28.03.2014 - 18:36 Uhr
Fittleworth
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Fittleworth
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22
"Wohl aufgemerkt nun also …!" (Deutschland 1937)
„Also Karl! Nein, wirklich …!“
Margarete Kempowski schüttelte empört den Kopf.
Mit diesem seltsamen Geruch wollte ihr Karl vor die Tür gehen? Was sollten denn die Leute sagen?
Man gehörte immerhin zur besseren Gesellschaft in Rostock …
„Na was denn, mein Getilein? Ist halt ein französisches Duftwasser! Extra für den Herrn von Welt!“
Karl grinste ein wenig anzüglich.
„Ich hab es aus Frankreich mitgebracht, also trage ich es auch. Klare Sache, und damit hopp!“
Margarete war nicht überzeugt.
„Nein wie isses nur mööchlich! Muß es denn unbedingt dieses Zeuch aus Frankreich sein? Vater würde so etwas nie tragen!“
„Muß es, mein Getilein, muß es! Und ich wundere mich doch sehr. Dein Vater legt doch immer so großen Wert darauf, aus einem alten Hugenottengeschlecht zu stammen ...“
Margarete nickte.
„Ja, das stimmt auch. Das Geschecht der De Bonsac, edelstes Blut! Geadelt im 16. Jahrhundert ...“
„Na also, mein Getilein, dann ist ja alles primich. Habe ich dir nicht feinste französische und belgische Chocolade mitgebracht? Dann gönn' mir doch meinen Duft. Ich schütte mir noch etwas Franzmann-Wasser ins Gesicht, und dann hinaus ins feindliche Leben!“
Grinsend lies Karl seinen Worten sogleich Taten folgen.
„Aaaah … Tadellöser und Wolf! So muß das! Gut dem Dinge!“
Margarete sah ihrem Gatten nach. Nein, wie isses nur zu fassen, dachte sie.
Auf dem Wege zum Kontor am Hafen genoß er den feinen Duft, der ihn umwehte. Wann hatte er denn schon einmal etwas so Gutes gerochen?
Beschwingten Schrittes näherte er sich dem gelben Gebäude.
„Ach, Herr Kempowski …?!“
Karl wandte sich um und lüftete freundlich den Hut. Kobialla hatte ihn angesprochen.
Auch so 'ne Existenz! Was wollte der denn schon am frühen Morgen?
„Herr Kempowski, ich hab die Lieferpapiere eingereicht. Das Schiff kann morgen auslaufen.“
Wohlgefällig nickte Karl mit dem Kopf.
„Ich will's ihm lohnen, im spät'ren Leben. Einstweilen – besten Dank!“
Er stieg die Treppe hinauf und bemerkte aus den Augenwinkeln, wie Kobialla ihm bewundernd nachsah, den Hut in der Hand und in einer halben Verbeugung stehend.
Wird wohl auch dieses Duftwasser sein, dachte er.
Jaja, die Franzosen … sowas können sie!
Nun, da er allein war, schnupperte er genüßlich an seinem Handgelenk, auf welches er wohlweislich einige Tropfen aufgetragen hatte.
Zitrone … wie ungewöhnlich! Aber das war ja nicht nur Zitrone, das war ja auch … hmmm …
Karl erinnerte sich plötzlich daran, wie es in Lüders Kolonialwarenladen immer geduftet hatte.
Zitronen, ja gewiß … aber der olle Lüders hatte ihm damals, vor vielen Jahren, ja eindringlich erklärt, daß es sehr viel mehr Zitrusfrüchte gab als nur Zitronen.
Da waren ja auch noch diese Bergamotten, die herrlich dufteten und die man in England in den Tee mischte …
Ja, bestimmt waren das Bergamotten! Diesen Duft vergaß man nicht, wenn man ihn einmal gerochen hatte.
Und was war das …? Karl zog die Stirn in abenteuerliche Falten. Irgend etwas kam ihm vage vertraut vor … das war doch … aber natürlich!
Lavendel.
Eindeutig Lavendel.
Ein kühler Lavendel, zurückhaltend, vornehm, umrahmt vom hellen Gelb der Zitrone und vom grünen Duft der Bergamotte.
Also diese Franzosen …!
Ja wirklich, das können die, dachte Karl.
Wie gut, daß ich dieses Fläschchen mitgenommen habe, als wir durch Grasse kamen.
Ach ja, Grasse …
Karl lächelte.
Gut dem Dinge!
Ein leiser, fruchtiger Akkord mischte sich verhalten, aber deutlich wahrnehmbar in die helle zitrische Note und kontrastierte auf's angenehmste den Lavendel.
Jungedi, Jungedi, dachte Karl, das wird ja immer besser.
Also dieses Wässerchen gab er nicht wieder her, mochte Getilein auch zetern und mochten sich die Leute ob seines ausgefallenen Geschmacks auch die Mäuler zerreißen. Das war ihm doch Piepenhagen!
Jasmin, dachte er, das kann nur Jasmin sein …
Was für ein Duft! Epochal!
Und diese dezente Ledernote … das war ja …! Gutmannsdörfer!
Männlich, das war er! Männlich, frisch, langanhaltend. Einfach wunderbar.
Tadellos!
Ach was – Tadellöser!
Tadellöser und Wolff!
Margarete Kempowski schüttelte empört den Kopf.
Mit diesem seltsamen Geruch wollte ihr Karl vor die Tür gehen? Was sollten denn die Leute sagen?
Man gehörte immerhin zur besseren Gesellschaft in Rostock …
„Na was denn, mein Getilein? Ist halt ein französisches Duftwasser! Extra für den Herrn von Welt!“
Karl grinste ein wenig anzüglich.
„Ich hab es aus Frankreich mitgebracht, also trage ich es auch. Klare Sache, und damit hopp!“
Margarete war nicht überzeugt.
„Nein wie isses nur mööchlich! Muß es denn unbedingt dieses Zeuch aus Frankreich sein? Vater würde so etwas nie tragen!“
„Muß es, mein Getilein, muß es! Und ich wundere mich doch sehr. Dein Vater legt doch immer so großen Wert darauf, aus einem alten Hugenottengeschlecht zu stammen ...“
Margarete nickte.
„Ja, das stimmt auch. Das Geschecht der De Bonsac, edelstes Blut! Geadelt im 16. Jahrhundert ...“
„Na also, mein Getilein, dann ist ja alles primich. Habe ich dir nicht feinste französische und belgische Chocolade mitgebracht? Dann gönn' mir doch meinen Duft. Ich schütte mir noch etwas Franzmann-Wasser ins Gesicht, und dann hinaus ins feindliche Leben!“
Grinsend lies Karl seinen Worten sogleich Taten folgen.
„Aaaah … Tadellöser und Wolf! So muß das! Gut dem Dinge!“
Margarete sah ihrem Gatten nach. Nein, wie isses nur zu fassen, dachte sie.
Auf dem Wege zum Kontor am Hafen genoß er den feinen Duft, der ihn umwehte. Wann hatte er denn schon einmal etwas so Gutes gerochen?
Beschwingten Schrittes näherte er sich dem gelben Gebäude.
„Ach, Herr Kempowski …?!“
Karl wandte sich um und lüftete freundlich den Hut. Kobialla hatte ihn angesprochen.
Auch so 'ne Existenz! Was wollte der denn schon am frühen Morgen?
„Herr Kempowski, ich hab die Lieferpapiere eingereicht. Das Schiff kann morgen auslaufen.“
Wohlgefällig nickte Karl mit dem Kopf.
„Ich will's ihm lohnen, im spät'ren Leben. Einstweilen – besten Dank!“
Er stieg die Treppe hinauf und bemerkte aus den Augenwinkeln, wie Kobialla ihm bewundernd nachsah, den Hut in der Hand und in einer halben Verbeugung stehend.
Wird wohl auch dieses Duftwasser sein, dachte er.
Jaja, die Franzosen … sowas können sie!
Nun, da er allein war, schnupperte er genüßlich an seinem Handgelenk, auf welches er wohlweislich einige Tropfen aufgetragen hatte.
Zitrone … wie ungewöhnlich! Aber das war ja nicht nur Zitrone, das war ja auch … hmmm …
Karl erinnerte sich plötzlich daran, wie es in Lüders Kolonialwarenladen immer geduftet hatte.
Zitronen, ja gewiß … aber der olle Lüders hatte ihm damals, vor vielen Jahren, ja eindringlich erklärt, daß es sehr viel mehr Zitrusfrüchte gab als nur Zitronen.
Da waren ja auch noch diese Bergamotten, die herrlich dufteten und die man in England in den Tee mischte …
Ja, bestimmt waren das Bergamotten! Diesen Duft vergaß man nicht, wenn man ihn einmal gerochen hatte.
Und was war das …? Karl zog die Stirn in abenteuerliche Falten. Irgend etwas kam ihm vage vertraut vor … das war doch … aber natürlich!
Lavendel.
Eindeutig Lavendel.
Ein kühler Lavendel, zurückhaltend, vornehm, umrahmt vom hellen Gelb der Zitrone und vom grünen Duft der Bergamotte.
Also diese Franzosen …!
Ja wirklich, das können die, dachte Karl.
Wie gut, daß ich dieses Fläschchen mitgenommen habe, als wir durch Grasse kamen.
Ach ja, Grasse …
Karl lächelte.
Gut dem Dinge!
Ein leiser, fruchtiger Akkord mischte sich verhalten, aber deutlich wahrnehmbar in die helle zitrische Note und kontrastierte auf's angenehmste den Lavendel.
Jungedi, Jungedi, dachte Karl, das wird ja immer besser.
Also dieses Wässerchen gab er nicht wieder her, mochte Getilein auch zetern und mochten sich die Leute ob seines ausgefallenen Geschmacks auch die Mäuler zerreißen. Das war ihm doch Piepenhagen!
Jasmin, dachte er, das kann nur Jasmin sein …
Was für ein Duft! Epochal!
Und diese dezente Ledernote … das war ja …! Gutmannsdörfer!
Männlich, das war er! Männlich, frisch, langanhaltend. Einfach wunderbar.
Tadellos!
Ach was – Tadellöser!
Tadellöser und Wolff!
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