25.08.2020 - 14:09 Uhr

Carpintero
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Carpintero
Top Rezension
88
Eine Nacht mit Hannah
Wir lernten uns in einer winzigen, stinkigen Bar in irgendeiner beliebigen deutschen Kleinstadt kennen. An den Wochenenden hatte man entweder die Wahl ins Kino, in eine Rockdisco oder eben in diese eine Bar, die sich im Keller eines mittelmäßigen Restaurants befand, zu gehen. Normalerweise hätte ich nie im Leben einen derartigen, fast heruntergekommenen Ort aufgesucht. Es herrschte eine Stimmung wie aus einem schlechteren 80-er Jahre Film: Gedimmtes Licht, bizarre Musik, unmotivierte Angestellte. Und dazu ein ekelhafter, fast schon beißender Geruch nach muffig-feuchtem Keller und kaltem Rauch.
Ohne irgendeinen Hintergedanken ging ich damals in diese Bar, ich hatte einfach Lust auf einen Drink in Kombination mit einem guten Gespräch. Als ich auf meine Bestellung „Einen White Russian, bitte“ nur in zwei leere Augen starrte und daraufhin erklärte, der Herr möge mir bitte Vodka, Kahlua und Milch mit einer gehörigen Portion Eis mischen und dabei einen Blick in das dort vorhandene Publikum warf, wusste ich, dass ich ganz viel Glück brauchte, um wenigstens einen halbwegs anständigen Drink zu bekommen. Das gute Gespräch schminkte ich mir an dieser Stelle ab.
Ich setzte mich und beobachte aus gesunder Distanz das Geschehen. Junge One-Million— und Sauvage-Träger, die mit ihrer Coolness beim Biertrinken und mit ihren pseudo-geschickten Moves beim Tischkicker bei den Lady-Million— und La-Vie-Est-Belle-Trägerinnen Eindruck schinden wollten.
Der bestellte White Russian war zu meiner Begeisterung tadellos. Selbst die Bar in Miami, in der ich mir vor ein paar Tagen während einer Dienstreise den gleichen Drink für den horrenden Preis von 23 US$ gegönnt hatte, hätte den Drink nicht so gut hinbekommen wie hier.
Während ich also an meinem wirklich sehr guten White Russian schlürfte und dabei den Auftakt von eiskalter Milch, Kaffeelikör und einer leicht alkoholischen Vodka-Note wahrnahm, nahm ich am anderen Ende des winzigen Raumes noch etwas anderes wahr, was sofort mein Interesse erweckte.
Da sass sie, in einem kurzen, beigen Abendkleid, mit wunderschönen, fast goldenen gelockten langen Haaren. Sie war geschminkt, aber nur dezent. Sie trug eine dezente goldene Halskette mit einem winzigen Anhänger, der mir zu diesem Moment noch gar nicht aufgefallen war. Über ihrem beigen Abendkleid trug sie lässig eine schwarze Lederjacke, die locker die ihres Freundes oder Vaters hätte sein können, da sie ihr mindestens vier Grössen zu gross war. Mit ihren riesigen blauen Augen schaute sie mich an und lächelte schüchtern. Und obwohl ich das Lächeln als schüchtern interpretiere, so glaube ich heute, dass sie genau wusste, was sie da tat.
Und noch während ich einen passenden Spruch überlegte, um sie gekonnt anzusprechen und mich von den biertrinkenden One-Million-Fraktion abzuheben, sass sie im nächsten Moment schon auf der roten Bank neben mir und streckte mir wie selbstverständlich ihre Hand entgegen und sagte „Falls Du meinen Namen wissen wolltest: Ich heisse Hannah!“. Ich wusste gar nicht mehr, wie mir geschah. Kleinlaut stellte ich mich vor. Sie musterte mich mit Adlerblicken nur um dann ganz kalt festzustellen „Du kommst nicht von hier, ne?“. Ich bestätigte ihre Vermutung, erzählte ihr von wo ich komme, was ich hier tue und erläuterte ihr, wie toll doch der White Russian hier war. Dabei bestellte ich einen für sie und einen weiteren für mich. Noch bevor Hannah aber irgendetwas sagen konnte, war mir bereits ihr Duft aufgefallen: Neben den Nuancen des White Russian, der da auf meinem Tisch stand, roch ich in allererster Linie ihre Lederjacke, die bei genauerem Hinsehen eine extrem teure Designer-Lederjacke war. Das Leder duftete Edel und nahm fast den gesamten Raum um sie ein.
Während wir darüber sprachen, welche Filme wir gerne mochten, welches unser Lieblingscocktail war, wie wir glaubten, dass die Erde entstanden sei und beide fest davon überzeugt waren, dass Enten irgendetwas Magischen an sich haben, fiel mir immer wieder ihr Parfum auf. Es roch ganz verführerisch nach süssen Blumen, nahezu schon herber Vanille und ganz beruhigend nach Amber.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs bemerkten wir dann beide unsere Leidenschaft fürs Reisen, ich erzählte ihr von all den Orten, an denen ich gelebt hatte und beruflich gewesen war und sie erzählte mir, wie sie von Moskau und Paris träumte. Ich erzählte ihr, ich würde am nächsten Wochenende beruflich nach Moskau fliegen müssen und sie sollte doch mitkommen. Sie grinste nur und sagte „Das sehen wir, wenn du dich morgen bei mir meldest!“.
Während wir so redeten, kamen wir uns immer näher und näher. Ich streichelte ihr über den Handrücken und sie hatte ihren Arm um meine Schultern gelegt.
Als ich ihr mit meinem Kopf näher kam, um ihr ins Ohr zu flüstern, wie gut sie roch, bemerkte ich neben der vorhergehenden Duftkomposition nun auch eine gewaltige Ladung Moschus, die mir vorher nicht aufgefallen war. Mag sein, dass mir der Moschus deshalb entgangen war, weil die Lederjacke und die starken Duftnoten von den zuckersüssen Blumen, der schon fast maskulinen Vanille und dem wunderschönen Amber übertönt wurden. Nun aber, da ich ihr so nahe gekommen war, roch ich auch den Moschus, der fast schon männlich wirkte, aber an dieser Frau dennoch wunderschön war.
Auf mein Kompliment entgegnete sie nur „Hast Du Lust auf Eis?“. Ohne meine Antwort überhaupt abwarten zu wollen, nahm sie meine Hand und wir gingen. Die kalte Luft wehte uns beim Verlassen der Bar um die Ohren. Sie trug nur ihr kurzes Kleid und darüber diese schwere Lederjacke. Sie schauderte. Ich nahm sie in den Arm. „Wo gibts denn jetzt noch Eis?“ fragte sie mich. Schulterzuckend entgegnete ich ihr ein „Keine Ahnung, ich bin nicht von hier!“. Wir liefen also durch die Stadt und fanden tatsächlich noch eine Eisdiele, die um diese Uhr- und vor allem Jahreszeit geöffnet hatte. Dort eingetreten bestellten wir uns beide einen Vanille-Eisshake. Einen extra grossen. Mit Sahne.
Die Milch war eiskalt und das Vanilleeis überhaupt nicht süss, sondern es musste sich tatsächlich um echte Vanille gehandelt haben, so hochwertig war dieser Shake. Dabei schauten wir uns immer wieder an und immer wieder wehte etwas von ihrem feinen Duft gepaart mit dieser Designer-Lederjacke zu mir herüber. „Wem gehört diese Lederjacke?“ fragte ich sie irgendwann. „Deinem Freund? Oder Deinem Dad?“. Sie grinste nur und sagte „Wäre es die von meinem Freund, wären wir jetzt nicht hier!“.
Als wir die Eisdiele verliessen, nahmen wir uns in den Arm und hielten uns einen Moment lang fest. Sie roch so verdammt gut. Wir schauten uns noch einmal in die Augen und gaben uns dann endlich den Kuss, auf den ich den ganzen Abend gewartet hatte. Ich schmeckte noch einmal den Vanille-Eisshake und roch dabei wieder diese Jacke, ihr Parfum und nun auch wieder etwas den White Russian, den wir vor einigen Stunden hatten.
„Ich muss los“, sagte sie.
„Wie? Jetzt?“, fragte ich enttäuscht.
„Ja, jetzt. Aber meld dich morgen!”, entgegnete sie und gab mir noch einmal einen Kuss.
„Aber wie finde ich Dich, Hannah?“.
„Du lässt Dir was einfallen“, grinste sie, gab mir einen allerletzten Kuss und verschwand.
Am morgen roch ich noch immer ihren Duft an mir.
Ich warf die Mühle an und googelte frohgemut darauf los.
Dann wurde ich fündig:
Rosendo Mateu — 5 - Floral, Amber, Sensual Musk.
Parallelen sind reiner Zufall und Hannah gab es vielleicht gar nie. Meinen Signaturduft im Winter gibt es hingegen schon: RM - 5
Ohne irgendeinen Hintergedanken ging ich damals in diese Bar, ich hatte einfach Lust auf einen Drink in Kombination mit einem guten Gespräch. Als ich auf meine Bestellung „Einen White Russian, bitte“ nur in zwei leere Augen starrte und daraufhin erklärte, der Herr möge mir bitte Vodka, Kahlua und Milch mit einer gehörigen Portion Eis mischen und dabei einen Blick in das dort vorhandene Publikum warf, wusste ich, dass ich ganz viel Glück brauchte, um wenigstens einen halbwegs anständigen Drink zu bekommen. Das gute Gespräch schminkte ich mir an dieser Stelle ab.
Ich setzte mich und beobachte aus gesunder Distanz das Geschehen. Junge One-Million— und Sauvage-Träger, die mit ihrer Coolness beim Biertrinken und mit ihren pseudo-geschickten Moves beim Tischkicker bei den Lady-Million— und La-Vie-Est-Belle-Trägerinnen Eindruck schinden wollten.
Der bestellte White Russian war zu meiner Begeisterung tadellos. Selbst die Bar in Miami, in der ich mir vor ein paar Tagen während einer Dienstreise den gleichen Drink für den horrenden Preis von 23 US$ gegönnt hatte, hätte den Drink nicht so gut hinbekommen wie hier.
Während ich also an meinem wirklich sehr guten White Russian schlürfte und dabei den Auftakt von eiskalter Milch, Kaffeelikör und einer leicht alkoholischen Vodka-Note wahrnahm, nahm ich am anderen Ende des winzigen Raumes noch etwas anderes wahr, was sofort mein Interesse erweckte.
Da sass sie, in einem kurzen, beigen Abendkleid, mit wunderschönen, fast goldenen gelockten langen Haaren. Sie war geschminkt, aber nur dezent. Sie trug eine dezente goldene Halskette mit einem winzigen Anhänger, der mir zu diesem Moment noch gar nicht aufgefallen war. Über ihrem beigen Abendkleid trug sie lässig eine schwarze Lederjacke, die locker die ihres Freundes oder Vaters hätte sein können, da sie ihr mindestens vier Grössen zu gross war. Mit ihren riesigen blauen Augen schaute sie mich an und lächelte schüchtern. Und obwohl ich das Lächeln als schüchtern interpretiere, so glaube ich heute, dass sie genau wusste, was sie da tat.
Und noch während ich einen passenden Spruch überlegte, um sie gekonnt anzusprechen und mich von den biertrinkenden One-Million-Fraktion abzuheben, sass sie im nächsten Moment schon auf der roten Bank neben mir und streckte mir wie selbstverständlich ihre Hand entgegen und sagte „Falls Du meinen Namen wissen wolltest: Ich heisse Hannah!“. Ich wusste gar nicht mehr, wie mir geschah. Kleinlaut stellte ich mich vor. Sie musterte mich mit Adlerblicken nur um dann ganz kalt festzustellen „Du kommst nicht von hier, ne?“. Ich bestätigte ihre Vermutung, erzählte ihr von wo ich komme, was ich hier tue und erläuterte ihr, wie toll doch der White Russian hier war. Dabei bestellte ich einen für sie und einen weiteren für mich. Noch bevor Hannah aber irgendetwas sagen konnte, war mir bereits ihr Duft aufgefallen: Neben den Nuancen des White Russian, der da auf meinem Tisch stand, roch ich in allererster Linie ihre Lederjacke, die bei genauerem Hinsehen eine extrem teure Designer-Lederjacke war. Das Leder duftete Edel und nahm fast den gesamten Raum um sie ein.
Während wir darüber sprachen, welche Filme wir gerne mochten, welches unser Lieblingscocktail war, wie wir glaubten, dass die Erde entstanden sei und beide fest davon überzeugt waren, dass Enten irgendetwas Magischen an sich haben, fiel mir immer wieder ihr Parfum auf. Es roch ganz verführerisch nach süssen Blumen, nahezu schon herber Vanille und ganz beruhigend nach Amber.
Im weiteren Verlauf des Gesprächs bemerkten wir dann beide unsere Leidenschaft fürs Reisen, ich erzählte ihr von all den Orten, an denen ich gelebt hatte und beruflich gewesen war und sie erzählte mir, wie sie von Moskau und Paris träumte. Ich erzählte ihr, ich würde am nächsten Wochenende beruflich nach Moskau fliegen müssen und sie sollte doch mitkommen. Sie grinste nur und sagte „Das sehen wir, wenn du dich morgen bei mir meldest!“.
Während wir so redeten, kamen wir uns immer näher und näher. Ich streichelte ihr über den Handrücken und sie hatte ihren Arm um meine Schultern gelegt.
Als ich ihr mit meinem Kopf näher kam, um ihr ins Ohr zu flüstern, wie gut sie roch, bemerkte ich neben der vorhergehenden Duftkomposition nun auch eine gewaltige Ladung Moschus, die mir vorher nicht aufgefallen war. Mag sein, dass mir der Moschus deshalb entgangen war, weil die Lederjacke und die starken Duftnoten von den zuckersüssen Blumen, der schon fast maskulinen Vanille und dem wunderschönen Amber übertönt wurden. Nun aber, da ich ihr so nahe gekommen war, roch ich auch den Moschus, der fast schon männlich wirkte, aber an dieser Frau dennoch wunderschön war.
Auf mein Kompliment entgegnete sie nur „Hast Du Lust auf Eis?“. Ohne meine Antwort überhaupt abwarten zu wollen, nahm sie meine Hand und wir gingen. Die kalte Luft wehte uns beim Verlassen der Bar um die Ohren. Sie trug nur ihr kurzes Kleid und darüber diese schwere Lederjacke. Sie schauderte. Ich nahm sie in den Arm. „Wo gibts denn jetzt noch Eis?“ fragte sie mich. Schulterzuckend entgegnete ich ihr ein „Keine Ahnung, ich bin nicht von hier!“. Wir liefen also durch die Stadt und fanden tatsächlich noch eine Eisdiele, die um diese Uhr- und vor allem Jahreszeit geöffnet hatte. Dort eingetreten bestellten wir uns beide einen Vanille-Eisshake. Einen extra grossen. Mit Sahne.
Die Milch war eiskalt und das Vanilleeis überhaupt nicht süss, sondern es musste sich tatsächlich um echte Vanille gehandelt haben, so hochwertig war dieser Shake. Dabei schauten wir uns immer wieder an und immer wieder wehte etwas von ihrem feinen Duft gepaart mit dieser Designer-Lederjacke zu mir herüber. „Wem gehört diese Lederjacke?“ fragte ich sie irgendwann. „Deinem Freund? Oder Deinem Dad?“. Sie grinste nur und sagte „Wäre es die von meinem Freund, wären wir jetzt nicht hier!“.
Als wir die Eisdiele verliessen, nahmen wir uns in den Arm und hielten uns einen Moment lang fest. Sie roch so verdammt gut. Wir schauten uns noch einmal in die Augen und gaben uns dann endlich den Kuss, auf den ich den ganzen Abend gewartet hatte. Ich schmeckte noch einmal den Vanille-Eisshake und roch dabei wieder diese Jacke, ihr Parfum und nun auch wieder etwas den White Russian, den wir vor einigen Stunden hatten.
„Ich muss los“, sagte sie.
„Wie? Jetzt?“, fragte ich enttäuscht.
„Ja, jetzt. Aber meld dich morgen!”, entgegnete sie und gab mir noch einmal einen Kuss.
„Aber wie finde ich Dich, Hannah?“.
„Du lässt Dir was einfallen“, grinste sie, gab mir einen allerletzten Kuss und verschwand.
Am morgen roch ich noch immer ihren Duft an mir.
Ich warf die Mühle an und googelte frohgemut darauf los.
Dann wurde ich fündig:
Rosendo Mateu — 5 - Floral, Amber, Sensual Musk.
Parallelen sind reiner Zufall und Hannah gab es vielleicht gar nie. Meinen Signaturduft im Winter gibt es hingegen schon: RM - 5
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