Karli
Karlis Blog
vor 9 Jahren - 12.02.2015
14 31

ein braungrüngrau mit rot oder Ich knete mir einen Duft

Holz duftet nach Holz und Weihrauch nach Weihrauch. Zitrisch muss zitrisch sein und frisch immer frisch! Das wissen wir doch alle und wir haben dabei ganz klare Vorstellungen im Kopf.

PUSTEKUCHEN!

Ich trage heute einen grauen Wollpullover. Würde ich jetzt 100 Leute nach der Farbe des guten Stückes fragen, würden 99 von ihnen „grau“ sagen. Richtig! – Eigentlich!

Denn würde ich nach dem genauen Grauton fragen, würden mich vermutlich die gleichen 99 „Grausager“ hilflos anschauen und mit den Schultern zucken. Wer könnte schon auf Anhieb hellgrau, dunkelgrau, anthrazit, mausgrau, steingrau, silbergrau, kieselgrau, blaugrau, signalgrau und mindestens 382 weitere Graustufen auf Anhieb unterscheiden und richtig benennen? Und auf einmal bemerkt man, grau ist nicht gleich grau (und Holz nicht gleich Holz).

Angenommen ich würde Sandelholz die Farbe Grau zuordnen, welches Grau wäre es dann: Kieselgrau oder doch eher Silbergrau? Oder vielleicht sogar eine Mischung aus beidem? Würde ich dem Sandelholz noch etwas grünen Vetiver (ähhh mintgrün oder grasgrün?) beimengen, welche Farbe würde dann dominieren? Hätte ich ein silbergraues Grasgrün oder doch eher ein mintgrünes Kieselgrau? Oder vielleicht am Ende ein kieselgrünes Grasgrau mit Mintgeschmack?

„Haha“ höre ich die Hobbymaler im Hintergrund rufen, „das ist doch gaaaanz einfach!“. Aber wartet mal, wir legen noch eine Schippe drauf: Unter das kieselgrüne Grasmintgrau mischen wir noch etwas scharlach- oder kirschrotes Patchouli, himmel- oder royalblaues Benzoe und schokoladen- oder kastanienbraunes Leder. Zuletzt noch einen Schuss sonnen- oder neongelbe Vanille, dann einmal kräftig geschüttelt (nicht gerührt) und fertig ist der Duftcocktail – hoffen wir!

Als Kind habe ich gern mit Knetmasse gespielt. Viele unterschiedliche Tiere konnte ich kneten: Braune Löwen, gelbe Giraffen, schwarze Büffel und rosa Flamingo. Nach mehreren Wochen intensiver Knetarbeit konnte man meine Zootiere höchstens noch an der Form erkennen (Löwe vs. Flamingo), die Farbe war bei allen gleich: Grau, mausgrau!

Könnt ihr euch vorstellen wie verzweifelt ich manchmal bin, wenn hier jemand einen Duft mit holzig, orientalisch, aquatisch, blumig und grün beschreibt? Hätte meine Nase doch bloß Augen oder der Duft unterschiedliche Farben, dann würde ein Kommentar viel eindeutiger sein und ich würde im Flakon schneeweißes Moschus und tiefschwarze Lakritze, lila Lavendel und beigefarbenen Honig höflich voneinander getrennt und je nach Menge entsprechend intensiv vor mein Nasenauge vorbeischwimmen sehen und wüsste sofort: Den nehme ich!

Aber so wenig meine Nase gucken kann, so wenig werden sich die Duftteile farblich getrennt im Flakon nebeneinander hocken, damit ich sie besser unterscheiden kann. Somit werde ich weiterhin artig Kommentare und Beschreibungen lesen, alle Zutaten im Kopf zusammenkneten und hoffen, dass am Ende ein Duft-Gemälde herauskommt und keine graue Suppe.

Und Sonntag gehe ich in den Zoo!

14 Antworten

Weitere Artikel von Karli