Pollita

Pollita

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6 - 10 von 344
Pollita vor 2 Monaten 35 31
9
Sillage
9
Haltbarkeit
8.5
Duft
Noch einmal jung sein
Wir feierten im Big Eden, damals in den Neunzigern ein mehr als angesagter Hauptstadtclub. Volljährig war keine von uns. Du standest stets im Mittelpunkt. Lange, pechschwarze Haare, stylishe Outfits und dazu ein intensives Blütenparfum. Joop Femme hast Du oft getragen und so manches andere Kaliber der damaligen Zeit. Derselbe Duft, den alle anderen auch trugen? Nie Dein Ding gewesen.

Unter den Linden, der hätte auch zu Dir gepasst. Eine satte Ladung Blüten, kräftig, selbstbewusst, auffällig. Ja, so warst Du. Ob es den Duft schon gab, als wir damals Reichstag, Sanssouci und so viele weitere Orte der Hauptstadt unsicher gemacht haben? Ich weiß es nicht. Aber diese kraftvollen, teils indolisch-dreckigen Blüten hätten Dir hervorragend gestanden. So viele Kerle, die uns über den Weg gelaufen sind, hingen an Deinen Lippen, wollten nicht mehr fort von Dir. Du hast sie reihenweise abgeschleppt. Dauerhaft geblieben bist Du bei keinem von denen.

Dieser leider auch mal wieder eingestellte Duft von Berlin Cosmetics erinnert mich an vergangene Zeiten. Eine Duftaura, so unverkennbar Neunziger. Kräftig, auffällig, angeschmuddelt und dabei trotzdem so sinnlich und schön. Jasmin, Orangenblüten und Rosen in der Front, das Ganze schmiegt sich auf ein weich-süßliches Bett, das dabei trotz Tonkabohne und Vanille aber niemals zu essbar oder gourmandig wird. Dieser Duft ist sinnlich-süß, transportiert für mich pure Weiblichkeit. In der Basis wird der Duft moschusweich, wie eingecremt, behält sich aber trotzdem ein paar würzige Spitzen. Sind das grüne Noten? Für mich kommen sie fast grün daher, diese subtilen Ecken und Kanten, die dieses feine Parfum bei all seiner Blütenfülle mitbringt. Den Fond finde ich einfach nur wunderschön, Kopf- und Herznote treffen lediglich in homöopathischer Dosis meinen Geschmack. Ich bin auch vermutlich nicht ganz der Typ für so viel Flower Power. Trotzdem finde ich Unter den Linden einfach großartig. Aufsprühen und Abfeiern. Nochmals so jung sein und nicht an Morgen denken.

Ein herzliches Dankeschön geht an Ergoproxy für die Testmöglichkeit
31 Antworten
Pollita vor 3 Monaten 42 34
5
Sillage
8
Haltbarkeit
9.5
Duft
Sanfte Irisschönheit
Kennt ihr das, wenn die Liebe plötzlich einschlägt? So ganz unerwartet. Trotzdem trifft es einen wie ein Blitz. Das Herz hüpft, singt. Und ich möchte tanzen.

Ja, fast neu ist er. Der Name ist optimal gewählt. Ich kenne tatsächlich den einen oder anderen Duft, der Nearly Nu ähnelt. Lieben tue ich sie alle. So bin ich wenig überrascht, dass ich mich auch in diese feine Irischönheit von Michael Schrammel verliebt habe. Er startet holzig mit zartpudriger Iris, genau wie mein wunderbarer Bois d’Iris von Van Cleef & Arpels. Diese Grundtendenz bleibt auch bestehen. Im Verlauf erinnert mich dann auch ein wenig an Eau Duelle von Diptyque. So lange habe ich diesen Duft geliebt, bis mich eines Tages etwas störte. Er wurde verändert. Oder meine Wahrnehmung hat sich verändert. Kann ja immer beides sein. Doch hier bleibt sie gänzlich aus, die Störnote. Hier ist alles edel, fein sanft, ohne Kratzen. Ohne Zwicken.

Die Basis wird dann fast ein wenig klassisch. Eine Vanille, die mich in Nuancen an die Guerlinade denken lässt. Eigentlich gar nicht so mein Ding. Doch da die Pudrigkeit der Iris bleibt und ebenso dieser hellholzige, mit etwas Weihrauch untermalte Ton, finde ich Zugang zu dieser mir oftmals etwas zu ernsten, für meine Nase fast antiken Vanille. Lyn Harris hat es ja auch schon hier und da geschafft, etwa bei Heliotrope, mir diese sehr klassischen Züge näher zu bringen. Michael Schrammel ist es mit Nearly Nu ebenso gelungen.

Auch wenn dieser Duft ganz und gar, wie auch der Name verrät, nichts Neues ist, ist er einfach nur wunderschön. Er vereint so viele, für mich so schöne olfaktorische Details, dass er mich zum Träumen bringt. Er steht natürlich ganz oben auf meiner Wunschliste. Da es ihn und die gesamte Marke aktuell ausschließlich in den USA zu kaufen gibt, werde ich zunächst ein wenig Geduld aufbringen müssen. Nicht meine größte Stärke. Ich weiß. Irgendwann wirst Du mir gehören, Du sanfte Schönheit.

Ein herzliches Dankeschön geht an Floyd für die Testmöglichkeit
34 Antworten
Pollita vor 3 Monaten 33 28
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Der Heuschober bei der Fohlenweide
Wir rennen die Straße entlang. Schon von fern können wir die Jährlinge sehen. Wir besuchen sie, wie fast jeden Tag, während unsere Reiterferien sich langsam dem Ende zuneigen. Anschließend laufen wir weiter. Zum Heuschober. Und toben vergnügt in den Ballen. Heu und Stroh wird dort gelagert, sodass es für die Tiere des Hofs für ein ganzes Jahr reichen soll. Für uns ist alles noch ein Spiel. Wir kichern. Erzählen uns Geheimnisse. Wir sind Kinder und genießen die Freuden eines warmen Sommers im schönen Baden-Württemberg.

First Cut bringt mich schlagartig zurück zu einem meiner Lieblingsplätze aus der Kindheit. Dieser Heuschober birgt so viele Erinnerungen, mit seinem natürlichen Duft nach Heu und Stroh, nach Pferdeweiden an warmen Sommertagen. Das ist ein Duft von Geborgenheit und Glückseligkeit, auch wenn er auf den ersten Schnupperer zunächst ein klein wenig sperrig wirkt.

Die Immortelle ist bei First Cut recht präsent. Auch die Assoziationen zu exotischen Speisen kann ich hier ein bisschen nachvollziehen. Doch durch die Moos- und Tabaknoten in der Basis wirkt der Duft wie die sommerliche Natur auf mich. Auch ein Wald ist in der Nähe, dort, wo das Heu geschnitten wird und der Schober steht. Ein bisschen rieche ich auch die Pferde selbst, doch sie stehen hier draußen auf einer Weide. Wir befinden uns definitiv nicht in einem Stall.

Schon bei Brin de Peau von Parfumeurs du Monde habe ich festgestellt, dass ich Heudüfte mag. Auch Carons wunderbarer Farnesiana verzauberte mich mit seiner feinen Heunote. Bei St. Clair wird das Thema insgesamt etwas rustikaler interpretiert, als bei den beiden anderen, eher sanften und weitaus parfümigeren Heudüften. Dieser zaubert den Sommer auf dem Land auf die Haut. Für mich, die sehr viel Zeit in der Natur und bei den Pferden verbracht hat, auf jeden Fall ein sehr angenehmer Duft, der mich lächeln lässt. Kaufen würde ich allerdings eher den erstgenannten Parfumeurs du Monde, wäre mir nach einem Heuduft in der Sammlung. Schön ist dieser hier aber auch, wenngleich etwas burschikos und ursprünglich.

Mit liebem Dank an Schoeibksr für die Testmöglichkeit
28 Antworten
Pollita vor 3 Monaten 38 35
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Sonntagsfrühstück
Das Frühstück, nach Angaben von Ernährungsexperten die wichtigste Mahlzeit des Tages, ist tatsächlich die, die wir Menschen am wenigsten beachten. Zumindest ab dem Berufsstart. Manche schon mit dem Beginn der Schul- und Studienjahre. Jeder ist am Morgen im Stress, Hektik macht sich breit und für gewöhnlich reicht es gerade mal für einen Kaffee oder Tee sowie ein Brötchen „to go“, wenn überhaupt gefrühstückt wird. So sah es zumindest in meinem Elternhaus aus.

Ganz anders an einem Sonntag. Da begann der Tag niemals ohne ein reichhaltiges Frühstück, mit allem, was dazugehört. Es gab neben den frischen Brötchen und Brezeln (schwäbische Spezialität aus Laugengebäck) stets ein Frühstücksei für alle und zusätzlich eine halbe, rosa Grapefruit zum Löffeln. Ich liebte es.

Ein Sprüher von Jean-Claude Ellenas Eau de Pamplemousse Rose bringt mir das alles zurück. Eine saftige, pinke Grapefruit. Wunderschön fruchtig und erfrischend – und dann, rein den Löffel und genießen. Unglaublich, dass ein Grapefruitduft so etwas Schönes sein kann. Ja, gerade ein Grapefruitduft, denn diese Note ist im Parfum für mich nicht immer so einfach.

Ich nehme Grapefruit gerne mal als schwitzig war. Es gibt Parfums, da kann ich die Frucht fast nicht mehr als solche erkennen. Stattdessen bin ich gedanklich im Fitnessstudio auf dem Crosstrainer und mein Deo fängt so langsam an, zu versagen. Ja, so geschehen beispielsweise bei dem von so vielen Geliebten Aqua Allegoria Pamplelune von Guerlain.

Aber nicht so Eau de Pamplemousse Rose. Das ist Sonntagsfrühstück aus der Kindheit zum Sprühen. Der macht glücklich, ganz ohne Sport und Schweiß. Bestimmt an heißen Sommertagen oder im Urlaub zum Reinlegen. Zart, frisch, saftig, wunderbar!

Ach ja, die Rose, die kann ich lediglich erahnen. Keine Angst also bei den Rosenskeptikern. Ich gehöre da ja auch dann und wann dazu.

Ein herzliches Dankeschön geht an Schoeibksr für die Testmöglichkeit
35 Antworten
Pollita vor 3 Monaten 40 29
9
Sillage
10
Haltbarkeit
8.5
Duft
Modern und zeitlos
Eigentlich sollte ich Absolu Aventus nicht mögen. Schließlich stehen Ambroxan sowie auch Cashmeran in meinem Profil doch sehr weit vorne bei "Ich mag nicht". Doch hier ist das anders. Gerade diese Basisnote mag ich, trotz zweier Bösewichte. Denn es setzt sich tatsächlich weder der dumpfe Holzeindruck des Cashmerans, noch das oft stechend-chemisch Anmutende des Ambroxans in den Vordergrund. Ganz im Gegenteil. Es dominiert eine feine, klassische Patchoulinote, die mich an Rasierwasser und Parfums der Achtziger Jahre denken lässt. Da ist außerdem Vetiver, ebenfalls wunderschön klassisch und – für mich persönlich das Sahnehäubchen – so eine klitzekleine Portion Menschelndes durch Labdanum und Moschus. Ja, ich mag diesen limitierten Neuling aus dem Hause Creed.

Doch fangen wir von vorn an: Die Kopfnote ist erstmal recht süß, das kann auf den ersten Blick ein wenig abschrecken. Die Ananas ist sofort da, dazu weitere Früchte mit süßer Zitrone und einer schwarzen Johannisbeere. Mein Partner dachte unmittelbar an Black XS von Rabanne, den er immer so sehr geliebt hatte. Die süße Zitrik ist hier tatsächlich ähnlich. Und für ihn duftet die Eröffnung auch hier weder nach Zitrone noch nach Ananas. Für seine Nase sind das allesamt Erdbeeren und ich kann das in gewisser Weise sogar nachvollziehen. Ich muss bei den schwarzen Johannisbeeren ein wenig an Hilde Solianis Lambrosc denken. Die Idee, Aventus mit fruchtigen Beeren zu ergänzen, hatte die kreative und pfiffige Parfumeurin aus Bella Italia schon vor vielen Jahren. Leider erreichte der Duft, der uns beiden ebenfalls sehr gut gefallen hatte, niemals die Beliebtheit des Klassikers von Creed, der bis heute einen wahren Hype auslöst.

Inzwischen verstehe ich diesen Hype um Aventus und seine Brüder und Schwestern tatsächlich ein bisschen. Und wenn ich den limitierten Absolu schnuppere, von dem mein Mann sich dank eines unwiderstehlichen Angebots im Souk nun einen Flakon gegönnt hat, ist mir auch klar, warum dieser Duft so viele Menschen anspricht. Er kombiniert eine ganz und gar moderne Kopfnote mit einem Herzen und vor allem einer Basis, wie wir sie von unseren Klassikern kennen und lieben. Ich glaube, das ist das Geheimnis von Aventus. Und in dieser Version tritt der Ritter, passend zur Flakonfarbe, noch etwas dunkler, erwachsener, maskuliner auf.

Es wundert mich auch überhaupt nicht, dass ich hier immer wieder Statements lese, „nur für Ü40, passend zu Herren mit Brusthaar und Goldkettchen.“ Ich muss grinsen. Einem Tom Selleck als Magnum hätte dieser Duft vermutlich auch gut gestanden. Durch die fruchtige Süße und vor allem die Ananas, die ich, glaubt es mir oder glaubt es mit nicht, selbst in seinen T-Shirts noch riechen kann, wenn sie frisch gewaschen aus dem Trockner kommen, hat dieser Duft auch einen jugendlichen Charme. Ja, auch der junge Magnum, Jay Hernández, könnte Absolu Aventus tragen. Wobei, der ist ja auch schon wieder fast so alt wie ich. Ich verstehe den Duft als zeitlos und sehe ihn an Herren und auch Damen, wenn sie mögen, jedes Alters.

Ein Wörtchen noch zur Sillage und Haltbarkeit. Ich kann es in keinster Weise nachvollziehen, wie dieser Duft als schwach und gar verwässert empfunden werden kann. Das ist eine Duftbombe, die ich, trägt ihn mein Partner, vom frühen Morgen bis zum späten Abend im ganzen Haus wahrnehmen kann. Seine Jacken duften intensiv nach Absolu Aventus und wie ich bereits schrieb, selbst die frisch gewaschenen T-Shirts. Also wenn das kein kleines Sillagemonsterchen, wenngleich auch ein schönes, ist, dann weiß ich auch nicht weiter.

Schade ist eigentlich nur, dass er limitiert ist. Wir mögen ihn nämlich fast ein bisschen lieber als das Original.
29 Antworten
6 - 10 von 344