
Die Reise in den olfaktotischen Herbst und Winter - Part 9
"Wer sucht der findet oft mehr als er zu suchen ging."
(Moliére (1622-1673), eigentlich Jean-Baptiste Poquelin, französischer Komödiendichter und Schauspieler)
Die neue Woche startet mit einem Feiertag und mit (wer hätte es gedacht) um die 20 Grad. Eigentlich will ich mich auch gar nicht beschweren, nur fühle ich mich dieses Jahr schon irgendwie um meine liebste Jahreszeit betrogen. Diese Woche ist die letzte meiner Herbst- und Winterduftsuche und das ziehe ich nun durch, egal bei welchem Wetter! Die zusätzlichen Herausforderung liegt also darin, die Düfte geschickt zu dosieren. Die Woche wird eröffnet von einem weiteren Ella K-Duft, "Mélodie de L'Altai | Ella K Parfums". Um bei den Temperaturen nicht mit einem erdrückenden Duftschweif herumzulaufen, gibt es einen Sprüher aufs Handgelenk und ein paar Sprüher über mir in die Luft, von denen ich mich berieseln lasse. Im Vergleich zum Ella K-Duft von letzter Woche, ist dieser hier ein ganzes bisschen leiser. In Worte fassen kann ich ihn eigentlich nicht so recht, aber ich weiß, dass ich bisher keinen ähnlichen oder vergleichbaren Duft gerochen habe. Er ist süßlich, ein wenig würzig und irgendwie so einhüllend und anziehend. Leder hätte ich vielleicht gar nicht erkannt, wenn ich nicht gewusst hätte, das welches drin ist. Und wie riecht eigentlich Pelz? Mit der Haut verschmilzt der Duft wunderbar und als er am Nachmittag nachgelassen hat, gebe ich noch einen Sprüher aufs Shirt, wo der Duft dann auch Mitte der Woche noch wahrzunehmen ist.

Dienstag geht's wieder ins Büro und ich traue mich heute mal was und teste "Le Vestiaire - Babycat | Yves Saint Laurent". In den letzten Wochen gab es viel gutes über den Duft zu lesen und ich gebe ihm nun eine Chance, auch wenn mich die Pyramide ganz schön abschreckt. Weihrauch mag ich eben einfach nicht. In der Hoffnung, dass alle, die den Duft als vanillig beschreiben und den Weihrauch nicht weiter erwähnen, recht behalten, sprühe ich ihn direkt auf. Handgelenk, Nacken und Kleidung werden beduftet... zugegebenermaßen war ich da wohl etwas zu großzügig, denn da ist er auch schon, der Weihrauch... Aber tatsächlich milder als erwartet. Auch ich würde den Duft primär als süß-würzige Vanille beschreiben, aber eben mit recht präsenter Rauchigkeit. Ich merke immer wieder, dass Weihrauch einen Duft für mich kühler wirken lässt, so auch hier. Da die Vanille aber schon überwiegt, komme ich gut durch den Tag und störe mich zumindest nicht an dem, was ich heute morgen so kühn aufgesprüht habe. Ich kann aber mit Sicherheit sagen, dass ich ihn wohl kein zweites Mal tragen werde.
Meiner Kollegin im Nachbarbüro winke ich im Vorbeigehen ein Guten Morgen zu und sie kommt kurz darauf rüber und sagt, dass es ganz wunderbar riecht. Sie mag ja keine Vanille, aber ich habe sie in den vergangenen Wochen schon mit einigen vanilligen Düften zu einem Kompliment oder wenigstens einer positiven Bewertung gebracht. Heute gibt es viel zu bereden: Im Urlaub wurde sie auf "The Secret Collection - Soul Batik | Moresque" angesprochen, weil sie in der ganzen Boutique eine tolle Duftwolke hinter sich herzog. Die Abfüllung hatte ich ihr überlassen und freue mich, dass sie so rege Anwendung findet. Außerdem sie hat sich Oud Satin Mood Eau de Parfum bestellt. Eigentlich hatte sie ja bei mir mehrfach
Oud Silk Mood Eau de Parfum getestet und sehr gemocht, und die beiden nun beim Bestellen verwechselt. Sie wirkt kurz geschockt, als ich sie aufkläre. Ich krame kurzerhand in meiner Tasche und hole den Satin Mood raus, den ich letzte Woche getestet hatte, als sie noch im Urlaub weilte. Sie sprüht ihn sich auf und ist sofort hin und weg. Versehentlich den falschen Duft bestellt aber damit alles richtig gemacht. Sie hat aber auch ein Händchen für Düfte. Ich berichte ihr noch von Demis
Possibilities-Hype und nun sind wir beide gespannt, wie sich das entwickeln wird.

Zum Bergfest dieser Woche ist "Hermessence Ambre Narguilé | Hermès" am Start. Von Jean-Claude Ellena habe ich schon viele Düfte getestet, die mir gut gefielen, sodass ich auch hier hohe Erwartungen habe. Beim Auftragen des Duftes bin ich zu faul, die engen Manschetten des Blusenkleides aufzuknöpfen um ans Handgelenk zu kommen, also landen die Sprüher heute auf dem Stoff. Im Handumdrehen ist mir klar, was ich da reiche: frisch gebackenen, noch warmen Apfelkuchen mit weihnachtlichen Gewürzen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Ich denke der Duft reiht sich gut in die Richtung von Oajan und "Farah / Harâm | Brecourt" ein. Eigentlich total lecker, nur leider rieche überhaupt nicht gern nach etwas Essbarem. Als ich mit dem Schreibtischstuhl zwei Meter nach hinten rolle, um meiner Kollegin meinen Ärmel unter die Nase zu halten, spricht sie aus, was auch mir schon die ganze Zeit durch den Kopf geht: sich so parfümieren wöllte sie nicht, aber sie findet, so einen Raumduft müsste man in der Weihnachtszeit haben. Als ich später in die Pyramide schaue, bin ich etwas ratlos, weil ich dort nichts vom Apfelkuchen wiederfinden kann. Seltsam, den Duft, den ich rieche, kann ich überhaupt nicht mit dem, was ich da lese übereinbringen.
Meine Kollegin von nebenan kommt direkt morgens ins Büro gerauscht, weil sie sich gestern so in Oud Satin Mood Eau de Parfum verliebt hat und ihr Flakon noch nicht eingetroffen ist, sodass sie meine Abfüllung gern nochmal sprühen möchte. Sie beschreibt den Duft als ganz besonders sinnlich und ist super glücklich, wie sie sich mit ihm fühlt. Leider habe ich gestern alle meine Zerstäuber aus der Handtasche geräumt. Stattdessen drücke ich ihr meinen halbvollen Flakon
Amber Musk in die Hand. Gersten hat sie mir nämlich von einem YouTube-Video erzählt, wo dieser Duft erwähnt wurde und sie bei dessen Beschreibung dachte, er könnte was für sie sein. Ich dachte, da kann ich ihr recht einfach zu einem Test verhelfen. Sie freut sich sehr, ist wie immer ungläubig und entsetzt, was die Ausmaße meiner Sammlung angeht, und sprüht sich den Duft auf.

Am Donnerstag wähle ich Rouge Sarây. Auf den freue ich mich schon lange, hatte ihn mir aber noch aufgespart. Bei der Marke Atelier des Ors, ist mein inneres Verpackungsopfer immer ganz aus dem Häuschen. Die eleganten Flakons mit dem Blattgold im Duft und die hochwertigen Umverpackungen sind nicht nur schön anzusehen, sondern auch haptisch ganz toll. Ein Goldie hat es inzwischen schon in meine Sammlung geschafft. Heute ist meine Kollegin im Homeoffice, ich kann also großzügig auftragen, weil ich das Büro ohnehin den ganzen Tag für mich alleine haben werde. Also: Handgelenke, Nacken, Kleid und schon stehe ich in einer wunderbaren Wolke aus süßer Frucht mit leicht orientalischer Würze, sehr edel und hochwertig. Der Duft ist nicht zu süß und auch nicht mädchenhaft. Mit ein klein wenig Fruchtsäure, einer Prise Zimt und einem gewissen orientalischen Touch weiß er zu verzaubern. Er trifft ein schönes Mittelmaß zwischen gefällig und speziell. Und ich mag, wie die Goldflöckchen im Duft einen im Licht spielenden Schimmer auf meiner Haut hinterlassen.
Als ich im Laufe des Vormittags nebenan Hallo sage, fragt meine Kollegin mich, ob ich an sie gedacht und Oud Satin Mood Eau de Parfum wieder eingepackt habe. Habe ich natürlich! Sie folgt mir in mein Büro, wo es anscheinend schon ordentlich nach Rouge Sarây duftet, denn sie bleibt sofort stehen und reckt begeistert die Nase. Die Marke kennst sie schon, da sie immer ganz begeistert ist, wenn ich
Nuda Veritas Eau de Parfum trage, sodass ich nicht viel erklären muss. Kurz darauf verlässt sie mit Satin Mood auf dem Arm und Rouge Sarây auf dem Mantel mein Büro. Nun liegt eine mächtige Duftmischung in der Luft und ich schließe mal lieber die Tür, bevor das alles raus auf den Gang wabert. Manchmal frage ich mich echt, was die anderen Kollegen denken, wenn sie durch den Gang gehen. Gerade die Gedanken des neuen Kollegen würde ich zu gern lesen können. Er sitzt im Nachbarbüro auf der anderen Seite und muss auf dem Weg dorthin immer am Büro meiner Kollegin und an meinem vorbei.

Der letzte Arbeitstag der Woche wird dem Testkandidaten gewidmet, den ich zwischenzeitlich als verschollen vermutet habe. Ich hatte aber einfach nicht gründlich genug hingeschaut, denn er hatte sich die ganze Zeit zwischen den anderen Abfüllungen getummelt. Heute ist er nun endlich an der Reihe, der "Ambre Nuit | Dior". Einmal ordentlich aufs Handgelenk gesprüht, einmal geschnuppert und Zerstäuberkappe wieder draufgemacht. Den Duft noch ans andere Handgelenk übertragen, und das wars. Ja genau, der eine Sprüher reicht mir heute schon. Dabei habe ich in den letzten Wochen Düfte getestet, die mir weniger gut gefielen, aber hier tut sich für mich heute ein anderes Dilemma auf: Er riecht nach Mann! Ich bin ja kein Fan davon, Düfte gezielt für Damen oder Herren zu deklarieren, da doch einfach jeder tragen sollte, was der eigenen Nase schmeichelt. Ich selber besitze auch ein paar unisex-Düfte für den Sommer, die ich mir gut an einem Mann vorstellen kann. Doch Ambre Nuit ist für meine Nase, obwohl unisex, doch recht maskulin. Ich würde fast meinen, der maskulinste, den ich in den letzten Wochen getestet habe. Ich mag seine ausgewogene und abgerundete Komposition sehr. Da stört nichts und die süße Würze mit orientalischen Anklängen schmeichelt der Nase ganz wunderbar. Da kann man nachvollziehen, warum der Duft so beliebt ist. Ich kann mir schon vorstellen, dass er auch manchen Frauen richtig gut steht, aber ich würde ihn vermutlich sehr viel lieber an einem Mann riechen. Tragen kann ich ihn trotzdem, auch wenn ich ihn definitiv nicht fühle und ihn auch nicht mit Selbstbewusstsein präsentiere. An mir ist der Duft sogar so befremdlich, dass ich im Laufe des Tages mehrmals einen Männerduft wahrnehme und mich frage, welche Kollege den wohl trägt, bis mir wieder einfallt, dass ich das ja bin. Jedenfalls bin ich wieder um eine Erfahrung reicher, und weiß nun etwas genauer, wo meine Nase also für mich persönlich die Grenze zwischen unisex und maskulin platziert.

Den krönenden Abschluss meiner Testreihe bildet am Samstag "Angels' Share | Kilian", den ich in einer der ersten Wochen schonmal im Kilian Wanderbrief probegeschnuppert hatte, weil ich einfach zu neugierig war. Trotzdem darf er noch an die Reihe kommen und landet wie gehabt auf meinem Handgelenk. Zum zweiten Mal in dieser Woche rieche ich Apfel (wo keiner ist, wie ich beim Blick in die Pyramide feststelle). Heute kommt er aber weniger süß daher, nicht als Kuchen sondern hochprozentiger. Ein Bratapfelschnaps vielleicht. Ich mag die würzigen Noten gern, weil sie begleitet von einer angenehmen Holzigkeit den Duft weniger essbar erscheinen lassen, was mir sehr gefällt. Ich denke hier ganz besonders an Adventszeit, Weihnachtsmarkt und winterliche Gemütlichkeit. Die große Beliebtheit des beschwipsten Gesellen kann ich durchaus gut nachvollziehen.

Diese Woche ist das Resümee gar nicht so leicht. "Mélodie de L'Altai | Ella K Parfums", Rouge Sarây und "Angels' Share | Kilian" haben mir von Duftcharakter her gut gefallen. Die drei Abfüllungen werde ich deshalb in meine diesjährige Winterrotation mit aufnehmen und mal schauen, wie sich sie bei Minusgraden machen und wie oft ich nach ihnen greife. Das wird mir dann entscheiden helfen, ob es der ein oder andere noch in meine Sammlung schafft, oder eben nicht.
Mit dieser Woche geht eine spannende Zeit zu Ende. Nun freue ich mich auf zwei Dinge: Einerseits werde ich noch ein wenig in den Dufteindrücken der Abfüllung schwelgen, die mir besonders gefielen und andererseits freue ich riesig, morgens endlich mal wieder einen Flakon in die Hand zu nehmen. Meine eigenen Düfte sind in letzter Zeit etwas kurz gekommen. In einem abschließendem Blog werde ich demnächst noch berichten, was sich nun nach den Tests in meiner Sammlung getan hat: Welche Düfte durften schon einziehen und welche haben es auf die Wunschliste geschafft?
Die Herbstimpressionen diese Woche stammen von John_Nature_Photos auf Pixabay
Ich hatte sehr viel mehr Freude am Schreiben, als gedacht und werde mit Sicherheit immer mal wieder was bloggen.
Bin gespannt, ob dir Rouge Saray gefällt 😊
Der Rouge Sarây und Ella K sind beide wunderschön und ich wünschte sie wären schon bei mir eingezogen. LG und eine schöne neue Woche. 🌺
Cool, dass du auch so eine Kollegin hast 😊
Der Rouge Saray klingt schön und hat es mit dem Soul Batik auf die Merkliste geschafft. Habe auch gerade eine Probe vom Lune Feline hier. Der ist auch sehr schön.
Freue mich schon auf dein abschließendes Resumee und hoffentlich auf einen Winter/Frühlings Blog :)
Mal sehen, ich habe noch das ein oder andere kleinere Testvorhaben geplant. Gerne nehme ich euch dann wieder mit 😉
Aber jetzt muss ich erstmal meine neuen Errungenschaften ein wenig genießen 😊