Gin and Tonic Cologne Art de Parfum 2016
30
Top Rezension
Das Dufttest-Besäufnis
Prof. Dr. sonst.was Meggi nippte fluchend an einem Gin Tonic. Sein idiotischer Neffe hatte das Zeug fertig gemixt gekauft. Bah! Wenn er selbst in eine Bar ging, steckte er als erstes dem Barkeeper, dass er zwar ‚Gin Tonic‘ bestellen würde (um nicht allzu blöd aufzufallen), aber nur den Gin wolle.
Eigentlich konnte er sich jetzt ans Texten machen. Sein Neffe stierte glasig vor sich hin und reagierte kaum noch auf Zurufe; mit dem würde das heute nix mehr werden. Zumindest – das musste man ihm lassen – hatte der Junge das vorausgesehen. Dem war nämlich vor einigen Jahren schon mal von Käsefondue schwummrig geworden* und die Fortsetzung der nahezu völligen Abstinenz seither hatte seine Alkohol-Toleranz offensichtlich nicht erhöht.
Deshalb hatte der Gute vor einem Dilemma gestanden, als es galt, einen Kommentar zu einem Parfüm namens „Gin and Tonic Cologne“ zu verfassen. Wie sollte das gehen, ohne das zugrundeliegende Getränk zu kennen? Es kennenzulernen würde allerdings absehbar rasch zum Knockout führen. Also hatte er seinen stahl-kehligen und hornhaut-lebrigen Abenteurer-Onkel um Hilfe gebeten. Der könnte nicht nur auf ihn achtgeben, sobald die Vergleichs-Schlucke ihre narkotisierende Wirkung täten, sondern würde zudem notfalls persönlich zur Feder greifen. Tja, mit beidem war es nun so weit.
Erstmal einen Blick in die Notizen seines Neffen werfen: „Wacholder bereits im Auftakt, rosa Pfeffer würde auch passen.“ Das war gut zu lesen. Ebenso „Nach ein paar Sekunden Wacholder stärker. Grapefruit deutlich. Die Angabe ‚Zitronenschale‘ als Erklärung für den stichig-synthetischen Einschlag zu bieten, verbirgt den Anteil der Chemie zunächst geschickt.“
Im folgenden Absatz wurde die Schrift fahriger: „Getränk-Illusion durch Wacholder und Grapefruit sowie – siehe oben - irgendwas Wässrig-Auffrischendes aus dem Labor geschaffen. Helional? Insgesamt ein zurückhaltend-gekonnter Beitrag der Chemie, wohl genau richtig für den gewünschten Duft-Eindruck…“
Der letzte Satz lautete vermutlich: „Wahrscheinlich wird nachher Vetiver die Grapefruit-Frische über … die Zeit … retten?“ Mit diesen Worten war ihm der Stift entglitten, die hinteren Silben waren gar das Blatt herabgerutscht, bis über dessen Rand hinaus.
Und nun? Was sollte er zusätzlich schreiben? Das auf dem Handgelenk roch halt ähnlich wie das aus dem Glas, bloß auf Dauer natürlich weniger spritig - alles weggeatmet, höhö… Jedenfalls konnte man den Namen des Duftes im Geruch wiederfinden, wie auch immer die das schließlich im Detail hinbekommen hatten. Die entsprechende Idee stand ja schon auf dem Zettel.
Vielleicht schrieb er einfach exakt das und schloss mit: „Ein im Kern verblüffend milder Wacholder-Grapefruit-Duft mit schön umgesetztem Schein-Alkohol-Eindruck. Geradlinig, frisch und unspektakulär. Thema getroffen.“
Er erinnerte sich dunkel, vor Jahren ein Parfüm mit ähnlicher Feuchtgastronomie-Provenienz gerochen zu haben: Juniper Sling von Penhaligon’s – gleichermaßen nach einem Mix-Getränk mit Gin benannt. Das hatte ihm weniger gefallen; es war, wenn er sich zutreffend entsann, zu schnell zu wässrig geworden. Das machte der vorliegende Kollege ein bisschen besser, der hielt die Drink-Assoziation bis bummelig in die fünfte Stunde hinein aufrecht, ehe es zunehmend synthetisch-labberig wurde. Und das zum kleineren Preis, der freilich trotzdem noch als sportlich gelten durfte.
Joah, las sich ganz ordentlich. Das konnte so bleiben. Jetzt flink die nächsten Gläser dieses erbärmlichen Mischmaschs runterkippen, sonst klappte das heute nicht mehr mit ‘nem anständigen Pegel.
--------------------------------
* Tatsächlich erlebt!
Ich bedanke mich bei Gerdi für die Probe.
Eigentlich konnte er sich jetzt ans Texten machen. Sein Neffe stierte glasig vor sich hin und reagierte kaum noch auf Zurufe; mit dem würde das heute nix mehr werden. Zumindest – das musste man ihm lassen – hatte der Junge das vorausgesehen. Dem war nämlich vor einigen Jahren schon mal von Käsefondue schwummrig geworden* und die Fortsetzung der nahezu völligen Abstinenz seither hatte seine Alkohol-Toleranz offensichtlich nicht erhöht.
Deshalb hatte der Gute vor einem Dilemma gestanden, als es galt, einen Kommentar zu einem Parfüm namens „Gin and Tonic Cologne“ zu verfassen. Wie sollte das gehen, ohne das zugrundeliegende Getränk zu kennen? Es kennenzulernen würde allerdings absehbar rasch zum Knockout führen. Also hatte er seinen stahl-kehligen und hornhaut-lebrigen Abenteurer-Onkel um Hilfe gebeten. Der könnte nicht nur auf ihn achtgeben, sobald die Vergleichs-Schlucke ihre narkotisierende Wirkung täten, sondern würde zudem notfalls persönlich zur Feder greifen. Tja, mit beidem war es nun so weit.
Erstmal einen Blick in die Notizen seines Neffen werfen: „Wacholder bereits im Auftakt, rosa Pfeffer würde auch passen.“ Das war gut zu lesen. Ebenso „Nach ein paar Sekunden Wacholder stärker. Grapefruit deutlich. Die Angabe ‚Zitronenschale‘ als Erklärung für den stichig-synthetischen Einschlag zu bieten, verbirgt den Anteil der Chemie zunächst geschickt.“
Im folgenden Absatz wurde die Schrift fahriger: „Getränk-Illusion durch Wacholder und Grapefruit sowie – siehe oben - irgendwas Wässrig-Auffrischendes aus dem Labor geschaffen. Helional? Insgesamt ein zurückhaltend-gekonnter Beitrag der Chemie, wohl genau richtig für den gewünschten Duft-Eindruck…“
Der letzte Satz lautete vermutlich: „Wahrscheinlich wird nachher Vetiver die Grapefruit-Frische über … die Zeit … retten?“ Mit diesen Worten war ihm der Stift entglitten, die hinteren Silben waren gar das Blatt herabgerutscht, bis über dessen Rand hinaus.
Und nun? Was sollte er zusätzlich schreiben? Das auf dem Handgelenk roch halt ähnlich wie das aus dem Glas, bloß auf Dauer natürlich weniger spritig - alles weggeatmet, höhö… Jedenfalls konnte man den Namen des Duftes im Geruch wiederfinden, wie auch immer die das schließlich im Detail hinbekommen hatten. Die entsprechende Idee stand ja schon auf dem Zettel.
Vielleicht schrieb er einfach exakt das und schloss mit: „Ein im Kern verblüffend milder Wacholder-Grapefruit-Duft mit schön umgesetztem Schein-Alkohol-Eindruck. Geradlinig, frisch und unspektakulär. Thema getroffen.“
Er erinnerte sich dunkel, vor Jahren ein Parfüm mit ähnlicher Feuchtgastronomie-Provenienz gerochen zu haben: Juniper Sling von Penhaligon’s – gleichermaßen nach einem Mix-Getränk mit Gin benannt. Das hatte ihm weniger gefallen; es war, wenn er sich zutreffend entsann, zu schnell zu wässrig geworden. Das machte der vorliegende Kollege ein bisschen besser, der hielt die Drink-Assoziation bis bummelig in die fünfte Stunde hinein aufrecht, ehe es zunehmend synthetisch-labberig wurde. Und das zum kleineren Preis, der freilich trotzdem noch als sportlich gelten durfte.
Joah, las sich ganz ordentlich. Das konnte so bleiben. Jetzt flink die nächsten Gläser dieses erbärmlichen Mischmaschs runterkippen, sonst klappte das heute nicht mehr mit ‘nem anständigen Pegel.
--------------------------------
* Tatsächlich erlebt!
Ich bedanke mich bei Gerdi für die Probe.
17 Antworten


Für den Preis (50ml/140,-€) kann man so viele Luxus-Gin-Tonik trinken, bis der Fondue-Effekt einsetzt! Gut riechen tut der Duft trotzdem, nur die Haltbarkeit ist sehr mangelhaft!