Chanelle
Chanelles Blog
vor 7 Jahren - 20.02.2017
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Der Tanz um das Goldene Kalb

Eigentlich sollte es in diesem Fall besser "um die goldene Biene" heißen, da ich Guerlain mal wieder als Fallbeispiel nutze. Aber das ist zuviel des Wortspiels....

Mon Guerlain zeigt überaus deutlich, welche Register heutzutage eine Firma zieht, um einen Mainstreamduft erfolgreich zu plazieren, ohne allzu große Risiken einzugehen.

Es ist nicht damit getan, einen trendy Duft von einer hauseigenen, etablierten Nase erschaffen zu lassen, der, obwohl er das momentan angesagte Thema der süßen Gourmands nur wieder neu interpretiert, auch eine markenspezifische Qualität und sogar einen guerlainesken "Twist" aufweist. Dieser Duft könnte schon ein Verkaufserfolg werden, wenn...ja, wenn die Konkurrenz nicht so unglaublich groß und emsig wäre, wenn Guerlain nicht immer noch ein wenig das Image des Althergebrachten, um nicht zu sagen, des Altmodischen (Mitsouko, Shalimar) hätte, des High End Duft - Anbieters für die wenigen Superbetuchten, und des zu französischen Herstellers, der z.B. in vielen deutschen Parfümerien nicht geführt wird, oder nur in kleiner Sortierung ein Schattendasein fristete...bis LPRN kam. La Petite Robe Noire wurde mit so viel Werbeetat auf den Mainstream-Markt geworfen, wie lange nichts mehr. In Paris konnte man der Werbung nicht entgehen, die Werbegeschenke waren süß, zahlreich und passten perfekt zur zu vermarktenden Ware. Und auch bei LPRN hatte man den Duft erst (wenn auch nicht genau in der heutigen Zusammensetzung) als Maison Guerlain Exclusivität eingeführt. Man verwendete für ihn einen ikonischen Flacon, der bisher für Mitsouko und L'Heure bleue benutzt wurde, und hübschte ihn passend zum "jüngeren" Duft erfolgreich auf.

Bei Mon Guerlain legt man noch einen drauf: Nicht nur, daß eine Urversion des Duftes als Mon Exclusif schon exclusiv zu kaufen war, sondern man wählte einen noch klassischeren Flacon für die weltweite Lancierung, den sogenannten Quadrilobe, oder auch Jicky Flacon, der aber schon seit vielen Jahren auch für andere Düfte, allerdings immer Extraits oder sehr hochpreisige Maison Raritäten, Verwendung gefunden hatte.

Dann fand man auch die perfekte Ikone zum Ikonenflacon: Madame Jolie-Pitt.

Bildschön, früher sexy, heute subtil erotisch, früher wild child, heute Gutmensch.

Ihr von Guerlain zu zahlendes Honorar geht an eine Hilfsorganisation, und so schliesst sich der Kreis und der Erfolg ist vorprogrammiert. Die Ausgewählten, die bisher (auch durch mein Zutun) den Duft testen konnten, sind fast ausnahmslos angetan davon. Die Guerlain-führenden shops hören schon die Kassen klingeln und haben heimlich schon mit dem presale angefangen. Aber das sieht Guerlain nicht so gern und hat mit Strafen für schwarze Schafe gedroht. Man will ja die momentane Spannung, das kollektive Hufescharren, noch ein wenig höher kochen lassen....Monsieur Wasser ist gerade auf Promotour und bereitet den triumphalen Einschlag des Duftes, der zwar "nur" Mein Guerlain heißt, aber personalisiert werden kann (durch Gravur, nicht durch billig anmutende Aufkleber wie beim Vorgänger) und damit dann auch wirklich individuell zu sein scheint.

Ich wünsche dem "modernen Jicky" viel Erfolg, damit Oma-Jicky eine rosige Zukunft hat!

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