eine wahrliche Bombe aus Grapefruit und Pfeffer donnert Dir in die Nase, wenn Du den Duft frisch aufträgst. Dabei ist weder Grapefruit noch Pfeffer in irgendeiner Form aufdringlich oder gar störend, sondern eher angenehm und ausgesprochen natürlich riechend für einen solch günstigen Duft.
Ja, herbe Grapefruit und würziger Pfeffer sind im ersten Augenblick eine klatschende Ohrfeige, aber in diesem Fall wäre ich auch gerne dazu bereit, auch noch die zweite Wange hinzuhalten.
Schon nach kurzer Zeit wird der starke, laute, knallende Auftakt verrucht, mysteriös und geheimnisvoll: Weihrauch in seiner wohl angenehmsten Form und geschmeidige Vanille beginnen Pfeffer und Grapefruit im Ensemble zu unterstützen. Dabei wird hier nicht der Versuch gestartet, einen Kampf der Giganten auszutragen, sondern wie in einem Orchester ergänzen sich die einzelnen Komponenten zu einem herb-scharfen-rauchig-süssen Dufterlebnis der besonderen Art.
Der Duft ist unglaublich spannend und anziehend, er strahlt eine unwahrscheinliche Eleganz gepaart mit einer gewissen Verruchtheit aus. Er ist edel, geschmeidig und gelassen im einen und draufgängerisch, erotisch und verrucht im nächsten Moment.
Der Drydown ist jedoch für mich der Höhepunkt dieses Duftes, das endlose Grand Finale, das Tüpfelchen auf dem i: Wo Grapefruit, Pfeffer, Weihrauch und Vanille noch immer sehr, sehr präsent sind, beginnt Sandelholz ganz subtil, initial ganz zurückhaltend und später immer deutlicher seine Wirkung zu entfalten. Das Sandelholz unterstützt alle anderen bereits vorhandenen Akkorde, löst sie nicht ab, sondern untermalt sie und verleiht diesem Duft in seinem langanhaltendem Drydown eine luxuriöse und zeitgleich unglaubliche sexy Cremigkeit.
Und das hält. Und hält. Und hält. Und hält.
Wenn ich morgens vor der Arbeit Zadig & Voltaire auftrage, ist er auch abends nach gut 9 Stunden immer noch sehr, sehr deutlich wahrnehmbar und präsent.
Die Sillage ist vor allem im Auftakt und in der Herznote wirklich überdurchschnittlich, im Drydown wird sie zwar schwächer, aber definitiv nicht nur hautnah.
Haltbarkeit liegt nicht nur für einen Duft dieser Preisklasse, sondern generell wirklich im überdurchschnittlichen Bereich — auf der Haut hält er gute 10 bis 12 Stunden, auf der Kleidung bis zum nächsten Waschgang des Hemdes.
Dabei wird der Duft aber nie aufdringlich oder störend, sondern ist wie ein echter Gentleman: stark und präsent, aber nie schmierig oder vorlaut.
Logischerweise verlangt der Duft von seinem Träger eine gewisse Haltung und ein gewisses Selbstbewusstsein ab — er passt schon deutlich eher zum Anzugträger oder wenigstens zum Hemd mit Krawatte als zum legeren Hoodie mit Jeans. Auch sehr schön mit weissem Hemd und dunkler Lederjacke.
Für mich wirklich der unterbewertetste Duft des Jahres. Wie ein wildes Wässerchen so gehypt und an wirklich jedem zweiten Typen wahrgenommen werden kann und ein edler This is Him dabei so völlig unter dem Radar bleibt, ist mir völlig unschlüssig.
Der Duft erfüllt alle Kriterien, die ein überdurchschnittlich guter, erotischer und dennoch alltag- und sogar bürotauglicher Herrenduft aufweisen muss mit Bravour — und dennoch bleibt er unterbewertet und fernab des Hypes.
Klar, gut für uns, die diesem luxuriösen Duft fröhnen und dabei positive Reaktionen von allen Seiten einheimsen — dennoch schade, dass er so unbekannt und unter dem Radar bleibt.
Am Ende bleibt nur zu hoffen, dass die Produktion nicht eingestellt oder der Duft gar reformuliert wird. Es wäre schade darum.
An dieser Stelle nochmal ein riesengrosses Dankeschön an meine Vorredner und an Parfumo, dass ich dank Euch überhaupt auf diesen unglaublich grandiosen Duft aufmerksam gemacht wurde!
Peace out!
Weder die Marke noch den Duft kannte ich. An dieser Stelle also einmal ein grosses Dankeschön an Parfumo, dank welchem ich nach langem Herumstöbern auf dieser wundervollen Seite mit hohem Abhängigkeitspotential gestossen bin.
This is Him klang nach all den Kommentaren und Statements sehr vielversprechend und ich war gespannt darauf, den Duft einmal live zu erleben, was beim nächsten Besuch in meiner Lieblingsparfümerie auf meiner To-Do-Liste stand. Nachdem ich mich lang und ausgiebig mit Nischendüften aus dem Hause Ford und Le Labo auseinandergesetzt hatte, war Zadig und Voltaire zugegebenermassen auch aufgrund der Preisklasse nicht ganz auf meinem Radar. Wenn man Düfte für 300 Euro und aufwärts lieben gelernt hat, kann ein Duft für ‚nur‘ 70 Euro wohl kaum noch überzeugen. Und das soll an dieser Stelle nicht arrogant oder hochnäsig gemeint sein, im Gegenteil, wer spart nicht gerne — aber wenn man einige Male Gast im Le Meridien oder Kempenski war, dort ausgiebig im Luxus schwelgte und verwöhnt wurde, hat man nicht unbedingt eine Jugendherberge für seine nächste Reise auf dem Schirm.
— was sich jedoch als Fehler erweisen könnte, denn: Wer wagt, gewinnt.
Also ging ich letzte Woche in die Parfümerie meines Vertrauens. Eigentlich mit der Intention den Schönling aus dem Hause Ford zu testen, fragte ich dann noch nach Zadig und Voltaire. Die Dame musterte mich skeptisch und antwortete auf meine Frage, wie gut der Duft denn halte, nur: „Naja, wenn Sie Düfte von Tom Ford lieben, wird Sie dieser hier in Sachen Haltbarkeit wohl kaum überzeugen können!“. Dennoch insistierte ich den Duft zu testen und sie sprühte mir etwas auf einen Teststreifen. Ich hatte den Streifen noch nicht einmal in der Hand, da überrumpelte mich bereits die erste Ladung Grapefruit-Pfeffer-Melange. Ich war völlig geflashed, jedoch vom Kommentar der Verkäuferin bezüglich Haltbarkeit auch verunsichert und daher zögerlich geworden. Ich schnupperte unentwegt am Teststreifen, die Mischung aus herber Grapefruit und scharfem Pfeffer begeisterten mich ungemein, sollte dieses Vergnügen aber nur von kurzer Dauer sein, wäre das wohl das k.o.-Kriterium für diesen Duft. Wenn ich etwas hasse, dann ist es die Kurzlebigkeit von Düften.
Ich testete noch einige andere Düfte, meine Nase landete dennoch immer und immer wieder auf dem Teststreifen von This is Him.
Nach längerer Debatte entschied ich mich für den Halbblind-Kauf und nahm This is Him im 100 ml Flakon mit. Da ich zu den Stammkunden in dieser Parfümerie gehöre, gibt es an einem bestimmten Tag der Woche immer 10 - 20 % auf alle Düfte, in diesem Fall waren es 20 % und da ich in der Schweiz lebe, entfällt für mich auch die Mehrwertsteuer, kurzum: bei guten 40 Euro für 100 ml Duft kann man wohl nicht sehr viel falsch machen, selbst ein Fehlkauf wäre hier noch zu verkraften.
Als dieses sollte sich jedoch Zadig & Voltaires This is Him noch erweisen. Im Gegenteil.
Am nächsten Tag benutzte ich den Duft zum ersten Mal. Und wieder gab es diesen Flash: Eine wahrliche Bombe aus Grapefruit und Pfeffer donnert Dir in die Nase, wenn Du den Duft frisch aufträgst. Dabei ist weder Grapefruit noch Pfeffer in irgendeiner Form aufdringlich oder gar störend, sondern eher angenehm und ausgesprochen natürlich riechend für einen solch günstigen Duft.
Ja, herbe Grapefruit und würziger Pfeffer sind im ersten Augenblick eine klatschende Ohrfeige, aber in diesem Fall wäre ich auch gerne dazu bereit, auch noch die zweite Wange hinzuhalten.
Schon nach kurzer Zeit wird der starke, laute, knallende Auftakt verrucht, mysteriös und geheimnisvoll: Weihrauch in seiner wohl angenehmsten Form und geschmeidige Vanille beginnen Pfeffer und Grapefruit im Ensemble zu unterstützen. Dabei wird hier nicht der Versuch gestartet, einen Kampf der Giganten auszutragen, sondern wie in einem Orchester ergänzen sich die einzelnen Komponenten zu einem herb-scharfen-rauchig-süssen Dufterlebnis der besonderen Art.
Der Duft ist unglaublich spannend und anziehend, er strahlt eine unwahrscheinliche Eleganz gepaart mit einer gewissen Verruchtheit aus. Er ist edel, geschmeidig und gelassen im einen und draufgängerisch, erotisch und verrucht im nächsten Moment.
Der Drydown ist jedoch für mich der Höhepunkt dieses Duftes, das endlose Grand Finale, das Tüpfelchen auf dem i: Wo Grapefruit, Pfeffer, Weihrauch und Vanille noch immer sehr, sehr präsent sind, beginnt Sandelholz ganz subtil, initial ganz zurückhaltend und später immer deutlicher seine Wirkung zu entfalten. Das Sandelholz unterstützt alle anderen bereits vorhandenen Akkorde, löst sie nicht ab, sondern untermalt sie und verleiht diesem Duft in seinem langanhaltendem Drydown eine luxuriöse und zeitgleich unglaubliche sexy Cremigkeit.
Und das hält. Und hält. Und hält. Und hält.
Wenn ich morgens vor der Arbeit Zadig & Voltaire auftrage, ist er auch abends nach gut 9 Stunden immer noch sehr, sehr deutlich wahrnehmbar und präsent.
Die Sillage ist vor allem im Auftakt und in der Herznote wirklich überdurchschnittlich, im Drydown wird sie zwar schwächer, aber definitiv nicht nur hautnah.
Haltbarkeit liegt nicht nur für einen Duft dieser Preisklasse, sondern generell wirklich im überdurchschnittlichen Bereich — auf der Haut hält er gute 10 bis 12 Stunden, auf der Kleidung bis zum nächsten Waschgang des Hemdes.
Dabei wird der Duft aber nie aufdringlich oder störend, sondern ist wie ein echter Gentleman: stark und präsent, aber nie schmierig oder vorlaut.
Logischerweise verlangt der Duft von seinem Träger eine gewisse Haltung und ein gewisses Selbstbewusstsein ab — er passt schon deutlich eher zum Anzugträger oder wenigstens zum Hemd mit Krawatte als zum legeren Hoodie mit Jeans. Auch sehr schön mit weissem Hemd und dunkler Lederjacke.
Für mich wirklich der unterbewertetste Duft des Jahres. Wie ein wildes Wässerchen so gehypt und an wirklich jedem zweiten Typen wahrgenommen werden kann und ein edler This is Him dabei so völlig unter dem Radar bleibt, ist mir völlig unschlüssig.
Der Duft erfüllt alle Kriterien, die ein überdurchschnittlich guter, erotischer und dennoch alltag- und sogar bürotauglicher Herrenduft aufweisen muss mit Bravour — und dennoch bleibt er unterbewertet und fernab des Hypes.
Klar, gut für uns, die diesem luxuriösen Duft fröhnen und dabei positive Reaktionen von allen Seiten einheimsen — dennoch schade, dass er so unbekannt und unter dem Radar bleibt.
Am Ende bleibt nur zu hoffen, dass die Produktion nicht eingestellt oder der Duft gar reformuliert wird. Es wäre schade darum.
An dieser Stelle nochmal ein riesengrosses Dankeschön an meine Vorredner und an Parfumo, dass ich dank Euch überhaupt auf diesen unglaublich grandiosen Duft aufmerksam gemacht wurde!
Peace out!
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