27.10.2020 - 14:37 Uhr
Profumo
284 Rezensionen
Profumo
Top Rezension
25
Austern auf dem Jahrmarkt
Wenn ein Duft schrill und fordernd, dabei seltsam anziehend, ja überwältigend ist, dann „Douleur!“. Als ich ihn das erste Mal testete, war ich gleichermaßen fasziniert wie abgestoßen – einen so kreischend lauten, dabei durchaus kunstvoll komponierten Duft hat man selten unter der Nase.
Aber ‚laut’ muss ja nicht schlecht sein, zumal seine Lautheit mit einer farbenfrohen Buntheit, überbordendem Temperament und ansteckend guter Laune daher kommt: ein Duft wie ein hysterischer Lachanfall.
Vor allem aber ist „Douleur!“ ein Duft von Antonio Gardoni, will sagen: ein komplexer, ein herausfordernder, auf jeden Fall aber raffinierter und sinnlicher Duft. Ein Duft, dem man anmerkt, dass er nicht husch-husch konzipiert und zusammen gerührt wurde, sondern, dass er reifte, auch wenn Freddie Albrighton den Entstehungsprozess einmal mit „crash, bang, sparks... and finally we had Douleur!“ beschrieb.
Diese witzige Aussage des bekannten englischen Tätowierers verrät schon so manches über den Duft, bei dem es zu einem ziemlichen Crash verwegener Noten kommt: da ist viel Melone im Spiel, jede Menge Minze, salzige Meeresbrisen, durchdringend rosig-florale Akkorde, hell gleißendes Metall, haufenweise Zuckerwatte und ordentlich Zibet.
Da macht es wahrlich „bang“, wenn diese scheinbare olfaktorische Kakophonie auf die Schleimhäute ungewarnter Nasen trifft, worauf diese zuverlässig in die Knie gehen, und nur noch „sparks“, also Sternchen sehen (nachzulesen in so manchem Kommentar zu diesem Duft).
Mich aber, nachdem ich wieder halbwegs zu Sinnen kam, machte dieser wilde Ritt tatsächlich ein wenig süchtig. Denn obwohl der Duft über die Maßen laut ist, die Noten schrill, quietschbunt und verwegen, die Süße augenblicklich fast Zahnschmerzen bereitet, riecht diese irrwitzige Melange doch verdammt gut.
Zumindest finde ich das. So gut riecht sie, dass ich dem quirligen Treiben auf meinem Handrücken freudig hinterher schnüffle.
So weit, so toll, aber über eine kleine 1,5ml Probe dieses Duftes bin ich trotzdem nicht hinausgekommen. Die schiere Präsenz dieses Duftes streckte letztlich auch mich nieder – und ich bin einiges gewohnt! Aber wenn ein kleines, vom Sprühmechanismus vernebeltes Tröpfchen genügt, um ruck-zuck eine ganze Wohnung bis in den letzten Winkel mit „Douleur!“-Aroma zu durchdampfen, dann, ja dann muss ich doch passen, so leid’s mir auch tut.
Die Herren Gardoni und Albrighton hatten jedoch ein Einsehen.
Mögen sie auch viel Spaß bei der Entwicklung des Duftes gehabt haben – ich finde, das riecht man! – ist ihnen der Lautstärken-Regler vor lauter Freude am Schaffensprozess doch entglitten.
Nun haben sie sich also noch einmal ans Pult gesetzt und den Duft neu abgemischt. Dabei wurde im Grunde nicht viel verändert. „Douleur!“ ist noch immer „Douleur!“, der Duft nach wie vor laut, wild, verwegen, süß und animalisch, aber alles in neuer Balance. Die übersteuerten Partien sind etwas zurückgenommen, die schmerzende Süße eine kleine Spur gemildert (immerhin heißt der Duft ja „Douleur!“, er will weh tun!), die Minze dafür stärker akzentuiert.
Eine kleine, allerdings nicht ganz unbedeutende Facette ist dann doch hinzugekommen: der würzig-kampferartige Geruch des Teebaumes durchweht jetzt den süß-fruchtigen, minzigen Auftakt mit dezenten Schlieren. Keine große Sache also, nur eine kleine aromatische Beimischung, die das überschäumende Treiben ein wenig erdet.
Dass nun auch Austern mit in die Formel geflossen sein sollen (laut Facebook-Post von Freddie Albrighton) halte ich für einen Gag, einen witzigen allerdings.
Ich liebe Austern! Vermutlich auch Antonio und Freddie. Wer weiß, wie viele Austern ihre Schlünde herunterwanderten, bis sie auf die Idee kamen, dass die salzigen Facetten von „Douleur!“ tatsächlich etwas Austern-artiges haben: als würde man mitten auf einem Jahrmarkt, zwischen all den Zuckerwatte-Ständen einen Teller dieser wunderbar nach frischer, salziger Meeresbrise schmeckenden Muscheln schlürfen.
Trotz für meine Begriffe erfolgreicher Neu-Kalibrierung des „Douleur!“-Themas, darf man eines nicht vergessen: „Douleur!“ ist auch in überarbeiteter Form noch eine laute, grell geschminkte, quietschbunt gewandete Diva, oder meinetwegen: Divo, der/die locker alles und jeden an die Wand spielt – nur dass die Wände nicht mehr zu bersten drohen.
Zwar hat der Duft nach wie vor eine Präsenz und Ausdauer, dass einem Angst und Bange werden kann (auf Klamotten hält er Wochen!), aber aus dem nervtötend in den Ohren scheppernden hysterischen Lachanfall, ist nun ein zwar lautes, vor allem aber ansteckendes Gelächter geworden.
Mit anderen Worten: "Douleur!" ist jetzt tragbarer, ohne dass das Konzept gelitten hat.
Bravo!
Aber ‚laut’ muss ja nicht schlecht sein, zumal seine Lautheit mit einer farbenfrohen Buntheit, überbordendem Temperament und ansteckend guter Laune daher kommt: ein Duft wie ein hysterischer Lachanfall.
Vor allem aber ist „Douleur!“ ein Duft von Antonio Gardoni, will sagen: ein komplexer, ein herausfordernder, auf jeden Fall aber raffinierter und sinnlicher Duft. Ein Duft, dem man anmerkt, dass er nicht husch-husch konzipiert und zusammen gerührt wurde, sondern, dass er reifte, auch wenn Freddie Albrighton den Entstehungsprozess einmal mit „crash, bang, sparks... and finally we had Douleur!“ beschrieb.
Diese witzige Aussage des bekannten englischen Tätowierers verrät schon so manches über den Duft, bei dem es zu einem ziemlichen Crash verwegener Noten kommt: da ist viel Melone im Spiel, jede Menge Minze, salzige Meeresbrisen, durchdringend rosig-florale Akkorde, hell gleißendes Metall, haufenweise Zuckerwatte und ordentlich Zibet.
Da macht es wahrlich „bang“, wenn diese scheinbare olfaktorische Kakophonie auf die Schleimhäute ungewarnter Nasen trifft, worauf diese zuverlässig in die Knie gehen, und nur noch „sparks“, also Sternchen sehen (nachzulesen in so manchem Kommentar zu diesem Duft).
Mich aber, nachdem ich wieder halbwegs zu Sinnen kam, machte dieser wilde Ritt tatsächlich ein wenig süchtig. Denn obwohl der Duft über die Maßen laut ist, die Noten schrill, quietschbunt und verwegen, die Süße augenblicklich fast Zahnschmerzen bereitet, riecht diese irrwitzige Melange doch verdammt gut.
Zumindest finde ich das. So gut riecht sie, dass ich dem quirligen Treiben auf meinem Handrücken freudig hinterher schnüffle.
So weit, so toll, aber über eine kleine 1,5ml Probe dieses Duftes bin ich trotzdem nicht hinausgekommen. Die schiere Präsenz dieses Duftes streckte letztlich auch mich nieder – und ich bin einiges gewohnt! Aber wenn ein kleines, vom Sprühmechanismus vernebeltes Tröpfchen genügt, um ruck-zuck eine ganze Wohnung bis in den letzten Winkel mit „Douleur!“-Aroma zu durchdampfen, dann, ja dann muss ich doch passen, so leid’s mir auch tut.
Die Herren Gardoni und Albrighton hatten jedoch ein Einsehen.
Mögen sie auch viel Spaß bei der Entwicklung des Duftes gehabt haben – ich finde, das riecht man! – ist ihnen der Lautstärken-Regler vor lauter Freude am Schaffensprozess doch entglitten.
Nun haben sie sich also noch einmal ans Pult gesetzt und den Duft neu abgemischt. Dabei wurde im Grunde nicht viel verändert. „Douleur!“ ist noch immer „Douleur!“, der Duft nach wie vor laut, wild, verwegen, süß und animalisch, aber alles in neuer Balance. Die übersteuerten Partien sind etwas zurückgenommen, die schmerzende Süße eine kleine Spur gemildert (immerhin heißt der Duft ja „Douleur!“, er will weh tun!), die Minze dafür stärker akzentuiert.
Eine kleine, allerdings nicht ganz unbedeutende Facette ist dann doch hinzugekommen: der würzig-kampferartige Geruch des Teebaumes durchweht jetzt den süß-fruchtigen, minzigen Auftakt mit dezenten Schlieren. Keine große Sache also, nur eine kleine aromatische Beimischung, die das überschäumende Treiben ein wenig erdet.
Dass nun auch Austern mit in die Formel geflossen sein sollen (laut Facebook-Post von Freddie Albrighton) halte ich für einen Gag, einen witzigen allerdings.
Ich liebe Austern! Vermutlich auch Antonio und Freddie. Wer weiß, wie viele Austern ihre Schlünde herunterwanderten, bis sie auf die Idee kamen, dass die salzigen Facetten von „Douleur!“ tatsächlich etwas Austern-artiges haben: als würde man mitten auf einem Jahrmarkt, zwischen all den Zuckerwatte-Ständen einen Teller dieser wunderbar nach frischer, salziger Meeresbrise schmeckenden Muscheln schlürfen.
Trotz für meine Begriffe erfolgreicher Neu-Kalibrierung des „Douleur!“-Themas, darf man eines nicht vergessen: „Douleur!“ ist auch in überarbeiteter Form noch eine laute, grell geschminkte, quietschbunt gewandete Diva, oder meinetwegen: Divo, der/die locker alles und jeden an die Wand spielt – nur dass die Wände nicht mehr zu bersten drohen.
Zwar hat der Duft nach wie vor eine Präsenz und Ausdauer, dass einem Angst und Bange werden kann (auf Klamotten hält er Wochen!), aber aus dem nervtötend in den Ohren scheppernden hysterischen Lachanfall, ist nun ein zwar lautes, vor allem aber ansteckendes Gelächter geworden.
Mit anderen Worten: "Douleur!" ist jetzt tragbarer, ohne dass das Konzept gelitten hat.
Bravo!
11 Antworten