Nonchalance Mäurer & Wirtz 1960 Eau de Toilette
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Top Rezension
Der Sonntags- und Feiertagsduft
Meine Oma war eine pflichtbewusste, bescheidene, fleißige und gottesfürchtige Frau. Die Messe an jedem Sonntag musste sein, schon alleine deshalb, weil ihre Schwester Nonne war. Mein Vater meinte manchmal ironisch, seine Mutter lebte frömmer und strenger als ihre Schwester im Kloster. Da sie uns an jedem zweiten Sonntag besuchte, war dies für mich auch mit einem Messebesuch verbunden. Um kurz vor 11 Uhr kam sie mit der Bahn direkt an der Kirche an und ich holte sie dort ab und ging mir ihr in die letzte Messe. Mir machte das nichts aus, ich habe einfach neben ihr gesessen und hing meinen Fantasien nach. Ab und an bekam ich einen leichten Schubs von ihr, dann war es Zeit zu knien oder aufzustehen. Meine ältere Schwester war da anders, sie hat es „wegen der Pflichten zu Hause“ nicht pünktlich in die Messe geschafft und blieb angeblich aus Rücksicht auf die anderen Kirchgänger hinten in der letzten Bank. Das war natürlich gelogen, sie schlief aus und kam erst kurz vor Ende der Messe, damit sie wusste, wer die Messe gehalten hat. Blöd war unsere Oma ja nicht, ab und an fragte sie nach, z. B. was das Thema der Predigt war. Dann war meine Schwester aufgeschmissen und ich musste aushelfen.
Unsere Oma hat uns geliebt und ihre Enkel alle gleich behandelt, aber es fiel ihr schwer, Gefühle zu zeigen. Sie war ein eher prüder Mensch, dem es schwer fiel, Freude zu zeigen. Manchmal war es so, als hätte sie sich die Freude verboten. Sie hat zwei Weltkriege mitgemacht, den ersten als junge Frau, den zweiten als Ehefrau und Mutter dreier Söhne. Aus dem ersten Weltkriege kamen ihr Bruder und viele Freunde nicht zurück, der zweite Weltkrieg nahm ihr den mittleren Sohn, er blieb vermisst. Ich kann nur ahnen, wie tief sie das geprägt hat, darüber gesprochen hat sie nie. Aber sie hat dafür gesorgt, dass mein Vater nicht zur Hitlerjugend musste und auch dafür, dass er nicht im letzten Kriegsjahr mit 15 Jahren eingezogen wurde.
Ein Parfum zu kaufen wäre ihr wie Verschwendung vorgekommen, sie lebte von einer bescheidenen Rente und gönnte sich keinen Luxus. Deshalb kauften wir ihr zu Weihnachten solche unnötigen Sachen wie teure Pralinen, eine schöne Seife oder einen Duft. Der Duft, den sie meistens, aber nur an Sonn- und Feiertagen auflegte, war Nonchalance.
Wenn ich heute in der Stadt einen Tester Nonchalance sehe, sprühe ich mir oft davon etwas aufs Handgelenk. Dieser Duft startet kräftig, stark blumig, einzelne Blumen kann ich nicht benennen. Nonchalance ist eher herb, nicht süß. Nach kurzer Zeit wird der Duft etwas lieblicher, würzig und leicht pudrig. Eine leichte Frische bleibt, diese wird durch Moschus und Amber etwas wärmer. Nonchalance ist altmodisch, aber auch apart. Ich finde, dieser Duft hat etwas Sauberes und Klares, kein Schnickschnack, deshalb hat meine Oma ihn wohl gemocht. Sillage und Haltbarkeit sind schwach bis mittel, der Duft ist eher körpernah. Nonchalance ist für mein Empfinden ein Ganzjahresduft, bei frostigen Temperaturen aber etwas schwach auf der Brust.
Ein wenig traurig macht mich die schlechte Bewertung hier, ein Duft der seit mehr als 50 Jahren produziert wird, kann so schlecht nicht sein. Ich selbst trage ihn nicht, aber ich rieche ihn gerne und finde, er hat was.
Unsere Oma hat uns geliebt und ihre Enkel alle gleich behandelt, aber es fiel ihr schwer, Gefühle zu zeigen. Sie war ein eher prüder Mensch, dem es schwer fiel, Freude zu zeigen. Manchmal war es so, als hätte sie sich die Freude verboten. Sie hat zwei Weltkriege mitgemacht, den ersten als junge Frau, den zweiten als Ehefrau und Mutter dreier Söhne. Aus dem ersten Weltkriege kamen ihr Bruder und viele Freunde nicht zurück, der zweite Weltkrieg nahm ihr den mittleren Sohn, er blieb vermisst. Ich kann nur ahnen, wie tief sie das geprägt hat, darüber gesprochen hat sie nie. Aber sie hat dafür gesorgt, dass mein Vater nicht zur Hitlerjugend musste und auch dafür, dass er nicht im letzten Kriegsjahr mit 15 Jahren eingezogen wurde.
Ein Parfum zu kaufen wäre ihr wie Verschwendung vorgekommen, sie lebte von einer bescheidenen Rente und gönnte sich keinen Luxus. Deshalb kauften wir ihr zu Weihnachten solche unnötigen Sachen wie teure Pralinen, eine schöne Seife oder einen Duft. Der Duft, den sie meistens, aber nur an Sonn- und Feiertagen auflegte, war Nonchalance.
Wenn ich heute in der Stadt einen Tester Nonchalance sehe, sprühe ich mir oft davon etwas aufs Handgelenk. Dieser Duft startet kräftig, stark blumig, einzelne Blumen kann ich nicht benennen. Nonchalance ist eher herb, nicht süß. Nach kurzer Zeit wird der Duft etwas lieblicher, würzig und leicht pudrig. Eine leichte Frische bleibt, diese wird durch Moschus und Amber etwas wärmer. Nonchalance ist altmodisch, aber auch apart. Ich finde, dieser Duft hat etwas Sauberes und Klares, kein Schnickschnack, deshalb hat meine Oma ihn wohl gemocht. Sillage und Haltbarkeit sind schwach bis mittel, der Duft ist eher körpernah. Nonchalance ist für mein Empfinden ein Ganzjahresduft, bei frostigen Temperaturen aber etwas schwach auf der Brust.
Ein wenig traurig macht mich die schlechte Bewertung hier, ein Duft der seit mehr als 50 Jahren produziert wird, kann so schlecht nicht sein. Ich selbst trage ihn nicht, aber ich rieche ihn gerne und finde, er hat was.
15 Antworten


Man vergißt, daß unsere Großeltern auch einmal jung waren und wertet dann schnell ab. Die feine würzige Blumigkeit ist sehr angenehm und freundlich. Der tolle Kommentar verdient einen großen Pokal.
Auch ich danke dir für deine Erzählung.