MajorTom

MajorTom

Rezensionen
1 - 5 von 108
MajorTom vor 2 Monaten 6
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
9.5
Duft
Der Sommer kann kommen!
Ende Mai 25, die Temperaturen scheinen sich endlich mal in die richtige Richtung zu bewegen, der Sommer steht vor der Tür. Jetzt ist es nicht so, dass nicht die eine oder andere sommerliche Duftvariante bei mir zuhause stehen würde, aber zu neuen Sommerklamotten kann man sich ja sozusagen ergänzenderweise auch mal wieder einen neuen Duft gönnen.

Mancera ist mir letztes Jahr ins Auge gestochen und insofern lag es fr mich nahe, bei der Marke nach einer Ergänzung meiner Sammlung zu forschen. Und schnell war ich bei Lemon Mint, was alleine schon durch den Namen meine Aufmerksamkeit auf sich zog.

Die Verpackung selbst ist ein meines Erachtens eher schmuckloser Karton, der aber in seinem Inneren ein schönes goldfarbenes Säckchen beinhaltet, zum Schutz des einfach nur schön gemachten Flakons. Kein Lautsprecher, kein Rumschreier, schlicht, rund und durch den Farbverlauf durchaus mit einem eleganten Touch versehen. Schwer liegt er in der Hand, gibt einem ein gutes Gefühl, optisch wie haptisch sehr ordentlich. Das ganze wird komplettiert durch einen Magnetverschluss und einen Sprühkopf, der seinen Dienst so verrichtet, wie er soll, will sagen, mit einem feinen aber nachdrücklichen Sprühnebel seinen Inhalt auf den Anwender entlässt. So sieht für mich ein hochwertiger Flakon aus, 10 Punkte von 10.

Der Sprühnebel hat sich gelegt, der Duft sich auf meinem Körper verteilt. Ooooooops, vielleicht hätte sogar ein Sprüher gereicht, das Ding hat richtig Power, mal sehen, wie lange. Ich vernehme Zitrone, aber nicht diese billige Version irgendwelcher Badreiniger oder noch schlimmer WC-Steine, sondern eine fein gemachte Limonenart. Dazu eine Schärfe, die ich als Pfeffer definiere, die in der Duftpyramide erwähnten Koriander und Mandel erschließen sich mir nicht. Was für mich aber kein Party Killer ist, mir gefällt der Duft vom Start weg extrem gut.

Zwei Stunden später. Ich verlasse mein Büro, um einen doppelten Espresso zu ziehen. Schon beim Aufstehen steigt mir Lemon Mint nachdrücklich in die Nase und erinnert mich auch in der Folgezeit immer wieder an seine Anwesenheit. Als mit mit meinem Espresso in den Hand wieder zurück ins Büro komme, vergebe ich gedanklich 10 Punkte für die Sillage. Denn mein Büro riechst nach nichts anderem als nach Lemon Mint. Den Sommer von draußen ein bisschen nach drinnen transportiert. Ein bisschen Lounge-Feeling im Büro. Sehr geil.

Weitere drei Stunden später. Wo sich viele Frischlinge anderer Marken schon längst verpi…, ehhhh, sorry, vertschüsst haben, Lemon Mint macht keine Anstalten diesbezüglich. Klar vernehmbar ist der Duft auf meiner Haut und auch das Büro ist immer noch gut beduftet. Wesentliche Veränderungen? Sehr vorsichtig und rücksichtsvoll, es handelt sich hier nicht um einen Twist in eine komplett andere Duftrichtung. Auch in der Basisnote ist und bleibt Lemon Mint ein frischer zitrische Geselle und das gefällt mir extrem gut. Allerdings ist der Duft insgesamt ein bisschen weicher, samtiger und vanilliger geworden, ich führe das auf auch auf Jasmin zurück. Er nimmt sich die Schärfe des Pfeffers und der anfänglichen sehr zitronigen Art, wird etwas zurückhaltender, bleibt aber komplett präsent.

Auch nach insgesamt acht Stunden: Lemon Mint ist da. Und provoziert Kommentare. Womit ich auch für die Haltbarkeit die volle Punktzahl notieren kann, denn welcher zitrische, frische Duft kommt bitte über klar fünf Stunden hinaus? Sommerdüfte höchstselten, wollen wir mal von Acqua die Sale absehen, welcher bei drei Sprühstößen fast zwei Tage überlebt. Nein, Lemon Mint ist wirklich der Wahnsinn, das Zeug hält und hält und hält sogar einer Dusche stand. Selbst danach ist es hautnah immer noch vernehmbar. Eine wirklich starke Performance.

Bleibt die Bewertung des Dufts selbst. Klar, alles ist und bleibt Geschmackssache und auch wenn ich mich bemühe, so objektiv wie möglich zu schreiben, der geneigte Leser hat es längst gemerkt, ich bin angefixt von dem Ding. Ein Sommerduft, der kommt und bleibt. Der aufgrund seiner Performance auffällt, durchaus positiv, aber die Dosierung sollte achtsam gewählt werden, will man sich selbst und seine Mitmenschen nicht ins Zitro-Koma ballern. Ein feiner Duft aber auch, zweifellos, eine extrem gelungene Gesamtkomposition verschiedenster Ingredienzen, sorgsam abgemischt und zusammengestellt. Der weiche Ausklang zum Ende hin kostet ihn einen minimalen Abzug (bei mir), ich hätte gerne den Start vom Anfang etwas präsenter bis zum Ende hin gehabt. Aber das ist Meckern auf sehr hohem Niveau.

Ein abschließendes Wort zur Performance. Der nächste Tag, 07:30 Uhr im Büro. Tür auf und Lemon Mint ist schon da. Hat sich wohl im Teppich festgesetzt. Erst zwei Tage später habe ich nichts mehr gerochen. Auch auf der Kleidung hält sich der Duft, ob man will oder nicht, also aufpassen bei nicht waschbaren Kaschmirteilen!

Der Flakon ist da und ich freue mich auf die warmen Tage. Testempfehlung für jeden, der einen Sommerduft sucht. Und auch für Jede, denn Lemon Mint ist per Definition unisex. Wenngleich ich klar eher männliche Träger sehe….
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MajorTom vor 8 Monaten 9 1
5
Flakon
9
Sillage
9
Haltbarkeit
8
Duft
Der Extravagante
Schon aufgrund der von mir vor dem Kauf gelesenen Rezensionen war klar: Hier kommt ein Spalter, bei dem es offensichtlich nur schwarz oder weiß gibt, nur “hass ich” oder “lieb ich”, nur geringe oder hohe Punktzahl. Das allein zeigt bereits, dass Parfümeur Quentin Bisch hier ein Produkt kreiert hat, dass definitiv kein crowd pleaser ist. Ich habe mich so wenig wie möglich von meinen Vor-Schreibern beeinflussen lassen, natürlich ist und bleibt eine Rezension aber immer eine persönliche und nie komplett neutrale Bewertung.

Zur “Hardware”: Der Flakon zunächst ist sehr dezent, bösartig könnte man sagen langweilig, gehalten. Der Verschluss selbst - hmmm, in Anbetracht des Preises fast ein bisschen peinlich, lässt sich die Kappe zumindest bei dem mir vorliegenden Exemplar nur mit Nachdruck und ein bisschen hakelig entfernen. Hat wenig mit Wertigkeit zu tun, ein schön einklickender Magnetverschluss wäre wohl eine bessere und zum Produkt passendere Lösung gewesen. Auch der Sprühkopf selbst ist nicht ohne Fehl und Tadel, auch hier gibt es bei der Konkurrenz Zerstäuber, die den Inhalt ihrer Behältnisse klar feiner in die Atmosphäre zu entlassen und zu vernebeln in der Lage sind. Bis hierher also eher leichte Enttäuschung und Punktabzüge.

Der Duft ist schließlich seinem Fläschchen entwichen und hat sich breit gemacht bei mir. Und lässt mich etwas unschlüssig zurück. Ich habe viele Düfte getestet, gerochen, gekauft. Aber, und das ist der erste große Pluspunkt von Ganymede, noch nie ist mir etwas dieser Art unter die Nase gekommen, er besitzt absolute Alleinstellungsmerkmale. Erster Impuls: Etwas synthetisch, sehr clean, sehr sauber, etwas technisch und irgendwie auch etwas medizinisch. Aber auch leicht fruchtige Noten vernehme ich, genauso wie metallische Anklänge. Zu viel an Eindruck auf einmal, also gebe ich dem Duft Zeit, um sich zu entwickeln.

Nach einer guten halben Stunde ist Ganymede etwas runder, etwas weicher, geworden, die anfänglich fruchtige Note kann ich nicht mehr wahrnehmen, das ganze Ensemble ist einen Tick blumiger geworden. Dennoch bleibt der Duft meines Erachtens auch weiter klar maskulin, zumal im weiteren Verlauf neben der Frische die Holzigkeit an Bedeutung zulegt und mehr und mehr übernimmt. Und mit der Dauer wird der Duft immer besser, immer prägnanter, immer mehr im Gedächtnis bleibend. Das cleane, metallische oder wie immer man es auch nennen will Element bleibt ebenfalls dominant, was den Duft letztlich so markant macht und bleiben lässt. Denn Sillage wie auch Haltbarkeit rangieren auf hohem Niveau. Soll heißen, ein achtsamer Umgang mit der Sprühdüse ist durchaus empfehlenswert, will man seine Mitmenschen nicht wegdonnern. Eine normale Dosierung ist bereits vollkommen ausreichend, um im Büro klarzumachen, ja Leute, ich bin daaaaa.

Aber, die “Einnebelung” von Aufzug und Büro ist aus meiner Wahrnehmung überhaupt nicht unangenehm. Ein feiner (Duft)Schleier, der sich da durch die Gänge zieht und wo auch immer der Träger auftritt, neu belebt wird. Stundenlage Performance zeichnet den Duft aus, das ist schon aller Ehren wert. Und der nach Stunden anhaltende Mix aus verschiedensten Komponenten ist für mich einer, mit dem ich bestens leben kann.

Fazit: Man muss schon ein gerüttelt Maß an Coolness mitbringen, um Ganymede als Blindkauf zu erwerben. Aber jedem, der ein außerordentliches Parfüm mit hohem Wiedererkennungswert sucht, sein ein erster und ggf. auch zweiter Test mehr als nur angeraten.
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MajorTom vor 1 Jahr 15 1
10
Flakon
10
Sillage
10
Haltbarkeit
9.5
Duft
Sommerduft mit Bums
Die meisten - auch richtig guten - Sommerdüfte teilen das gleiche Schicksal: Sie sind, vor allem in Sachen Sillage, aber auch Haltbarkeit, etwas schwach auf der Brust. Gerade die von mir so geliebte Blu-Serie von Acqua di Parma kann sich hier auch nicht wirklich auszeichnen und selbst Parfüms in schwindelerregenden Preisregionen wie bspw. die Rojas sind nicht vor einer stark nachlassenden Sillage gefeit. Die einige Marke, die hiervon eine Ausnahme bildet, ist Profumum Roma. Wer sich hier mit Acqua Viva oder Acqua die Sale eindieselt, der weiß auch am nächsten Tag noch ein Lied von Haltbarkeit zu singen. Ersttäter seien an dieser Stelle gewarnt, die PR-Düfte kommen etwas ölig um die Ecke, insofern aufpassen auf weiße Hemden bzw. Blusen.

Auf der Suche nach einem neuen Sommerduft habe ich ein bisschen hin- und hergesurft und irgendwann fiel mein Augenmerk auf French Riviera. Mancera ist bei mir bislang tatsächlich noch nie vertreten gewesen, umso mehr ein Anreiz, hier mal zuzuschlagen, bin ja offen für Neues. In Ermangelung meiner grundsätzlich bevorzugten 50ml-Variante war nur der 100er-Flakon erhältlich, dies aber zu einem moderaten Aufpreis, also sollte es dieser sein.

Ich beginne mit dem Flakon. Was viele Marken nicht verstehen, auch die Optik und die Haptik zählt. Die Zeiten lieblos hingerotzter Behältnisse sollten eigentlich vorbei sein, dennoch finden sich zahlreiche Beispiele, wo man sich bzgl. Verpackung und Präsentation der Ware bisweilen wenig Gedanken gemacht hat.
Vollkommen anders Mancera French Riviera. Ein Flakon wie ein Statement. Eingepackt in einem goldfarbenen Beutel, ideal für die Reise, geschützt im Gepäck. Satt und schwer liegt er in der Hand, mit einem Farbverlauf , der an türkises Meerwasser erinnert. Der schwere Fuß verleiht ihm einen sicheren Stand und der auch wieder goldfarbene Magnetverschluss hinterlässt einen hochwertigen Eindruck. Haben wir das schon mal abgehandelt und ich kann hierfür 10 Punkte notieren.

Das Betätigen des Sprühkopfes nach dem lunch entlässt den Inhalt des Fläschchens mit Nachdruck auf Hals, Brust und Handgelenk. Nachdrücklich ist sogleich auch der einsetzende Duftnebel, den ich als extrem betörend empfinde. Eine Mischung aus zitrischen und frischen Akkorden, fein verwebt mit einer gewissen Schärfe (im Nachhinein habe ich Pfeffer in der Duftpyramide gelesen). Boahhhh, Leute, ehrlich, dieses Dingens macht schwer Eindruck, weil innerhalb kürzester Zeit hat sich die Sillage mein Büro zu Eigen gemacht. Selbst auf dem Gang war bei offener Tür die Wolke zu vernehmen. Eine moderate Dosierung macht also ggf. Sinn, es sei denn, man will schon im Aufzug jeden nach einem wissen lassen, dass man schon im Büro ist.

Der Auftakt ist verflogen, aber Mancera bleibt und zwar gewaltig. Keine Spur von Leisetreter, von sich heimlich davonschleichen, von unrühmlichem Abgang. Ganz im Gegenteil, der Duft bleibt stets präsent, wird ein bisschen weicher und cremiger, die Zitrusnoten treten ein bisschen in den Hintergrund und der Duft erinnert mich jetzt auch ein bisschen an Sonnencreme. Weitere großartige oder nennenswerte Veränderungen stelle ich bei mir auf der Haut nicht fest und so begleitet mich French Riviera durch den Rest des Tages und auch durch den Abend, immer wieder hinterlässt der Duft in seiner Einmaligkeit einen Schleier um meine Nase. Ein exzellent gemachter und einzigartiger Mix aus Früchten, Schärfe und Cremigkeit.

Nächster Tag am Morgen: Die erste Wahrnehmung des neuen Tages ist Mancera. Noch immer ist der Duft am vernehmbar, trotz der Dusche am Vorabend. Die Haltbarkeit ist schlichtweg phänomenal, ich kenne nur wenige andere Düfte mit einer solchen Performance. Und als ich Mancera von fast vergessen habe, kommt er mir sofort wieder in den Sinn bzw. meine Nase, als ich meine Bürotüre öffne. Denn auch dort hat er die Nacht überlebt und eine dezente, aber deutlich vernehmbare Erinnerung hinterlassen.

Langer Rede, kurzer Sinn: Die Sillage ist für einen Sommerduft gigantisch und kann deine Mitmenschen erschlagen. Bei aggressiver Dosierung hat wirklich jeder deiner Mitmenschen was davon, ob er will oder nicht. Von daher ist ein sorgfältiger Umgang mit dem Sprühkopf ratsam. Die Haltbarkeit ist auf dem gleich hohen Level. 24 Stunden sind tatsächlich drin, man glaubt es kaum. Der Wiedererkennungswert ist hoch, ich kenne keinen auch nur halbwegs annähernd ähnlich duftenden Konkurrenten. Preis-Leistung ist natürlich immer ein subjektives Kriterium, aber aus meiner Sicht bietet der Duft richtig viel Parfüm für das Geld und somit auch ein sehr gutes Verhältnis.

Für mich einer der besten Sommerdüfte, die ich je hatte. Ich freue mich sehr auf den Urlaub und werde ihn definitiv einpacken. Meines Erachtens eher auf der maskulinen Seite einzusortieren, würde mich aber nicht wundern, wenn meine Damen sich daran auch mal vergreifen, zu verlockend ist das Gesamtpaket. Klare Testempfehlung!
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MajorTom vor 2 Jahren 4 1
6
Flakon
4
Sillage
6
Haltbarkeit
6.5
Duft
007? No way
Atkinsons. James Atkinsons. Ob die Ähnlichkeit der Namensgebung zum 007-Darsteller so gewollt war? Natürlich stand der Firmengründer Pate für den Namen des Duftes, dennoch ist der Vorname irgendwie beifallheischend. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Als ob man irgendeinen Link zu James Bond ziehen wolle, könnte ja dem Verkaufserfolg förderlich sein ;-)

Der Flakon steht in meiner Stammparfümerie eingesperrt in einer Vitrine etwas schüchtern und zurückhaltend da, schon rein farblich betrachtet. Keiner, der dich optisch catchen könnte, aber es kommt ja immer auf die inneren Werte an.

Also erst mal aufsprühen, bisschen umschauen, wirken lassen. Dann die Nase an den Duft führen und - ja was eigentlich. Im ersten Moment überwiegt Enttäuschung bei mir. Ich habe den Eindruck, einen Duft aus dem letzten Jahrtausend zu testen. Könnte aus den späten 70ern oder 80er stammen. Das muss nicht unbedingt negativ sein, ganz im Gegenteil. Aber für einen eigentlich modernen Duft ist das Ergebnis aus meiner Sicht schon etwas ernüchternd.

Ich mache mich auf den Weg zurück ins Büro und vergesse zunächst tatsächlich, was ich an mir trage. Erst nach einer Stunde beginne ich wieder zu schnüffeln und ich muss schnüffeln, denn von selber macht sich James nicht bemerkbar - das Ergebnis bleibt gleich. Für mich ein Vertreter der grün-würzig-erdigen Schiene. Positiv formuliert könnte man sagen, ein eleganter, unaufdringlicher, gut tragbarer Duft mit leicht holzigen und minimal frischen Akzenten. Negativ dargestellt wäre der Wortlaut eher: Unspektakulär, uninspirierend, etwas belanglos, leicht ältlich, austauschbar, mäßige Haltbarkeit und noch mäßigere Sillage.

Und sol lässt mich James etwas ratlos zurück. Obgleich kein schlechter und schon gar nicht abstoßender Duft, letztlich aber mit zu wenigen Argumenten, um bei mir einen Kaufreiz auszulösen. Schlechte Kritiken wird kein Mann mit diesem Duft ernten, aber ist das gut genug? Ein Duft muss für mich nicht den kompletten Floor einnebeln, aber eine gewisse Wahrnehmungskraft sollte dann doch vorhanden sein. Insofern untern Strich aus meiner Sicht eine verpasste Gelegenheit für Atkinsons, einem großen (Vor)Namen auch einen ebenso großen Duft nebenan zu stellen. Schade eigentlich, da hätte mehr draus werden können.
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MajorTom vor 2 Jahren 16 4
9
Flakon
3
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Der erfolgreiche Bruder
Letztlich im Drogeriemarkt mit der großen Parfümabteilung fiel mir im Vorbeigehen bei der Rubrik Boss die große Anzahl an gold-braunen Verpackungen und Testern auf. Boss Bottled Elixir, Parfum Intense Natural Spray. Ich muss vorausschicken, dass Boss Number 1 mein erster Duft überhaupt war, er legte sozusagen das Fundament für meine spätere Begeisterung, was Düfte angeht. Und ich hatte damals das komplette Sortiment: Eau de Toilette, Duschgel, After Shave. Dann kam lange nichts von den Metzingern, was irgendwie interessant gewesen wäre, bis dann über ein Jahrzehnt später Boss Bottled die Bühne betrat.

Boss Bottled ist für mich auch heute noch ein überragender Duft. Natürlich wurde er ein Stück weit Mainstream, aber ich habe förmlich darin gebadet. Mein Verschleiß an Flakons und Duschgels erreichte teilweise besorgniserregende, weil astronomische Größenordnungen. Ich liebte diesen Duft und erkenne ihn auf fünf Meter Abstand. Erst letztlich war bei einem Klassentreffen ein Kollege schwerst irritiert, als ich meinte „du trägst Boss Bottled, richtig?“. Ein Ja, irgendwo zwischen Verlegenheit und Überraschung, war die Antwort. Boss Bottled ist ein außergewöhnlicher Duft mit absolutem und hohem Wiedererkennungsfaktor. Einer, den du fast immer tragen kannst, der immer passt. Im Büro sowieso, aber auch zum shopping, zum Cappucino in der Sonne, abends zum Dinner.

Mit den nach einem Erfolg typischen Flankern wurde ich nie richtig warm. Für mich war keiner der wingman’s des großen Bruders ein echter Gewinn. Insofern war meine Erwartungshaltung an das Elixir entsprechend niedrig. Dennoch, man will ja schließlich wissen, was alles am Markt vorhanden ist, also gleich mal den Tester geschnappt und die Handgelenke beduftet.

Elixir eröffnet rauchig-würzig, bei mir auf der Haut zu meiner Überraschung aber sogar leicht frisch, wofür ich Patchouli verantwortlich mache. Im Laufe der ersten Stunde bin ich wirklich sehr angetan über das, was sich in meine Nase an Wolken bewegt, der Duft wird etwas dunkler, ich empfinde ihn als sehr männlich und ja, ich würde ihm durchaus auch leicht animalische und aphrodisierende Noten zugestehen. Erotik pur für Stunden zu zweit oder für den Auftritt des Single-Manns in einem Club. Die Mischung wirkt hochwertig, keinesfalls billig und unterscheidet sich damit wohltuend von typischen Poser-Düften, die mit synthetischen Möchte-Gern-Oud-Verschnitten oder Ambroxan-Bomben um die Ecke biegen.

Nach etwa eineinhalb Stunden beginnt bei mir der Twist, der Duft verliert seinen starken Anfangscharakter, das offenbar reichlich verbaute Labdanum gewinnt die Oberhand. Dadurch wird BBE wärmer, ich meine eine gewisse vanillige Note zu vernehmen, sogar etwas blumige Anklänge, in Summe einfach weicher und auch süßer. Das ist tatsächlich weniger meins, denn damit kommt dem Duft auch seine Maskulinität ein Stück weit abhanden und das finde ich sehr schade. Je länger je mehr wird das Elixir süßlicher, bevor es dann aber erst Stunden später eher unspektakulär ausklingt.

Und so lässt mich BBE in zwei Phasen zurück: Ein brillianter Auftakt und ein für mich etwas enttäuschender dry down. Trotzdem ist Boss hier der aus meiner Sicht bislang beste Flanker gelungen, der dry down ist einfach Geschmacksache.

DER Duft für abendliche Events, egal ob mit der Lady oder den Jungs. Schwer, dunkel, männlich, markant. Labdanum getriebene Sinnlichkeit.

Haltbarkeit und Sillage überdurchschnittlich, mein on skin test hat hier sehr ordentliche Werte abgeliefert. Was ein Parfum aber auch imstande zu leisten sein sollte, mal davon abgesehen. Auf der Haut gewinnt der Duft im Vergleich zum Teststreifen massiv an Intensität und hinterlässt wirklich Eindruck.

Der Flakon: Warum sollte man mit Gewalt versuchen, etwas wirklich Gutes zu verschlimmbessern? Es ist und bleibt ein Boss Bottled, die Wiedererkennung und Zugehörigkeit zur Familie ist klar erkennbar und das geht auch vollkommen in Ordnung so. Die Farbgebung finde ich extrem gelungen, passt perfekt zum Duft, sieht zudem einfach auch edel aus.

Preis-Leistung: In Zeiten, wo mancher Hersteller das Gefühl hat, er könne sich alles erlauben (bspw. Creed, wo jetzt gerne mal 190 Euronen für 50ml aufgerufen werden), sind die Preise hier in einem vertretbaren Rahmen gehalten. Normalerweise trägt das Elixir ein Preisschild von 110 Euro/50 ml, mit etwas Geschick finden sich aber auch Angebote mit um die 70 Euro - und das ist sehr fair für das Gebotene.

Fazit: Der beste Boss Bottled nach dem einzigartigen und unerreichbaren Original. Testempfehlung für alle, die einen Abendduft suchen. Für die Oper vielleicht too much, perfekt aber für‘s intime Dinner und die rauschende Clubnacht. Ein Duft, der seinen Weg gehen und seine Träger finden wird.

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