JohnnyScents

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Rezensionen
1 - 5 von 11
Runen, Deja- Vus und Rock n´Roll
Drakkar Noir, das schwarze Drachenboot, der vermeintliche Duft der brandschatzenden Nordmänner und Essenz der Götterdämmerung "Ragnarök", eingesperrt und gezähmt in einem dicken, schwarzen Flakon mit angedeuteter Runenschrift der wie ein Jahrtausende alter, von der kalten Ostsee angespülter und glatter Stein in der Hand liegt, ist ein ganz harmloser Duft.

Er ist frisch, grün aber auch irgendwie eisig. Kein Duft, der einem Wikinger gerecht würde. Die Assoziation mit kalten, nebligen Waldlandschaften kann ich aber verstehen.
Ich bin viel zu jung, um den Hype des Duftes miterlebt zu haben, mir begegnete der Name allerdings bereits zum Einstieg in die Parfümwelt. Ich testete ihn lange nicht, ging aber immer davon aus, er muss was ganz spezielles, gar kontroverses sein.
Nun, ich glaube speziell war er auch mal. Beim testen drehte ich regelrecht durch, nicht wegen der Intensität oder der Qualität des Duftes sondern weil er mir so unverschämt vertraut vorkam.
Ich kannte diesen Duft, der mir unbekannt sein sollte. Und ich kannte ihn gut. Er war schon bei mir, als ich noch ein Kind war, omnipräsent in Sportumkleiden der Schulzeit, immer mal wieder auch bläulich- unaufgeregt in meiner Dusche zuhause. Er riecht so, wie Deos und Duschgels für Männer nun mal riechen, zumindest wie viele davon.
Oder soll ich besser sagen, die riechen so wie Drakkar Noir? Ich rede nicht von den typischen, neueren "Blue fragrances" wie Bleu de Chanel etc. und den Produkten, die in eine ähnlich aquatische Richtung gehen.
Ich meine klassische "For Men" Produkte, die so unscheinbar und unaufgeregt sind, dass der Duft schon gar nicht mehr auffällt.
Drakkar Noir ist vielen Menschen bekannt, die noch nie davon gehört haben.
Irgendwie seltsam, so starke Deja- Vus habe ich noch bei keinem anderen Duft erlebt.
Der Duft selbst ist eigentlich wieder super zu tragen, wenn man unaufgeregt frisch-maskulin riechen möchte aber nicht nach Meer. Wird auch nicht als "alte Herren" Duft aufgefasst, lediglich als sehr maskulin.
Allerdings stelle ich mir den Duft vor 40 Jahren als absolute Offenbarung vor. Voran gingen nur schwere Leder-oder trockene Fougere und Chypre Düfte und dann kam der minzige, zitronige und eiskalte DK. Ich frage mich, welche Duftmoleküle da drin sind, vielleicht eine Art Aldehyd der 80er?
Meine Duftassoziation sind hier ganz klar Glam-Rock und Metal Bands und andere Künstler der 80er und 90er. Kunstnebel, Gitarren, Leder und schwarze Plattencover.
Schon witzig, dass dieser Duft einerseits an die gewöhnlichste, normalste und alltäglichste Dusche erinnert und einfach mit Sauberkeit in Verbindung gebracht wird und die ursprünglichen Intentionen irgendwie im Schatten erkennbar sind.
Ein solider, maskuliner Duft der sich heute dem Mainstream nicht unterordnet, aber einen großen Teil zu seiner Entstehung beigetragen hat. Wie Rock der 80er eben.


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Graue, kalte Tiefen
Als Kind war ich mit meiner Familie an der Ostsee im Urlaub. Bis heute der wahrscheinlich schönste Urlaub meines Lebens. Die zwei Wochen waren meine erste Bekanntschaft mit Norddeutschland, mit dem für mich als Süddeutschen ungewohnten, rauen und für August erschreckend kalten Wind, mit den wunderschönen Regenwolken, dem grau-blauen Licht und natürlich mit der deutschen Küste, genauer gesagt, einem Teil von ihr.
Ich mochte das Gefühl, früh morgens vom Hotel zum Strand zu rennen um die klare Luft einzuatmen, welche zu den reinsten Stoffen der Welt gehören muss. Das Geräusch der Wellen und der Blick in die gefühlte Unendlichkeit beeindruckten mich nachhaltig.
Nach zahlreichen Ausflügen in Städte wie Kiel, Lübeck (wo ich Marzipan lieben gelernt habe) und Travemünde fuhren wir eines Tages nach Laboe, wo sich das U-Boot und Marine -Museum befindet. Ich war schon immer an Geschichte interessiert, konnte als Kind nur vieles nicht einordnen und verstehen. Meine Eltern jedoch gaben sich stets Mühe, was mein Interesse ungemein steigerte und Geschichte zu einem meiner Lieblingsthemen werden ließ.
Das Museum in Laboe ist eine Empfehlung wert, dort kann man viel über die Technik von U-Booten im Zweiten Weltkrieg erfahren, kann Torpedos und sogar eine stählerne Bestie selbst besichtigen. Es hat den kleinen Jungen damals unglaublich fasziniert,ich konnte (meiner damaligen vorteilhaften Größe geschuldet) sehr gut im Bauch des engen Bootes umhergehen. Die Gerätschaften vergangener Tage und die Atmosphäre hatten mich gepackt. Ich fand das unglaublich cool,die Vorstellung, mit einer solchen Kampfmaschine tief ins unbekannte, dunkle und kalte Meer abzutauchen.
Beklemmend war es dennoch, nur wusste ich nicht so ganz, warum.
Einige Jahre später, mit dem Prüfungsfach Geschichte und einem Samstagabend allein mit der Extended Version von Petersen's Meisterwerk hatte ich eine sehr detaillierte Antwort.

Aber was haben denn die Marine, U-Boot Kampf, Laboe oder die Ostsee allgemein mit Ralph Lauren's vielleicht bestem Duft
zu tun?
Für mich ergab sich die Assoziation erst Jahre später. Es liegt eindeutig am Duft selbst. Als ich Polo Sport roch, hatte ich kühlen Wind in der Nase. Ich roch etwas klares, aquatisches, fast schon rauchiges. Etwas eiskaltes. Die Grünen Noten, Minze und Seegras (die wahrscheinlich interessanteste Duftnote) fügen sich perfekt ins kühle Nass der Aldehyde und der Zitrusfrüchte ein. Dieser Duft ist kein gewöhnlicher warmer, mediterraner Aquat, welcher an Sommer, Sonne und Eiscreme erinnert und das macht ihn so genial. Er ist geradlinig, klar, kühl, rauchig und erinnert nicht an warme Gewässer. Er erfrischt im besten Sinne, funktioniert durch die Gewürze und die Minze auch bei kaltem Wetter sehr gut.
Man wollte einen guten Sport-Duft kreieren und hat dies geschafft, der Duft ist mehr als das. Diese Eigenschaften machen ihn für mich einzigartig, denn obwohl es ähnliche Düfte und unzählige Sport- Aquaten gibt, riecht keiner wie dieser.
Zu Unrecht aus den Geschäften verschwunden und fast nur noch online zu haben. Wobei, dann tragen ihn weniger Leute. In Deutschland ist er heute weniger bekannt.
Ich stelle mir diesen Duft durchaus im Ostsee- Urlaub vor, aber auch an einem Kapitän oder einfach als Teil des kalten Windes, der mir ungebremst ins Gesicht klatscht.

Danke an alle, die heute im Dienste unseres Landes unbequeme Monate im Bauch von stählernen Bestien verbringen, um uns zu schützen. In den grauen, kalten Tiefen.



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Renaissance
Ein Herrenduft, wie er besonderer nicht sein könnte. Ein Name, wie er passender nicht sein könnte. Wie ein zeitloses Relikt, dessen Zeiten schon lange vorbei sind, jedoch alle Zeiten zu überdauern scheint.
Ein Duft, wie er über die Felder und Ebenen der Toskana ziehen könnte, wenn der Wind die trockenen Halme durchrüttelt und das feine Aroma der Heuballen hinfort in den werdenden Nachthimmel trägt. Der Duft, der sich mit angenehmen Kräutern vermischt, bevor er auf einem schönen Landsitz, der Burg eines Adligen, eine Note süßen Tabaks aufwirbelt und sie geheimnisvoll auf seine Reise mitnimmt, über Höfe hinweg, wo ein Hochzeitspaar träumerisch durchs nächtliche Feld tanzt, den Duft genießend, bevor er zusammen mit einer großen Böe an den Stadtmauern von Florenz verschwindet.
Dieses Parfum ist antiquiert und zeitlos-klassisch zugleich. Es erinnert an die Renaissance, ein ebenso geniales wie längst vergangenes Zeitalter. Künstler und Forscher wie Leonardo da Vinci, die den nächtlichen Himmel beobachteten, versuchten die Sterne zu lesen und den Menschen zu verstehen und ihm sogar Flügel zu verleihen. Zu träumen, zu entdecken und Kunstwerke für die Ewigkeit zu schaffen, welche heute noch genauso schön und beeindruckend sind wie sie es immer waren. Eine Zeit des Adels, des Aufschwungs nach dem (vermeintlich) dunklen Mittelalter, ein Zeitalter, dessen Früchte wir heute noch schätzen und bestaunen.
The Dreamer ist kein Herrenduft wie jeder andere, er ist einfach ein bisschen anders. Was mich zu Beginn etwas abschreckte habe ich mittlerweile zu schätzen gelernt. Es ist ein klassischer Duft, der entgegen meiner Erwartungen sehr gut ankommt. Ich habe ihn mit anderen Düften verglichen, er ist und bleibt eigenständig. An Herbsttagen genial, jedoch durchaus in einer kühlen Sommernacht tragbar, wenn man sich draußen aufhält. Er hat etwas beruhigendes, etwas unbeschreibliches. Auf dem heutigen Markt nicht sonderlich bekannt, meist zu überraschend günstigen Preisen zu haben. Ich hoffe, er wird nicht eingestellt und dass seine Kenner ihn immer zu schätzen wissen und auch kaufen.
Definitiv aber kein Duft für jeden Tag, er ist was er verkörpert: etwas besonderes.
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"Vertrauter Fremder" oder die Männer des neuen Jahrzehnts
Es war im Zeitraum zwischen 2010 und 2011, also nach dem Erscheinen eines der wahrscheinlich besten Herrenparfums der Moderne, als ich dem Duft häufig begegnete, ohne zu wissen, wie er heißt oder ohne generell etwas über Düfte zu wissen, außer dass Mama und Papa jeden Tag gut riechen. Wie auch, schließlich ging gerade meine Grundschulzeit zuende. Jedoch erinnere ich mich noch heute daran, dass ich diesen Duft irgendwie " erkannte". Im Sommer im Biergarten, an einem Kollege meines Vaters.. BDC oder sagen wir besser, der mysteriöse Duft, schien mich zu verfolgen, gar zu faszinieren. Es roch für mich als kleinen Jungen nach "Ordnung", "Mann", nach Chef sein und einfach "richtig". Im Sommer Abends in einer Gartenwirtschaft sitzen, träumen , was man einmal werden möchte, keine Sorgen zu haben.
Ich kann dieses Gefühl kaum beschreiben. 2010 war sowieso besonders, gerade als Teil meiner Kindheit. Nicht mehr " ganz" klein und auch nicht "groß genug" für größere Verantwortung. Zeit, die ich genossen habe. Es kommt mir fast vor,als wären die Sommer ewig gewesen, alles war irgendwie auf der Kippe,hat sich geändert. Das kann und wird wahrscheinlich nur meine Wahrnehmung, auf meine Zeit bezogen und dementsprechend nicht nachvollziehbar sein, jedoch kann ich heute die Musik,die Filme etc. vergleichen und stelle fest, dass 2010 einen Wandel gebracht hat. Die 2000er waren stilistisch vorbei, Geschmäcker, Medien, Leute änderten sich. Kaum etwas blieb gleich. Dazu gehört nunmal auch Parfum. Ich dachte lange, es wäre alles ein Teil meiner damaligen, kindlichen Wahrnehmung.
Heute passen manche Puzzleteile meiner Erinnerung zusammen und sind nicht nur das Ergebnis nostalgischer Täuschungen.
Vielleicht spinne ich also nicht konplett....
Ich lernte mit den Jahren einige Düfte kennen, BDC begegnete mir lange nicht mehr. Bis ich ihn vor 4 Jahren zufällig testete.
Das Gefühl war wieder da. Fast schon unheimlich. Aber schön. Bleu de Chanel Edt wurde mein erster " teurer" Duft und kostet bis heute das Maximum, das ich für einen Designerduft auszugeben bereit bin. Aber es lohnt sich, denn es ist ein Beispiel dass Düfte Assoziationen und Erinnerungen konservieren und transportieren können. Und dass auch sie Boten für einen Wandel sein können,der ein ganzes Jahrzehnt einläutet. Und mit dieser Rezension wird niemand etwas anfangen können, da vermutlich niemand dieses Gefühl teilt.

Der Duft wäre auch ohne dieses phänomenal.
Ich bin gespannt,welche Düfte wir Männer der kommenden Jahrzehnte tragen, und ob sie auch so genial sein werden.
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"Southern German" Comfort
Mont Blanc Individual ist einer dieser Düfte, die in mir ein Gefühl auslösen, das ich nicht beschreiben kann. Am nächsten ist wohl eine Art "Geborgenheit" oder "angenehme Wärme" an kalten Herbst-und Wintertagen. Ich trage ihn nur in den kalten Jahreszeiten und am liebsten zu einem schwarzen Rollkragenpullover. Warum? Weil er für mich etwas richtig macht, dass wenige Düfte können: Er bleibt trotz seiner Süße (die nie zuviel wird) immernoch sauber. Als wirklich frisch empfinde ich ihn nicht, aber sehr sauber. Wie Waschpulver mit einem leichten Himbeer-Schokoladen- After Shave Touch. Unglaublich toll. Die H/S sind auch gut und das Preis/Leistungsverhältnis sowieso. Man richt auch oft einzigartig, eben Individuel. Er kommt gut an und wird gerne gerochen. Was den bevorzugte Kleidungsstil zum Duft betrifft, ich trage ihn auch zu jeder anderen Kleidung , Hauptsache die Jahreszeit stimmt. Aber weil ich mich eben im Rollkragenpullover auch wohl fühle und dieser auch komfortabel ist, passt das eben doppelt gut. Man macht überhaupt nichts falsch mit Individual, ich habe auch schon Komplimente erhalten. Ich empfinde den Duft auch als eher maskulin, wenn auch nicht typisch. Der Name des Parfums passt einfach perfekt. Der Flakon ist hübsch, clean, elegant und hat einen hohen WIedererkennungswert. Der etwas mechanische deutsche Stil, ähnlich wie Flakons von Hugo Boss. Professionell eben, aber nicht zu sehr, denn Individuel schlägt eine Brücke. Und um meine Assoziation zu verdeutlichen, hier eine Beschreibung des "perfekten Individuel- Gefühls":

Es ist Montag Morgen, mitten im November. Es ist ein eisiger Morgen. Der Himmel ist klar, man sieht die Sterne. Ich steige aus der Dusche und ziehe meinen schwarzen, angenehmen Rollkragenpullover an. Er schmiegt sich wie ein Schatten um meinen Torso. Beim öffnen des Schranks blitzt mir die elegante Flasche des Montblanc -Dufts entgegen. Ich spare nicht beim Auftragen, übertreibe es aber auch nicht. Die perfekte Menge. Ich schnappe mir die Autoschlüssel und gehe vors Haus. Die Kopfnote des Dufts in der Nase, zusammen mit der eiskalten Winterluft. Eine herrliche Kombination. Ich bin bereit für den Tag, Individuel ist mein treuer Begleiter, er lässt mich nicht im Stich. Im Wagen mache ich die Heizung an, langsam erwärmt sich das ausgekühlte Auto.Während ich fahre, verteilt sich mit der Wärme ein genialer Duft im Auto. Was für ein Luxus. Mir ist angenehm warm, nicht zu sehr, nicht zu wenig. Es ist perfekt. Angekommen, begleitet mich Individuel wie erwartet durch den Tag. Sauber, gepflegt wie der Rollkragenpullover und das Erscheinungsbild des Morgens. Aber durch den Duft auch ein wenig anders, ungewohnt, ein bisschen Individuel. Ich kann mich getrost auf meine Aufgaben konzentrieren, Individuel ist immer da. Vielleicht ist heute wieder ein Kompliment drin, vielleicht sogar wieder so ein spezielles? Ah, da kommt es schon. Wärmt das Herz. Auch spielerische Facetten versteckt der Charmeur in der Flasche nicht, er bettet sie gekonnt in die sauberen und professionellen ein. Wieder ein gelungener Tag , der sich dem Ende neigt. Ich gehe ins Bett. Ich schaue in den Schrank und sehe einen Stapel Rollkragenpullover und nicht weit entfernt eine silbrige Flasche. Ich glaube, morgen mache ich es wieder genauso, der Winter dauert schließlich noch ein paar Tage.
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