Medianus76
Top Rezension
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Was kribbelt denn da...?
Olfaktorischen Trübsal zu blasen und nichtssagende Kompositionen in die Weiten des Parfüm Universums zu entsenden, war sicherlich alles andere, als das was Santi Burgas mit der Veröffentlichung der Primal Waters Reihe aufzeigen wollte. Ursprünglich, unverfälscht und natürliche Rohstoffe nutzend, sind alles Eigenschaften welche Rodrigo Flores-Roux seiner Reihe als Leitbild vermitteln wollte. Das ihm das auf eine ganz außergewöhnliche Art und Weise gelungen ist, vermittelt Aroma de Hormiguero durch seine puristische, nachhaltige und leichtfüßige Erscheinung.
Ziel war es hier, wie der Name schon verrät, die Aura eines Anthills, also Ameisenhaufens, zu konservieren und olfaktorisch wiederzugeben. Diese Vorstellung erweckt natürlich sofort gewisse Assoziationen zu Wald, Erde und Natur, sowie zu Reinlichkeit und Ordnung, schließlich sind die Ameisen ja bekannt als die Umweltpolizei.
Wie aber konzipiert man nun solch ein Vorhaben? Einerseits steht die Wahl von natürlichen Ingredienzien sicherlich vordergründig, andererseits, und genau das macht den Duft so authentisch, benötigt man ein typisches Aroma! Stilsicher, und wie die Faust aufs Auge passend, kommt tatsächlich Ameisensäure zum Einsatz. Dazu werden selbstredend keine Ameisen geopfert, sondern es handelt sich um natürlich auftretende Derivate der Ameisensäure. Somit lässt sich durch ihre Verwendung der Ameisenbau in liquider Form manifestieren, und gefangen in diesem wunderschönen Flakon, ist er allzeit bereit in die Tiefen der Ameisensiedlung einzuladen…
Schon der Auftakt verrät als gleich in welche Richtung es geht. Ein herb frischer Anfangsakkord signalisiert die Reinheit, und vermittelt einen ersten Eindruck wie „clean“ diese Behausung ist.
Für mein Empfinden vergesellschaftet sich der Duft die ganze Zeit über mit einer gewissen mineralischen Facette. Das lässt den Ameisenbau förmlich erstrahlen, und verleiht dem Konzept den erforderlichen Nachdruck, ätherisch rein zu sein.
Irgendwo oder irgendwann dazwischen kommt auch die Säure ins Spiel. Sie erzeugt die aromatische Schärfe, aber ohne beißend oder gar ätzend zu wirken. Nicht im Geringsten, sorgt doch genau dieser wohldosierte Einsatz für das unbeschreibliche Aroma des Ameisenbaus…
Damit das alles nicht zu sauber bleibt, und wir uns ja obendrein im Wald befinden, ergänzen holzig waldige Aspekte die Stimmung. Im weiteren Verlauf ist es vor allem die Tanne welche ungemein verschönert, und alles nochmal auf eine ganz andere, mild harzige Stufe hebt. Der Interpretation wird viel Spielraum geschenkt, wodurch sich sicherlich auch erdige und leicht pilzige Schleier erkennen lassen. In der Gesamtheit betrachtet wird das olfaktorische Angebot dadurch aber nur abgerundet bzw. aufgewertet!
Ein Ausflug in den Bau der Ameisen lohnt sich unbedingt, und ist uneingeschränkt zu empfehlen. Ich könnte hier nicht einmal sagen, was an dem Duft nicht gefallen könnte bzw. störend wirkt. Die Haltbarkeit und Projektion sind angemessen, könnte nach meinem Empfinden aber etwas besser ausfallen. Das ist eben oft der Wermutstropfen, wenn die Inhaltstoffe natürlichen Ursprungs sind, und nicht das volle Synthetikbrett offeriert wird.
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Es liegt in der Natur von uns Menschen, dass wir nicht über einen Berg stolpern, wohl aber über einen Ameisenhügel…
Herzlichen Dank für die Proben an Gentilhomme und Scentennial