10.06.2015 - 10:11 Uhr
Palonera
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Palonera
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36
der Ritterschlag
Anfang Juni im Ruhrgebiet, das Thermometer über dreißig Grad.
Blendendblauer Himmel, die Sonne knallt, jeder Faden Stoff zuviel auf meiner Haut.
Vollgestopfte Straßenbahnen, natürlich unklimatisiert, die feuchte Haut des Nebenmannes klebt an meinem Arm.
Auf einen Tag wie diesen hatten wir gewartet, "La Dame aux Camélias" und ich.
Es gibt nicht viel, das ich bei Hitze tragen mag.
Nicht immer steht der Sinn mir nach Cologne und nicht den ganzen Tag nach "frisch geduscht".
Bei manchen meiner Kinder gehört der Duft zur Therapie, ein Fehlgriff ist da kontraproduktiv.
An diesem Tag fuhr ich zu einem Jungen mit ADHS, der auf Zitrusnoten äußerst aggressiv anspricht.
Pudrig-sanfte Süße liebt er hingegen sehr – doch kaum ein Duft mit diesen Attributen ist auch ein Sommerkandidat.
So war die Kameliendame meine Hoffnungsträgerin.
Hell, jung und sehr, sehr sauber begegnet "La Dame aux Camélias" mir in den ersten Augenblicken – hochfeiner Talkumpuder stäubt auf meiner Haut, im Hintergrund ein schwacher Hauch von Haarspray.
Wimpernschläge später erblüht ein Meer hellvioletter Veilchen, sehr zart, sehr fein, anrührend altmodisch und doch überhaupt nicht brav.
Zwanzig ist sie, höchstens – blitzende Augen, die langen Wimpern sittsam gesenkt, doch nur zum Schein.
Grübchen in den glatten Wangen, ein fester Zug schon um den feinen Mund.
Kratzen kann sie, das ist sicher – traubenzuckrig-trocken kitzelt sie mich tief im Hals.
Doch schnell wird sie erwachsen, wird der Puder sanft und glatt, leicht gewärmt von meiner Haut und doch auch ein wenig kühl.
Dreißig Grad machen ihr nichts aus, treiben sie nicht in die Flucht, schlagen ihr nicht auf's Gemüt.
Pudrig-sanfte Süße – nicht zu wenig, nicht zu viel.
Ich komme an.
"Da bist du ja!" begrüßt er mich. "Komm schwimmen!"
Schon hüpft er in den Pool.
Ich beneide ihn und wär' gern wieder Kind.
Fünf Minuten später hockt er neben mir, gebärdet ohne Punkt und Komma von der Woche, die zu Ende geht.
Zwischendurch ein nasser Kopf an meinem Hals, eine kleine Nase schnüffelt: "Du riechst gut!"
Der Ritterschlag.
In all den Jahren hat er das nur zwei-, dreimal gesagt.
Und schon springt er davon – es ist ein guter Tag.
Stunden später sitzen wir im Garten, der Fels in meiner Brandung und ich.
Die Sonne ist gegangen, der Grill kühlt langsam ab.
Er rückt näher: "Wenn es nicht so heiß wär'..."
Die Kameliendame lächelt.
Sie weiß: Auch er liebt glatten Puder.
Ich weiß: Oben im Haus ist es kühl.
"La Dame aux Camélias" begleitet mich seit diesem Tag.
Ich wollte wissen: Liebt sie es nur hitzig?
Wie verhält sie sich, wenn der Himmel Wolken trägt?
Zieht sie sich zurück vor kühlem Wind, läßt sie mich allein, wenn Regen fällt?
Sicher scheint zu sein: Sie liebt die Sonne und ist mir darin so unähnlich nicht.
Nur auf sonnenwarmer Haut entfaltet sich ihr ganzes Strahlen, bleibt sie über Stunden hinweg zärtlich und präsent.
Kühle auf der Haut quittiert auch sie mit Kühle, bleibt sie länger kratzig, wirkt ein wenig schnippisch gar.
An solchen Tagen rümpft sich meines Liebsten Nase, mag er nicht glauben, daß sie dieselbe ist wie jene, die jüngst erst bei ihm lag.
Doch das glaubt er manchmal nicht einmal von mir...
PS: Franfan - danke!
Blendendblauer Himmel, die Sonne knallt, jeder Faden Stoff zuviel auf meiner Haut.
Vollgestopfte Straßenbahnen, natürlich unklimatisiert, die feuchte Haut des Nebenmannes klebt an meinem Arm.
Auf einen Tag wie diesen hatten wir gewartet, "La Dame aux Camélias" und ich.
Es gibt nicht viel, das ich bei Hitze tragen mag.
Nicht immer steht der Sinn mir nach Cologne und nicht den ganzen Tag nach "frisch geduscht".
Bei manchen meiner Kinder gehört der Duft zur Therapie, ein Fehlgriff ist da kontraproduktiv.
An diesem Tag fuhr ich zu einem Jungen mit ADHS, der auf Zitrusnoten äußerst aggressiv anspricht.
Pudrig-sanfte Süße liebt er hingegen sehr – doch kaum ein Duft mit diesen Attributen ist auch ein Sommerkandidat.
So war die Kameliendame meine Hoffnungsträgerin.
Hell, jung und sehr, sehr sauber begegnet "La Dame aux Camélias" mir in den ersten Augenblicken – hochfeiner Talkumpuder stäubt auf meiner Haut, im Hintergrund ein schwacher Hauch von Haarspray.
Wimpernschläge später erblüht ein Meer hellvioletter Veilchen, sehr zart, sehr fein, anrührend altmodisch und doch überhaupt nicht brav.
Zwanzig ist sie, höchstens – blitzende Augen, die langen Wimpern sittsam gesenkt, doch nur zum Schein.
Grübchen in den glatten Wangen, ein fester Zug schon um den feinen Mund.
Kratzen kann sie, das ist sicher – traubenzuckrig-trocken kitzelt sie mich tief im Hals.
Doch schnell wird sie erwachsen, wird der Puder sanft und glatt, leicht gewärmt von meiner Haut und doch auch ein wenig kühl.
Dreißig Grad machen ihr nichts aus, treiben sie nicht in die Flucht, schlagen ihr nicht auf's Gemüt.
Pudrig-sanfte Süße – nicht zu wenig, nicht zu viel.
Ich komme an.
"Da bist du ja!" begrüßt er mich. "Komm schwimmen!"
Schon hüpft er in den Pool.
Ich beneide ihn und wär' gern wieder Kind.
Fünf Minuten später hockt er neben mir, gebärdet ohne Punkt und Komma von der Woche, die zu Ende geht.
Zwischendurch ein nasser Kopf an meinem Hals, eine kleine Nase schnüffelt: "Du riechst gut!"
Der Ritterschlag.
In all den Jahren hat er das nur zwei-, dreimal gesagt.
Und schon springt er davon – es ist ein guter Tag.
Stunden später sitzen wir im Garten, der Fels in meiner Brandung und ich.
Die Sonne ist gegangen, der Grill kühlt langsam ab.
Er rückt näher: "Wenn es nicht so heiß wär'..."
Die Kameliendame lächelt.
Sie weiß: Auch er liebt glatten Puder.
Ich weiß: Oben im Haus ist es kühl.
"La Dame aux Camélias" begleitet mich seit diesem Tag.
Ich wollte wissen: Liebt sie es nur hitzig?
Wie verhält sie sich, wenn der Himmel Wolken trägt?
Zieht sie sich zurück vor kühlem Wind, läßt sie mich allein, wenn Regen fällt?
Sicher scheint zu sein: Sie liebt die Sonne und ist mir darin so unähnlich nicht.
Nur auf sonnenwarmer Haut entfaltet sich ihr ganzes Strahlen, bleibt sie über Stunden hinweg zärtlich und präsent.
Kühle auf der Haut quittiert auch sie mit Kühle, bleibt sie länger kratzig, wirkt ein wenig schnippisch gar.
An solchen Tagen rümpft sich meines Liebsten Nase, mag er nicht glauben, daß sie dieselbe ist wie jene, die jüngst erst bei ihm lag.
Doch das glaubt er manchmal nicht einmal von mir...
PS: Franfan - danke!
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