Elasco Aftershave Elasco

Wie in meinem Kommentar zum "Feinen Kölnischwasser" von Maravilla beschrieben, stellt die Traditionsfirma L.A. Schmitt, soweit sie nicht für Discounter unter Fremdnamen produziert, unter drei eigenen Marken her: Maravilla, Bernoth und Elasco. Bei Bestellung des (sehr schönen) Maravilla-Colognes bestellte ich u.a. auch einen Flakon dieses Rasierwassers mit.

Es wird ausschließlich im wuchtigen, mit etwas Geschick auch als Mordwaffe einsetzbaren, 200-ml-Schüttflakon verkauft. Die Kappe ist nicht breit, aus glänzendem Silberplastik und billig wie auf der Abbildung hier, sondern schmal, als geriffeltem schwarzen Plastik und noch billiger. Das Etikett ist Trash As Trash Can und die Farbe des Produkts von einem ekelerregenden, schmutzigen Graugrün.

Bei der Aufmachung kamen mir drei Assoziationen: (1) Dieses "After Shave" wurde von Winston Smith in der Dystopie "1984" benutzt; im Set mit rostigen, weil aufgrund der allgemeinen Knappheit nicht lieferbaren, Rasierklingen; (2) Es stammt aus dem Museum von Alltagsprodukten der Moldawischen Sozialistischen Sowjetrepublik.

Assoziation (3) war die stärkste, denn bei aller eklatant fehlenden Gefälligkeit des Produkts strahlt es doch eine gusseiserne Solidität aus, eine gewisse Atombombenfestigkeit und das Versprechen, oder jedenfalls die Hoffnung, dass es von beamteten Produktprüfern, deren Maßstäbe einfach-funktionale Qualität und ein niedriger Preis sind, bei einer öffentlichen Ausschreibung ausgewählt wurde. Mit anderen Worten: Ein Bundeswehrprodukt, wie die grauen Taschentücher, die in Silberfolie verpackten Proteinkekse (liebevoll als "Panzerplatten" bezeichnet) oder die unkaputtbaren blauen Stollen-Laufschuhe. Und weil damals, als ich diese Produkte alle kennenlernte, in der Bundeswehr nicht nur ein Abkürzungs, sondern auch ein Wortumkehrungswahn tobte, nach Art: "Maschinengewehr, leicht" (auch die Steigerungsform: "Gewehr, Maschinen-, leicht" war denkbar), "Patronen, Übungs-", "Bedeckung, Kopf-", so drängte sich mir sofort auf: Dies ist ein "Wasser, Rasier-".

Bei der Benutzung wurde der optische Schock erneuert: Ein bitterer, scharfer und zugleich saurer Geruch, gegen den jeder Essig der Ausbund balsamisch-opulenter Duftdekadenz ist, verursacht einen kaum unterdrückbaren Würgereiz. Als ich allerdings aufgeregt zu Frau von Spee rannte, um ihr diese Absurdität zu präsentieren und mit möglichst neutralem Gesicht fragte: "Wie gefällt dir mein neuer Duft", war die Antwort überraschenderweise "Gar nicht übel". Und tatsächlich, in der Minute vom Auftragen bis zum Fremdtest hatte sich der Höllenhauch von Kopfnote bereits verflüchtigt und war in eine hierzu merkwürdig antipodische, in der Tat gar nicht üble, fast schmeichlerische, halbsüße vanillig-cremige Basis übergegangen. Die allerdings, bevor man sich mit ihr näher beschäftigen kann, auch wieder verflogen ist.

Es handelt sich mit Abstand um das bizarrste Erzeugnis, das ich hier je kommentiert habe. Sachdienliche Hinweise, die zur Beantwortung einer der folgenden Fragen dienen:

(a) Warum wird dieses Produkt hergestellt?
(b) Wo wird es verkauft? Und vor allem:
(c) Wer kauft es, und warum?

werden hier im Studio, von Peter Niedetzky in Wien, von Konrad Toenz in Zürich oder bei jeder Parfumodienststelle entgegengenommen.