Knickzimt

Knickzimt

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6 - 10 von 102
Knickzimt vor 8 Jahren 13 1
Tauchgang in der blauen Flasche
Es rasseln die Aldehyde wie die Eisenketten, seifige Orangen schießen wie eilige dicke Sterne vorüber; Ich muss im neuesten Duft von "Histoires De Parfums" gelandet sein. Fühle ich mich hier wohl? Bis jetzt noch nicht! Und dabei hat der doch so einen guten Namen. Warum riecht es denn hier so unstimmig und klirrend intellektuell? Nochmal weiterriechen. Ich lasse mich nochmal ein bisschen weiter Richtung Grund treiben: Aha, das Seifige kommt wohl auch von der Rosengeranie. Die wurde hier aber ungünstig eingebaut. Wie die anderen Sachen eigentlich auch.Jede Note macht die andere etwas Stechender. Und gegen Mitte der Zeit rumpelt auch noch ein dicker unangepasster Patchouli durchs Bild. Huff, muff! Hier muss ich schnell wieder raus. Ich klopfe von innen gegen die Flaschenwand. Im nächsten Kommentar erfahrt ihr, ob ich es ans Tageslicht schaffen konnte. Falls ja, werde ich die Flasche gut versiegeln und ganz weit weg stellen. Aber ganz abenteuerlich war's trotzdem.
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Knickzimt vor 8 Jahren 35 8
Sexy Dickmilchbottich
Dieser Duft ist sehr eigen und sehr beachtenswert. Er bietet für die Nase ein Gemisch aus Geborgenheit und etwas reizvollem Schmutz. Ein richtiger Gourmand mit richtig faustidck was hinter den Ohren. Aber von vorne:


Die Ausgangslage ist ein sämiger, schaumiger, blubbernder Milchakkord, der auf jeden Fall viel Rahm abbekommen hat. Er ist leicht gesüßt, aber ich finde ihn nicht übermäßig zuckrig. Die Süße ist mild und tief, kein plattes naschi-geschrei. Darunter kommt das, was den duft so kontrastreich und charaktervoll macht. Eine Lage aus etwas angekokelten Harzen, einem hübschen Vetiver und ein wenig wildem Holz. Das klingt zusammengenommen nach nicht viel, aber in der Kombination stehen sich die rauen und die cremigen Anteile dieses Dufts so schön gegenüber, dass man nur von einer gelungenen Komposition sprechen kann. Ich finde nicht viele Düfte wirklich rund und in sich schlüssig, bei "Palo Santo" ist es eindeutig.

Ich finde den Duft anziehend. Er lockt ein wenig und irritiert ein wenig, und beides im genau richtigen Maß, damit man gerne näher kommt und dort bleibt, weil es noch viel mehr zu finden gibt. Ein leckerer Duft mit einem Geheimnis, auch sehr gut für Männer tragbar. Zumindest auf meiner Haut wird er schön rauchig und die süße Milch brodelt nur verführerisch im Hintergrund. Ich bin sehr gespannt auf die weiteren Erzeugnisse dieser Marke. Die können was! Danke für's Lesen! :)
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Knickzimt vor 8 Jahren 8 6
Gut und schwach
An Bossdüften kann man sich natürlich aufreiben und abarbeiten und auskotzen, wie man will. Viele sind dieser Marke gegenüber ja ganz schön wütend. Mir hat Boss nie so viel Zorn bereitet, dafür sind sie oft einfach zu lau. Die meisten machen mich eher gleichgültig und ich finde einige sogar wirklich angenehm. Ich habe lieber ein bisschen Langeweile als die beißende Synthetikwucht vieler anderer Designerfirmen. Die macht mich dann nämlich wütend. ;)
Bossdüfte haben meist nicht viel zu berichten, aber sind zumindest in sich rund und okay, finde ich. Da habe ich gar nichts gegen. Besser kein Charakter als ein Hundsmiserabler.

Hier muss ich mich allerdings wundern und freuen, denn Charakter hat "Soul" ganz eindeutig. Fruchtiger Zimt, pikant gewürztes Holz, so begrüßt er mich. Man muss einfach sagen, dass es sich hier um einen herrlich komponierten Duft handelt. Ausgewogen, interessant, atmosphärisch. alles da! Alles ist wunderschön abgestimmt. Keine Note steht in der Ecke und schämt sich, jeder spielt seine kleine Geige.

Für mich ist das Thema des Parfums ein warmer, dezent exotischer Zimtholz-akkord. Er hält sich auf meiner Haut lange und ruhig über mehrere Stunden. Um ihn aufzupeppen, stehen vor allem andere Gewürze parat. Eine leicht pieksige Anisnote, ein weicher Kardamomton, eine freundlich gefiederte Vanille. Dazu kommt der Clou der leichten Mandarine. Sie ist für den Duft extrem wichtig, obwohl man sie gar nicht einzeln riechen kann. Sie gibt Wärme und Frische in den Duft, beides zugleich und beides in der genau richtigen Dosierung. Was entsteht, ist ein warmer, leichter, zuversichtlicher Duft mit einer originellen Art und großer Tiefe. Alles ergänzt sich gut und wird zu einem Ganzen, was ich ehrlich gesagt nicht allzu oft finde.

Das Problem hat "Soul" leider in seinem Volumen. So wohlriechend das Ganze auch ist, es fehlt ihm ein Körper. Vielleicht mussten bei der Produktion Abstriche gemacht werden. Für einen so günstigen Duft sind die Inhaltsstoffe auffallend schön und authentisch (oder authentisch wirkend), vielleicht blieb dann nicht genug Budget für die Verstärkermoleküle. Jedenfalls ist es merkwürdig: Der Duft hat alle Anlagen, ausladend und einnehmend zu sein, aber er bleibt dürr und instabil auf der Haut. Mir ist das aber nicht genug Nachteil gegenüber dem guten Geruch, weshalb ich ihn trotzdem besitze. Es hätte nur etwas mehr daraus werden sollen. Etwas mehr Dominanz, etwas mehr Mut. Dann wäre es wirklich ein ziemlich starker Duft. So ist es eben nur ein Starker. Reicht mir, mag ich sehr! Danke für's lesen! :)
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Knickzimt vor 9 Jahren 14 1
Englische Italiener und eine Kiste voller Moos
Dieser Duft ist ein ganz seltsamer Kandidat. Zufällig fiel er mir in die Hände, ich kannte ihn nicht einmal. Und das, wo ich doch wochenlang systematisch die a bis z-markenliste von Aus liebe zum Duft durchkämmt habe, um noch neue Anreize für Probenbestellungen zu finden. Ich vermute, dass ich Miller Harris sehr schnell in die Kategorie "altenglischer gentleman appeal" einsortiert und dann keines Blickes mehr gewürdigt hatte. Glücklicherweise legte Twang (danke Twang!), mir "Le Petit Grain" mit ins Paket. Und es startet auch alles ganz fabelhaft.

Die Kopfnote ist für mich die schönste seit längerer Zeit. Sie hat alles, was ich in einem Duft brauche: vollmundiges Zitrusgeprickel, pikante Gewürze und ein helgrüner, saftiger Einschlag. Das ist wirklich sehr beeindruckend und lebendig, könnte auch ein wirklich guter Italiener sein!

Doch der Himmel der strahlenden Kopfnoten hängt hoch und der Erdengrund der Basisnote ist oft dumpf und stumpf. Nach sehr kurzer Zeit plumpst dieses wunderschön gestartete Parfüm in eine Kiste voller Mottenmoos. Auf meinem Handrücken war das nicht passiert, darum war ich umso erschrockener, als beim ersten Test am Körper so eine Entwicklung folgte. Einige Gewürze vom Anfang, angeführt vom Estragon, nehmen eine verhängnisvoll seifige Abbiegung. In glitschigen Bahnen geht es hinab in muffige Tiefen mit feuchtem Bewuchs. Nur eine kläglich leise Restfrische ist noch von der ursprünglichen Luftigkeit geblieben, ein schwacher Trost. Die unteren Noten des Dufts wirken auf mich sehr konservativ und struppig. An mir funktioniert das leider überhaupt nicht. Vielleicht ist das für den gestandenen Herren überhaupt kein Thema und die würden über mein Gezeter hier nur herzlich schmunzeln. Könnte ich die Kopfnote kaufen, wäre ich sofort mit hohem finanziellen Einsatz dabei. :) Aber der Duft ist leider am allerwenigsten Kopfnote.

Mein Fazit: Sehr schön komponiert, gute Zutaten, und doch nichts für mich. Mist. Ich kann ihn euch trotzdem nur ans Herz legen. Hoffentlich ist er auf anderer Leute Haut etwas milder im Abgang. Danke fürs lesen! :)
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Knickzimt vor 9 Jahren 21 4
Zehn zahme Zitronen
Hallo Parfumo! Lange nicht mehr hier gewesen. :) Schön, dass alles noch steht. Ich teste heute eine neue Zitrone auf dem deutschen Markt, nämlich diese hier. Viel Vorarbeit hat schon der nette Bertel im Kommentar weiter unten geleistet, dessen Probe an mich weiterwanderte. Danke, Bertel! Ist heil angekommen!, Umschlag gerade aufgerissen

Was sich zeigt, ist die Zitrone. Sie ist auf meiner Haut und für mein Empfinden nicht ganz so lachend und prall, wie Bertel es bei sich feststellt. Mir kommt sie durchaus echt vor, gut Sonne hat sie auch abgekriegt. Doch fehlt mir etwas Wildes daran. Es ist für mich schon eher eine zivilisierte Parfum-Zitrone als eine Aufgeschnittene vor der Nase. Sie prickelt sanft, lächelt südländisch charmant, aber eine Explosion der unbändigen Säure hat meine Nase nicht aufgefangen. Das finde ich insofern schade, als dieser Duft weiter keine Attraktionen aufzufahren weiß. Ich liebe Zitronendüfte, in denen auch wirklich nur Zitrone drin ist, aber dann muss sie auch so richtig drin sein und nicht so halbseiden, wie ich es hier erlebe. Vielleicht sind auch ein paar zu viele Blümchen beigemischt. Die stehen hier zwar nicht in der Pyramide, sind aber hintergründig auf jeden Fall da und geben eine liebliche Schattierung, die den Duft für mich vollends zu schläfrig macht. Schön ist die Zeder, die sehr stimmungsvoll eingeblendet wird und bei mir ein ganzes Weilchen hält. Übel ist sie nicht, diese sizilianische Erfrischung, aber nicht ganz meine Schiene. Fazit: Zu zahm! Trotzdem kann sie bestimmt für den ein oder anderen von euch interessant sein. Probiert doch mal! Habe hier zufällig eine Probe liegen... :)
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