Vrabec

Vrabec

Rezensionen
Filtern & sortieren
11 - 15 von 69
Vrabec vor 3 Jahren 15 9
8
Flakon
6
Sillage
5
Haltbarkeit
8
Duft
Von spritzig sauren Orangenschalen zur Traubenzucker- Assoziation
Ich bin kein Tauer Experte, zugegebenermaßen Maßen habe ich erst 4 seiner Kreationen unter der Nase gehabt. Alle gefielen mir mehr als gut, der übliche Verdächtige "№ 02 - L'Air du Désert Marocain (Eau de Toilette Intense) | Tauer Perfumes" wird auch sicherlich seinen Weg in meine Sammlung finden. Seinen ungewöhnlichen Werdegang in die Parfümindustrie finde ich mehr als sympathisch, genau so wie seine Transparenz auf social Media..
Dazu: laut Instagramm ist Cologne du Maghreb "empty" ob es sich dabei nur um den ersten Batch handelt oder dieses generell limitiert war, weiß ich nicht.. Aber dies nur als Hinweis.

Cologne du Maghreb ist eine Wiederauflage des 2010 erschienenen Originals ( "Cologne du Maghreb (2010) | Tauer Perfumes" ) , welche ich leider nie gerochen habe. Genau wie die ursprüngliche Version, werden hier von Tauer natürliche Inhaltsstoffe verwendet. Lediglich stärker konzentriert soll sie sein, Unterschiede in den Duftnoten gibt es keine, außer den Schwankungen, denen natürliche Duftnoten unterliegen.

Der Duft

Cologne du Maghreb startet mit einer Flut von Schalen diverser Früchte, vorangig der orangenartigen, hier Clementine und Mandarine. Diese hinterlassen einen authentischen fruchtigen Eindruck, wie der Geruch von frisch gepresstem Saft.
Jedoch wird der Duft nicht süß, die Hesperiden Zitrone, Bergamotte und Petigrain sind prominent vertreten, in einer eher unreifen grünen, sehr bitteren Form und ziehen einem das Wasser aus den Speicheldrüsen, wie es ein guter Gin Tonic tut. Denn im Start ist der Duft vor allem bitter und sauer.
Grüne oder krautige Eindrücke habe ich in den ersten Minuten keine. Diese sind wirklich wundervoll und auch in der Sillage sehr kräftig. Würde es dabei bleiben, würde ich sofort zuschlagen.
Leider zieht dich die Bitterkeit schon nach 10 Minuten zurück und der zunächst äußerst spritzige Duft kommt zur Ruhe. Die Säure legt sich etwas und die fruchtige Süße nimmt an Gewicht zu und wandelt sich aus einer saftigen mehr in eine pudrige Richtung. Obwohl alles noch sehr natürlich bleibt, denke ich mehr und mehr an Traubenzucker aus der Apotheke. Und das enttäuscht mich etwas, gerade weil der Start so schön war.
Richtung Basis nimmt die pudrige Süße ab und es wird leicht holziger. Eine sanfte, trockene Staubassoziation (vllt durch die Zeder?) mischt sich dazu, zusammen mit einer wirklich unsüßen, luftigen Rose.
Eine trockene flirrende Atmosphäre wird dadurch erzeugt, sehr gekonnt.
Rosmarin und Lavendel spielen hier eine untergeordnete Rolle, was ich sehr begrüße, denn Lavendel kann mir ein Parfum vermiesen, wenn zu stark wahrnehmbar.

Leider ist es mit der Haltbarkeit nicht so lang hin und nach einer Stunde ist der gute nur nach in Hautnähe wahrnehmbar. Bis dahin strahlt er jedoch ganz gut ab. Ob man für diese Stunde in einen Flakon investiert, muss jeder selbst wissen.

Mit Colognes ist es ein bisschen so wie mit Rädern. Man erfindet sie nicht neu. Aber hier haben wir einen natürlichen Vertreter, das mir zumindest ein Lächeln aufs Gesicht zaubert und dessen Kopfnote Wahnsinn ist.
9 Antworten
Vrabec vor 3 Jahren 10 5
8
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
En Voyage chez l'Artisan Parfumeur:23 - exquisit, aber nicht dunkel
Einen richtigen Gourmand hatte ich noch nicht. Noir Exquis ließ mich auf einen düsteren Vertreter dieser Duftrichtung hoffen, mit dem Fokus auf schwarzem Kaffee und dunkelbrauner Kastanie, ein nussig würziger Gourmand, tragbar für Männer. Doch wirklich schwarz ist hier nichts.
Die Eröffnung zeigt sich hellbraun durch die Kastanie, welche sehr natürlich, fast unreif daher kommt. Eine Kastanie im frühen Herbst, keine geröstete Marone. Warme Orangensauße tropft dazu, mich erinnert es etwas an Canard d'Orange. Bei dieser Sauße steht mehr das saure geköchelt konzentrierte Orangenaroma statt die Süße im Vordergrund. Ein ähnlicher Dufteindruck zeigt sich auch hier, dieser steht zwischenzeitlich deutlich im Vordergrune.
In der Basis wird es milder, trotz Kaffee. Dieser kommt in weicher Form, nicht frisch geröstet sondern als servierter Cappuccino, mit Sahne und Ahornsirup. Wärend der Cappuchino auf eine trinkbare Temperatur abkühlt wird dir ein Glas Orangensaft gericht, denn es ist ein recht warmer Tag für den Herbst.
Der Sirup stellt sich nicht als übermäßige Süße dar, eher wie Honig, welcher in warmer Milch auf den Boden sinkt und so von der Oberfläche gar nicht so präsent ist.
Der Kaffeeduft ist leider viel weniger gegenwärtig als ich mir gewünscht hätte und so verfliegt er recht schnell.
Was bleibt ist eine holzig herbe Vanillemilch die in lebenslustiger Leichtigkeit einen sonnigen aber kühlen Spätsommertag einleutet. Wobei die eher von bitterer Natur kommende Vanille eher im Hintergrund bleibt. Nussige Aromen tauchen immer wieder auf. Ich sehe diesen Duft an kecken fröhlichen Damen, im Alter zwischen 20 - 30 Jahren.

Wem das gefällt und den sanften Kaffee lieber gegen einen Hauch von Erdbeere eintauschen möchte, empfehle ich "This is Her!" Von Zadig & Voltaire, welcher erstaunlich ähnlich riecht, aber eine deutlich schönere, wenn auch etwas quietschigere Sillage aufweist.

Vielen Dank für das Lesen meines Kommentars.
5 Antworten
Vrabec vor 3 Jahren 16 11
7
Flakon
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8.5
Duft
Ach, Amsterdam
Es war warm und laut in den Straßen, du schlendertest durch die Gassen, abseits der drängelnden Touristen. Der Cannabisgeruch und der Lärm an den Kanälen bereitete dir Kopfschmerzen und so lenkte dich dein Weg fast fluchtartig in die schmalen Straßen, wo er quasi nicht mehr vorhanden war. Dir stand der Sinn nach einem Coffeeshop in dem Kaffee auch wirklich im Vordergrund steht. Müde lächelnd schüttelst du den Kopf. Ach, Amsterdam. Eine Stadt, die so anders ist, dass man sie lieben muss. Aber sie strengt auch an.
Dein Blick fällt auf eine Holzverkleidete Fassade, mit der schnörkeligen Aufschrift "SM Café", wobei du dir über die Buchstaben "SM" keine Gedanken machst - wohl die Initialien des Inhabers. (Du naiver Vollidiot)
Du trittst über die Schwelle und vor dir öffnet sich ein abgedunkelter Raum, von innen ebenfalls mit edlem Holz vertäfelt. Beruhigt stellst du fest, dass hier nur wohl nur hin und wieder Zigarren geraucht werden.
Die um die kleinen Tische stehenden Sessel sowie die Barhocker sind lederbezogen, glatt poliert von Jahrzehnten voller über sie rutschender Hintern. Du entscheidest dich für die Theke, hinter der eine gewisse Unordnung herscht. Krümmel von gemahlenem Kaffee liegen in den Ecken, der Duft des ölig schmierigen Feinstaubs, der sich in Mahlwerken findet, die oft benutzt und selten gereinigz werden, liegt in der Luft. Die Tür vom Nebenzimmer fliegt auf, ein Barrista richtet hektisch seine schief hängende Krawatte, wischt sich im Lauf den Schweiß von der Stirn und kaschiert mit seinem Kragen geschickt einen Striemen an seinem Hals. Er duftet nach Lavendel. Du starrst ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an, wärend er dir,zugegeben gekonnt, deinen Espresso doppio bereitet. Kirsche. Du hast die Domina nicht kommen hören, die plötzlich verrucht lächelnd neben dir steht. Ihr Lederkostüm zieht sich hauteng über den eleganten Körper und lässt dabei die intimsten Stellen frei. Als du nach Luft schnappst, schiebt ihre Zunge dir schon einen Mon Chéri in den Mund, wärend sich ihre Krallen unter dein Hemd in deinen Rücken Graben. Der Feste Griff an deinem Oberschenkel blockiert deinen Fluchtversuch und drückt dich fest auf den Barhocker. "Bitte! Ich will doch nur mein Kaffee trinken!" jappst du in die Luft aus Leder, Kirsche und Röstaromen.
"Wirklich? Sowas haben wir hier selten" schmunzelt die Dame in Leder. Sie schwebt zurück ins Nebenzimmer und mit ihr diese anrüchige Kirsche. Der Barrista serviert dir deinen Espresso und zwinkert dir zu. "Ah, Tom, du wieder hier!" Widmet er sich seinem nächsten Kunden. In der Tür steht Tom Ford, welcher sich sichtlich ertappt von meinen Blicken fühlt. Nach kurzem überlegen setzt er sich zu dir an die Bar, rutscht nervös auf seinem Hocker herum und bestellt sich seinen Alibi- Kaffee (als wäre er nur zum Kaffee trinken hier). Er trägt Tuscan Leather, scheint nach ein paar Minuten seine Selbsicherheit zurück gewonnen zu haben und begibt sich wie beiläufig in das Nebenzimmer, sein Duft nimmt er mit, Gott sei Dank.

Du sitzt schweigend an der Bar, genießt dein Espresso. Der Barrista, der dich dabei schon die ganze Zeit zu beobachten scheint kommt nun doch herrüber, beugt sich vor, erst jetzt nimmst du den Geruch von Patchouli wahr. Seine Halsschlagader pulsiert unter seinem Kragen.
"Ganz sicher? " raunt er dir zu.
"Ganz sicher." Erwiederst du. Innerlich musst du lachen.
Ach, Amsterdam.
11 Antworten
Vrabec vor 3 Jahren 31 14
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
7
Duft
Mehr blumig als blutig - Mehr Kunst als Brunst
Dass "Secretations Magnifique" der ekligste Duft auf dem Markt sein soll, brachte dem Haus Etat libre d'Orange zweifelhaften Ruhm. Auch in diesem Forum häufen sich die Beiträge, in denen auf humorvolle oder belustigende Art die Abscheuligkeit dieses "Parfums" In Worte gefasst wird. Dazwischen finden sich immer wieder Beiträge, die den Duft vorsichtig als akazeptabel beschreiben. Dass der Duft nicht wirklich tragbar wäre, war mir schon klar, intressiert hat er mich trotzdem, sozusagen um einen Blick in die tiefsten Abgründe der Nischenparfümerie zu wagen.

Das Konzept des Duftes ist laut Website nicht etwas übel zu riechen, es soll einfach den Koitus darstellen. Körperlichen, ungeschminkten Koitus, gezeichnet von Trieben, Verlangen, Haut und Schweiß.
Das Sex nicht sauber, aber trotzdem irgendwie gut riecht, sollten die meisten Parfumos wissen. Aber was Blut dabei verloren hat...? Ehrlicher Weise wird in der Beschreibung das Wort "verstörend" erwähnt.
Genug des Vorspiels, kommen wir zum Duft:

Der Duft eröffnet leicht rosig, salzig und etwas, was für mich plastikartig riecht, was ich eher von "Skin on Skin" Kenne. Auf die Thematik bezogen erinnert mich diese Note am ehesten an den billigen, abstoßenden Geruch von Eis.de Spielzeug, welches für mich weniger für Leidenschaft, als für die neue Verklemmtheit, der Post- Fifty Shades of Grey - Epoche steht. Die Milch stellt sich als angetrockneter Rand am Deckel eines Pfirsichjoghurts dar und lässt die Konsistenz des Parfums olfaktorisch cremig/ dickflüssig wirken. Den hell beißenden, in der Luft hängenden, flirrenden Eindruck hat Sécrétions Magnifique" durchaus mit Sex gemein, das muss wohl von dem berüchtigten überdosierten Azuron kommen. Dies setzt zwar einen Reiz, der einen sofort aufhorchen lässt (wie der Geruch von Sex auch), aber als unangenehm empfinde ich diesen nicht. Intressanter Weise hatte ich schlimmere Erfahrungen vor kurzem mit einigen Zarkoperfumes gemacht, wo auch gern mit ozonischen Noten gespielt wird.
In der Kopfnote von diesem Duft kann ich durchaus verstehen wie Vorredner eine fischige Ahnung oder die von verwesendem Fleisch haben, mir ist er dafür jedoch zu synthetisch, das bisschen animalische zu clean. Und trotzdem muss ich an diesem Punkt der Geruchsentwicklung an die Gewölbe einer Prosektur denken, kalt und dunkel, meist fast völlig geruchslos und doch weiß man genau, was sich hinter den metallenen Klappen in der Wand befindet.

Der Geruch von frischem Blut ist mir, wie gerade angedeutet, berufsbedingt ein Begriff, schneidend, kühl metallisch, leicht tomatig und alles überdeckend ist er. Vor allem zieht er direkt ins Mark, macht wach, triggert evolutionsbedingt den Fluchtinstinkt und lässt Adrenalin einschießen, wenn man ihn nicht erwartet.
Nichts davon nehme ich hier wahr.

Das beruhigt mich etwas, denn eine Blutassoziation brauch ich wirklich nicht um mich.
Statt dessen nimmt das florale zu, parallel zu dem schweißigen bissig- maskulinen Akkord, der durch die cremige Konsistenz des Duftes durchaus an Sperma erinnern könnte. Hormonell riecht er, aber durchaus hängt ihm auch eine gewisse Frische an. Wieder kommt diese Plastiknote und lässt an ein gefülltes Präservativ denken.
Also, irgendwo menschelt dieser Duft sehr,
jedoch nach Sex riecht der Duft nicht. Als hätte man bei der Konstruktion des Parfums den richtigen Weg eingeschlagen und auf halbem Weg aufgehört, erschließt sich mir die Idee des Duftes, aber das Ergebnis stellt mich nicht so richtig, das Konzept geht nicht auf.
Und trotzdem, riecht er nicht schlecht, bleibt irgendwo kurz vor "gut" bei "spannend" hängen. Ich bin mir durchaus bewusst, dass mein Kommentar mehr wie ein Verriss als ein Loblied klingen mag und doch hat mich "Sécrétions Magnifiques" sehr unterhalten, selten habe ich mich so sehr in ein Test vertieft wie hier. Deshalb auch die gute Bewertung, obwohl ich dieses Parfum wohl nie tragen werde. Für mich ist es mehr Kunst als viele Düfte und somit alles andere als schlecht.

Ob etwas mit meiner Nase/ meinem Geruchssinn nicht in Ordnung ist, oder die meisten Bewertungen etwas zu voreingenommen waren, das überlasse ich euch!

Ich bedanke mich an MmeMo, die mir die Probe zukommen ließ!
14 Antworten
Vrabec vor 3 Jahren 18 9
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Wahre Wachheit bedeutet die gelassene Ruhe von ausgeschlafen sein
Heute musst du nicht so früh raus. Es ist Zeit für ein ausgedehntes Frühstück wie sonst nie. Sonst stellst du den Herd auf 6, stellst die Moccakanne drauf, wärend du unter die Dusche hetzt, um dir das schwarze Ergebnis um 05:15 viel zu hektisch einzuverleiben. Der einzige, viel zu heiße Trost an einem viel zu frühen Morgen.
Heute ist nicht so ein Tag. Milchbrötchen befinden sich im Ofen, ein Glas Ovomaltine steht auf dem Tisch zusammen mit italienischen Cantuccini, die du so gern zum Kaffee knaberst. Du kommst lächelnd aus dem Bad, frisch rasiert, mit einem edlen Aftershave betupft. "Irgendwas mit Vetiver" rauscht dir durch den Kopf. Die Sonne scheint und der Tag ist auf deiner Seite.
Du bereitest dir dein ersten Cappuchino. Obwohl du dir Zeit lässt, kippst du etwas auf den Herd, der durch eine flüchtige Bewegung deinerseits angegangen sein muss. Halb so wild, du hättest sogar genug Zeit für einen zweiten, ausserdem ergänzt sich der Geruch wunderbar mit dem Duft der...

Verdammt, der Milchbrötchen! Gerade rechtzeitig, das hinterste ist angebrannt, der Rest noch gut. Egal, nichts kann dich aus der Ruhe bringen. Du schließt die Augen, beißt in dein Milchbrötchen mit dem Schokoaufstrich, nimmst ein Schluck Kaffee und ziehst den Geruch durch die Nase. Plötzlich merkst du: du bist wach, ausgeschlafen.
Man, wie lang mag das letzte Mal wohl her sein?

Dieser Kaffeduft ist süß, trotzdem authentisch, besticht vor allem durch seine Röstaromen. Wer einen Duft sucht, der nach tiefem, schwarzen Espresso riecht, oder frisch gemahlenen Bohnen ist falsch. Wer einen glaubhaft echten Geruch von Cappuccino, zusammen mit gourmandigen Gebäck sucht, den man genau so in einem guten Café findet, hat hier sein Parfum gefunden.

Wachheit wird nicht über Koffein und Adrenalinschock vermittelt. Wachheit bedeutet hier die gelassene Ruhe, mit der man einem Tag nach dem ausschlafen begegnet - und das ist genial.
9 Antworten
11 - 15 von 69