23.03.2015 - 18:37 Uhr
Palonera
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Palonera
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35
Oje... Oja!
"Oje!" hatte ich gedacht, oje.
Graue, krümelige Reißmichauf-machmichtot-Verpackung, auf den ersten Blick nicht unähnlich mancher Bodenprobe, mit deren Analyse der Mann an meiner Seite seinen Tag verbringt.
Darunter klare, schlanke, schnörkellose Flacons, versehen mit Kürzeln und Zeichen, die mich dreißig Jahre zurückbeamen in den stets seltsam beklemmend wirkenden, stechend riechenden Chemieraum, in dem ein staubig-graues Männlein zerstreut vor sich hin werkelte und uns Schüler allzubald vergaß.
Irgendwo im Hintergrund hing das Periodensystem der Elemente, hübsch rot und blau und gelb, das mir indessen stets ein Rätsel blieb.
Und dessen Existenz sich mit dem Schulabschluß verlor – zumindest fast.
Nun holt es mich wieder ein, das so unsinnlich-strenge Konstrukt der Naturwissenschaft - ausgerechnet mich, den Wissenschaftsflüchtling, an einem Sinnlichkeitssymbol, das seinesgleichen sucht.
Parfum nach Mendelejew.
Oje.
Konnte das gut gehen?
Helium trägt die Ordnungszahl 2 im Periodensystem und gilt als zweitleichtestes Element nach Wasserstoff.
Ein Edelgas, fragil und flüchtig.
So würde er sein, der Duft, der diesen Namen trug, dachte ich – zart und fein und fort mit einem Atemzug.
Dachte ich, anderslautende Pyramiden und Inhaltsstoffe geflissentlich mißachtend.
Ein Leichtgewicht – schnell begriffen, schnell beschrieben.
Das war vor einer Woche.
Seither habe ich "Helium" getragen, Tag um Tag, bei Sonne und Regen, in Kälte und Wärme, stumm bisher und staunend über Potenz und Facettenreichtum eines Duftes, der manches Prädikat verdient, doch ganz gewiß nicht das belangloser Beliebigkeit.
Nach hellwürzigem, schwach an Anis erinnerndem Auftakt beginnt "Helium" eine Wandlung, die Tag für Tag einen anderen Weg nimmt, eine andere Richtung einschlägt, ohne jedoch Verwirrung und Unruhe zu stiften, denn wohin es auch jeweils gehen mag, der rote Faden ist immer da.
Ozon-, Metall- und Mineralienakkorde, äthergleich verwoben mit warmer Haut, Spätsommersonne auf staubigem Korn, bernsteingoldenes Licht.
Wilder Honig, verhalten und fein, nicht klebrig, dunkel, dick.
Guerlains Vanille, tropisch, samtig, dicht, doch nicht süß, nicht schwül, nicht feist.
Lichte, luftige Wärme, engmaschig transparent, dunkelgoldenes Feingespinst.
Trockener Zimt, rauchig, bitter fast, borkigbraun, kaum verwandt dem Milchreis und "Big Red".
Erinnerungen an "Tabac", den Duft meiner Kindheit, der Onkel, Opas und Beamten, den ich mochte und doch auch wieder nicht.
Sonne auf meiner Haut, "Tabac" in meiner Aura, Zimt und Tabak, dezentes Süß.
Der Tag darauf bringt Kälte, bringt Regen, bringt rauchiges Graugrün und weichen Moschus, zart und fein und dicht an der Haut.
Leise stets und doch vernehmlich, gelassene Ruhe und freundlicher Stil.
Schwebende Schleier, changierend von Creme und Gold über Bernstein und Terracotta zu tiefstem Braun und Nebelgraugrün.
Männlich, weiblich, menschlich, sinnlich.
Gar nicht kalt, gar nicht hart, keine Zurückweisung, keine Verleugnung.
Parfum nach Mendelejew.
Kann das gut gehen?
Oja.
Oja!
PS: Inspired by Ergoproxy: Vielen Dank, liebes Universum!
Graue, krümelige Reißmichauf-machmichtot-Verpackung, auf den ersten Blick nicht unähnlich mancher Bodenprobe, mit deren Analyse der Mann an meiner Seite seinen Tag verbringt.
Darunter klare, schlanke, schnörkellose Flacons, versehen mit Kürzeln und Zeichen, die mich dreißig Jahre zurückbeamen in den stets seltsam beklemmend wirkenden, stechend riechenden Chemieraum, in dem ein staubig-graues Männlein zerstreut vor sich hin werkelte und uns Schüler allzubald vergaß.
Irgendwo im Hintergrund hing das Periodensystem der Elemente, hübsch rot und blau und gelb, das mir indessen stets ein Rätsel blieb.
Und dessen Existenz sich mit dem Schulabschluß verlor – zumindest fast.
Nun holt es mich wieder ein, das so unsinnlich-strenge Konstrukt der Naturwissenschaft - ausgerechnet mich, den Wissenschaftsflüchtling, an einem Sinnlichkeitssymbol, das seinesgleichen sucht.
Parfum nach Mendelejew.
Oje.
Konnte das gut gehen?
Helium trägt die Ordnungszahl 2 im Periodensystem und gilt als zweitleichtestes Element nach Wasserstoff.
Ein Edelgas, fragil und flüchtig.
So würde er sein, der Duft, der diesen Namen trug, dachte ich – zart und fein und fort mit einem Atemzug.
Dachte ich, anderslautende Pyramiden und Inhaltsstoffe geflissentlich mißachtend.
Ein Leichtgewicht – schnell begriffen, schnell beschrieben.
Das war vor einer Woche.
Seither habe ich "Helium" getragen, Tag um Tag, bei Sonne und Regen, in Kälte und Wärme, stumm bisher und staunend über Potenz und Facettenreichtum eines Duftes, der manches Prädikat verdient, doch ganz gewiß nicht das belangloser Beliebigkeit.
Nach hellwürzigem, schwach an Anis erinnerndem Auftakt beginnt "Helium" eine Wandlung, die Tag für Tag einen anderen Weg nimmt, eine andere Richtung einschlägt, ohne jedoch Verwirrung und Unruhe zu stiften, denn wohin es auch jeweils gehen mag, der rote Faden ist immer da.
Ozon-, Metall- und Mineralienakkorde, äthergleich verwoben mit warmer Haut, Spätsommersonne auf staubigem Korn, bernsteingoldenes Licht.
Wilder Honig, verhalten und fein, nicht klebrig, dunkel, dick.
Guerlains Vanille, tropisch, samtig, dicht, doch nicht süß, nicht schwül, nicht feist.
Lichte, luftige Wärme, engmaschig transparent, dunkelgoldenes Feingespinst.
Trockener Zimt, rauchig, bitter fast, borkigbraun, kaum verwandt dem Milchreis und "Big Red".
Erinnerungen an "Tabac", den Duft meiner Kindheit, der Onkel, Opas und Beamten, den ich mochte und doch auch wieder nicht.
Sonne auf meiner Haut, "Tabac" in meiner Aura, Zimt und Tabak, dezentes Süß.
Der Tag darauf bringt Kälte, bringt Regen, bringt rauchiges Graugrün und weichen Moschus, zart und fein und dicht an der Haut.
Leise stets und doch vernehmlich, gelassene Ruhe und freundlicher Stil.
Schwebende Schleier, changierend von Creme und Gold über Bernstein und Terracotta zu tiefstem Braun und Nebelgraugrün.
Männlich, weiblich, menschlich, sinnlich.
Gar nicht kalt, gar nicht hart, keine Zurückweisung, keine Verleugnung.
Parfum nach Mendelejew.
Kann das gut gehen?
Oja.
Oja!
PS: Inspired by Ergoproxy: Vielen Dank, liebes Universum!
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