Salva

Salva

Rezensionen
Filtern & sortieren
6 - 10 von 78
Salva vor 2 Jahren 66 37
7
Flakon
6
Sillage
6
Haltbarkeit
9.5
Duft
Lanze für einen Meilenstein der Herrenparfümerie
A Gentleman‘s Cologne

Sobald ich Begriffe wie Gentleman, Monsieur o.ä. lese, werde ich hellhörig. Düfte, die diese Bezeichnungen tragen, bekommen sofort meine Aufmerksamkeit und stehen unter meinen bevorzugten Richtungen ganz oben. Denn sie haben bestimmte Eigenschaften an sich: Klassisch, elegant und zeitlos, um mal drei zu nennen.

„Pour Monsieur“ ist der erste Herrenduft des Weltkonzerns Chanel, der 1955 vom damaligen Chefparfumeur Henri Robert kreiert wurde. Jener Robert führte nämlich im Hause Chanel von 1953-1978 Regie und ist bspw. auch für „No.19“ (1971) verantwortlich gewesen.

Der Grund dieser Rezension ist im Prinzip die Rangliste auf der Plattform. Denn zum Duft muss eigentlich nicht viel geschrieben werden, da es viele vor mir bereits auf hervorragende Art und Weise getan haben. Der Blick aber auf die 100er Hitparade hier stimmt mich oft traurig und ärgert mich teilweise. Grundsätzlich will ich ebenfalls anmerken, dass ich bis heute nicht nachvollziehe, wie dieses Ranking und die Platzierungen hier überhaupt zustande kommen. Dass mit „Imagination“ ein Louis Vuitton auf dem Thron steht und alleine in den Top 10 vier Roja-Düfte zu finden sind, kann und soll jede/r so werten, wie er/sie es für richtig hält.

Das erstklassige Parfum „Pour Monsieur“ ist aktuell mit Platz 90 (gestern noch 98) gerade so unter den Top 100. Ich erinnere mich, dass er vor geraumer Zeit und im Prinzip seit ich hier angemeldet bin (was auch schon 2,5 Jahre her ist) meist im Mittelfeld zwischen Platz 40-60 zu finden war. Wieso er mit der Zeit weiter nach unten gerückt ist, begreife ich nicht wirklich. Denn „Pour Monsieur“ ist ein Meilenstein der Herrenparfümerie und bestimmte Klassiker müssen geehrt werden.

Dieser exquisite und feine Duft gehört eigentlich in jede klassisch geprägte Herren-Kollektion. So wie jeder meiner Geschlechtsgenossen mindestens zwei (idealerweise sogar drei) gut sitzende Anzüge im Kleiderschrank vorweisen sollte, so sollten sie auch mindestens ein Parfum dieser Art besitzen; wenn nicht diesen, dann eben einen anderen, der ihm ähnelt.

„Pour Monsieur“ weist in gewisser Weise schon leichte Chypreattribute auf, wenngleich er mMn - ganz streng genommen - nicht gänzlich als Chypre durchgehen kann. Denn hierfür fehlen ihm im Herzen letztlich klassisch florale Noten.

Beginnen tut er mit einem für mich sehr natürlich hesperidischem Aroma, in welchem die zitrische Note dominiert und durch die Orange unterstützt wird.
Dieser Start bleibt im Prinzip bis zur Basis bestehen. Auch wenn Kardamom und Ingwer nicht lange warten, um ihren Senf dazuzugeben, wodurch das Parfum seinen würzigen Anstrich erhält (besonders erst genanntes Gewürz nehme ich wahr). Jedoch muss erwähnt werden, dass ich diese Gewürze nur dezent im Hintergrund erahne.
In der Basis treten die anfänglichen erfrischenden Noten zurück und überlassen dem Eichenmoos den vortritt. Hier erhält man den grünen Teil, den der Flakon ja ohnehin suggeriert.
So würde ich letzten Endes „Pour Monsieur“ als zitrisch/frisch-würzigen Grünling klassifizieren.

Die Tatsache, dass „Pour Monsieur“ mit etwa 3-4h über eine maximal durchschnittliche Haltbarkeit verfügt und mit einer sehr diskreten Sillage daherkommt, mag für einige ein Manko sein. Für mich jedoch zeichnet die Art Düfte eben gerade diese Reserviertheit und Zurückhaltung aus und macht diesen herrlichen Klassiker so unersetzlich. Und selbstverständlich ist er mit seiner Aura ein geeigneter Kandidat für einen Signaturduft.

Wenn ich ihn trage, fühle ich regelrecht die schlichte Schönheit und subtile Erlesenheit, die dieses Parfum ausstrahlt. Es ist, als schwebe ich mit diesem ausgezeichneten Duft.

Für mich gehört er in die Hall of Fame und ist in meiner persönlichen Top 10.

Doch wer bin ich denn, der sowas beurteilen kann. Da haben die Roja-Jünger und Vuitton-Hyper sicher mehr zu sagen…


Vielen Dank für‘s Lesen!
37 Antworten
Salva vor 2 Jahren 47 31
8
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft
Der legendäre Fürst aus Österreich
Knize Ten

Ein Parfum aus einer ganz anderen Zeit.

Aus einer Zeit, in der Herren als geckenhaft galten, wenn sie Parfum trugen.

[…]

Der Name Knize ("Knischä" ausgesprochen, wobei das -sch- weich gesprochen wird) stammt aus dem Tschechischen (original geschrieben mit -í- und einem kleinen -v- über dem -z-) und meint einen hohen Adligen im Rang zwischen einem Grafen und Herzog, also wörtlich übersetzt einen Fürst.

Hinter diesem einzigartigen Parfum steht das Unternehmen Knize&Comp.
Ein traditionsreicher Herrenausstatter aus der österreichischen Hauptstadt Wien, der 1858 von Josef Knize, dessen Wurzeln ins damalige Südböhmen (dem heutigen Tschechien) zurückgehen, gegründet worden war.
Sein Kundenstamm bestand aus großen Persönlichkeiten, worunter sich diverse Staatsoberhäupter befanden. Im 20. Jahrhundert ließen sich Grand-Dames wie Marilyn Monroe Blusen anfertigen, oder bspw. Marlene Dietrich Fracks für ihre Bühnenshows schneidern.

Insbesondere im Zeitalter der „Belle Époque“ von 1884-1914 gelang dem Unternehmen ein Riesensprung. Man expandierte nach Berlin, Paris und Prag, womit international rasch Ruhm erlangt werden konnte. 1888 erhielt Knize&Comp. den Titel als sogen. "k.k. Hof-Schneider" (kaiserlicher und königlicher Hoflieferant). Dies bedeutete, dass man in der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie als Händler und Dienstleiter die Sonderbewilligung erhielt, Waren an den österreichischen Hof zu liefern. Ein Ritterschlag für jeden Unternehmer damals.

Die folgenden Jahrzehnte waren von Erfolg gekrönt, ehe es aufgrund des Zweiten Weltkrieges einen Einbruch gab. Die Filiale in Berlin wurde zerstört, jene in Prag und Paris im Zuge des Eiseren Vorhangs geschlossen. Es dauerte einige weitere Jahrzehnte, bis man wieder Fuß fassen konnte und das Unternehmen mit einem Neuaufbau 1978 von vorne beginnen musste, bei dem nun auch eine Damenlinie rausgebracht wurde. 1984 eröffnete man einen weiteren Lokal in Wien und erst seit 2012 existierte in Prag ein neuer Laden, der jedoch wohl 2020 geschlossen worden zu sein scheint.

[...]

Das Parfum "Knize Ten" ("ten" steht in diesem Falle für die höchste Vorgabe beim Polo - die Sportart des englischen Adels), welches u.a. von F. Coty mit kreiert wurde und bereits seit 1925(!) auf dem Markt ist, wird vom Hersteller als weltweit erste Herrenduftserie vermarktet. Es ist ein besonderer und außergewöhnlicher Chypre, der jedoch im Kern mit einer sanften, ledrig-ambriert-balsamischen Basis positiv aus der Reihe tanzt.

Beginnen tut er für meine Nase mit einer leicht zitrischen Kopfnote geprägt von Petitgrain und Rosmarin, die mich an ein typisches stilvolles Herren-Cologne á la "Colonia" vom Hause Acqua di Parma erinnert. Jedoch verblasst die Kopfnote recht schnell und es kommt ein floraler Aspekt dazu, der dafür verantwortlich ist, dass der Duft kein typisch trockener und langweiliger Lederduft ist. Denn das ist er garantiert nicht, im Gegenteil.
So sticht er mit seiner angenehmen Ledernote in der Basis, die sich recht zügig zu bemerken macht, schon hervor. Jedoch wird sie in feinster Art und Weise umrahmt mit einer von mir wahrgenommenen leicht süsslich-warmen Ambernote, die dem Duft einen zurückhaltend sinnlichen Akkord verleiht. Doch dies ist eher im Hintergrund zu riechen, denn die ledrig-holzig/moosige Komponente steht mMn eher im Vordergrund und bleibt dann so bestehen.

Im Gesamten strahlt dieses Parfum eine ausdrucksvolle Tiefe und markante Aura aus, die seines Gleichen sucht, wie ich finde.

Persönlich siedle ich "Knize Ten" in der kälteren Saison an. Da man hier ein recht starkes und intensives Dufterlebnis bekommt, reichen mMn 2-3 Spritzer vollkommen aus. Denn nicht nur stark projizieren tut er, sondern über eine sehr gute Ausdauer mit mind. 8-9h verfügt er ebenso.

Zu erwerben gibt es ihn schon in - für Herrendüfte eher ungewöhnlichen - 15ml-Flakons, aber auch in 30 sowie 50ml. Diese sind aus schwerem Glas und neben dem normalen Sprayer auch als Splash zu erhalten.

Anzumerken sei zudem, dass "Knize Ten" nicht den Beinamen "Eau de Toilette" trägt, sondern "Toilet Water".

[...]

Fazit:

Die Marke ist heute deshalb so von Bedeutung, da es in den 1920ern weltweit als erste Herrenmodemarke überhaupt galt. Und um dieses unverwechselbare Parfum schätzen zu können, sollte man sich mit der Geschichte dieses traditionsreichen Hauses auseinandersetzen. Denn man kann nur den Hut vor den Unternehmern ziehen, die immer wieder die Fahne des Namens Knize hochhielten und dafür gesorgt haben, dass er dank seiner Nachfolger sich nie unterkriegen lassen hat und wie ein Stehaufmännchen für seine Werte und Prinzipieren gekämpft hat.

Nicht nur aufgrund der Historie hat man es im "Knize Ten" mit einem Stück Duftgeschichte zu tun. Dieses herb-markante Parfum verkörpert Tradition, Klasse und Stil wie wenige andere und gehört mit seiner komplexen Komposition - wie ich finde - im Prinzip in jede klassisch geprägte Herrenkollektion.

Für mein Dafürhalten bildet er in seiner Gesamtheit eine Art Gegenpart zu klassischen Düften anderer renommierter Duftländer wie Frankreich, Italien oder England.

Ein fürstliches Parfum aus dem schönen kleinen Österreich.

[...]

Vielen Dank für's Lesen!
31 Antworten
Salva vor 2 Jahren 47 36
8
Flakon
8
Sillage
8
Haltbarkeit
10
Duft
Laudatio für einen Unsterblichen
Aramis Classic

Benannt nach einer türkischen Wurzel, die für ihre aphrodisierende Eigenschaft bekannt ist.
Sowie der Name einer der drei Musketiere. Ja genau, "Die drei Musketiere", der weltweit bekannte Roman geschrieben von Alexandre Dumas, veröffentlicht im Jahr 1844.

Der Duft kreiert von Parfumeur Bernard Chant, und zwar im Auftrag von keiner geringeren als Estée Lauder, DER New Yorker Kosmetik-Unternehmerin. Lanciert für ihren Ehemann Joseph.
Der allererste Prestige-Duft für Herren, der damals in Kaufhäusern zum Verkauf angeboten wurde.

Seine Komponenten aus aller Welt: Thymian aus dem europäischen Spanien, Kardamom aus dem mittelamerikanischen Guatemala, Sandelholz aus dem asiatischen Indien.

1964 das Geburtsjahr.
1964. Was ein geschichtsträchtiges Jahr. Ein Jahr wahrlich für die Geschichtsbücher:

Martin Luther King’s Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis;
Nelson Mandela‘s lebenslange Haftverurteilung;
Eröffnung der damaligen längsten Hängebrücke der Welt in New York (Verrazzano-Narrows Brücke);
die Beatles mit 5 Singles auf den Plätzen 1-5 der US-Amerikanischen Hitparade
(eine zuvor nie dagewesene Situation);
Cassius Clay, später bekannt als Muhammad Ali, mit seinem allerersten WM-Titel im Box-Schwergewicht;
das sogen. „Karfreitagsbeben“, auch unter dem „Großen Alaska-Beben“ bekannt,
welches bis heute als das stärkste Erdbeben der USA gilt (Stärke: 9,2).

Ist es Schicksal, dass Du ausgerechnet in diesem Jahr rauskamst?
In einem Jahr mit solchen Ereignissen, und zwar besonders für Dein Herkunftsland?

[...]

O Aramis Classic

Ich rieche Dich am Sprüher und danke dem lieben Herren - dafür, dass es Dich nach wie vor gibt.

Neben meinem 1974er Givenchy Gentleman EdT bist Du die einzige ledrig-würzige 10.
Überhaupt gehörst Du zu einem Bruchteil der 10er-Düfte bei inzwischen über 1000 getesteten Düften.
Eine Auswahl der allerbesten Herren-Düfte. Für mich selbstverständlich.
Du gehörst zu meinen insgesamt 10 Auserwählten, die diese Höchstpunktzahl sowas von verdient hat.

Doch das bedeutet Dir nichts, denn unabhängig davon bist Du eine wahre lebende Legende.
Ein Gigant. Ein Titan.
Der Beste aus deiner Familie. Deine jüngeren Verwandten, egal ob Devin, 900, oder Havanna; alle mögen gut sein, doch an Deine Klasse, Einzigartigkeit und Deinen Charakter kommen sie nicht ran.
Nicht mal ansatzweise.

[...]

Chypre. Das ist Dein Charakter. Ja, Chypre. Eine Richtung, die Roja, Xerjoff und andere Jünger nicht mal buchstabieren, geschweige denn aussprechen können dürften.

Und ganz nebenbei, Euer verehrter Herr Roja Dove hält ganz ganz viel von diesem Klassiker.
"An incredibly refined and distinctive fragrance" that is "as much of a legend as the hero it was named after" (Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/Aramis_(fragrance) ).

Und für ihn einer der 5 Düfte, die Frauen, ich zitiere, "wild" machen.*
Ich besitze immerhin 3 von den 5, und 2 von den 3 gehören zu meinen Top Ten 10er Düften.
Nicht schlecht, was?

*(Hier der Link zu dem sehr interessanten und ausführlichen Artikel. Lesen lohnt sich allemal, denn man erfährt doch so einiges über ihn:

--> https://www.gq.com/story/roja-dove-custom-perfume).

[...]

Chypre also. Eine Richtung für gewöhnlich bestehend aus hesperidischen Kopfnoten, blumigem Herz und warmem, holzig-moosigem Abgang.
Und ja, dieser Aufbau ist auch bei Dir vorhanden, jedoch nicht so klassisch chyprig, dass man bspw. etwas speziell kratzig-bürstiges in der Nase hat, wie man es von vielen anderen Chypre-Düften kennt.

Zu Beginn startest Du sehr kraftvoll mit viel Aldehyde, Artemisia und Thymian, was für Deine markante, aromatisch-herbe Frische sorgt. Deine Bergamotte nehm ich nur dezent im Hintergrund wahr.
Deinen krautig-würzigen Akkord erhältst Du vom Muskatellersalbei, auch Muskat-Salbei oder Römischer Salbei genannt. Du wirst defintiv würziger, doch deine grundsätzliche Frische behältst Du bei. Denn dafür sind zusätzlich die hellen Blüten im Herz verantwortlich.
Ledrig wirst Du schließlich in der Basis, aber es ist ein elegantes Leder. Kein raues oder schroffes Leder.
Deine diversen Holznoten geben dem Ganzen den trockenen Feinschliff.

Bonbons? Fehlanzeige! Kaugummis? Fehlanzeige! Früchte? Fehlanzeige! Zum Glück auch...

[...]

Dein Flakon? Schlichte Eleganz. Zurückhaltender Stil. Klassisch und traditionell gehalten.
Rechteckig, durchsichtig, goldenfabrig; und wahrlich aus Gold bist Du.

Eine gute Ausdauer hast Du; haftest Du doch gute 6-7h auf meiner Haut.
Und projizieren tust Du auch stark, zumindest in den ersten 2h.

Eher geeignet für die jetzige kältere Saison, hierher passt Du am allerbesten.
Soll man Dich dosiert auftragen? Keine Ahnung. Was heißt das schon?! Ohnehin alles relativ.
Für den einen ist ein Sprühstoß dosiert, für den anderen sind es acht.
Einfach nicht nachdenken und sprühen.

Ob Du einer Reformulierung zum Opfer gefallen bist, mag und kann ich nicht beurteilen.
Denn zu jung bin ich, um Dich in Deinen ersten Jahren erlebt zu haben.
Doch dieses ewige Nachtrauern um ältere Versionen ist ohnehin nicht Meins, denn was bringt es? Genau, nüs!
Ich erfreue mich einfach daran, dass es Dich nach wie vor gibt.
Und wenn ich mich dafür zu den ganzen unteren Regalen bücken muss. Was eigentlich - ob deiner Genialität - einer Majestätsbeleidigung gleicht.
Aber gut, noch bin ich Gott sei Dank dazu in der Lage...
Noch gibt es Menschen, die die schätzen und ehren...
Und glaube mir, die wird es auch immer geben...

[...]

O Aramis Classic

Du ultra charismatisch-kerniger Goldschatz.
Rufst Emotionen hervor, weckst Lebensgeist und Energie.
Bist lebendig und erlesen, ebenso ausdrucksstark wie ausgewogen.

Mit 13 sah ich Dich das allererste Mal, bei meinem geliebten Onkel;
mit 23 roch ich Dich das allererste Mal, bei meiner Stammdrogerie;
mit 33 schloss ich Dich in mein Herz.
Im Sturm.

All das weiß ich so genau, denn losgelassen hast Du mich nie.
Und ich wusste eines Tages wirst du Mein sein.

Denn Du bist unsterblich.

[...]

Allen Leser:innen gilt mein aufrichtiger Dank!

Und liebe Wünsche zum 1. Advent gehen selbstverständlich auch raus!
36 Antworten
Salva vor 3 Jahren 45 25
7
Flakon
8
Sillage
9
Haltbarkeit
9.5
Duft
Ein Fest für Orient-LiebhaberInnen
Opium Pour Homme EdT

Erschienen Mitte der 90er des letzten Jahrhundert's, genauer gesagt 1995. Ein Jahrzehnt, welches mich sehr prägte. Einschulung, erste bewusst wahrgenommene Fußball-WM (1994 in den USA), erster Kuss / erste „Freundin“, erstmals durch einen Unfall ganz nah dem Tod gekommen... Viele erste Male...

Parfum technisch ist es auch das Jahrzehnt, mit dem ich die ersten intensiven und allermeisten privaten Erlebnisse verbinde. Sei es „Hugo Boss Bottled“, „Armani Acqua di Gio“, oder „Kenzo Pour Homme“. Allesamt Düfte, die ich als Kind und Teenager zur Zeit ihrer Neuerscheinungen in meiner Umgebung an Verwandten, Bekannten etc. ständig wahrnahm. Allein deshalb schon habe ich sie nach wie vor so gerne. Nur mit dem „YSL Opium Pour Homme“ bin ich nie in Berührung gekommen. Es gab niemanden in meinem Umfeld, der dieses Parfum benutzte.

Selbst kennenlernen konnte ich ihn letztes Jahr, doch eingezogen ist er erst vor geraumer Zeit. Und was für ein grandioses Parfum dies doch ist...
[...]

Hinter der Marke steht - wie bei Designer-Düften üblich - ein Modeschöpfer. Der 1936 in Algerien geborene Firmengründer Yves Mathieu Saint Laurent galt schon in jungen Jahren als eines der großen Ausnahmetalente in der Welt der Schönheit und wurde auf seinem Wege vor allem von seiner Mutter unterstützt. Bevor er 1961 sein eigenes Haute-Couture-Haus in Paris eröffnete, wurde er 1957 im Alter von nur 21 Jahren zum jüngsten Chef-Designer aller Zeiten ernannt.

Die Welt der Marke Yves Saint Laurent ist geprägt von außergewöhnlicher Leidenschaft, Kreativität und Phantasie. In der Modewelt wirkte er vielfach stilbelebend und wird auch heute - nach seinem Tod noch - insbesondere in der eleganten und gehobenen Mode für die Damenwelt als Koryphäe betrachtet. Die Erfolgsgeschichte des Hauses dauert demzufolge bis heute an...

[...]

Sein erster Duft wurde 1964 mit dem Namen „Y“ als Damen-Parfum auf den Markt gebracht.

„Opium Pour Homme“ wiederum ist im Herrensegment Saint Laurent’s für mich wohl einer der besten (wenn nicht der beste) überhaupt und einer dieser Schätze, bei dem ich fast alle Noten raus riechen und einen wirklichen Verlauf erkennen kann.

Zu Beginn riecht man ganz klar die Anis-Note, welcher oft nachgesagt wird, sie habe ein lakritzartiges Aroma. Und ja, teilweise würde ich dies bestätigen. In Verbindung mit der Johannisbeere jedoch, die ganz dezent im Hintergrund wahrzunehmen ist, macht dieses Duo aus der Kopfnote einen frisch-würzig aromatischen Auftakt.

Die intensiven Gewürze lassen die fruchtige Nuance der Johannisbeere jedoch kaum in Erscheinung treten, denn sie behalten mit dem scharfen Ingwer und schwarzem Pfeffer im weiteren Verlauf die Oberhand.

Zur Basis bekommt das Parfum mit der sogen. Bourbon-Vanille seinen orientalischen Akkord. Den Namen verdankt die für gewöhnlich bekannte Gewürzvanille der Insel „La Réunion“, ein Übersee-Département Frankreich’s gelegen östlich von Madagaskar im Indischen Ozean, wo sie herstammt und angebaut wird. Bis zum Jahre 1848 nämlich hieß die Insel noch „Île Bourbon“.
Diese Vanille macht den „Opium pH EdT“ zu einem betörenden Verführer. Allzu süß ist die Basis finde ich nicht, denn eine leicht harzig-holzige Note nehme ich ebenso wahr, welche ich auf den Tolubalsam und die Zeder zurückführe.

[...]

Da die Witterungsverhältnisse inzwischen einigermaßen der Jahreszeit entsprechen, kommt er aktuell oft zum Einsatz. Denn gerade bei schmuddeligem, nass-kaltem Wetter verleiht mir dieses Parfum eine sehr angenehme beschützende Wohlfühlaura.

Für die aktuelle kältere Saison ist er meines Erachtens also bestens geeignet. Diese Art Düfte entfalten sich mMn insbesondere in kühleren Temperaturen hervorragend und schöpfen ihr Potential vollkommen aus.

Ältere Versionen habe ich bis jetzt nicht kennengelernt, daher kann ich zu jenen keinerlei seriöse Vergleiche ziehen. Jedoch ist die aktuelle Version so stark in der Haltbarkeit (9-10 h auf meiner Haut) sowie in der Sillage, so dass ich davon ausgehe, dass dieses Parfum glücklicherweise wohl bisher keinerlei bzw. kaum irgendwelchen Reformulierungen zum Opfer gefallen ist.

Bis auf die für mein Empfinden etwas billig daherkommende Verschlusskappe aus Plastik finde ich den Flakon in seiner schmalen länglichen Form und generell leicht altmodisch anmutenden Optik sehr schön, der auch gut in der Hand liegt. Der Sprüher ist ausgezeichnet und hinterlässt beim Sprühen einen hervorragenden Duftstrahl.

[...]


Fazit:

Vermutlich kennen sehr viele UserInnen den Duft bereits. Doch denjenigen, die würzigen Orientalen mit einem leichten 'Oldschool-Vibe' sehr zugeneigt sind und ihn noch nicht unter der Nase gehabt haben, möchte ich dieses geniale Parfum sehr empfehlen.

Es erwartet einen ein unverkennbarer und einzigartiger Duft, der mMn mit einem ausgeprägten Wiedererkennungswert ausgestattet ist und seinesgleichen sucht.
Ich behaupte nämlich, dass man ihn nach dem ersten Kennenlernen immer wieder erkennen würde.

Ein ungemein anziehendes und sinnliches Parfum, der vor lautem Selbstbewusstsein nur so strotzt.

[...]
Ich bedanke mich bei allen, die meinen Worten gefolgt sind!
25 Antworten
Salva vor 3 Jahren 47 31
7
Flakon
7
Sillage
7
Haltbarkeit
8.5
Duft
Paco‘s einziger HERREN-Duft
Mein Anlass zu dieser Rezension ist selbstverständlich zum einen meine Begeisterung für dieses wunderbar männliche 1973er Parfum. Schon seit geraumer Zeit habe ich nämlich vorgehabt ein paar Zeilen zu Paco Rabanne‘s einzigem HERREN-Duft zu verfassen (Herren ist bewusst in Großbuchstaben geschrieben, dazu später noch etwas). Zum anderen aber hat mein letzter Test eines Dufts aus diesem Hause den Stein zum Rollen gebracht, wenn man so möchte. Denn dieser Test war für mich, wie bei eig. (fast) jedem Duft von Señor Rabanne, einfach für die Katz.

(Anmerkung: Hierbei handelte es sich um die Neuerscheinung von diesem Jahr mit dem aberwitzigen Namen „Phantom“ und dem noch genialeren Flakon... Wer meine Meinung zu diesem Duft wissen möchte, bitte einmal unter den zu diesem Duft dazugehörigen Statements nachlesen).

[...]

Nun denn, wer ist dieser Paco Rabanne?

Hinter dem Namen verbirgt sich ein baskischer Modeschöpfer und Designer aus San Sebastián im Norden von Spanien, der mit bürgerlichem Namen Francisco Rabaneda Cuervo heißt und sich mit seinem Unternehmen „Paco Rabanne SAS“ im Jahre 1965 einen Traum von der Selbstständigkeit erfüllte und welches bis heute auf dem Markt ist, wenn auch seit 1987 vollständig dem Kosmetikkonzern „Puig“ gehört.

Geboren im Jahre 1934, also kurz vor dem spanischen Bürgerkrieg von 1936 - '39, wuchs Rabanne aber unter ärmlichen Verhältnissen bei seiner Mutter auf, die zu der Zeit als Schneiderin beim Unternehmen „Balenciaga S.A.“ tätig gewesen war.
Um ihrem Sohn eine bessere Zukunft zu ermöglichen, floh sie mit ihm nach Ende des Spanischen Bürgerkrieges im Jahre 1939 nach Paris.
„Bessere Zukunft“ muss hier aber natürlich relativ gesehen werden, denn bekanntermaßen wütete bzw. begann weltweit zu dieser Zeit der 2. Große Weltkrieg...

Allen Umständen und Widerständen zum trotz jedoch nutzte Rabanne in Frankreich seine Chance und studierte ab 1952 Architektur. Nebenher ging er seinem Hobby nach und fertigte die für ihn so charakteristisch futuristischen Modeskizzen für bekannte Pariser Häuser an. Begeistern konnte er sich ebenfalls für
den Konstriktivismus und Science Fiction im Allgemeinen.
Nach dem Studium arbeitete er noch als Freiberufler für bspw. Cardin und Givenchy. Die Gründung seiner eigenen Firma folgte dann - wie erwähnt - Mitte der 1960er...

Der internationale Durchbruch jedoch gelang ihm 1968 mit der Kostümgestaltung des Science Fiction-Spielfilms „Barbarella“, bei dem er - u.a. für Oscarpreisträgerin Jane Fonda in der Hauptrolle - den hautengen Catsuit für sie entwarf.

Und neben Yves Saint Laurent gilt er heute nach wie vor als einer der stilprägendsten Designer der 1960er Jahre überhaupt.

[...]

Wenn man sich nun die Düfte Paco Rabanne’s ansieht und vergleicht, stellt man schnell fest, dass dieser 1973er Pour Homme total aus der Reihe tanzt, und zwar im absolut positiven Sinne, wie ich finde.

Und meine folgende Beschreibung bezieht sich auf die neuere Version, denn mein Flakon ist von diesem Jahr.

Dieser beginnt recht krautig-würzig mit deutlich wahrnehmbaren Muskatellersalbei, wozu sich für meine Nase zusätzlich riechender Rosmarin mit einbringt. Dieser sorgt für ein herbes Aroma, was zu Beginn für ein insgesamt tolles herb-frisch-würziges Aroma sorgt. Denn dieses herb-frische Akkord behält der Duft im weiteren Verlauf bei, während das Krautig-Würzige sich schnell zurückzieht.

Denn alsbald der Muskatellersalbei verschwindet, nehme ich Lavendel wahr, aber nur ganz sanft im Hintergrund. Dieser sorgt für einen - für mein Empfinden - zart seifigen Akkord. Nach wie vor dominiert aber für meine Nase der Rosmarin.

Zur Basis jedoch macht dieser Rosmarin Platz für das grüne (Eichen-)Moos, welches ein wesentlicher Charakter dieses Duftes ist. Und zu der grünen Basis lässt sich für mich ein winziger Hauch von süßem Honig im Hintergrund erkennen, welches den Duft wunderbar abrundet.
Moschus oder Amber rieche ich persönlich nicht raus.

[...]

Ich persönlich denke ein Duft dieser Art ist besonderes toll im Frühling und Herbst einsetzbar. Wenngleich man ihn auch (eigentlich) das ganze Jahr über zu jedem Anlass problemlos tragen könnte.

Mit etwa 5h Ausdauer weist mein Flakon über eine durchschnittliche Haltbarkeit auf. Die Sillage ist nur in der ersten Stunde ziemlich raumfüllend wie ich finde, danach wird er zunehmend hautnäher.

[...]

Fazit:

Die allermeisten für meine Geschlechtsgenossen lancierten Parfums aus dem Hause Rabanne‘s beinhalten dominant fruchtig-süße Noten, die wohl vordergründig jüngeres Klientel (U 30) ansprechen sollen. Das sind jedoch genau die Art Düfte, mit denen ich persönlich nie etwas anfangen konnte (auch nicht mit U 30).

Dieser ausdrucksstarke Fougère aber hier trägt zurecht den Beinamen Pour Homme, denn hier ist alles, was das klassische Herrenherz begehrt.

Herb-würzige Kräuter, aromatisch-seifig-moosige Frische.

Ein Duft für mich. Für unverfälschte Klassikliebhaber.

Für alle, die nicht blind irgendwelchen Trends folgen.

[...]

Vielen Dank für‘s Lesen!
31 Antworten
6 - 10 von 78