Hallo PanicRoom,
ich verirre mich nur ab und an in die Tausch-und-verschenk-Ecke, aber eine derart generöse Aktion ist mir bis dato noch nicht untergekommen. Leider gibt es keine Emoji für "Hut ab".
Ich komme aus einem kleinen Städtchen (mittlerweile gar nicht mehr so klein) in der Nähe von Augsburg. Es nennt sich Friedberg und wird nur ungern mit Selbigem aus Hessen verwechselt.
Eigentlich gibt es hier nichts, was eine andere Stadt nicht hat. Einen Edeka, der es durch die ein oder andere lustige Aktion in den sozialen Medien und den überregionalen Tageszeitungen zu kurzzeitiger Berühmtheit geschafft hat. Den ein oder anderen Kriminalfall, über den in den überregionalen Nachrichten berichtet wurde. Einen See mit Wasserskianlage, der von unseren Nachbarn, den Augsburgern, gerne belagert wird (und es immerhin aufgrund ausufernder Partys Halbstarker in die lokale Presse geschafft hat 😂). Eine Kirche mit begehbarem Kirchturm, auf dem mein Opa im Krieg nach Fliegern Ausschau halten durfte. Und wenn du dicht nicht gerade zur, alle 3 Jahre stattfindenden, "Friedberger Zeit" (ein Altstadtfest) hierher verirrst, wäre das Schloss einen Abstecher wert.
Das Schloss ist eben ein Schloss, mit Burggraben, einer durch die Altstadt verlaufenden Stadtmauer, Museum und hier und da Überbleibseln vergangener Baulichkeiten, was zur besagten Friedberger Zeit der Atmosphäre zuträglich ist. Was das ganze evtl. ein Stück weit interessanter machen dürfte, wäre die Geschichte die einer halbwegs verfallenen Turmruine und ehemaligen Richtstätte, direkt vor dem Schloss, anhaftet: dem Köpfhäusl und der Sage der Blutföhre.
Die Geschichte soll sich zur Zeit Ludwigs des Strengen zugetragen haben. Der junge, ritterliche Graf Ulrich von Mering (Mering ist eine Ortschaft einige Kilometer entfernt) verlobte sich mit Agnes von Hardenberg. Das gefiel Hans von Eurasburg (ebenfalls eine Ortschaft einen Steinwurf weit entfernt), einem benachbarten, übel berüchtigten Strauchritters ganz und gar nicht. Dummerweise gelange letzterer in den Besitz eines Dolches des Grafen von Mering, samt Siegel versteht sich. Kurze Zeit später fand man den Burgpfleger und auch Vater des Objekts der Begierde, von Agnes, erdolcht auf einer einsamen Waldstraße durch eben jenen Dolch, welcher noch in dem Körper steckte. Wer hier jetzt einen Zusammenhang erkennt ist auf der richtigen Spur, denn: Hans der Eurasburger wurde verdächtigt, aber es fanden sich schlichtweg nicht ausreichend Beweise. Und da ein Kopf rollen musste, rollte der des offensichtlichsten Täters: Ulrich. Am Tag der Hinrichtung sprach er „Rein ist meine Hand von Blut und Mord. Zum Zeichen meiner Unschuld soll hier aus meinem Blut eine Föhre wachsen und noch späteren Geschlechtern von meinem Schicksal künden!“ Nach seinem Tod wuchs an eben jener eine Blutföhre. Diese wurde allerdings im zweiten Weltkrieg gefällt und als Brennholz missbraucht. Allerdings ist der Stamm noch im Schlossmuseum ausgestellt. Anbei ein schickes schwarz-weiß Bild in seiner vollen Pracht (Foto: augsburger-allgemeine.de // Knabel).
Eigentlich ist die Geschichte kein großes Ding und vielleicht auch nicht die populärste Sehenswürdigkeit in und um Friedberg. Vernünftigerweise dürfte man, wenn man hier landet nach Augsburg, München oder fix in die Berge düsen. Denn, wenn man hier die anderen Städte betrachtet, die in Rennen geschickt wurden, hat unser beschauliches Städtchen für Touristen m.M.n. nichts wirklich aufregendes zu bieten. Aber immerhin eine kleine Story 👻
Beste Grüße und ein schönes Wochenende (auch an alle konkurrierenden Teilnehmenden 😁)
PS: ich hatte mich schonmal intensiver mit "Try To Follow Me | LEN - Histoire Privée" beschäftigt, daher würde meine Wahl auch auf diesen fallen.