14.05.2013 - 20:13 Uhr
Aava
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Aava
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Der moderne Punk
Dreckig bleiben - Ein Name, der für ein Parfum so ungewöhnlich wie seltsam ist. Mehr eine Haltung als nur ein Name, verkündet Dreckig bleiben von Individualität und Authentizität. Sich selbst bleiben, sich nicht beugen unter dem Druck der Masse. Anders bleiben. "Dreckig bleiben" ist gegen Konventionen und ein Kontrapunkt zu dem Allerlei der unzählbaren Parfumneuerscheinungen, die jedes Jahr in völlig unüberschaubarem Maß auf den Markt geschmissen werden. PMP - Perfumes Mayr Plettenberg, inzwischen hier im Forum auch hinreichend bekannt als die Kollaboration von Stefanie Mayr und Daniel Plettenberg, die "Dreckig bleiben" in Zusammenarbeit mit Parfumeur Mark Buxton kreiert haben, machen es anders. Sie produzieren gerade mal 999 Flakons ihres ungewöhnlichen Outsiderduftes und nennen es völlig anarchistisch "Dreckig bleiben". PMP setzen also auf Anti. Anti-Mainstream, Anti-Oberflächlichkeit, Anti-Mit dem Strom schwimmen. Das ist Punk. Das ist Never-Mind-the-Bollocks-Punk in modern.
Wer also von „Dreckig bleiben“ gehört hat, ist mit Sicherheit neugierig. Fragt sich, wie dieser Anti-Duft, diese "fein abgestimmte Absage an die Oberflächlichkeit", wohl riechen mag und was daran so besonders sein wird. Sein Ruf eilt ihm voraus und ich komme nicht umhin, ein wenig bewundernd meine Augenbrauen ob der Tatsache hochzuziehen, dass da ein junges Nischenlabel die Absage der Oberflächlichkeit wie ein großes Banner vor sich her trägt und sich gegen den Durchschnitt genauso wie gegen die Großen der Branche stellt, auf der anderen Seite aber eine Marketingwelle los getreten hat, die ich erstaunlich finde. „Dreckig bleiben“ spricht an und verführt. Das Konzept ist grandios. Jeder möchte individuell, ganz eigen und autark sein und auch so riechen. Das Konzept greift und ich schätze, dass nicht nur ich eins um´s andere Mal fast den „Buy now“ Button auf der liebevoll gestalteten „Dreckig bleiben“ Homepage angeklickt hätte, ohne vorher einmal an dem Duft gerochen zu haben. „Dreckig bleiben“ verspricht Individualität und Exklusivität und hat ganz offensichtlich damit alles richtig gemacht.
Laut des Beschreibungstextes von PMP zu „Dreckig bleiben“ soll der Duft eine gemütlich-leichte Lagerfeuerstimmung transportieren. Man sitzt mit den besten Freunden unbeschwert um ein Lagerfeuer an irgendeinem Fluss, wahrscheinlich irgendwo im Industriegebiet einer mittelgroßen Stadt, trinkt Bier aus Flaschen, die man nicht mit dem Flaschenöffner, sondern mit dem Feuerzeug gekappt hat, und unterhält sich, lacht, macht Krach. Nach Lagerfeuer und Rauch soll „Dreckig bleiben“ also riechen. Nach lockerer Ungezwungenheit. Etwas für Individualisten und Querdenker.
„Dreckig bleiben“ startet mit einem wunderschönen Akkord aus verschiedenen zitrischen Noten: Mandarine, Ingwer, Neroli, Bergamotte. Noten, die Leichtigkeit und eine gewisse spritzige Unbeschwertheit verkünden sollen. Ein wirklich wunderbarer Auftaktakkord, den ich grandios zusammen gestellt finde. Die Noten sind fein in- und miteinander verwoben und so harzig weich eingebunden, dass der Auftakt von „Dreckig bleiben“ schon überrascht. Überraschend weich fällt er nämlich dort aus, wo ich doch eher eine Kopfnotenbombe erwartet hatte, die brüllt, wie ein Punk, wenn er „God save the Queen“ mit gröhlt. Aber nein, „Dreckig bleiben“ brüllt nicht, es ist gemütlich. Hier ist nichts scharfkantig oder laut, sondern eher ein wenig herb aber sehr warm und weich. Eingebunden in die Harze der Herznoten macht die Kopfnote keinen Krach, sondern wirkt in meiner Nase rund und harmonisch. Allenfalls rieche ich aus der Verbundenheit der Einzelnoten den Ingwer heraus, der spritzig aber auch ein wenig holzig anmutet. Hier wird eine Ingwerknolle gerade von ihrer holzig faserigen Schale befreit und verströmt einen heilsamen, würzig-ätherischen Duft. All das ist nicht cologneartig, nicht luftig und taghell. Nein, die Kopfnote ist schwer, eher dämmrig, gemütlich wie ein großer Ohrensessel und gleich von Beginn an so in die Harze der Herznote eingebunden, dass klar ist: „Dreckig bleiben“ ist Harz, harzer, harzigst! Gurjum und Labdanum fließen in einer deutlich ambrierten Weichheit ein, während wohl das Elemiharz zusammen mit den Holznoten aus der Basis für die angepriesene rauchige Lagerfeuerstimmung sorgen soll. Aber dezidiert rauchig finde ich „Dreckig bleiben“ nicht. Auch nicht ausgewiesen holzig. Rauchige und holzige Anklänge lassen sich zwar erkennen, schieben sich aber nie in den Vordergrund. Erst in der Basis lässt die harzige Dominanz etwas nach und gibt den Holznoten mehr Raum. Sowohl das eher weiche Sandelholz als auch die etwas frischere Zeder kann man heraus riechen, wenn man danach sucht. Eine unsüße Vanille rundet ab, macht das Ganze freundlich und verleiht der Basis einen ruhigen und gesetzten Unterton.
„Dreckig bleiben“ präsentiert sich insgesamt nicht ausschweifend und nicht laut. Gerade die Basis empfinde ich sogar als recht konventionell. Schön aber nicht ungewöhnlich. An manchen Stellen wurden schon Vergleiche zu dem leider eingestellten Gucci pour Homme I aufgestellt, die ich bedingt nachvollziehen kann. Am ähnlichsten sind sich „Dreckig bleiben“ und GPH I in ihrer Basis, wobei ich GPH I deutlich würziger, weihrauchiger und orientalischer angehaucht finde. „Dreckig bleiben“ dagegen wirkt noch eine Spur weicher und zurückhaltender und damit für mich aber leider auch gewöhnlicher. Bei all dem Marketinggerede um Individualität und Authentizität, der Anti-Haltung und der Absage an die Oberflächlichkeit habe ich einen deutlich kompromissloseren und experimentelleren Duft erwartet. Erwartet habe ich einen so kompromisslosen Duft wie Bois d’Ascèse, der ähnlich wie „Dreckig bleiben“ nach Rauch und Lagerfeuer riechen soll. Im Vergleich zu „Dreckig bleiben“ setzt Bois d’Ascèse das rauchige Thema aber deutlich kraftvoller um. Während Bois d’Ascèse als Duft eine klare Ansage ist, polarisiert und in seiner Andersartigkeit fasziniert, spricht mich bei „Dreckig bleiben“ vor allem die Andersartigkeit des Marketingkonzepts an. Der Duft selbst, obwohl sehr schön und gut gemacht, wirkt auf mich nicht besonders ungewöhnlich und auch nicht besonders andersartig.
Dreckig bleiben – anders bleiben. Anders bleibt man hier in Gemütlichkeit. Hier besetzt kein Punk mehr ein Haus oder schrabbt ein paar schräge Akkorde auf der Gitarre runter. Der moderne Punk sitzt bei einem Bier mit seinen Freunden zusammen, hört elektronische Musik und diskutiert leise über kluge Themen bei einem langsam verglimmenden Lagerfeuer am Fluss, irgendwo im Industriegebiet einer mittelgroßen Stadt. Der moderne Punk bleibt dreckig, das aber nicht zu laut!
Wer also von „Dreckig bleiben“ gehört hat, ist mit Sicherheit neugierig. Fragt sich, wie dieser Anti-Duft, diese "fein abgestimmte Absage an die Oberflächlichkeit", wohl riechen mag und was daran so besonders sein wird. Sein Ruf eilt ihm voraus und ich komme nicht umhin, ein wenig bewundernd meine Augenbrauen ob der Tatsache hochzuziehen, dass da ein junges Nischenlabel die Absage der Oberflächlichkeit wie ein großes Banner vor sich her trägt und sich gegen den Durchschnitt genauso wie gegen die Großen der Branche stellt, auf der anderen Seite aber eine Marketingwelle los getreten hat, die ich erstaunlich finde. „Dreckig bleiben“ spricht an und verführt. Das Konzept ist grandios. Jeder möchte individuell, ganz eigen und autark sein und auch so riechen. Das Konzept greift und ich schätze, dass nicht nur ich eins um´s andere Mal fast den „Buy now“ Button auf der liebevoll gestalteten „Dreckig bleiben“ Homepage angeklickt hätte, ohne vorher einmal an dem Duft gerochen zu haben. „Dreckig bleiben“ verspricht Individualität und Exklusivität und hat ganz offensichtlich damit alles richtig gemacht.
Laut des Beschreibungstextes von PMP zu „Dreckig bleiben“ soll der Duft eine gemütlich-leichte Lagerfeuerstimmung transportieren. Man sitzt mit den besten Freunden unbeschwert um ein Lagerfeuer an irgendeinem Fluss, wahrscheinlich irgendwo im Industriegebiet einer mittelgroßen Stadt, trinkt Bier aus Flaschen, die man nicht mit dem Flaschenöffner, sondern mit dem Feuerzeug gekappt hat, und unterhält sich, lacht, macht Krach. Nach Lagerfeuer und Rauch soll „Dreckig bleiben“ also riechen. Nach lockerer Ungezwungenheit. Etwas für Individualisten und Querdenker.
„Dreckig bleiben“ startet mit einem wunderschönen Akkord aus verschiedenen zitrischen Noten: Mandarine, Ingwer, Neroli, Bergamotte. Noten, die Leichtigkeit und eine gewisse spritzige Unbeschwertheit verkünden sollen. Ein wirklich wunderbarer Auftaktakkord, den ich grandios zusammen gestellt finde. Die Noten sind fein in- und miteinander verwoben und so harzig weich eingebunden, dass der Auftakt von „Dreckig bleiben“ schon überrascht. Überraschend weich fällt er nämlich dort aus, wo ich doch eher eine Kopfnotenbombe erwartet hatte, die brüllt, wie ein Punk, wenn er „God save the Queen“ mit gröhlt. Aber nein, „Dreckig bleiben“ brüllt nicht, es ist gemütlich. Hier ist nichts scharfkantig oder laut, sondern eher ein wenig herb aber sehr warm und weich. Eingebunden in die Harze der Herznoten macht die Kopfnote keinen Krach, sondern wirkt in meiner Nase rund und harmonisch. Allenfalls rieche ich aus der Verbundenheit der Einzelnoten den Ingwer heraus, der spritzig aber auch ein wenig holzig anmutet. Hier wird eine Ingwerknolle gerade von ihrer holzig faserigen Schale befreit und verströmt einen heilsamen, würzig-ätherischen Duft. All das ist nicht cologneartig, nicht luftig und taghell. Nein, die Kopfnote ist schwer, eher dämmrig, gemütlich wie ein großer Ohrensessel und gleich von Beginn an so in die Harze der Herznote eingebunden, dass klar ist: „Dreckig bleiben“ ist Harz, harzer, harzigst! Gurjum und Labdanum fließen in einer deutlich ambrierten Weichheit ein, während wohl das Elemiharz zusammen mit den Holznoten aus der Basis für die angepriesene rauchige Lagerfeuerstimmung sorgen soll. Aber dezidiert rauchig finde ich „Dreckig bleiben“ nicht. Auch nicht ausgewiesen holzig. Rauchige und holzige Anklänge lassen sich zwar erkennen, schieben sich aber nie in den Vordergrund. Erst in der Basis lässt die harzige Dominanz etwas nach und gibt den Holznoten mehr Raum. Sowohl das eher weiche Sandelholz als auch die etwas frischere Zeder kann man heraus riechen, wenn man danach sucht. Eine unsüße Vanille rundet ab, macht das Ganze freundlich und verleiht der Basis einen ruhigen und gesetzten Unterton.
„Dreckig bleiben“ präsentiert sich insgesamt nicht ausschweifend und nicht laut. Gerade die Basis empfinde ich sogar als recht konventionell. Schön aber nicht ungewöhnlich. An manchen Stellen wurden schon Vergleiche zu dem leider eingestellten Gucci pour Homme I aufgestellt, die ich bedingt nachvollziehen kann. Am ähnlichsten sind sich „Dreckig bleiben“ und GPH I in ihrer Basis, wobei ich GPH I deutlich würziger, weihrauchiger und orientalischer angehaucht finde. „Dreckig bleiben“ dagegen wirkt noch eine Spur weicher und zurückhaltender und damit für mich aber leider auch gewöhnlicher. Bei all dem Marketinggerede um Individualität und Authentizität, der Anti-Haltung und der Absage an die Oberflächlichkeit habe ich einen deutlich kompromissloseren und experimentelleren Duft erwartet. Erwartet habe ich einen so kompromisslosen Duft wie Bois d’Ascèse, der ähnlich wie „Dreckig bleiben“ nach Rauch und Lagerfeuer riechen soll. Im Vergleich zu „Dreckig bleiben“ setzt Bois d’Ascèse das rauchige Thema aber deutlich kraftvoller um. Während Bois d’Ascèse als Duft eine klare Ansage ist, polarisiert und in seiner Andersartigkeit fasziniert, spricht mich bei „Dreckig bleiben“ vor allem die Andersartigkeit des Marketingkonzepts an. Der Duft selbst, obwohl sehr schön und gut gemacht, wirkt auf mich nicht besonders ungewöhnlich und auch nicht besonders andersartig.
Dreckig bleiben – anders bleiben. Anders bleibt man hier in Gemütlichkeit. Hier besetzt kein Punk mehr ein Haus oder schrabbt ein paar schräge Akkorde auf der Gitarre runter. Der moderne Punk sitzt bei einem Bier mit seinen Freunden zusammen, hört elektronische Musik und diskutiert leise über kluge Themen bei einem langsam verglimmenden Lagerfeuer am Fluss, irgendwo im Industriegebiet einer mittelgroßen Stadt. Der moderne Punk bleibt dreckig, das aber nicht zu laut!
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