Russisch Leder (Eau de Toilette) von Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz
Flakondesign Heinz Glas
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7.9 / 10 101 Bewertungen
Ein beliebtes Parfum von Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz für Herren, erschienen im Jahr 1967. Der Duft ist ledrig-würzig. Es wird noch produziert.
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Duftrichtung

Ledrig
Würzig
Holzig
Animalisch
Frisch

Duftpyramide

Kopfnote Kopfnote
ZitroneZitrone BergamotteBergamotte BasilikumBasilikum
Herznote Herznote
ZedernholzZedernholz ZimtZimt FarnFarn GartennelkeGartennelke VetiverVetiver
Basisnote Basisnote
LederLeder MoschusMoschus MoosMoos StyraxStyrax VanilleVanille

Parfümeur

Bewertungen
Duft
7.9101 Bewertungen
Haltbarkeit
7.382 Bewertungen
Sillage
6.783 Bewertungen
Flakon
6.680 Bewertungen
Preis-Leistungs-Verhältnis
7.411 Bewertungen
Eingetragen von TVC15, letzte Aktualisierung am 21.04.2024.

Rezensionen

15 ausführliche Duftbeschreibungen
10
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Yatagan

395 Rezensionen
Yatagan
Yatagan
Top Rezension 49  
Radio Moskau
Mein Vater hörte regelmäßig Radio Moskau. Mein Vater war kein Kommunist, war kein Spion der Sowjetunion, war nicht mal Sozialdemokrat, sondern gemäßigt konservativ. Mein Vater aus dem Volk der Täter war einfach auch ein Opfer der Kriegszeit, gerade 18 Jahren alt geworden als letzte Reserve in den Krieg geschickt, nach wenigen Monaten an der Front in Russland in Gefangenschaft geraten - und hatte dort das Glück, dass ein russischer Offizier einen jungen Mann suchte, von dem er die deutsche Sprache lernen konnte. Im Gegenzug lernte mein Vater von diesem Offizier Russisch, so dass er die Sprache recht gut verstehen und sprechen konnte. Damit war er ein Exot in der so genannten BRD der 60er, als ich schließlich auf die Welt kam.

Mein Geburtsjahr (1967) ist auch das Geburtsjahr von Russisch Leder. Uns verbindet also einiges. Und so lange ich mich erinnern kann, stand in unserem Bad eine Flasche Rasierwasser der Sorte Russisch Leder von Farina Gegenüber, stets ein Geschenk einer aus Köln stammenden Tante, die immer für Nachschub dieses Kölnisch Wassers sorgte. Vermutlich war es der erste Duft, den ich bewusst wahrnahm, sicher aber der erste mir bekannte Herrenduft.

Ehrensache, dass ich eine neue Flasche Russisch Leder brauchte, als Farina Gegenüber (vollständig und korrekt: Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz GmbH; das ist doch mal ein Markenname!) wieder auferstand und auch sein Herrenwasser Russisch Leder wieder neu lancierte, leider in einer neuen Flasche, die zwar elegant und schlicht ist, die aber natürlich nicht mit dem Originalflakon in Opalglas mithalten kann, der hier auf Parfumo sinnigerweise abgebildet ist. Ein Kunstobjekt des Warendesigns der 60er. Aus eben diesem Grund habe ich - aus nostalgischen Erwägungen - vor Jahren schon einen gebrauchten Originalflakon erstanden, dessen Inhalt zwar nicht mehr ganz authentisch riecht, der als Erinnerungsstück aber allemal besser taugt als die neue, gefällig klare Flasche.

Farina Gegenüber ist im Grunde die älteste Duftmarke der Welt (seit 1709), ältere Marken sind allenfalls legendarisch oder wenigstens unsicher belegt, einige jüngere Marken haben zwar eine länger Geschichte, weil bis heute durchgängig existent (Floris), Farina Gegenüber aber darf stolz daran erinnern, dass man bereits seit 1709 in Köln Düfte produziert, vertreibt und versendet. Die genaue Geschichte dieses Hauses ist auf der Homepage in allen Einzelheiten nachzulesen, kann im Duftmuseum der Familie Farina in Köln nachvollzogen werden und findet sich auf diversen Homepages, so dass ich mir an dieser Stelle weitere Details spare.

Wie aber riecht nun Russisch Leder, das, wie bereits erwähnt, 1967 lanciert wurde?

Russisch Leder gehört in den Kontext von Herrenduftwässern und Rasierwässern, die in den 50er und 60er Jahren in Deutschland (und zum Teil auch anderen Ländern wie Italien, Spanien und Japan, weniger in Frankreich und England) entwickelt wurden und in Image und Namen eine rauchig-ledrige, somit männlich gedachte Note andeuten, in Wahrheit aber eher frisch-holzig duften. Ein vermutlich allen geläufiges Beispiel ist Tabac original, das gleichfalls frisch, leicht zitrisch mit Bergamotte und Zitrone startet und dann über einige florale Noten zu einer holzigen und schließlich sogar weichen Basisnote übergeht. So auch Russisch Leder.

Ein echter Lederduft wie Patou pour Homme oder Knize Ten, vor allem letzterer auch ein Klassiker (1925), riecht vollkommen anders, schwerer, schwülstiger, weicher und damit für einen kernigen Mann der 60er scheinbar alles andere als geeignet. Sicherlich war es eine Elite, die damals schon Knize Ten, den vielleicht bedeutendsten Herrenduft aller Zeiten, im Schrank stehen hatte; bei den meisten wird es Russisch Leder oder Tabac original gewesen sein - oder einer der preiswerten Klassiker aus Amerika, Italien oder Spanien, im seltensten Falle ein teurer Franzose (wie z.B. Chanel pour Monsieur, Dior Eau Sauvage oder Caron pour un homme).

Russisch Leder ist somit alles andere als spektakulär, denn das war schlicht nicht gewünscht, sondern eine Mischung aus Markanz (hier verstanden als Männlichkeit) und Frische (auch dies ein Attribut von Herrendüften, nicht nur der damaligen Zeit, im Gegensatz zu klassisch blumigen und weichen Damendüften). Das muss man nicht mögen oder gar loben, aber es ist schön, einfach schön und irgendwie immer tragbar. Und dass die Mischung, die in Russisch Leder steckt, ansteckend, anziehend, anregend zu sein scheint, dass zeigt die derzeit hohe Durchschnittsbewertung, die den Duft in die TOP 100 katapultieren würde, gäbe es nur genug hinterlegte Bewertungen zu diesem Duft.

Mein Kommentar kann auch als Plädoyer verstanden werden, diesen eleganteren, vielleicht besseren Bruder von Tabac original wenigstens einmal zu testen und ihm eine Chance zu geben, auch wenn er heutzutage keine Frauen mehr dahinschmelzen lässt, dafür aber immer noch ein guter Begleiter im Büro und im Alltag sein kann.

Er hat es verdient.

Meinem Vater gewidmet (1926 - 1994).
24 Antworten
8
Sillage
10
Haltbarkeit
8.5
Duft
FvSpee

323 Rezensionen
FvSpee
FvSpee
Top Rezension 37  
Colonialwaren XIV: Farin Farinowitsch
Von Farinas vielgelobtem Kölnischwasser war ich sehr enttäuscht. Ich ziehe den ewigen Konkurrenten von 4711 klar vor. Deshalb war ich nicht besonder scharf darauf, den Russenfarina zu testen. Und so blieb er die letzte ungetestete Probe (bevor ich mir neue organisiere...) in meinem "Colonialwaren-Probenkästchen". Gestern Abend dann dachte ich mit Beethoven: "Muss es sein? Es muss sein!" und rief dann mit Kant aus "Pflicht! Du erhabener Name!", nahm die Probe beherzt her und sprühte mit zusammengebissenen Zähnen dreimal auf meinen Unterarm.

Zabong! Ich wäre umgeworfen worden, wenn ich nicht sowieso hingefläzt dagelegen (nicht in der Russenhocke gekauert) hätte. Das ist ja wirklich ein hammermäßiges Zeug! Genial gut und bärig besonders! Ich begann, meine ersten und zweiten Eindrücke zu notieren und parallel dazu die bisherigen Kommentare zu lesen. Leider (oder auch glücklicherweise, Eintracht und Harmonie sind ja was Schönes) stellte ich fest, dass meine Vorkommentatoren, besonders Yatagan und Konsalik, schon gesagt haben, was auch ich empfand. Da deren Kommentare aber schon 7 und 2 Jahre alt sind, gibt es ein Remake.

Russisch Leder ballert dir ohne jedes Vorspiel innerhalb von Millisekunden eine volle Ladung brauner und zugleich frischer Gewürzigkeit durch die Riechnerven ins Kleinhirn. Und zwar eine von der wärmenden (fast schon kribbelnden), balsamischen, aromatischen Sorte. Dabei fällt (auch) mir sofort eine starke Ähnlichkeit mit Tabac Original auf (das ich ja liebe). Allerdings empfinde ich den Farinski als etwas heller, und er hat eine spezifische menthol- oder eukalyptusartige Frische, an die ich mich beim Mäurer nicht erinnere. Auch dürfte die Barbershop- (oder bei einem Russen: Parjukmácher-) Assoziation noch stärker sein, denn hier wird die volle Seifigkeitsdröhnung gleich im Paket mit dem (Sandel-) Holztiegel, in dem die Seife aufgeschlagen wird, mitgeliefert.

Ein weiterer Unterschied liegt darin (das wurde mir erst beim späteren Nachdenken klar), dass der Farina noch weiter von einem klassischen zitrischen Cologne entfernt ist als Tabac Original. Ist die gestern rezensierte "Colonia Russa" von SMN noch ganz und gar mediterranes Cologne (mit braunem Tupfer), Tabac schon zu etwa Zweidritteln "braun", so ist hier praktisch kein Cologne mehr übrig. Es ist (fast) nur noch ein frischer würzig-balsamisch-seifig-holziger Herrenduft. Lavendel ist nicht vorhanden und zitrische Noten stehen zwar in der Pyramide, ich kann sie aber allenfalls in Spuren (und fest verbaut) wahrnehmen.

Damit steht dieser Duft doppelt am Rande des hier rezensierten Genres, denn er nennt sich auch nicht "Cologne", sondern "Eau de Toilette", was für meine Serie eigentlich ein Ausschlusskriterium ist. Hier habe ich mir die Ausnahme erlaubt, weil Farina ein typischer Cologne-Hersteller ist.

Zurück zum Duft: Er bleibt in seiner Grundcharakteristik in der Folge immer gleich, Grundton Gewürzfougère würde ich mal kühn sagen; die Begleitnoten changieren aber. Nach vielleicht dreißig bis sechzig Minuten nehme ich eine faszinierende, für so einen Kerlowitsch-Duft höchst überraschende, feminin anmutende Aldehydwolke dar, die mich fast an Lehmanns Sminta oder gar an Chanels No. 5 erinnert. Dann kommen einmal samtige Wildlederassoziationen hinzu, und am Ende wird es etwas knarziger und härter, als ob das Leder und das Holz am russischen Ofen jetzt getrocknet ist.

Die Haltbarkeit beträgt bei meiner großzügigen Dosierung mehr als 24 Stunden, was insoweit zur Höchstwertung führt. Die Projektion ist ebenfalls kräftig, was sich insoweit von Nachteil erwies, als Frau von Spee nur von Mühe davon abzubringen war, sowohl ihr Abendessen als auch ihr Nachtlager getrennt von mir einzunehmen. Ähnlich wie Ajlen musste auch ich die Erfahrung machen, dass der Duft in der (insbesondere weiblichen) Umwelt nicht unbedingt ein Asset ist. Bei Tabac Original ist mir das nicht passiert. Vielleicht auch deshalb, vielleicht aber auch, weil ich den Mäurer am Ende doch etwas klarer konturiert und klassischer aufgebaut finde, sähe ich den Farina um Nasenlänge hinten (anders als Yatagan, aber genau wie er würde ich mich nicht abschließend festlegen wollen).

Fazit: Ein tolles Dufterlebnis, eine Riesenüberraschung, und eine Wucht von Russenduft. Bitte zurückhaltend dosieren und vor der Verwendung in der Interaktion mit dem anderen Geschlecht vorsichtig testen.

Nachträge: Der Duft wird auf der Internetseite von Farina für 78 Euro für 100 ml angeboten und ist damit kein "Drogerieschnäppchen". Das Etikett sieht noch immer so grandios 60-er-hässlich aus wie auf dem Bild hier oben. Die "Russen"-Spezifik dürfte hier ganz konventionell durch Birkenteer getriggert sein; das ist es wohl, was in der Pyramide mit "Leder" gemeint ist. Mit modernen Lederdüften à la "Tuscan" hat der Duft nichts zu tun.
29 Antworten
7
Sillage
8
Haltbarkeit
8
Duft
Konsalik

86 Rezensionen
Konsalik
Konsalik
Top Rezension 14  
Not (only) for old farts!
Im Zuge eines vorweihnachtlichen Bummels durch die (überraschend leere) Kölner Innenstadt ging es nach einem Abstecher zu Manufactum (es wurden u.a. sehr teure Messing-Gießkannen bestaunt) zum Stammhaus von Farina gegenüber, dem - je nach Rechnung - ältesten noch bestehenden Parfumhaus der Welt. Schon nach kurzem Verriechen an einer der präparierten "Duftglocken" war klar, dass der im Vorfeld gefasste Plan, ein Fläschchen "Russisch Leder" zu erwerben, in die Tat umgesetzt werden musste: Tiefe Zimt- und Weihrauchnoten verstärkten spontan das heuer nur sehr zart ausgebildete Weihnachtsgefühl in mir. Allein dieser "Instant-Besinnlichkeits-Boost" war mir die 19 Euro für 15 ml allemal wert!

Daheim erwartete ich eine Eröffnung à la "Tabac Original", da nicht wenige der Rezensenten auf diesen Seiten eine entsprechende Assoziation notieren durften. Und in der Tat: Ein Stück weit schwingt in der Kopfnote das alte Mäurer & Wirtz-Flaggschiff mit, wobei allerdings die rustikale Eichenwand fehlt. Diese scheint hauptverantwortlich zu zeichnen für die Beige-Rentnerwesten-Note, die nicht wenige mit Tabac Original verbinden, denn Frau Konsalik (die "Opadüfte" wie Tabac Original an mir nicht ausstehen kann) war von der Kopfnote sofort angetan. Bestimmt wird der Dufteindruck in der ersten Stunde jedoch von einem herb-frischen, seifigen Lavendel, der das Ganze deutlich in Richtung "Barbershop" drückt; ein Thema, das in den letzten Jahren eine erfreuliche Renaissance erfahren hat.

Herz und Basis gewinnen in der Folge immer mehr die Oberhand und spätestens hier mutet "Russisch Leder" fast schon modern an: Die klare Darstellung der Einzelkomponenten (vornehmlich, wie gesagt, Zimt und Weihrauch bzw. Styrax, vanillig unterlegt) wirkt durchaus zeitgenössisch bis zeitlos. Mit "Leder", wie es uns "quasi-naturalistisch" von der heutigen Parfumeurskunst nahegebracht wird (Tom Fords Lederdüfte, Davidoffs "Leather Blend" etc.), hat "Russisch Leder" freilich wenig zu tun. Hier wird eher mit Assoziationen gespielt, die ins Wortfeld "Leder" gehören: Clubsessel, Ausritt, Kaminfeuer - aber eben keine 1:1-Entsprechung zur neuen Lederjacke.

Und wieder einmal sehe ich mich genötigt, vor einem Klassiker aus altem Hause den Hut zu lüften. Nicht aus nostalgischen Gründen, sondern schlicht aus Anerkennung der gebotenen Qualität: Alle Duftkomponenten verströmen Wertigkeit und Reformulierungsresistenz, die Haltbarkeit ist angemessen, die Sillage vorhanden, aber nie laut: So muss es sein!
5 Antworten
5
Haltbarkeit
9
Duft
Apicius

1106 Rezensionen
Apicius
Apicius
Top Rezension 19  
"Geborgen in den Armen der Männlichkeit"
Das ist der Werbespruch für das alte, neue Russisch Leder! Auf ihrer Webseite kündigt Farina es an, doch ich hatte das Glück, bereits ein Probenfläschchen zu bekommen, auf der diesjährigen Global Arts of Perfumery.

Bei Farinas Russisch Leder geht einem das Herz auf: ein traditioneller Birkenteer-Akkord, fein abgestimmt, dezidiert männlich, traditionell und doch wahnsinnig spannend. Farina nimmt für sich in Anspruch, die ersten gewesen zu sein, die ein Russisch Leder auf den Markt gebracht haben. Mag sein - mir egal - was zählt ist das Ergebnis! Und dieses Russisch Leder bewirkt etwas, das weder Harry Lehmanns einfaches Juchten, noch Chanels teures Cuir de Russie schaffen: es erinnert mich an Geruchserlebnisse der Kindheit.

Genau so roch es in den 60ern und bis Mitte der 70er beim Friseur, wenn dieser nach Haarschnitt und Rasur den Männern eine Ladung Russisches Leder ins Gesicht knallte! So etwas Sinnliches vergisst man nicht. Der Chanel-Duft mag ja sehr gut sein, ein edler, feiner und hochpreisiger Nischenduft - er hat mir nichts zu sagen. Farinas Russisch Leder aber sehr wohl. Jedenfalls hätte der Werbeslogan treffender nicht gewählt werden können.

Das Geheimnis dürfte sein, dass Farina sich dafür entscheidet, ihr Russisch Leder als Herrenduft zu vermarkten. Und das riecht man! Die Unisex-Rücksichten anderer Cuir de Russies werden nicht genommen. Doch simpel ist Farinas Russisch Leder dabei nicht. Die Duftpyramide weist auf Komplexität hin, die erst im Drydown merklich abflacht. Es ist schwer für mich, diesen Duft auseinander zu nehmen. Florales? - ja, ganz dezent. Moschus und Vanille? - ebenfalls nur angedeutet. Vetiver und Zedernholz? Ja, kann sein. Farnig-Krautiges? Ganz bestimmt. Übrigens fast eine Chypre-Struktur. Ach was solls - es passt einfach!

Im Stil erkenne ich eine gewisse Ähnlichkeit mit dem berühmten Tabac Original. Auf das kommt der eine oder andere Parfumfreund ja auch immer wieder zurück, bei aller Liebe für ausgefallene, teure oder schicke Parfums. Alledings ist Farinas Russisch Leder dann doch hochwertiger.

Ein großes Kompliment an Farina, dass sie es gewagt haben, ihr Russisch Leder wieder herauszubringen. Hoffentlich bleiben sie nicht auf halbem Wege stehen, sondern nehmen etwas Geld für Werbung in die Hand. Von alleine werden die Käufer nicht mehr zurückfinden, dazu ist zuviel Zeit vergangen. Zu viele Trends habe mittlerweile die Duftvorlieben der Menschen verändert. Und auch ein kultiges Retro-Produkt funktioniert nur, wenn es wenigstens als Geheimtipp lanciert wird.

Hier die veränderte Pyramide:
Kopf: Zitrone, Bergamotte, Basilikum
Herz: Farn, Nelke, Vetiver, Ylang-Ylang, Zedernholz, Geranium, Zimt
Basis: Leder, Moschus, Styrax, Moos, Vanille

Nach Farinas Russisch Leder bleibt die große Hoffnung, dass sich vielleicht auch Muelhens gelegentlich der guten Dinge von früher erinnert: ich will SIR Canada Ceder!
6 Antworten
10
Haltbarkeit
8
Duft
Profumo

284 Rezensionen
Profumo
Profumo
Top Rezension 17  
Herrlich altmodisch!
Es gibt Düfte, die – kaum aufgesprüht - sofort an die eigene Kindheit erinnern. Ein solcher ist Farinas ‚Russisch Leder’ für mich.
Früher hatte meine Großmutter diesen charakteristischen, weißen Flakon (von dem ich immer dachte er sei aus Porzellan, aber vermutlich war es aus Glas) bei sich im Schlafzimmer stehen. Getragen hat sie ihn nicht. Jedenfalls kann ich mich nicht daran erinnern. Daher wurde das Fläschchen nie leer, und vermutlich war ich auch der Einzige, der – noch ein kleines Kind – hin und wieder den schwarzen Drehverschluss aufschraubte und daran roch.
Wahrscheinlich hatte mein Großvater den Duft geschenkt bekommen. Da er aber sein Leben lang ausschließlich nach der Rasur ‚Pitralon’ auftrug, wird er das Fläschchen in der irrigen Annahme, dass es sich um einen Damenduft handele, meiner Großmutter weitergereicht haben.
Wie auch immer. Es stand jedenfalls da und keiner trug es. Für mich aber blieb es jahrelang der Inbegriff von ‚Parfum’. Und selbst als der Duft eines Tages nicht mehr da war, hätte ich ihn noch beschreiben können – ich hatte ihn einfach ‚in der Nase’.
Nachdem mir dann kürzlich ein edler Spender – ein ganz großer Dank nochmals an Apicius! – eine kleine Miniatur des wieder eingeführten Duftes zukommen ließ, war ich doch einigermaßen erstaunt: Da war er wieder, der Duft , der damals in dem Fläschchen steckte, aber es war nicht jener, an den ich mich erinnerte; bzw. er war es schon, aber merkwürdig verändert, so als habe mein Gedächtnis ihn über die Jahre verzerrt und verbogen.
Eine interessante Lektion für jemanden, der immer davon ausging, ein recht gutes olfaktorisches Gedächtnis zu haben, und der ziemlich schnell solcherart zu urteilen pflegt, dass früher ein Duft so roch und nicht anders.
In Zukunft also: ‚Be careful, my dear!’, die Erinnerung ist alles andere als zuverlässig.

Nun, als ich den hübschen, kleinen Miniaturflakon aufschraubte und mir etwas auf den Handrücken träufelte, hatte ich ihn also erneut ‚in der Nase’ – ganz pur, ganz echt, von der Erinnerung unverfälscht, und soweit ich feststellen konnte (wenn mich mein Gedächtnis nicht erneut trügt) auch halbwegs im originalen Zustand. Sicher wird man die Formel überarbeitet haben, auch war der Duft früher ein Eau de Cologne und ist heute ein Eau de Toilette, aber sei´s drum. Was heißt schon ‚original’?!
Schon als der Duft 1967 erschien, war er im Grunde nur eine Variation auf ein viel älteres Thema. So soll die eigentliche Entstehung des zuvor ‚Kölnisch Juchten’ genannten Duftes ganze Jahrhunderte zurück reichen. Manche berichten sogar von Mönchen, die im 16Jh. diesen Duft kreiert haben sollen. Jedenfalls gab es unter dem Namen ‚Rote Marke Farina’ jahrzehntelang ein ‚Kölnisch Juchten’, bis dieses Ende der sechziger Jahre von einem ‚Russisch Leder’ abgelöst wurde.
Dieses, nunmehr eindeutig den Herren gewidmet, war dann viele Jahre lang in besser sortierten Drogerien wahlweise als After Shave oder Eau de Cologne erhältlich, und verschwand irgendwann – nahezu unbemerkt.
Dass wir es heute wieder genießen können, haben wir dem glücklichen Umstand zu verdanken, dass man neben dem klassischen Eau de Cologne von Farina (das es mittlerweile sogar wieder bis in das Sortiment großer Design-Classics-Läden geschafft hat) nun wohl auch dem nicht ganz so klassischen Kölnisch Juchten/Russisch Leder den Status einer Legende zuerkennt.
Aber Vorsicht! Was sich seit den sechziger Jahren mit diesem Namen schmückt, ist zwar einerseits ein uralter, traditionsreicher Duft, aber andererseits ebenso ein Kind seiner Zeit: Ein Duft der noch vom Geiste der Adenauer-Ära durchdrungenen Wirtschaftswunder-Jahre.
So findet man zweierlei in ihm wieder: einerseits eine reichhaltige, ausgesprochen ledrige Basis, die mit einem – allerdings überschaubaren – Blütenbouquet und einer guten Dosis animalischer Beimischungen angereichert und geweitet wird. Ferne Echos großer Vorgänger klingen hier an: der harsche Schuhsalon-Akkord von Knize Ten, die animalischen Facetten, ebenso wie der Styrax-Birkenteer-Akkord von Chanels ‚Cuir de Russie’, und sogar der sinnliche, rauchig-schokoladige Grundton von Carons ‚Tabac Blond’.
Doch hier ist schon genug der Gemeinsamkeiten: Keine Spur von Grandeur (Tabac Blond), von frivolem, ja dekadentem Plüsch (Cuir de Russie), oder von schneidiger Arroganz (Knize Ten). Stattdessen - und hier komme ich zum ‚andererseits’, bzw. zum eigentlichen Charakteristikum von ‚Russisch Leder’ - findet man eine seltsame Verengung in den Herz-und Kopfnoten auf leicht säuerliche, seifige Töne, die mit strengen, würzigen Noten (sehr viel Nelke!) einen recht zeittypischen Akkord eingehen, der in mir unweigerlich das Bild eines Aktenkoffer-tragendenden Wirtschaftswunder-Beamten, mit Hornbrille und Anzug von der Stange (mein Großvater, wenn er nicht ‚Pitralon’ getragen hätte...) aufkommen lässt.

Diese merkwürdige Melange aus seifig, säuerlich, aber auch pudrig einerseits, und blumig, ledrig, animalisch andererseits, entstand wohl dadurch, dass man das klassische Kölnisch Juchten/Russisch Leder/Cuir de Russie-Thema mit einem traditionellen Fougère-Konzept kombiniert hat. Auf diese Weise entsteht im Herzen des Duftes durch den Zweiklang von Lavendel und Kumarin der typische Frisiersalon-Akkord, den man ansonsten in orientalischen Lederdüften, Leder-Chypres, und auch älteren Cuir-de-Russie-Düften meist vergeblich sucht. Hier aber, auf der Basis eines genuinen Lederduftes erblüht er geradezu und entwickelt jenes unvergleichliche seifig-ledrige Aroma, ganz so, als habe jener dienstbeflissene Beamte sich, bevor er frühmorgens ins Büro ging, auch ausgiebig und gründlich rasiert – und zwar täglich, wie es nun mal so Sitte war, anno 67!
Genau diese Ambivalenz ist es, die ich an diesem Duft bewundere: hier die lange und glorreiche Tradition der mondänen Lederdüfte, vor allem des ‚Cuir de Russie’ und ‚Peau d’ Espagne’-Genres, und dort der vermeintlich spießbürgerliche Habitus der späten Adenauer-Zeit. Vielleicht könnte man meinen, der allzu brave Fougère-Akkord im Herzen ruinierte den ganzen Duft – doch er tut es nicht. Ganz im Gegenteil. Es entsteht ein wunderbares Charakteristikum, das herrlich altmodisch ist, und – zumindest mir - grundvertraut.

‚Geborgen in den Armen der Männlichkeit’, dieser Slogan, mit dem Farina den demnächst wieder eingeführten Duft bewirbt, trifft den Grundton des Duftes recht gut. Allerdings ist diese Männlichkeit etwas anders kultiviert als heute üblich: Der Mann, der einst nach ‚Russisch Leder’ duftete (und hoffentlich bald wieder duften wird), der wusch sich noch mit Seife, rasierte sich umständlich, trug selbstverständlich einen Anzug und Lederschuhe, und hatte ein Uhr mit Lederarmband am Handgelenk. Keine Duschgel-Deo-3Tagebart-Jeans-und-Turnschuh-Männlichkeit also, nein: eine klassische, aufrechte, für viele sicher biedere Männlichkeit, weitab von Dandytum und aristokratischer Dekadenz.

Schön, dass dieser so unzeitgemäße Duft wieder da ist! Ob er heute aber wieder zahlreiche Träger finden wird, wage ich zu bezweifeln. Doch vielleicht schafft er es ja in das Sortiment des ein- oder anderen Anbieters von Nischen-Ware. Denn so merkwürdig es ist: Dieser Duft könnte den Sprung von der ehemaligen Massenware in die Nische schaffen. Jahrelanges Vergessen-sein könnte sich als hilfreich erweisen.
Ich wünsche es ihm.
In meine Sammlung wird er es auf jeden Fall schaffen, und sei es auch nur, damit ich hin und wieder in nostalgischen Erinnerungen schwelgen kann.
Ob ich ihn dann auch tatsächlich tragen werde, ist noch nicht ausgemacht, aber ich denke mal schon.
Ich werde mich nur ein bisschen an ihn gewöhnen müssen – dass er wieder da ist, dass er so unglaublich haltbar ist, dass er so gut ist, und – wie gesagt – dass er so herrlich altmodisch ist!
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Weitere Rezensionen

Statements

21 kurze Meinungen zum Parfum
FloydFloyd vor 1 Jahr
7
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Jülichs-Platz 1967
Der Mann mit dem Bauchladen
Den fliegenden Seifen
Moosige Pflaster der Straßen
Blumenwolken im Osten
Lederner Leierkasten
34 Antworten
AxiomaticAxiomatic vor 1 Jahr
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Sehr subtil.
KN an Hesperiden verfliegt rasch.
HN schön pudrig und würzig.
BN weihrauchig und seifig gediegen.
Sehr anschmiegsames Leder.*
31 Antworten
SchalkerinSchalkerin vor 3 Jahren
6
Flakon
6
Sillage
7
Haltbarkeit
8
Duft
Tragbar von jung bis ganz alt.
Ein würzig holzig grüner Duft,
später leicht ledrig
Unkomplizert schön.
26 Antworten
DuftgroupieDuftgroupie vor 5 Monaten
10
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Wärmendes sattes Leder cremt/ natürlich, elegant & verführerisch/ wer trägt hier Leder? - Gehe nur mit ledrigen aus dem Haus
22 Antworten
YataganYatagan vor 5 Jahren
10
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Der Duft meines Vaters: ideal für Weihnachten: seifig, würzig, ledrig, aromatisch, holzig. So roch Mann 1967 - und heute vielleicht wieder.
5 Antworten
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Diskussionen

Themen zum Parfum im Forum
NoekNoekNoekNoek vor 13 Jahren
Herren-Parfum
Farina legt "Russisch Leder" (1967) neu auf...
Farinas neues, altes "Russisch Leder" hat lange auf sich warten lassen. Nachdem über Monate lediglich Parfumproben verkauft wurden, ist der Duft jetzt endlich auf http://www.farina1709.de/...

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