Séville à l'Aube L'Artisan Parfumeur 2012
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Top Rezension
Pawlows Hund und ich
Man ist ja leider Opfer seiner eigenen Natur, seiner psychologischen Mechanismen. Besonders gemein ist es, wenn man den Mechanismus durchschaut und sich dennoch nicht dagegen wehren kann. So hat es auch mich erwischt:
Letzten Spätsommer entdeckte ich Jasmin de Nuit von The Different Company. Ich war total begeistert, schrieb einen Kommentar und kaufte mir im Souk einen Flakon. Unmittelbar danach, gleich am ersten Tag als ich den Duft trug, wurde ich vollkommen unerwartet von jemandem ungerechtfertigter Weise beschuldigt und hinterrücks attackiert. In den nächsten Wochen wiederholte sich das mehrfach und ich stellte fest, dass offensichtlich jemand drittes versucht hatte, andere gegen uns aufzuhetzen. Das zog sich durch den ganzen Herbst bis in den Winter. Gleichzeitig hatten wir einen Todesfall in der Familie. Ich hatte abends oft versucht, mich mit dem wundervollen Jasmin de Nuit zu beruhigen und es gelang auch etwas. Wir erwehrten uns der Attacken, wir trauerten, es kam der Frühling, ich trug Frühlingsdüfte.
Aber warum diese Geschichte um einen ganz anderen Duft?
Weil Séville à l'Aube mich sehr stark an Jasmin de Nuit erinnert.
Aber während Jasmin de Nuit bei mir nun leider die unangenehme Unruhe stetigen Befürchtens weiterer plötzlicher Aggression gegen mich auslöst, bringt Séville à l'Aube mir die wundervolle weiche Gelassenheit eines neuen frischen und wohligen Tages in Sévilla mit allseits freundlichen Menschen (auch wenn ich noch nie in Sévilla war).
Was ist nun an diesen beiden Düften so ähnlich? Bei Weitem nicht alles, aber diese Anmutung von Brausepulver, die mich bei Jasmin de Nuit an die Pez-Spender denken ließ, genau dieses Bitzelige, das hat Séville à l'Aube sogar noch etwas stärker. Auch der Eindruck von üppiger, dickflüssig weicher, freundlicher Blumigkeit, von Nektar, der aus dem Vollen schöpft, findet sich hier genauso wie dort. Dieser spezielle Anteil, der mir bislang ein Alleinstellungsmerkmal des TDC zu sein schien, hat mich bei dem L'Artisan völlig überrascht und mich erneut in seinen Bann gezogen.
Glücklicherweise kommt bei Sévilla à l'Aube mein Pawlow'scher Reflex nicht durch. Dafür sind die beiden Düfte dann offenbar doch zu unterschiedlich.
Was unterscheidet die beiden Düfte denn?
In meiner Nase ist es in erster Linie die Intensität des Jasmins (beim TDC intensiver).
In zweiter Linie ist es die Intensität grüner Anteile (beim L'Artisan intensiver).
In dritter Linie ist es die Gewichtung der Gewürze/Harze (mehr Gewürze beim TDC, mehr Harze beim L'Artisan).
Séville à l'Aube beginnt intensiv grün und frisch, aber nicht so zitrisch, dass es einem in Stirn und Scheitel fährt. Eher belebt es auf sanft erhebende Art den ganzen Oberkörper mit freundlicher, grüner Frische, so wie ich sie gut mit einem Morgen nach einem Sommerregen assoziieren kann. Die Pflanzen haben das Wasser aufgesaugt und erwachen mit Kraft in den neuen Tag, ihre ätherischen Öle beginnen die noch kühle Luft zu erfüllen.
Ein Bitzeln liegt in der Luft und nun beginnt sich langsam die oben beschriebene üppige Nektarfülle zu entfalten. Dennoch hält auch das frische Grün noch über einige Stunden, auch wenn es nach und nach in den Hintergrund gerät.
Irgendwann ist dann nur noch der weiche, dickflüssige, leicht süßliche Blütennektar nach, der sich nun langsam minimal rauchig und mit mehr Würze zu unterlegen beginnt. Auch dieser Wandlungsprozess hält einige Stunden an. Für mich wird der Duft nun immer beruhigender.
Sévilla à l'Aube ist ein perfekter Begleiter durch den Tag, anfangs belebend, immer fröhlich, freundlich, kraftvoll und am Abend ein sanfter Downer.
Er ist ein würdiger Nachfolger für meinen Jasmin de Nuit, den ich nun schweren Herzens weggeben werde.
Es ist mir nicht nur zu aufwendig, sondern vor Allem auch zu freudlos, mir meine Konditionierung wieder abzutrainieren.
Lieber trage ich in guter Gesellschaft von Pawlows Hund meinen Séville à l'Aube, genieße mein Leben und grüße mit einem kräftigen Wuff!
P.S.: Mein Kommentar bezieht sich auf den Duft in dem alten Flakon mit dem orangefarbenen Schild. Ich hatte mich sehr gewundert, wie unterschiedlich der Duft hier in den Kommentaren/Statements beschrieben wird. Da ich wirklich empfindlich auf indolische Weißblüher und verschiedene künstliche Jasminriechstoffe bin, vermute ich, dass der Duft entweder reformuliert wurde oder meine alte Variante inzwischen zu ihrem großen Vorteil mazerisiert ist. Ich finde in meiner Variante des Duftes nur zarte, sehr schwache und milde Jasminnoten sowie Orangenblüte, die eher anmutet wie feinstes ätherisches Orangenöl.
Letzten Spätsommer entdeckte ich Jasmin de Nuit von The Different Company. Ich war total begeistert, schrieb einen Kommentar und kaufte mir im Souk einen Flakon. Unmittelbar danach, gleich am ersten Tag als ich den Duft trug, wurde ich vollkommen unerwartet von jemandem ungerechtfertigter Weise beschuldigt und hinterrücks attackiert. In den nächsten Wochen wiederholte sich das mehrfach und ich stellte fest, dass offensichtlich jemand drittes versucht hatte, andere gegen uns aufzuhetzen. Das zog sich durch den ganzen Herbst bis in den Winter. Gleichzeitig hatten wir einen Todesfall in der Familie. Ich hatte abends oft versucht, mich mit dem wundervollen Jasmin de Nuit zu beruhigen und es gelang auch etwas. Wir erwehrten uns der Attacken, wir trauerten, es kam der Frühling, ich trug Frühlingsdüfte.
Aber warum diese Geschichte um einen ganz anderen Duft?
Weil Séville à l'Aube mich sehr stark an Jasmin de Nuit erinnert.
Aber während Jasmin de Nuit bei mir nun leider die unangenehme Unruhe stetigen Befürchtens weiterer plötzlicher Aggression gegen mich auslöst, bringt Séville à l'Aube mir die wundervolle weiche Gelassenheit eines neuen frischen und wohligen Tages in Sévilla mit allseits freundlichen Menschen (auch wenn ich noch nie in Sévilla war).
Was ist nun an diesen beiden Düften so ähnlich? Bei Weitem nicht alles, aber diese Anmutung von Brausepulver, die mich bei Jasmin de Nuit an die Pez-Spender denken ließ, genau dieses Bitzelige, das hat Séville à l'Aube sogar noch etwas stärker. Auch der Eindruck von üppiger, dickflüssig weicher, freundlicher Blumigkeit, von Nektar, der aus dem Vollen schöpft, findet sich hier genauso wie dort. Dieser spezielle Anteil, der mir bislang ein Alleinstellungsmerkmal des TDC zu sein schien, hat mich bei dem L'Artisan völlig überrascht und mich erneut in seinen Bann gezogen.
Glücklicherweise kommt bei Sévilla à l'Aube mein Pawlow'scher Reflex nicht durch. Dafür sind die beiden Düfte dann offenbar doch zu unterschiedlich.
Was unterscheidet die beiden Düfte denn?
In meiner Nase ist es in erster Linie die Intensität des Jasmins (beim TDC intensiver).
In zweiter Linie ist es die Intensität grüner Anteile (beim L'Artisan intensiver).
In dritter Linie ist es die Gewichtung der Gewürze/Harze (mehr Gewürze beim TDC, mehr Harze beim L'Artisan).
Séville à l'Aube beginnt intensiv grün und frisch, aber nicht so zitrisch, dass es einem in Stirn und Scheitel fährt. Eher belebt es auf sanft erhebende Art den ganzen Oberkörper mit freundlicher, grüner Frische, so wie ich sie gut mit einem Morgen nach einem Sommerregen assoziieren kann. Die Pflanzen haben das Wasser aufgesaugt und erwachen mit Kraft in den neuen Tag, ihre ätherischen Öle beginnen die noch kühle Luft zu erfüllen.
Ein Bitzeln liegt in der Luft und nun beginnt sich langsam die oben beschriebene üppige Nektarfülle zu entfalten. Dennoch hält auch das frische Grün noch über einige Stunden, auch wenn es nach und nach in den Hintergrund gerät.
Irgendwann ist dann nur noch der weiche, dickflüssige, leicht süßliche Blütennektar nach, der sich nun langsam minimal rauchig und mit mehr Würze zu unterlegen beginnt. Auch dieser Wandlungsprozess hält einige Stunden an. Für mich wird der Duft nun immer beruhigender.
Sévilla à l'Aube ist ein perfekter Begleiter durch den Tag, anfangs belebend, immer fröhlich, freundlich, kraftvoll und am Abend ein sanfter Downer.
Er ist ein würdiger Nachfolger für meinen Jasmin de Nuit, den ich nun schweren Herzens weggeben werde.
Es ist mir nicht nur zu aufwendig, sondern vor Allem auch zu freudlos, mir meine Konditionierung wieder abzutrainieren.
Lieber trage ich in guter Gesellschaft von Pawlows Hund meinen Séville à l'Aube, genieße mein Leben und grüße mit einem kräftigen Wuff!
P.S.: Mein Kommentar bezieht sich auf den Duft in dem alten Flakon mit dem orangefarbenen Schild. Ich hatte mich sehr gewundert, wie unterschiedlich der Duft hier in den Kommentaren/Statements beschrieben wird. Da ich wirklich empfindlich auf indolische Weißblüher und verschiedene künstliche Jasminriechstoffe bin, vermute ich, dass der Duft entweder reformuliert wurde oder meine alte Variante inzwischen zu ihrem großen Vorteil mazerisiert ist. Ich finde in meiner Variante des Duftes nur zarte, sehr schwache und milde Jasminnoten sowie Orangenblüte, die eher anmutet wie feinstes ätherisches Orangenöl.
14 Antworten
Bisher hat mein innerer Hund, was negative Erinnerungen angeht, glücklicherweise nur auf komplette Duftkompositionen reagiert. Dein Kommentar zeigt deutlich, wie intensiv Düfte in unsere Erinnerungen eingebunden sind. Schön für dich, dass du dem unschönen entfliehen konntest - sowohl als auch.
Die Neuausgabe von Seville kenne ich nicht, den alten mag ich sehr.