DerDefcon
Olfaktorische Streitereien
vor 4 Jahren - 06.09.2020
10 28

Wenn dich der Alltag olfaktorisch erdet.

Meine Parfumo-Karriere begann im Dezember 2018, als ich auf der Suche nach einem neuen Parfüm war, welches mir meine damalige Freundin zu Weihnachten schenken konnte. Die Geschichte meines olfaktorischen Werdegangs beschrieb ich in meinem vorigen Blog-Eintrag recht ausführlich, weshalb ich darauf verzichte, all dies hier wiederholt aufzuschlüsseln.
Auf jeden Fall war das eine Zeit, in der ich bereits seit über zwei Jahren studierte. Gearbeitet wurde nebenbei in dem Einzelhandelsunternehmen, in welchem nach dem Abitur eine kombinierte Aus- und Weiterbildung absolviert wurde. Das Nebenbeiarbeiten beschränkt sich lediglich auf ein, selten mal zwei Tage die Woche. Olfaktorisch bedeutet das konkret, dass ich in meinem Alltag - bis dahin - recht experimentierfreudig agieren konnte, handelt es sich doch bei der Universität, in der ich hauptsächlich Zeit verbringe (ich klammere Corona einfach mal aus), um einen recht liberalen Raum, in der diverse Menschen ihre Experimentierfreudigkeit leben - sei es im modischen, sexuellen oder sonstigen Sinne. Natürlich achte ich im universitären Alltag darauf, meine Düfte nicht zu übersprühen, denn Seminarräume können gerne auch mal sehr warm und stickig werden ... und vor allem voll ... also so richtig voll. Trug beziehungsweise trage ich während der Arbeitszeit sogenannte 'Nobrainer', wie unter anderem "Bleu de Chanel (Eau de Parfum)", "Guerlain Homme (Eau de Parfum)" oder neuerdings auch "gentle Fluidity (Silver)", so wurde beispielsweise für Vorlesungen, Seminare oder das gemeinsame Lernen in der Bibliothek gerne auch "L'Homme Intense" oder sogar "Baccarat Rouge 540 (Eau de Parfum)" aufgesprüht. Das Umfeld gestattete dies, Hemmungen waren nicht vorhanden und vorsichtig gesprüht habe ich eh immer.

Nun befinde ich mich im dritten und damit vorletzten Master-Semester und damit auch im endlich durchgeführten Praxissemester an einem Gymnasium. Aktuell wird zum größten Teil hospitiert, später dann in einzelnen Einheiten unterrichtet, um dann in ein paar Wochen auch unter Aufsicht ganze Stunden zu übernehmen.
Wie bereits angesprochen, habe ich schon nach dem Abitur in die Berufswelt hineingeschnuppert und als jemand, der im EInzelhandel, gerade in einer beratungsintensiven Branche, tätig ist, fällt es mir auch nicht schwer, auf Leute zuzugehen und Kontakte herzustellen. Die Schule jedoch ist nochmal ein gänzlich anderer Kosmos - mehr als einhundert Lehrkräfte, eine riesige Schülerschaft und ständig neue Gesichter. Aufgeregt war ich die ersten Tage und natürlich überlegte ich mir im Vorfeld, wie ich mich kleiden werde, um einerseits nicht bei der ersten Begegnung selbst für einen Schüler gehalten zu werden (trotz meiner 25 Jahre) und um andererseits eine gewisse Autorität auszustrahlen, auch wenn diese selbstverständlich nicht allein durch die gewählte Kleidung zustande kommt. Dennoch bin ich felsenfest der Überzeugung, dass Kleider Leute machen. Keine Sorge, ich kam nicht mit Anzug in die Schule, aber Hemd in der Chino-Hose sowie Schnürschuhe oder Chelsea Boots durften und dürfen es auch morgen wieder sein. So fühle ich mich wohl.

Dass ich auch darüber grübelte, welchen Duft ich in diesem neuen Umfeld trage, in dem man gerade die ersten Tage und Wochen natürlich ganz besonders neugierig beäugt wird, ist wohl für alle hier selbstverständlich. Immerhin befinden wir uns in einem Duftforum. Ich beschloss, am ersten Tag "Lumière Noire Homme" aufzutragen. Zwei vorsichtige Sprühstöße sollten es sein. Aber warum gerade dieser Duft?
"Lumière Noire Homme" ist ein unglaublich sanfter Rosenduft, der selbst bei drei Sprühstößen nicht zu laut daherkommt und zusätzlich - das ist das Tolle - den ganzen Tag auf der Haut verweilt. Für den Schulalltag nutze ich lediglich zwei Sprühstöße, denn selbst die vernehme ich bis zum Abend. Da ich Parfüm hauptsächlich für mich selbst trage, ist das perfekt. So weiß ich, dass ich mit der Dosierung niemanden belästige und zusätzlich lange genug selbst Freude an diesem tollen Gewürzrosenwässerchen habe. Und sind wir mal ehrlich ... Kurkdjians Meisterwerk passt einfach zu Chino, Hemd und Schnürern, kann im Frühling, Herbst und Winter getragen werden, ist keine Zuckerbombe und damit einem "L'Homme Intense", zumindest in der von mir beschriebenen Schulsituation, deutlich vorzuziehen. Den von mir erwähnten Prada traue ich mich während der Praktikumszeit einfach nicht zu tragen. Immerhin ist dieser auf meiner Haut unglaublich potent, strahlt stark ab und besitzt eine Süße, die für mich persönlich - ich kann nur von mir reden - nicht auf die Arbeit gehört - sei es in meiner EInzelhandelsfiliale oder halt auch in der Schule.

Nun beginnt der Ernst, also das Zugegensein an der Schule, der Kontakt mit Schülerinnen und Schülern, erst so richtig. Das Arbeitspensum erhöht sich, es gibt vieles zu beachten. Daneben gilt es, einem Nebenjob nachzugehen und universitäre Pflichtveranstaltungen (Begleitseminare zum Praktikum) wahrzunehmen. Diese finden glücklicherweise nur online statt, aber rauben einem dennoch die Zeit. Hierdurch habe ich weniger Luft, mir jeden Tag Gedanken zu machen, welchen Duft ich nun auftrage. Und ehrlicherweise möchte ich mir diese Gedanken auch nicht mehr machen. Trage ich heute eine Abfüllung und teste mal? Nehme ich nun "gentle Fluidity (Silver)" oder doch lieber den weicheren, nicht ganz so abstrahlenden "Lumière Noire Homme"? Diese Fragen gehören für mich aktuell - vielleicht ändert sich das noch - der Vergangenheit an. Der Kopf ist voll und entsprechend habe ich nur wenig Zeit und Lust, mich mit solchen Luxusproblemchen zu beschäftigen. Ich trage einfach "Lumière Noire Homme". Das hat sich in der ersten Woche einfach bewährt. Und so stelle ich Immer mehr für mich fest, dass das Ziel einer kleinen, übersichtlichen Sammlung stets das richtige war - zumindest für mich. Das regelmäßige Zugegensein im Schulkosmos, das Hineinschnuppern in meinen zukünftigen Arbeitsalltag hat mich olfaktorisch tatsächlich geerdet und automatisch dafür gesorgt, dass ich Kurkdjians Meisterrose, den Frühling und Sommer mal ausgenommen, als Signaturduft für mich entdeckt habe. Automatisch bin ich hier im Forum jedoch deutlich weniger aktiv, komme gar nicht mehr dazu, Duftkommentare zu verfassen oder mich großartig einzubringen. Die Liebe zu unserem gemeinsamen olfaktorischen Hobby ist nach wie vor vorhanden, ebenso die Neugier und die Experimentierfreudigkeit, doch fehlt es einfach an Zeit, an Zeit und nochmal an Zeit. Ich werde hier immer wieder mal reinschauen, jedoch deutlich weniger schreiben, nicht immer so zügig reagieren können und vermutlich werde ich auch so manches übersehen - seien es interessante Blogs, Kommentare oder Statements. Ich werde weiterhin versuchen, euch einen Eintrag auf der Pinnwand zu hinterlassen, wenn ihr beispielsweise einen meiner Kommentare oder auch diesen Blog kommentiert. Seht es mir aber bitte nach, wenn ich das mal vergesse oder wenn der/die ein/e oder andere User/in mir mal in dem ganzen Wirrwarr durchrutscht. Bis dahin wünsche ich euch ein frohes Testen, Neuentdecken sowie auch Schreiben. Wir lesen voneinander ;)

Liebe Grüße

DerDefcon

10 Antworten

Weitere Artikel von DerDefcon