18.05.2023 - 09:35 Uhr

Marieposa
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Marieposa
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39
Medeinas Wald
Schließ die Augen, zähl bis zehn. Kannst du die grünen Kiefern sehn?
So ist es nun geschehen. Das Knacken der Äste begleitet dich mit jedem unsicheren Schritt. Du hast dich zu weit hinausgewagt. Baum gleicht Baum. Verirrt im tiefsten Wald, wo kaum noch Licht den Boden berührt. Doch sorge dich nicht, mein Kind. Sie hält schützend Ihre Hand über deine schmalen Schultern, selbst wenn sie beben wie das Herz eines Kaninchens. Denn Sie ist es, die über alles wacht. Hier in Ihrem Wald. Wenn du achtsam bist, kannst du Ihr folgen. Dort, wo Ihr leichter Fuß die weiche schwarze Erde berührt, wächst Moos so grün, als wolle es im Dunkeln leuchten.
Folge den Hasen, wenn ihr seidiges Fell zwischen den furchigen Baumstämmen schimmert, und sie werden deiner reinen Seele den Weg nach Hause weisen. Doch lass dich nicht von ihren Spuren leiten! So lockt Sie gierige Jäger tiefer ins Verderben. Wer raubt, was Ihr gebührt oder was unter Ihrem Schutze steht, muss Ihren Zorn erfahren. Und bedenke: Pflückst du Beeren oder Pilze, ist die erste Frucht des Waldes stets für Sie.
Mit einer Geste Ihrer Hand lässt Sie Nebelschwaden steigen oder sinken. Wenn schwere Äste einen Weg freigeben, für dich, mein Kind, dann weißt du, Sie ist nah, und ist dir wohlgesonnen.
Ein Diadem aus Harzperlen krönt ihr Haupt. Schön ist Sie mit den geschmeidigen Gliedern und dem langen Haar aus Silberflechten. Ihre Augen so jung und grün wie Frühlingsbuchen irrlichtern im Mondlicht durch die Nacht, wenn Sie auf heiligen Bären reitet und in der Sprache der Tiere flüstert.
Lausche nur, dann vernimmst du’s auch sowie den Herzschlag einer Wölfin in ihrer Brust.
Schließ die Augen. Zähl bis zehn …
**
Ich kenne sie leider nicht aus eigener Anschauung, die mystischen baltischen Wälder, aber die Geschichten von Medeina, der Göttin, unter deren Schutz sie stehen, die kenne ich sehr wohl. Und als ich Fanghorn II aufsprühe, steht sie plötzlich in ihrer ganzen Schönheit vor mir, die Göttin des Waldes in der Gestalt einer jungen Frau mit silbernem Haar und Wolfsblut in den Adern. Oder stehe eher ich vor ihr? Irgendwo in einem frischen, grünen, ätherischen Nadelwald – und scheinbar ist mir Medeina wohlgesonnen, denn das ist tatsächlich erst der zweite Duft in acht Jahren, bei dem meine Haut das Baumnadelaroma nicht innerhalb einer Viertelstunde restlos absorbiert.
Ich habe bei Naturdüften ganz oft das Problem, dass sich mir die Kopfnoten nicht recht erschließen wollen. Häufig sind sie mir zu sirupartig, medizinisch oder chaotisch. Doch bei Fanghorn II passiert das nicht. Der Duft ist sofort da und riecht unmittelbar so, wie er soll: Nämlich wie eine frisch geschlagene Silberfichte. Und jeder, der schon mal eine als Christbaum hatte, müsste jetzt ziemlich genau wissen, was ich meine. Nach einer Weile gesellen sich aromatisch herbe Kiefernnadeln und Koniferen dazu und dieses herrliche Baumharz, das mir schon in Murkwood so gut gefallen hat, und das ich mir am liebsten von den Fingern lecken würde. Ich erkenne taufeuchtes Moos und noch andere, hellere grüne Noten, die ich nicht recht zuordnen kann, erdig-grünes Patouchli, das dampft wie sich erwärmender Waldboden, und genau die richtige Menge modrig-pilzige Noten ganz dezent im Hintergrund, die so unumgänglich für einen wirklich authentischen Waldeindruck sind.
Winter Nights, mein bisheriger Favorit, muss wohl ein kleines bisschen auf seinem Waldthron rücken, um für Fanghorn II Platz zu machen. Und mit den grünen Schlieren auf der Haut, an denen ich auch noch nach einer Stunde erkennen konnte, wo ich den Duft aufgetragen habe, fühle ich mich heute selbst ein bisschen wie Medeina.
Lieber Xecut, vielen Dank für dieses mystische Walderlebnis.
So ist es nun geschehen. Das Knacken der Äste begleitet dich mit jedem unsicheren Schritt. Du hast dich zu weit hinausgewagt. Baum gleicht Baum. Verirrt im tiefsten Wald, wo kaum noch Licht den Boden berührt. Doch sorge dich nicht, mein Kind. Sie hält schützend Ihre Hand über deine schmalen Schultern, selbst wenn sie beben wie das Herz eines Kaninchens. Denn Sie ist es, die über alles wacht. Hier in Ihrem Wald. Wenn du achtsam bist, kannst du Ihr folgen. Dort, wo Ihr leichter Fuß die weiche schwarze Erde berührt, wächst Moos so grün, als wolle es im Dunkeln leuchten.
Folge den Hasen, wenn ihr seidiges Fell zwischen den furchigen Baumstämmen schimmert, und sie werden deiner reinen Seele den Weg nach Hause weisen. Doch lass dich nicht von ihren Spuren leiten! So lockt Sie gierige Jäger tiefer ins Verderben. Wer raubt, was Ihr gebührt oder was unter Ihrem Schutze steht, muss Ihren Zorn erfahren. Und bedenke: Pflückst du Beeren oder Pilze, ist die erste Frucht des Waldes stets für Sie.
Mit einer Geste Ihrer Hand lässt Sie Nebelschwaden steigen oder sinken. Wenn schwere Äste einen Weg freigeben, für dich, mein Kind, dann weißt du, Sie ist nah, und ist dir wohlgesonnen.
Ein Diadem aus Harzperlen krönt ihr Haupt. Schön ist Sie mit den geschmeidigen Gliedern und dem langen Haar aus Silberflechten. Ihre Augen so jung und grün wie Frühlingsbuchen irrlichtern im Mondlicht durch die Nacht, wenn Sie auf heiligen Bären reitet und in der Sprache der Tiere flüstert.
Lausche nur, dann vernimmst du’s auch sowie den Herzschlag einer Wölfin in ihrer Brust.
Schließ die Augen. Zähl bis zehn …
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Ich kenne sie leider nicht aus eigener Anschauung, die mystischen baltischen Wälder, aber die Geschichten von Medeina, der Göttin, unter deren Schutz sie stehen, die kenne ich sehr wohl. Und als ich Fanghorn II aufsprühe, steht sie plötzlich in ihrer ganzen Schönheit vor mir, die Göttin des Waldes in der Gestalt einer jungen Frau mit silbernem Haar und Wolfsblut in den Adern. Oder stehe eher ich vor ihr? Irgendwo in einem frischen, grünen, ätherischen Nadelwald – und scheinbar ist mir Medeina wohlgesonnen, denn das ist tatsächlich erst der zweite Duft in acht Jahren, bei dem meine Haut das Baumnadelaroma nicht innerhalb einer Viertelstunde restlos absorbiert.
Ich habe bei Naturdüften ganz oft das Problem, dass sich mir die Kopfnoten nicht recht erschließen wollen. Häufig sind sie mir zu sirupartig, medizinisch oder chaotisch. Doch bei Fanghorn II passiert das nicht. Der Duft ist sofort da und riecht unmittelbar so, wie er soll: Nämlich wie eine frisch geschlagene Silberfichte. Und jeder, der schon mal eine als Christbaum hatte, müsste jetzt ziemlich genau wissen, was ich meine. Nach einer Weile gesellen sich aromatisch herbe Kiefernnadeln und Koniferen dazu und dieses herrliche Baumharz, das mir schon in Murkwood so gut gefallen hat, und das ich mir am liebsten von den Fingern lecken würde. Ich erkenne taufeuchtes Moos und noch andere, hellere grüne Noten, die ich nicht recht zuordnen kann, erdig-grünes Patouchli, das dampft wie sich erwärmender Waldboden, und genau die richtige Menge modrig-pilzige Noten ganz dezent im Hintergrund, die so unumgänglich für einen wirklich authentischen Waldeindruck sind.
Winter Nights, mein bisheriger Favorit, muss wohl ein kleines bisschen auf seinem Waldthron rücken, um für Fanghorn II Platz zu machen. Und mit den grünen Schlieren auf der Haut, an denen ich auch noch nach einer Stunde erkennen konnte, wo ich den Duft aufgetragen habe, fühle ich mich heute selbst ein bisschen wie Medeina.
Lieber Xecut, vielen Dank für dieses mystische Walderlebnis.
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