Grau

Ihr wisst doch alle, dass im Grunde genommen schwarz und weiß nicht grau ergeben, und heiß und kalt nicht lau werden. Wie auch die Düfte sich nicht gegeneinander aufgeben.

Die Gegensätze prallen ineinander, und im Aufprall bleiben beim ersten Mal Scherben, dann Trümmer, doch später nur noch Staub. Und noch niemand hat je einen Phönix aus der Asche aufsteigen sehen. Nein. Die Scherben werden geklebt und aus den Trümmern wird etwas Neues gebaut. Immer wieder.

Doch heute reicht mir was dunkler ist als schwarz, was mehr blendet als weiß, reicht mir den düstersten Duft, die beißenste Cologne und das süßeste Parfüm. Reicht mir die heißeste Glut, das kälteste Eis, die schärfste Klinge und das stärkste Gift. Und dann werde ich meinen Becher trinken, mich berauschen, alle Grenzen und Verbote vergessen, und mich mit den letzten Tropfen beduften. Und bevor dieses mal nichts als Staub bleibt, werde ich singen. Keine bekannte Sprache wird genügen, und keine Tonart der Welt. Und in meinem Gesang wird die Welt zerbersten und vielleicht für einen unendlich kleinen Moment alles möglich sein...

Doch dann bleibt nichts als Asche. Keine Scherben die geklebt, keine Trümmer die wieder aufgebaut werden können. Nicht mal Holz für einen Scheiterhaufen meine Seele zu verbrennen. Grau geht der Horizont in den Himmel über, jeder Laut wird geschluckt, geruchlose Windstille, schattenloses Dämmerlicht. Und selbst zwischen Vergangenem und Zukunft spannt sich keine Zeit mehr auf.