Chnokfir

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16 - 20 von 198
Chnokfir vor 3 Jahren 29 10
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Das setzt dem Ganzen die Krone auf
Es gibt da diese Düfte, bei denen mich das Produktmarketing so gar nicht abholt und ich dann fragend mit weit geöffnetem Mund vor dem Regal der örtlichen Parfumerie zum Stehen komme und meine gesamte Körperhaltung Verzweiflung und Hilfsbedürftigkeit signalisiert. "Scandal" hat mich in der Mädchen-Variante zuallererst an Alice erinnert, wie sie kopfüber im Kaninchenbau steckt, doch das half mir schon damals 2017 nicht weiter. Was soll mir jetzt dieses Krönchen für einen Skandal berichten? Ja, es grenzt schon fast an einen Skandal, dass der wertgeschätzte Kunde mit abstrusen Assoziationen und Phantasien in die Irre geleitet wird.

Ein roter Karton mit Krönchen empfängt mich, ist er in Königsrot gehalten? Man weiss es nicht so ganz genau. Jedenfalls erinnern mich die Lettern an eine britische Marke für Sport- und Freizeitbekleidung von bisweilen zweifelhaftem Ruf, zumindest was einen Teil seiner Träger anbetrifft. Diese Anbiederung ist ein Skandal, zumindest ein kleiner. Darin ein solider Flakon mit silbergrauer Flüssigkeit und güldenem Emblem mit Schriftzug und obenauf eine Krone. Hätte ich beizeiten im Wartezimmer meines Zahnarztes ausgiebiger die ausgelegte Regenbogenpresse studiert, ich käme jetzt drauf, an welche Krone mich dieses Machwerk erinnert. Ja, wir haben bereits Goldbarren, Trophäen und Pokale, wir brauchen mehr, wir setzen dem Ganzen eine Krone auf. Gibt es doch alles schon! Aber wer bitteschön kennt schon Clive Christian!? Ausserdem ist diese Krone viel grösser und viiiiieeeeel schöner! Ein Drücker auf den leider ziemlich minderwertigen Zerstäuber bringt indes nur grössere Tropfen hervor. Ein Skandal, gar nicht hoheitlich!

Der erste Schnüffler trifft einen wie ein ganzer, harter, ein ganz harter Brocken zu heiss gewordenem Karamell. Es ist süss und wird noch süsser. Von einer synthetischen Süsse, die darin kaum Zucker vermuten lässt, sondern allerlei Zuckereraustauschstoffe aus dem Labor, die dann in amerikanischen Süsswaren und Erfrischungsgetränken zum Einsatz kommen. Allerdings ohne irgendwelche fruchtigen Beigaben. Allenfalls sind da synthetische Vanille oder Tonka-Aromen mit von der Partie und irgendetwas, was ich nicht benennen kann. Es soll wohl etwas würziges simulieren, was sich aber glücklicherweise bei mir deutlich im Hintergrund hält. Mehr passiert dann auch nicht.

Der Duft startet stark süss, wird etwas süsser und lässt dann in seiner Intensität nach. Mehr passiert da nicht. Gute 8-10 Stunden lang.

Für die Zielgruppe, die einen bestimmten Entwicklungsstand eines Duftes sucht und nur diesen einen linearen Duft haben möchte, muss es die Erfüllung sein. Wer einen inneren Monk mit sich spazieren trägt, für den die Entwicklung eines Duft mit seinen unterschiedlichen Noten und Verläufen körperliche Pein bedeutet, für den muss dieser Duft die Erlösung sein.
Für Söhne, die von ihren Müttern verhätschelt und auf Händen getragen werden, die das allersüsseste auf der Welt sind, Königskinder, Kronprinzen, künftige Familienfürsten, die ihren Status bereits mit der Muttermilch aufgesogen haben, ist dieser Flakon der Inbegriff ihres Seins, ist dieser Duft eine Wiederspiegelung ihres Wesens. Dieser Duft wird ihr Auftreten nochmals verstärken und manifestieren, so bombensicher, wie Karamell jede Plombe heraushebeln kann.
Der Konsument dieses Parfums sucht wahrlich kein Duft-Erlebnis, der Duft soll nur den ganzen Tag unverändert an ihm kleben, ihn zuckersüss erscheinen lassen und das schafft Scandal auch fast einen ganzen Tag lang.

Ich hätte diese Rezension auch mit "Krone der Schöpfung" titulieren können, das hätte diesen Duft allerdings in ein völlig falsches Licht gerückt. Denn da muss ja noch Luft nach oben bleiben, für mindestens eine "Night-" und eine "Intense-" Version.

10 Antworten
Chnokfir vor 3 Jahren 17 4
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
A Drop in the Ocean
Wie so viele andere Dufthäuser versorgt uns auch Prada alle Jahre wieder mit einem fulminant neuen Ableger seiner Luna Rossa Serie. Doch was tun, wenn einem kein innovatives Thema für den kommenden Flanker einfallen will? Richtig, entweder einfach mal beobachten, was die liebe Konkurrenz oder die Stiefgeschwister aus dem Konzern so treiben und dann entweder im Fahrwasser mitschwimmen oder das komplette Gegenteil machen. Oder aber ein Immer-geher-Thema wählen, mit dem man vom Prinzip her eigentlich nichts verkehrt machen kann, ausser der Duft taugt per se gar nix: Sommer, Urlaub, Meer, ein aquatischer Frischeduft, der auch im tiefsten Lockdown und tristem Regenwetter sommerliche Urlaubsgefühle hervorlockt. Einfach mal in der Klamottenkiste stöbern.
Man könnte aber auch anders argumentieren: Einen Duft, der mit vielen Frische-Duschgels harmoniert und Männern eine gute Ergänzung nach dem täglichen Wasch-Ritus ermöglicht. Früher, so vor 30 Jahren, gab es für die allermeisten Designer-Düfte eine schier unvorstellbare Bandbreite an Pflegeprodukten mit dem entsprechenden Duft. Das fiel fast überall dem Rotstift des Controllers zum Opfer. Also einen Duft rausbringen, der bereitwillig mit jedem Discounter-Duschgel in die Kiste hüpft, wenn man es denn so ausdrücken will. Voila!

Ich mag ja die Prada-Flakons. Da steckt noch eine gewisse Wertigkeit dahinter, auch in diesem schlichten, blauen Karton. Ein schöner, solider, dunkelblauer Flakon, mit einem sehr hochwertigen Zerstäuber und einem roten Logo als Kontrast. Den durchsichtigen Schutzknöpke entsorgt man am besten gleich, nach dem Transport ist er sinnlos. So einen Flakon kann man sich ins Regal stellen, der deklassiert alle Krönchen, Barren oder Pokale. Solidität eben.

Ein erster Sprüher und es ist, als käme man nach langer Zeit wieder nach Hause zu den Eltern oder zu Oma und Opa. Nicht, dass es bei denen nach Prada Luna Rossa Ocean riechen würde. Aber es riecht sehr vertraut, als wäre man nie weg gewesen, eben wie daheim.
Viele altbekannte Frischekomponente kommen zum Vorschein, zitrische Noten sorgen für die nötige Auftaktfrischekick. Schnell schieben Kräuter und Gewürze nach und da ist wieder diese Erinnerung an all die aquatischen Düfte der 1990er Jahre, die damals so innovativ und tonangebend waren. Es fallen einem gleich ein paar grosse Namen dieser Zeit ein, hier mal mehr, mal weniger ähnlich und ausgeprägt. Allzu viele warme Noten kommen auch im Abgang nicht dazu, es bliebt eher krautig-grün, was mir gefällt, weil mir die meisten modernen Designer-Düfte hintenraus viel zu süss sind.

Ein maskuliner Frische-Duft, wie frisch aus der Dusche, wenn man denn da zu einer blauen Verpackung gegriffen hat. Dieser Duft fügt sich komplementär dazu und hilft einem, dieses Frischeerlebnis qualitativ hochwertig weiter zu empfinden und zu transportieren. Leider ist die Haltbarkeit nicht sonderlich ausgeprägt, nach guten sechs Stunden entschwinden die letzten krautigen Noten. Dabei war der Duft anfänglich noch recht voluminös, erst nach einer guten Stunden zieht er sich auf Armlänge zurück.

Prada Luna Rossa Ocean macht seinem Namen alle Ehre, es entwickelt sich eine gewisse mediterrane Frische. Das Thema vieler anderer ähnlicher Düfte wird zwar gekonnt aufgenommen, doch leider auch nicht modern weiterentwickelt. So bleibt er ein Tropfen im Meer - a drop in the ocean.
4 Antworten
Chnokfir vor 3 Jahren 15 5
10
Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
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Duft
Vergiss die Zitronen nicht!
"Du fliegst nach Kalabrien? Vergiss die Zitronen nicht!"
So mag man es jedem frei nach Friedrich Nietzsche's "Also sprach Zarathustra" raten, der eine Reise nach Süditalien vor hat. Egal, ob nun der Flug nach Neapel an die Amalfiküste, nach Lamezia Therme in Kalabrien oder nach Catania auf Sizilien geht, eine Standardzitrone aus einem deutsche Lebensmitteldiscounter sollte jeder Reisende dieser Gegenden stets am Mann tragen.
Warum? Um Vergleichsmöglichkeiten zu haben.
Denn sowas, was man bei uns zu kaufen kriegt, wird man dort eher nicht zu Augen bekommen. Ich rate zu Besuchen auf lokalen Märkten. Oder eine Fahrt im Mietwagen über Land unternehmen und dann auf schmalen Landstrassen Halt machen, um zu sehen, was dort kleine Bauern auf ihren Feldern so alles anbauen. Sowas hat man noch nicht gesehen, da fehlen einem die Namen zu. Grösse, Farben, Gerüche, Aromen, Strukturen der Schalen, alles. Und unsere Discounter-Zitronen wird man danach nur noch aus purer Verlegenheit heraus kaufen. Ist so.

Ich feiere ja Acqua di Parma. Die zylindrischen Pappkartons, in denen die Flakons in Form eines soliden Kegelstumpfs ruhen, mit ihren satten Farben und den soliden Knöpkes. Das zeigt Qualitätsbewusstsein, die aufgeklebten Etiketten mit den typischen Lettern spiegeln zeitloses italienisches Design wider. Allein schon optisch eine Zierde für jede Parfumsammlung.

Mit dem ersten Sprüher umhüllen einen gleich mehrere frische Zitrus-Aromen. Sauer, bitter und auch süss, doch bleibt es zunächst eher bei der Zitrone als bei der Bergamotte oder Limette. Die grünen und herben Noten kommen erst nach und nach zur Geltung, verleihen dem Duft Tiefe. Dabei kommt eine Aromenvielfalt zum Tragen, die man den schnöden kleinen Zitrusfrüchten aus unseren Discountern nicht zutrauen würde. Doch die Früchte Süditaliens haben so viel mehr zu bieten als einfach nur sauer, da kommen unterschiedlichste Grün-Nuancen und bittere Zwischentöne zum tragen. Mit Verlust der süsslich-fruchtigen Aromen flacht der Duft leider etwas ab, da helfen auch die rauchigen und holzigen Noten kaum.

Je nach Temperatur und vor allem Luftfeuchte entwickelt sich der Duft mal schneller, mal langsamer. Gerade bei schwülem Wetter scheint mir der Duft förmlich von der Haut zu fliessen. Das ist bedauerlicherweise der Schwachpunkt dieses Duftes: Er bleibt abgesehen vom Frische-Auftakt eher körpernah, also ein sehr intimer Duft und die Haltbarkeit ist mit teilweise nur ein bis drei Stunden auch sehr kurz. Da der Kopf- die Herz- und Basisnoten bei weitem überstrahlt, kann man den Duft aber jederzeit beliebig nachlegen, da verhakt sich nichts, da stört sich nichts. Und nachlegen muss man leider, will man unbeschadet durch den Tag kommen.

"Bergamotto di Calabria" ist ein Duft, der ohne florale Aromen auskommt, dadurch ist er sehr klar und unisex, für jeden immer und überall sehr gut tragbar. Ich layer diesen Duft auch sehr gerne über andere Acqua di Parma-Düfte drüber, beispielsweise gebe ich dem sehr holzigen "Colonia Quercia" einen zusätzlichen Frische-Kick, ohne dass sich da was in die Quere kommt. Lecker!

Man vergleiche "Bergamotto di Calabria" mit anderen zitrischen Düften. Die qualitativen Unterschiede in den Aromen sollten für sich sprechen. Wäre da nicht die Haltbarkeit. Viel zu kurz. Wie eigentlich jeder Urlaub in Italien auch. Man reiche mir ein Granita oder einen geeisten Limoncello!
5 Antworten
Chnokfir vor 3 Jahren 29 10
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Flakon
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Sillage
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Haltbarkeit
9
Duft
Raue Schale ohne Versöhnungssex
Als einleitendes Wort muss ich gestehen: Ich bin kein Rammstein-Fanboy.
Ich war zwar einmal eher aus Zufall auf einem zugegebenermassen sehr stimmungsvollen und energetischen Rammstein-Konzert, besitze aber keine CDs oder Fan-Shirts von ihnen. Ich höre dennoch hin und wieder ihre Musik. Wenn ich mich konzentrieren muss im Büro, um die Umsatzsteuervoranmeldung zu machen, beispielsweise. Oder wenn wir zu Tante Frida zu Kaffee und Kuchen fahren. Oder wenn ich zur Einleitung der monatlich fälligen ehelichen Pflichten etwas stimmungsvolle und entspannende Musik auswähle. Weitere Ausführungen hierzu würden an dieser Stelle aber etwas zu weit führen...

Ich bekam diesen Duft als Preis eines Gewinnspieles - vielen lieben Dank nochmals an dieser Stelle. Aber nachdem ich ja bekanntermassen kein Fanboy bin, seht es mir bitte nach, wenn ich hier keine Analogien zwischen diesem Parfum und dem einem oder mehrerer Rammstein-Songs oder gar der Band-Vita ziehen kann. Auch werde ich auf Zitate aus Songs verzichten - mir fallen beim Schnuppern dieses Duftes nämlich auf Anhieb keine ein. Weitere Ausführungen hierzu würden an dieser Stelle aber etwas zu weit führen...

Das Parfum kommt in einem sehr schlichten weissen Karton mit ebenso schlichtem Band-Logo und Namen des Duftes. Der Flakon ist dann ein ebenso matt-weisser wie unaufgeregter Vierkant mit schlichtem Band-Logo. Die ebenfalls aufgedruckte Strukturformel von Kokain treibt mir hingegen den Angstschweiss in die Handflächen - dank mangelndem Verständnis von Chemie war meine gymnasiale Versetzung zwei Jahre in Folge stark gefährdet. Weitere Ausführungen hierzu würden an dieser Stelle etwas zu weit führen... Ich bin dennoch positiv angetan von der Qualität der Aufmachung und des sehr fein sprühenden Zerstäubers.

Der erste Schnüffler treibt mir dann neben einer Träne auch Verwunderung und Freude ins Gesicht. Los geht es mit allem, was einem in der Nase kitzeln könnte: Pfeffer, Weihrauch, Muskat und nochmal Pfeffer. Im Hintergrund ein paar bittere, herbe grüne Noten. Der Pfeffer verlässt nach einer Stunde die Bühne, der Weihrauch bleibt und setzt sich auf ein solides hölzernes Fundament. Irgendwann lassen die manchmal metallisch anmutenden pritzelnden Noten nach und die Holznoten werden ein wenig wärmer, verlieren aber nie ihren rauen und herben Charme.

In der ersten Viertelstunde haut einen der Duft mit seiner Intensität ziemlich in die Fresse, bliebt auch die folgenden ein bis zwei Stunden ziemlich stark. Erst danach wird er handlicher, handsamer und auch fürs Umfeld angenehmer und somit tragbarer. Die holzigen Akkorde sind sogar in Summe sehr harmonisch und gut ausbalanciert. Nach guten acht bis zehn Stunden ist dann aber die allerletzte Zugabe gespielt und der Duft blendet sich undefinierbar aus.

Von den Akkorden her ist Kokain bei weitem nicht krasser als so manche Nischendüfte, die einen olfaktorisch mitunter überfordern können. Dennoch ist er in seiner Ausprägung stark und im Mainstream eines Drogerieduftes eher unkonventionell. Auch sind Haltbarkeit, Abstrahlung und insbesondere die qualitative Anmutung für einen Duft in dieser Preisklasse beeindruckend. Den kann man schon mal nebenbei so mitnehmen und macht dabei nichts falsch ... ausser man kann mit den Duftnoten so gar nix anfangen.

Auf Grund seiner eher trockenen und strengen Auslegung würde ich Kokain eher Männern als Frauen zuschreiben. Nebenbei, überaus bemerkenswert ist die Tatsache, dass meine Frau diesen Duft an mir leiden kann, ihn sogar selber an sich riechen mag! Dennoch will sie mir den Flakon nicht streitig machen. Folglich kein Ehekrach, kein Versöhnungssex, keine Einbindung in bereits oben genannte Rituale. Weitere Ausführungen hierzu würden an dieser Stelle aber auch deutlich zu weit führen...

Kauft euch den Duft, er ist limitiert, aber günstig und ziemlich gut.
10 Antworten
Chnokfir vor 3 Jahren 15 4
8
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
8.5
Duft
Die sanfte Seite von Orange County für immer und überall
Es gibt da so ein paar Dufthäuser, da komme ich nicht umhin, da wird alles getestet, was neu ins Regal gepackt wird, ob es nun ins Beuteschema passt oder nicht. Ich will nicht sagen, dass ich bezüglich Atelier Cologne ein Fan-Boy bin, aber die Marke hat es mir angetan und die meisten Düfte haben was, obwohl viele nicht zwingend zu mir passen. Aber nachdem ich wider Erwarten bereits "Eau de Mandarine Ambrée" von Hermès verfallen bin, gingen bei "Clémentine California" alle meine Antennen auf Empfang. Doch was will mir der Name sagen? Eine Reminiszenz an die Zeiten von vor über 70 Jahren, als Süd-Kalifornien noch berühmt war für seine Zitrusplantagen? Das Einfangen eines Lebensgefühls in einem Künstler-Viertel von L.A. für all jene, die sich Malibu, Long Beach oder Beverly Hills nicht leisten können? Zum Glück kann ich all jene Idee aus der Marketing-Abteilung gut und schnell abschütteln.

Vor mir der gewohnte 200ml Ziegelstein mit den schön abgerundeten Ecken und Kanten. Ist eigentlich nix besonders dran, aber ich habe den Flakon verdammt gerne in der Hand, ein echter Handschmeichler. SIE behauptet, ich gucke immer so verliebt, wenn ich den Flakon in der Hand halte. Eifersucht, pur! Die hellblaue Banderole harmoniert gut zu dem weinroten Lederknöpke und der klaren, nur leicht gelblichen Flüssigkeit. Der weisse Karton ist so wundervoll unprätentiös, wie der knallbunt bedruckte Schuber mit Strassenkreuzer, Filmklappe, Klementinen und anderem Gedöns unnötig überfrachtet ist. Karton ins Depot, Flakon ins Regal.

Ein sehr feiner Sprüher aus dem hochwertigen Zerstäuber und schon macht der Duft seinem Namen alle Ehre. Also, wenn man jetzt das "California" aus dem Namen streicht. Ich war schon zwei mal in Kalifornien, aber da werden jetzt keine Erinnerungen wach. Statt dessen orange Zitrusfrüchte satt. Da werden keine anderen Zitrusfrüchte mit in die Bowle gehauen, weil sie eben weg müssen oder das Potpourri abrunden würden, es ist wirklich Clementine und Mandarine pur, vielleicht mit Anleihen von Blutorangen, aber das war es auch schon. Lecker ist dieser Akkord, sehr lecker. Und dabei auch noch angenehm fruchtig und saftig, ohne dass einem saure, zitrische Noten den Spass verderben. Dieser Eindruck setzt sich mit der Zeit und es kommen leicht grüne, manchmal prickelnde, bisweilen etwas bittere Noten hinzu, abgemildert durch warme und weiche holzige Töne. Das Grüne und Bittere vergeht mit der Zeit wieder, die Frucht und das Holz bleiben. Bis zum Schluss.

Und das ist auch gut so! Es gibt nix Schlimmeres, als einen Duft, bei dem die nominell genannte Haupteigenschaft vorzeitig den Abgang macht! Nein, die Fruchtigkeit bleibt und das auch über einen langen Bürotag hinweg. 12-14 Stunden nehme ich "Clémentine California" gut wahr, ohne dass er zu Beginn übermächtig wurde. Die Silage bleibt auf einem angenehmen Niveau, deutlich mehr als die mittlerweile übliche Armlänge, dennoch wird der Duft nicht raumfüllend oder gar penetrant. Verteufelt, wie haben die das hinbekommen und all die anderen Firmen schaffen das kaum mehr?

Ich rede von einem fruchtigen, leicht süssen, aber nicht allzu klebrig-süssen, weichen Duft, der ohne bunt-blumige Noten doch einen leicht floralen Touch hat. Klingt jetzt erst einmal sehr feminin. Doch durch seine holzigen Noten wird das etwas abgedämpft und der Duft vermittelt einen sehr stark sommerlichen Eindruck, sodass er auch wieder an einem Mann nicht fehl am Platz wirkt. Sommer heisst jetzt nicht Freizeit, der Duft passt auch sehr gut ins Büro. Ich habe den Duft auch oft im Winter getragen, auch da passt er hervorragend, vielleicht weil die Clementine bei uns mit der Adventszeit einher geht. "Clémentine California" ist ein Unisex-Duft par excellence, für immer und überall - ich konnte mir bislang noch in keine Situation ausmalen, an dem der Duft nicht gepasst hätte.

Wer auf orange Zitrusdüfte steht, der sollte "Clémentine California" auf jeden Fall testen, der geht immer und überall. Anfänglich hatte ich noch arge Bedenken, wie ich jemals die 200ml leer bekommen soll. Mittlerweile frage ich mich, ob mir noch dieses Jahr eine neue Pulle besorgen muss.
4 Antworten
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