Stahl

Stahl

Rezensionen
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1 - 5 von 20
Stahl vor 12 Jahren 12 11
7.5
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
7
Duft
Böhmische Dörfer...oder doch Bohème?
April Aromatics wurde von Tanja Bochnig ins Leben gerufen, die sich auch für alle Düfte verantwortlich zeigt. Sie setzt dabei ausschließlich auf natürliche Öle und Extrakte, die möglichst aus biologischem Anbau oder Wildwuchs stammen. Natürlich werden nur ethisch vertretbare Zulieferer akzeptiert und selbst sehr "spezielle" Richtlinien wie die Gezeiten des Mondes oder "die innere Stimmung und Energie" spielen bei der Parfumkreation eine Rolle. Tanja Buchnig möchte damit eine Balance zwischen äußerer Wahrnehmung und innerem Wohlbefinden erzeugen. Wichtig zu wissen ist auch, dass es sich bei allen Kreationen um auf Jojoba-Öl basierten Parfüms handelt.

Bohemian Spice ist angelehnt an die Bohemièns des 19./20. Jahrhunderts - hauptsächlich Künstler aller Couleur, die sich vom Bürgertum befreien und frei entfalten wollten. Geht man von dieser recht einfachen Definition aus, kann man das Ergebnis schon sofort nach dem ersten Sprühstoß als gelungen bezeichen! BS schockt mit sehr intensiven Harznoten im Kopf, unterstützt von Gewürzen und einer starken Patchoulibasis. Das ist wirklich alles andere als Mainstream und angepasst! Hinzu kommt in meiner Nase noch ein leicht animalischer Stich, der aber durchaus ins Gesamtkonzept passt. Die Orangen haben da natürlich einen sehr schweren Stand und tragen eher dazu bei die Noten zu verbinden und nicht ganz so erschlagend wirken zu lassen. Nach einiger Zeit beruhigt sich das Ganze dann ein wenig und die Hölzer kommen etwas mehr durch. Vanille verleiht schließlich noch einen Schuss Cremigkeit, jedoch ohne jegliche Süsse. Sillage und Haltbarkeit sind auf meiner Haut recht gut - das ist bei "Naturdüften" ja leider nicht immer der Fall.

Der Preis ist übrigens recht ambitioniert: 10ml zu 69 EUR oder 30ml zu 189 EUR. Das ist dann wohl der Preis der Spiritualität...
Ich persönlich bin kein Freund von esoterischem Getue, auch weil oft nur rein monetäre Gründe dahinter stecken. Trotzdem ist Bohemian Spice ein wirklich gut gemachtes Parfüm - Mondgezeiten hin, Öko-Ansatz her. Als vergleichbarer Duft ist mir "Mystra" von Aesop in den Sinn gekommen, wobei auch dieser hier auch noch recht unbekannt ist.

Ich selbst bin durch Zufall an eine Probe gekommen und musste erst einmal googlen, da mir diese Marke überhaupt nichts sagte. Selbst hier bei Parfumo war sie noch ein unbeschriebendes Blatt. Bis jetzt.

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Zusatzinfo: Dieser Duft ist mit "Herkimer Diamant" und Bergkristall angesetzt - was auch immer das bewirken mag. Auf der Homepage kann man auch 2,5ml Proben der 9 aktuellen Kreationen für 13,99 - 15,49 EUR ordern.
11 Antworten
Stahl vor 12 Jahren 5 2
10
Flakon
7.5
Sillage
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Dekonstruktion & Rekonstruktion
Heute war meine Probe des 4. Arabian Night Dufts von Calice Becker in der Post und da ich keine Lust auf Weiberfastnacht hatte, habe ich heute Mittag beschlossen den Abend für einen ausgiebigen Test zu nutzen...

Im offiziellen Pressetext beschreibt Kilian bzw. C. Becker, dass sie mit Amber Oud das Amber erst auseinandernehmen und dann wieder in einer neuen Variante zusammensetzen wollten- indem sie ihm mit Oud, Vanille und Benzoin noch mehr Tiefe geben.

In der Praxis haut mir AO dann auch sofort genau diese Noten um die Ohren.
Im Gegensatz zu Andi steigt mir das Oud dabei sehr offensichtlich in die Nase, so als ob Frau Becker klar machen wollte, dass hier auch wirklich Oud enthalten ist. Zusammen mit dem Amber, dem Benzoin und der wirklich stark dosierten Vanille bildet sich ein exzellent harmonierendes Quartett - wobei man fairerweise sagen muss, dass es auch nicht wirklich neu oder überraschend ist.

Schön finde ich, dass man trotzdem von allen oben genannten Duftnoten individuelle Besonderheiten entdecken kann: Den gewöhnlichsten Part übernimmt dabei noch das Amber, das die anderen wie eine Decke ummantelt. Wie bereits erwähnt, ist mit der Madagaskar-Vanille nicht gespart worden. Man erkennt jedoch trotzdem noch die hohe Qualität an der feinen, balsamischen Süsse.
Das Benzoin scheint eher von der dunklen Sorte zu sein da es die Vanille in ihrer Süsse sehr unterstützt und eine gewisse Cremigkeit einbringt. Benzoin ist auch in einigen Weihrauchmischungen enthalten, vielleicht kommt daher Andis Assoziation. Das Oud verbindet alle Noten mit einer stark animalischen Kofnote - gepaart mit dem klassischen Medizinton - und sorgt so für Spannung und den Kick in der Komposition. Diese Tier- und Medizinnoten enden im Lauf der Zeit dann eher in einer gewissen Würze, die wohl durch die Beigabe von westindischen Lorbeer (Bay) unterstützt wird. Dieser ist übrigens nicht mit unserem heimischen Lorbeer zu vergleichen, sondern erinnert eher etwas an Nelken. Was mir allerdings über den gesamten Verlauf komplett verborgen bleibt ist die Zeder bzw. eine holzige Note.

Tja, welches Fazit zieht man nun? Eigentlich muss ich Andi recht geben: Wirklich neu ist hier wenig - aber es ist trotzdem verdammt gut geworden! Bleibt die Frage ob wir es hier mit einem Kaufkandidaten zu tun haben und landen so beim Preis der mich momentan noch davon abhält.

Mein persönliches Ranking sieht momentan so aus:
1. Rose Oud
2. Incense Oud
3. Amber Oud
4. Pure Oud

Ich bin jetzt schon gespannt wie sich "Musk Oud" einordnen und das arabische Quintett abschließen wird!
2 Antworten
Stahl vor 13 Jahren 7 3
10
Haltbarkeit
7
Duft
Haschbruder...? Mitnichten!
Alessandro Gualtieri möchte mit der Marke Nasomatto Dinge, Situationen, Gefühle und Haltungen "riechbar" machen und damit die olfaktorischen Sinne der Menschen sensibilisieren. Bei jeder Komposition zählt das Ergebnis und nicht, wodurch es zustande kommt - alles soll unvoreingenommen angegangen werden! Dies ist auch der Grund, weshalb er konsequent auf die Nennung einzelner Duftkomponenten verzichtet.

Black Afgano ist mein erster Nasomatto und nachdem ich schon viel gehört und gelesen hatte, ging ich dementsprechend erwartungsvoll ans Werk. Erste Assoziationen kamen mir natürlich schon beim Namen. Dazu muss man wissen, dass ich den Geruch von Haschisch oder Marihuana kenne - und stets gehasst habe. Noch heute merke ich sofort, wenn jemand irgendwo etwas raucht, und sei es in einer riesigen Menschenmasse. Das war's dann wohl mit meiner "Unvoreingenommenheit"! Doch beim Aufsprühen folgte dann die Erleichterung: Das ist nicht der Geruch von "gerauchtem" Cannabis, sondern der des reinen Pflanzensafts bzw. Harzes - quasi eine Vorstufe des "Endproduktes"!

Auf meinem Handgelenk explodiert eine harzig-holzige Gewürztinte, die für mich auf jeden Fall auch einen stark grünen Anteil hat (anders als es Turandot auf ihrer Haut wahrnimmt). Auch fehlt bei mir jegliche Süsse, es ist eher herb und trocken. Nach einer Zeit kommt dann noch der Rauch von glühendem Zedernholzes hinzu und rundet die Komposition zu einem wirklich bemerkenswerten Gesamtergebnis ab. Für mich wäre dieser Geruch die wahre "Encre Noir" gewesen, die Lalique in einem ebenfalls hervorragendem Duft versucht hat abzubilden.

Trotzdem ist es für mich kein Kaufkandidat, da es mir doch etwas zu würzig und trocken ist. Es wirkt auf mich absurderweise einfach sehr "ernst". Da Black Afgano aber anscheinend sehr unterschiedlich auf verschiedenen Hauttypen wahrgenommen wird, muss dies nichts heissen. Dass während der sehr langen Haltbarkeit keine wirkliche Entwicklung mehr stattfindet stört mich übrigens eher weniger.

Fazit:
Wer an eine Probe kommt, bitte testen! Wir haben es hier wirklich mit einem sehr hochwertigen Parfum zu tun, das auf jeden Fall seine Daseinsberechtigung hat - in meinen Augen aber eher für das reifere männliche Geschlecht.

Noch ein Hinweis: Vermeidet unbedingt weisse Kleidung beim Tragen von Black Afgano! Mein Tintenvergleich passt auch in dieser Hinsicht...


Nachtrag: Glücklicherweise wurden Turandots Anregungen im Vorkommentar erhört und bei der Einordnung sind nun "rauchig" und "harzig" wählbar. Mir fehlt allerdings noch "herb" (Wink mit Zaunpfahl)!
3 Antworten
Stahl vor 13 Jahren 18 12
7.5
Haltbarkeit
8
Duft
Tierisch männlich...oder doch eher Sex zum Aufsprühen?
"Das Wasser gleitet über ihn als wäre es Marmorstein, versinkt im Groove seiner Muskeln, verschwindet in seinen Poren..."

Das sind keine Zeilen eines Erotikromans, sondern ist die Einleitung zu Tom of Finland auf der Homepage von Etat Libre d'Orange.

Die Franzosen sind bekannt für sehr gewagte und provokante Kreationen - manche schimpfen sie auch "Krawallparfumeure". Aber eins wird man ihnen wohl nie nachsagen können: langweilig zu sein! Was lag also näher, als eine Kooperation mit einem weiteren, leider verstorbenen Provokateur bzw. seiner übrig gebliebenen Stiftung?

Touko Laaksonen (1920-1991), besser bekannt als Tom of Finland, gründete sie gemeinam mit seinem Freund Durk Dehner im Jahre 1984. Ziel der Stiftung war und ist, Laaksonens künstlicherisches Schaffen für die Nachwelt zu konservieren und eines der weltgrößten Erotic-Art-Archive zu verwalten.
Etat Libre d'Orange bekamen die Erlaubnis für die Verwendung des Namens bei einem Parfum allerdings nur mit einer Auflage erteilt: Es soll den natürlichen Duft des Mannes nicht beeinträchtigen.
Folglich beschreibt Antoine Lie seine Kreation auch wie folgt: "Ein Kerl, der gerade aus der Dusche kommt, der sauber aber nicht parfümiert ist und seine Lederhose anzieht."

Ich sprühe den Duft also mit einer gewissen Erwartung auf meine Haut...rieche...warte einen Moment...rieche noch einmal...und denke nur: Ziel eindeutig verfehlt!
Doch direkt im Anschluss dann das große aber - NA UND?!

Tom of Finland schlägt ein wie eine Bombe, ich rieche süsslich würzigen Männerschweiss, Lederklamotten, Moschus mit Zitrusaromen...dann wird es sanfter, Amber und Vanille kommen durch und verleihen dem Ganzen eine gewisse Cremigkeit, die sich bis zum Ende hält...und ich denke nur noch an eins: SEX!

Was mich an der Dufteinordnung der bisherigen User wundert ist die angebliche "Frische". Frisch ist für mich etwas anderes - der Duft ist das genaue Gegenteil und ich empfinde ihn eher sehr provokativ, wild, animalisch, mit vielen Ecken und Kanten. Es wird definitiv Menschen geben die sich angewiedert umdrehen und wieder andere, die sich ihm hemmungslos hingeben werden.

Auch kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen meine Arbeitskollegen/-kolleginnen damit zu konfrontieren, aber im Club werde ich ihn mit großer Wonne tragen! Ich bin jetzt schon auf die Reaktionen gespannt und werde bei Gelegenheit mal davon berichten...

Würde Herr Lie nun seine Beschreibung wie fölgt ändern, hätte er einen absoluten Volltreffer gelandet: "Ein geiler Kerl, der gerade dreckigen, hemmungslosen Sex hatte, sich nun wieder in seine Lederkluft wirft und mit dem Motorrad zur nächsten Party fährt..."

Mehr davon!

PS: Von Tom of Finland sind u. a. auch acht verschiedenen Boxen erhältlich, denen jeweils unterschiedliche erotische Zeichnungen von Touko Laaksonen beiliegen. Vier Versionen sind mit Altersbeschränkung zu kaufen und vier Versionen sind frei verkäuflich.
12 Antworten
Stahl vor 13 Jahren 6 1
7.5
Haltbarkeit
5
Duft
Ein Stück Seife zum Aufsprühen!
Na das war ja mal wieder ein klassischer Fall von falschen Erwartungen - ich habe zwar nicht viel erwartet, aber doch etwas ganz Anderes als das was mir nach dem Aufsprühen in die Nase zog: Es war wirklich als hätte man sich einfach die Hände mit Jasminseife gewaschen! Leichte Mandelanklänge kann man im Hintergrund durchaus erkennen, aber ich habe selten einen so "seifigen" Duft erlebt wie diesen. Die Pudrigkeit ist zwar noch gegeben, aber von den restlichen Noten fehlt für mich leider jede Spur

Das Ganze ist auf keinen Fall unangenehm oder störend - aber ich würde niemals so viel Geld ausgeben nur um nach Seife zu riechen. Trotz Unisex übrigens eher für Frauen geeignet.
1 Antwort
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