03.07.2014 - 08:49 Uhr
Yatagan
395 Rezensionen
Yatagan
Top Rezension
45
Commissario Parfumetti ermittelt: eine ironische Annäherung an einen außergewöhnlichen Duft
Der gutaussehende Mittdreißiger war an der Südküste Siziliens bei Siracusa angeschwemmt worden. Die Leiche konnte noch nicht lange im Wasser gelegen haben; der Anzug schien noch perfekt zu sitzen und in der Innentasche fand sich ein Dokument, das seine Identität zu klären half. Wer ihm jedoch nach dem Leben getrachtet haben könnte, blieb zunächst rätselhaft.
Commissario Parfumetti war erschöpft. Seit Tagen keine Hinweise mehr zu dieser geheimnisvollen Frau, auf deren Spur sie gestoßen waren. Immer wenn ein Verbrechen geschah, bei dem die Ermittlung der Nase nach geführt werden musste, die Duftspuren im Zentrum der Suche standen, war klar, dass nur ein Parfumliebhaber für die weiteren Recherchen in Frage kam. „Das ist ein Fall für unseren Parfumetti“, pflegten seine Kollegen mit ironischem Unterton zu sagen.
Schon bei der ersten Sichtung der Leiche am Fundort war Parfumetti klar geworden, dass nur ein Verbrechen aus Leidenschaft in Frage kam. Der Tote hatte nicht nur ein sauberes Einschussloch in der Mitte der Stirn; er trug auch noch Spuren eines verwischten Lippenstifts am Kragen, am Revers und am Nacken – und als sarkastische Botschaft seiner Mörderin das Wort „infedele“ auf der Stirn, geschrieben mit einem dunkelroten Lippenstift. "Eine Mörderin mit Sinn für Dramatik und Humor", dachte Parfumetti amüsiert.
Und dann dieser Duft in einer kleine Phiole ohne Aufschrift in der rechten Sakkotasche… Ganz klar: ein Vetiverduft, wohl für Herren entworfen, aber mit einer weichen Note, mit einer dezenten, fast sanften und doch markanten Aura. Er würde ihn unter Dutzenden anderer Vetiverdüfte herausriechen können. Der Duft hinterließ eine pudrige Sillage, die an das Interieur von Barockschlössern, an die wallenden Roben des 17. Jahrhunderts erinnerte, doch auch an die strengen Gärten dieser Zeit mit ihrer gestutzten Natur, an gefangene Schönheit gewissermaßen und an klare ästhetische Formen, deren Wildwuchs gezügelt wurde. "Ein Mann mit Sinn für Geschmack", schoss es ihm durch den Kopf. Oder ein Geschenk seiner Mörderin?
Kurze Zeit später hatte er die Spur einer Verdächtigen aufgenommen; eine Zeugin wollte sie am Tatort gesehen haben, kannte flüchtig ihren Namen, verstrickte sich bei der Beschreibung der Person jedoch in Widersprüche.
Schon im Treppenhaus des Altbaus hatte er den gleichen Duft wahrgenommen: Vetiver, aber auch verwirrende Blütendüfte, die gewissermaßen für eine androgyne Ausstrahlung verantwortlich waren, ein Veilchen offenbar, vielleicht eine Ahnung von melancholisch nostalgischer Rose, vor allem das von ihm so geliebte Maiglöckchen, das sich auch in Herrendüften ungemein gut ausnahm (nur Ignoranten bestritten dies) und schließlich eine weiche Grundierung, die man aber nur hätte differenzieren können, wenn man direkt vor der Trägerin stehen könnte...
Gelegenheit zu einem direkten Kontakt hatte sich jedoch zunächst nicht ergeben. Die Wohnung war aufgebrochen worden, man hatte alles durchsucht, Spuren eines eiligen, aber professionellen Aufbruchs gefunden, kaum Verwertbares – und wieder nur diesen Duft, überall, der die Wohnung durchzog, in den zurückgelassenen Kleidern hing. Kein Zweifel: Sie selbst trug diesen Duft, wollte sich mit einer dezenten Aura des Maskulinen umgeben, die ihr sicherlich gut stand, die ihre Gefährlichkeit, ihre Unberechenbarkeit unterstrich. Ein Herrenduft, wie gemacht für eine mysteriöse Frau.
Während Parfumetti noch diesen Gedanken nachhing, gewissermaßen die Frau schon vor sich stehen sah, brünett, dunkle Augen, einen strengen Hosenanzug, elegante Lackschuhe, eine kleinkalibrige Waffe in ihrer Handtasche, bemerkte er nicht, wie ihm diese blasse, blonde und doch unauffällige junge Frau mit Turnschuhen und wasserblauen Augen ins Café folgte, geduldig abwartete, bis er seinen Espresso getrunken und den Weg zur Toilette eingeschlagen hatte.
Ein leises Klicken, - seine Instinkte waren wach wie eh und jeh -, ließ ihn beim Öffnen der Toilettentüre aufhorchen und nach seiner Waffe tasten; den Geruch eines edlen, fast barocken Vetiverduftes in der Nase drehte er sich eilig und mit üblen Vorahnungen um, - doch das Letzte, was er sah, waren wasserblaue Augen und die Mündung einer Pistole, die auf seine Stirn gerichtet wurde.
Commissario Parfumetti war erschöpft. Seit Tagen keine Hinweise mehr zu dieser geheimnisvollen Frau, auf deren Spur sie gestoßen waren. Immer wenn ein Verbrechen geschah, bei dem die Ermittlung der Nase nach geführt werden musste, die Duftspuren im Zentrum der Suche standen, war klar, dass nur ein Parfumliebhaber für die weiteren Recherchen in Frage kam. „Das ist ein Fall für unseren Parfumetti“, pflegten seine Kollegen mit ironischem Unterton zu sagen.
Schon bei der ersten Sichtung der Leiche am Fundort war Parfumetti klar geworden, dass nur ein Verbrechen aus Leidenschaft in Frage kam. Der Tote hatte nicht nur ein sauberes Einschussloch in der Mitte der Stirn; er trug auch noch Spuren eines verwischten Lippenstifts am Kragen, am Revers und am Nacken – und als sarkastische Botschaft seiner Mörderin das Wort „infedele“ auf der Stirn, geschrieben mit einem dunkelroten Lippenstift. "Eine Mörderin mit Sinn für Dramatik und Humor", dachte Parfumetti amüsiert.
Und dann dieser Duft in einer kleine Phiole ohne Aufschrift in der rechten Sakkotasche… Ganz klar: ein Vetiverduft, wohl für Herren entworfen, aber mit einer weichen Note, mit einer dezenten, fast sanften und doch markanten Aura. Er würde ihn unter Dutzenden anderer Vetiverdüfte herausriechen können. Der Duft hinterließ eine pudrige Sillage, die an das Interieur von Barockschlössern, an die wallenden Roben des 17. Jahrhunderts erinnerte, doch auch an die strengen Gärten dieser Zeit mit ihrer gestutzten Natur, an gefangene Schönheit gewissermaßen und an klare ästhetische Formen, deren Wildwuchs gezügelt wurde. "Ein Mann mit Sinn für Geschmack", schoss es ihm durch den Kopf. Oder ein Geschenk seiner Mörderin?
Kurze Zeit später hatte er die Spur einer Verdächtigen aufgenommen; eine Zeugin wollte sie am Tatort gesehen haben, kannte flüchtig ihren Namen, verstrickte sich bei der Beschreibung der Person jedoch in Widersprüche.
Schon im Treppenhaus des Altbaus hatte er den gleichen Duft wahrgenommen: Vetiver, aber auch verwirrende Blütendüfte, die gewissermaßen für eine androgyne Ausstrahlung verantwortlich waren, ein Veilchen offenbar, vielleicht eine Ahnung von melancholisch nostalgischer Rose, vor allem das von ihm so geliebte Maiglöckchen, das sich auch in Herrendüften ungemein gut ausnahm (nur Ignoranten bestritten dies) und schließlich eine weiche Grundierung, die man aber nur hätte differenzieren können, wenn man direkt vor der Trägerin stehen könnte...
Gelegenheit zu einem direkten Kontakt hatte sich jedoch zunächst nicht ergeben. Die Wohnung war aufgebrochen worden, man hatte alles durchsucht, Spuren eines eiligen, aber professionellen Aufbruchs gefunden, kaum Verwertbares – und wieder nur diesen Duft, überall, der die Wohnung durchzog, in den zurückgelassenen Kleidern hing. Kein Zweifel: Sie selbst trug diesen Duft, wollte sich mit einer dezenten Aura des Maskulinen umgeben, die ihr sicherlich gut stand, die ihre Gefährlichkeit, ihre Unberechenbarkeit unterstrich. Ein Herrenduft, wie gemacht für eine mysteriöse Frau.
Während Parfumetti noch diesen Gedanken nachhing, gewissermaßen die Frau schon vor sich stehen sah, brünett, dunkle Augen, einen strengen Hosenanzug, elegante Lackschuhe, eine kleinkalibrige Waffe in ihrer Handtasche, bemerkte er nicht, wie ihm diese blasse, blonde und doch unauffällige junge Frau mit Turnschuhen und wasserblauen Augen ins Café folgte, geduldig abwartete, bis er seinen Espresso getrunken und den Weg zur Toilette eingeschlagen hatte.
Ein leises Klicken, - seine Instinkte waren wach wie eh und jeh -, ließ ihn beim Öffnen der Toilettentüre aufhorchen und nach seiner Waffe tasten; den Geruch eines edlen, fast barocken Vetiverduftes in der Nase drehte er sich eilig und mit üblen Vorahnungen um, - doch das Letzte, was er sah, waren wasserblaue Augen und die Mündung einer Pistole, die auf seine Stirn gerichtet wurde.
32 Antworten