Der Wanderbrief ist schon auf dem Weg zu Marieposa. (Mit Prio, mal sehen, wann er ankommt.)
Es waren so viele Parfüms, dass ich erstaunt war, wie schnell die sich "weggetestet" haben. Es gab einige, die fand ich ganz großartig. Aber die meisten eben nicht. Was ich nicht gut fand, fand ich auch gleich belanglos oder misslungen. Ich finde es bemerkenswert, dass Lyn Harris fast keine Parfüms macht, von denen ich denke: Gut gemacht, nur nicht mein Geschmack.
Um zuerst auf die Düfte für Vyrao zu sprechen zu kommen: I am Verdant riecht für mich grasig, etwas generisch und war sehr schlecht haltbar, Free 00 war ein Albtraum aus Sonnencreme und Zitronendrops, aber Georgette eine angenehme, würzig-blumig-holzige Überraschung, die nicht so süß blieb wie sie anfing. Ob da nun KI oder Kristalle drin sind, geschenkt.
Von den Miller-Harris-Parfüms fand ich La Fumée Intense großartig. (Ich mag auch Vetiver Insolent, aber der war nicht in diesem Brief.) Den finde ich stimmungsmäßig verwandt mit Encens Roi, nur eigentlich schöner - denn La Fumée hat eben keine so stechenden Amberhölzer, sondern angenehmer trocken-pudrige. Dafür keinen Kakao. Sanfter, trockener, süßlicher Weihrauch mit undefinierbaren Gewürzen, am Anfang sind Blumen zu riechen (obwohl ich die Nelke nicht identifiziert habe) und Frische (wohl von der Kardamon-Lavendel-Kombi). Sehr angenehm zu tragen! Leider eingestellt, aber würde ich gegen meinen Encens Roi tauschen.
Von Perfumer H kannte ich bereits White Smoke, der auf meiner WL steht. Da hätte er von Moss Gesellschaft bekommen, wenn der nicht so ultrakurzlebig wäre. Der riecht wunderschön grün-waldig-harzig-rauchig, mit minimaler Würzigkeit, eine Art Fougère mit Luft statt der üblichen Sorte Frische. Sehr toll. Aber er kostet 210 € für 100 ml und hält sich nicht länger als mein billigstes Aftershave. Ebenfalls WL-würdig ist für mich Charcoal, ein wacholdrig-würziger Duft, mit nur sehr wenig Rauch und leicht bitterem Galbanum. Recht speziell, mit Kante und trotzdem schön leicht. Hält auch länger als die meisten von Perfumer H. Wahrscheinlich wegen des Fixativs Isobutyl quinoline. Das riecht offiziell ledrig, wovon ich hier aber zum Glück nichts merke.
In die Retro-Kiste gehörte für mich Olim: Angenehm süßlich-harzig, darüber Würzpuder. Der Lavendel drängt sich nicht auf, aber die Nelke törnt mich ein bisschen ab. Insgesamt ein zurückhaltend herbstlicher Herrenbüroklassiker. Der gepflegt maskuline, cremige Drydown bleibt lange.
Enttäuscht hat mich Salt. Ich habe leider weder Engelwurz noch Kardamom erkannt. Ansonsten gehört der Duft zu der Gruppe von kräutrig-maritimen Düften, zu denen auch Cala Rossa und "Riviera Verbena | Parfums de Nicolaï" gehören, die mir beide deutlich besser gefallen. Für sich genommen ist Salt aber okay. Water Lily war unangenehm blumig-süß-seifig. Auch Dust fand ich zu süß. Der Name "Dust" ist irreführend, hier flirrt und irisiert nichts, ist auch nicht besonders trocken. Später kommt mehr Puder. Hat eine eigenartige Note (das Himbeerblatt?) und etwas Kaugummi.
Den ganzen Rest fand ich so unbemerkenswert, dass ich mir nicht mal Notizen gemacht habe.
Ein toller Überblick über Lyn Harris' Arbeit! Es hat mich sehr gefreut, dass ich teilnehmen konnte. Vielen Dank, liebe @Jeob !