Blue Amber 2006

Couchlock
21.11.2021 - 11:11 Uhr
39
Top Rezension
7.5
Flakon
8
Sillage
10
Haltbarkeit
9
Duft

Und täglich grüßt Blue Amber...

Schon seit jahren wollte ich endlich einen Kommentar über Blue Amber verfassen, ist es doch lange einer meiner Lieblingsdüfte.

Inzwischen sind viele tolle Kommentare verfasst worden, die so ziemlich alles enthalten, das ich schreiben wollte, teilweise mit den gleichen Formulierungen und
Bildern, die mir durch den Kopf gingen.
Ich werde versuchen, soweit als möglich Redundanz zu vermeiden.

Wenn ich mir einige der neueren Kommentare anschaue, beschleicht mich die böse Ahnung, dass BA reformuliert wurde, ich beziehe mich auf meinen Flakon von 2010.

Ich bin kein Fan der Marke Montale, die für mich mehr Quantität als Qualität bietet, BA ist der einzige Duft von Montale, der mich wirklich begeistert.

Eine Probe des Duftes war neben anderen Köstlichkeiten in meiner ersten Duftpost, die ich hier von einer sehr großzügigen Spenderin erhielt. Ich habe in den knapp 8 Jahren noch viele tolle Probensendungen bekommen, aber keine enthielt soviele Treffer wie diese erste, aus der einige Flakons erwuchsen, von denen ich noch 4 oder 5 in meiner Sammlung sind.
Neben vielen Patchoulidüften sowie besagten Blue Amber war auch mein geliebtes Ambre 114 dabei. Ich kann bis heute nicht sagen, welcher Duft mir mehr gefällt und so besorgte ich mir hier im geschätzten Souk von beiden Flakons.
Getestet habe ich seitdem viele andere Amber, aber keiner konnte die beiden vom Thron stoßen. Die meisten Amberparfums sind mir zu schwülstig, zu opulent, zu kuschelig, oft auch zu feminin.

Ich kann mich noch an den ersten Test vom Blue Amber erinnern (immer ein gutes Zeichen!), da ich einen intensiven Duftflashback hatte...ich kam erst nach 1 oder 2 Stunden drauf, an was mich dieser Duft erinnerte:
Vor viele Jahren, als ich das erste Mal im Sandelholzmekka Mysore (Südindien) war, kaufte ich in einem staatlichen Store für Sandelholzprodukte ein kleines Stückchen grauen Amber, Ambergris, jenen mythischen und heutzutage sündhaft teuren Duftstoff, den Wale absondern ("Walkotze").
In meiner Erinnerung war es gräulich-beige und von harter, leicht poröser Struktur, ähnlich einem Ytongstein.
Es sonderte einen leichten & wunderbaren Duft ab, den man am besten wahrnehmen konnte, wenn man es leicht an dem Arm rieb. Dieses Amber roch dem Amber im Blue Amber sehr ähnlich, somit ist dieses Parfum ein tatsächlich authentisch duftendes, ähnlich der ersten Version von Lutens Koublai Khan, der erstaunlich akkurat Hirschmoschus imitiert.

Ambergris ist ein sehr komplexer Duftstoff, wie Oud kann es unterschiedlich duften: Frisch ausgeschieden verströmt es einen sehr unangenehmen, fäkalen Geruch. Je länger es im Seewasser treibt und der Seeluft und dem Sonnenlicht ausgesetzt ist, desto angenehmer wird es.
Christopher Kemp etwa schreibt in seinem Sachbuch „Floating gold: A natural (and unnatural) history of ambergris“, dass Ambra „wie Moschus, Veilchen, frisch geschlagenes Holz, Tabak, Schmutz, Paranuss, Farn-Gestrüpp, feuchter Wald, frisch gemähtes Heu, Algen in der Sonne, das Holz alter Kirchen, oder etwa wie so ziemlich jeder andere süße-aber-erdige Duft“ duften kann. Ich gehe davon aus, das das gekaufte Stück von hoher Qualität war, da es nicht streng, sondern einfach nur schön duftete.

Amber in einer Duftpyramide kann für verschiedene Duftstoffe stehen, weshalb es immer wieder, auch durch Übersetzungsfehler, für Verwirrung und Verwechslungen und sorgt.
Ambra bedeutet in der englischen Sprache Bernstein, der im Naturzustand geruchlos ist. Es lässt sich aber verräuchern, dabei entsteht ein harzig-aromatischen Geruch, wird aber in Parfums nicht verwendet. (Danke für den Hinweis, Camey5000!)

Hier ist mal eine Amberliste:

1. Das eben erwähnte Ambra oder Ambergris, Walamber.

2. Pflanzlicher Amber, die Rinde des als „Liquidambar“ bekannten Amberbaumes, die dem verräucherten Amber olfaktorisch ähnelt

3. Was die meisten mit Amber verbinden und am häufigsten Amberdüfte charakterisiert, ist der Amberakkord aus Benzoe, Labdanum, Styrax und Vanille.

In Blue Amber wird letzteres wohl auch duftbildend sein, eventuell ist (war?) eine kleine Prise Ambergris enthalten, im Ambre 114 soll dies der Fall sein. Andy Tauer nutzt echten Walamber in einigen seiner Parfums. Traditionell wird es in erster Linie dafür genutzt, die Haltbarkeit anderer Duftstoffe zu verstärken. Um es olfaktorisch wahrzunehmen, braucht man schon eine höhere Konzentration, was aufgrund des extrem hohen Preises einigen exklusiven Düften vorenthalten ist, der Nische der Nische. Es gibt einige Parfumeure, die mit viel Leidenschaft ausschliesslich kostbare Naturstoffe nutzen und ihre Düfte in kleinen Chargen für Liebhaber direkt vertreiben.

B.A. und Ambre 114 sind auf meiner Haut bei allen Unterschieden nicht sooo unähnlich. Beide sind eher würzig und nicht sonderlich auf meiner Haut. (Ich weiß, das Thema Hautchemie wird kontrovers diskutiert, nach meiner Erfahrung ist sie ein Faktor...)

Ambre 114 ist das komplexere Parfum, die Komposition ist raffinierter und es ist das wohl wertigere von beiden.
B.A. hat keine große Duftentwicklung, nach der knarzigen Kopfnote geht der Duft nach kurzer Zeit in die Basis über, die dann montaletypisch ewig hält.
Mir gefällt das gut, bei vielen Düften würde ich mir eine olfaktorische Pausetaste wünschen, um den Duft an einer Stelle einzufrieren. Auf dem Handgelenk mag ich abgefahrene Duftverläufe, beim Tragen möchte ich nicht jede halbe Stunde das Gefühl haben, einen neuen Duft aufgesprüht zu haben.

Es dominiert der Amberakkord, perfekt unterlegt und verwoben mit unsüsser und natürlich duftender Vanille. Der Duft ist in seiner Gesamtheit her herb als süsslich.

Ja, er ist irgendwie schmal, das schwarze Schaf und der wohl maskulinste Amberduft, ein olfaktorischer Nachthimmel...

Mit B.A. fühle ich mich stets sehr wohl, es ist einer der wenigen Düte, die beim Tragen gefühlt zu einem Teil von mir werden und mit meinem Innersten in Resonanz treten.

By the way: Das Gefühl beim Tragen ist mir inzwischen weit wichtiger als z.b. Duftverläufe oder Qualität der Duftstoffe, es muss passen. Nicht jeder auf dem Handgelenk begeisternde Duft fühlt sich beim Tragen gut an...

Die Farbe dunkelblau ist gut gewählt, ich persönlich assoziiere ein tiefes, sehr dunkles Purpur.
Die passende Jahreszeit für B.A. ist der Winter, zudem ist es für mich ein Duft für die Nacht.

Hier ist weniger mehr, dezent dosiert verleiht dieser Duft dem Träger eine Aura, die, so kitschig es klingt, irgendwie mystisch und geheimnisvoll, aber auch anziehend und sinnlich ist.
Neben dem alten! Dia Man wurde ich auf keinen anderen Duft so oft angesprochen, stets positiv.

BA ist für mich auch erotisch , nicht plump sexy, sonder wie erwähnt sehr sinnlich, dies unisex, aber speziell für Männer perfekt!

Nun aber zur Auflösung der seltsamen Überschrift:

Als wir vor einigen Jahren in London waren, nahm ich meinen B.A. Flakon mit, es war November und kalt.
Im Hotel angekommen, packten wir aus und ich bemerkte sofort einen intensiven Duft, der aus meiner Tasche kroch...zweifelsohne BA.
Irgendwie war war eine gewisse Menge aus dem Flakon in meinen Kulturbeutel ausgelaufen oder der Sprühkopf wurde durch Druck mehrfach betätigt.
Ich wusch den Beutel sofort aus, aber trotzdem roch es intensiv, das ganze Hotelzimmer duftete nach BA.
Besagter Beutel duftet noch nach Jahren leicht nach diesem Duft, das nenne ich mal Haltbarkeit!
Auch heute nehme ich einen Hauch wahr, wenn ich an dem Beutel vorbeigehe, BA grüsst immer noch täglich;-)

Mission accomplished!
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