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Frage: was meint "ein gut gemachter Duft"?

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vor 10 Jahren
Hier wird so vieles vermischt: Natürliche Rohstoffe sind ja nicht immer bessere Rohstoffe, ein natürlicher oder ein komplexerer Duft nicht immer der bessere Duft...

Ein objektiv guter Duft muss für mich irgendwo einem wahrnehmbaren Konzept folgen. Das Konzept kann wie auch immer geartet sein – eben auch das Konzept, "chaotisch" oder "komplett unnatürlich" sein (s. zB CDG-Düfte). Man könnte auch sagen, der Duft muss Stil haben – aber eben nicht unbedingt meinem Stil entsprechen, um als ein objektiv guter Duft wahrnehmbar zu sein. Das Marketing drumherum spielt da natürlich auch eine Rolle.
Ein objektiv schlechter Duft wirkt nach meiner Definition dagegen tendenziell stillos, wahllos, ungewollt unharmonisch oder künstlich, hält evtl. nicht, hat null Sillage, riecht "billig", ungewollt flach, stumpf oder stinkt sogar unsubjektiv (das nur sehr selten).
Grundsätzlich ist bezüglich des Konzepts die erste Frage, ob es sich um ein Parfum, was richtig tragbar sein soll, oder einen exzentrischen (zumeist Nischen-)Duft handelt, dessen Funktion/Status mehr einem schmückenden Kunstwerk oder einer olfaktorischen Attraktion gleicht.
Letzlich ist aber auch eine solche Einschätzung immer subjektiv und Geschmackssache, da wir es nunmal mit Kunsthandwerk zu tun haben. Das ist ein bißchen wie die Bewertung eines Deutschaufsatzes.

Mir fällt zu dem Thema noch ein, dass ich z.B. einem Duft wie "Blu Mediterraneo - Arancia di Capri" die 100%-Bewertung gebe, auch wenn er verglichen mit anderen Meisterwerken in seiner Struktur sehr simpel ist. Aber er erfüllt seine Funktion der Sommerbeduftung perfekt, hält verhältnismäßig gut auf er Haut, hat eine besonders schöne Zitrusnote und ist in sich wunderbar rund, trotzdem nicht langweilig – zudem gefällt er mir auch noch persönlich.
@soulmates: Der "Tom Ford For Men" hat übrigens auch 100% bekommen. Wink
Wieso sollten nur Shalimar, exzentrische Nischendüfte und Co. die gelungesten Düfte sein?
Zuletzt bearbeitet von xoxo am 05.08.2014, 23:03, insgesamt 7-mal bearbeitet
vor 10 Jahren
JoHannes:
@Soulmates ... danke - warum ist beim Wendler "nichts mehr gut gemacht"? Vielleicht wollten die Macher das so? Vielleicht ist deren Klientel genau so konditioniert? Wink
@JoHannes ... ach nö, das bin ich ja selbst ... Wink

berechtigter einwand, sehe ich auch so... der wendler-duft kann betrachtet für eine gewisse zielgruppe "gut gemacht" sein.
vor 10 Jahren
Ronin:
Edmond Rournitska:
Les qualités fondamentales du grand parfum:
caractère, vigueur, pouvoir diffusant, délicatesse, clarté, volume, persistance.

Trés intéressant, merci! Smile >-- Das sind zumindest Anhaltspunkte für ein Parfüm, das tragbar und schmeichelnd sein soll.
vor 10 Jahren
Ja, schon, seh`ich ein mit dem Wendler-Duft. Dann aber auch der Boris-Becker-Duft, wenn schon, denn schon. (Nur in meine Sage von "gut gemacht" fallen sie dann halt nicht.
Schöner Thread.
vor 10 Jahren
Olfacto:
Genau genommen könnte man auch schreiben: Mir gefällt der Duft nicht oder mich spricht der andere Duft eher an, weil ich Vetiver so mag. Aber "gut gemacht" hört sich halt besser an und täuscht etwas Sachverstand vor. Ist aber im Falle der Parfümkritik eine echte Sprachhülse.

Nach all Euren weiterführenden Antworten (danke) ist das für mich die Aussage, die es auf den Punkt bringt! Wink
vor 10 Jahren
Ich würde "gut gemacht" auch über einen Duft sagen, der mit gefällt, den ich aber aus irgendwelchen Gründen nicht tragen kann, weil er z.B. von der Duftrichtung nicht zu mir passt oder Kopfweh verursacht (z.B. "Perfume Calligraphy"). Ich denke, es handelt sich in diesem Fall um eher komplexe Düfte. Obwohl die Beurteilung "gut gemacht" in dem Fall trotzdem subjektiv ist.

Es gibt ein Bio-Parfum, das ich toll und komplex finde, für mich aber eher untragbar. Ich finde es auf jeden Fall "gut gemacht". Als meine Mutter es aber gerochen hat, fand sie, dass es "synthetisch" riecht. Es hat ihr überhaupt nicht gefallen. Sie sah nicht so aus, als könnte man ihr zumindest ein "mmh, aber gut gemacht" entlocken.

Ähnlich geht es mir z.B. mit "Hermessence Osmanthe Yunnan". Riecht für mich persönlich eklig. Da kann ich auch nicht "gut gemacht" sagen, obwohl ich andere Düfte von Jean-Claude Ellena habe und liebe. Ich nehme an, dass seine Düfte ungefähr die gleiche "Qualität" ("Gutgemachtheit") haben.

Fazit: ein Duft muss mir überhaupt erstmal irgendwie gefallen, damit ich ihn mit "gut gemacht" bewerte. Die Düfte, die ich eh besitze und trage – da stellt sich für mich die Frage nicht.
vor 10 Jahren
Will heissen, dass du "gut gemacht" als Platzhalter für "gefällt mir irgendwie" verwendest? Warum sagst du/sagt man dann nicht gleich "gefällt mir irgendwie"? Rolling Eyes

(Brauchen wir für uns selbst evtl. eine Wertung der Qualität eines möglicherweise völlig überteuerten Duftes, die uns das Gefühl von Luxus und persönliche Aufwertung vermittelt?)
vor 10 Jahren
Nach längerem Überlegen komme ich für mich zu folgendem Schluss:
Die Aussage 'gut gemacht' zieht für mich immer irgendwie eine Relativierung nach sich - also entweder ein 'aber' oder ein 'obwohl'.
Beispielsweise 'Ein Duft ist gut gemacht, obwohl er so billig ist' oder '... gut gemacht, aber mir gefällt er nicht' oder '... gut gemacht, auch wenn er bei Parfumo so schlecht wegkommt' oder '... gut gemacht, auch wenn ich ihn immer an den falschen Leuten und / oder in der falschen Dosierung riechen muss'.
Irgendwas gibt es, was mich davon abhält, ihn einfach komplett gut zu finden.
vor 10 Jahren
ChaiTee:
Irgendwas gibt es, was mich davon abhält, ihn einfach komplett gut zu finden.

Genau so gehts mir auch. Ab sofort mag ich einen Duft oder ich mag ihn nicht. Und wenn ich ihn nicht mag, dann sage ich einfach: ja, der hat was oder bäh ... Wink
vor 10 Jahren
JoHannes:
Will heissen, dass du "gut gemacht" als Platzhalter für "gefällt mir irgendwie" verwendest? Warum sagst du/sagt man dann nicht gleich "gefällt mir irgendwie"? Rolling Eyes

Blumenblut:
Ich würde "gut gemacht" auch über einen Duft sagen, der mit gefällt, den ich aber aus irgendwelchen Gründen nicht tragen kann, weil er z.B. von der Duftrichtung nicht zu mir passt oder Kopfweh verursacht (z.B. "Perfume Calligraphy").

Ein Duft muss mir schon außerordentlich gut gefallen, aber aus z.B. den oben genannten Gründen für mich nicht in Frage kommen.

Edit: Man muss nicht selber im Orchester spielen können, um erkennen zu können, ob die verschiedenen Instrumente ein Musikstück spielen (und einen Dirigenten haben) oder einfach nur aneinander vorbeigeigen. Wenn ein Musikstück für mich zu experimentell ist (und somit nervig), kann ich trotzdem die "handwerkliche Fähigkeit" der einzelnen Musiker und das Vorhandensein eines Konzeptes in der Komposition anerkennen.
vor 10 Jahren
Blumenblut:

Edit: Man muss nicht selber im Orchester spielen können, um erkennen zu können, ob die verschiedenen Instrumente ein Musikstück spielen (und einen Dirigenten haben) oder einfach nur aneinander vorbeigeigen. Wenn ein Musikstück für mich zu experimentell ist (und somit nervig), kann ich trotzdem die "handwerkliche Fähigkeit" der einzelnen Musiker und das Vorhandensein eines Konzeptes in der Komposition anerkennen.

Guter Vergleich.
vor 10 Jahren
Ich kann einen Duft auch wertschätzen, wenn die Komposition nicht meinem Geschmack entspricht.
Er kann sehr stimmig und in sich harmonisch sein und muss mir trotzdem nicht gefallen. Z.B. ist das bei "Nahema" und mir so.
Dann sage ich, gefällt mir persönlich nicht, ist aber gut gemacht.

Er kann eine mich störende Note haben, die aber anderen widerum gut gefällt. Z.B. "Poison". Ist aber definitiv gut gemacht.

Nicht gut gemacht, ist für mich unstimmig, unharmonisch komponiert. Das ist etwas anderes. Kommt bei mir selten vor.
Beispiel "Unforgivable Woman". Den finde ich nicht gut gemacht.
vor 10 Jahren
Gute Frage. Ich würde damit ausdrücken wollen, dass der Duft mir gefällt, mich aber nicht wirklich anspricht, geschweige denn der berühmte Funke überspringt. Düfte, die gefallen, jedoch keine Haben wollen-Kandidaten sind, da ihnen irgendetwas fehlt, damit sie für mich perfekt sind oder sie mich trotz ihres positiven ersten Eindrucks kalt lassen, kann ich durchaus als gut gemacht empfinden – nur eben nicht für mich. Der Duft kann auch Duftnoten enthalten, die ich nicht mag, die ich im Kontext aber durchaus zu würdigen weiß. Also mein ganz persönlicher und daher subjektiver Eindruck eines Duftes und seiner Wirkung auf mich. So gesehen ist jeder Duft für irgendjemanden gut gemacht.
vor 10 Jahren
Wenn ich einen Duft den ich nicht sonderlich mag als gut gemacht bezeichne, meine ich damit: Der Duft ist interessant, spannend, faszinierend und ich kann gut verstehen, dass andere ihn mögen.
vor 10 Jahren
Sehe es so wie Klatschmohn: die Formulierung gut gemacht beinhaltet die Wertschätzung für Parfumeur und Personen, die den Duft mögen, obwohl einem selbst der Zugang fehlt. Insofern könnte die Formulierung ruhig häufiger verwendet werden, betrachte ich mir so die etwas überhitzten Gemüter der letzten Zeit. Rolling Eyes

Die Wendung gut gemacht setzt voraus, dass diejenigen, die sie verwenden, darüber reflektiert haben, dass es einen Unterschied zwischen Geschmack und Qualität geben könnte und, ja, dass der eigene Geschmack eventuell keine objektive, gottgleiche Beurteilung der Qualität darstellt (im Gegensatz zu "Der beste Herrenduft!!!!" - "Der beste Unisexduft? Nein." - "My name is Luca. I live on the second floor.").
Freilich impliziert die Verwendung von gut gemacht auch, dass der Schreibende grundsätzlich davon ausgeht, Qualität beurteilen zu können. Nun gut, wenn es positiv formuliert ist, warum nicht? Lieber zu oft als zu wenig gelobt. Andersherum - schlecht gemacht - sollte wohl etwas zögerlicher geschrieben werden. Wird doch auch auf Parfumo, oder?
Insofern - passt alles.
vor 10 Jahren
Ich hab gegoogelt, wie und wie häufig dieses "gut gemacht" bis jetzt auf Parfumo verwendet wurde. Die Bewertungen gehen von 20% bis 90%.

Terra:
"Ambre Cannelle", Bewertung: 20%
20% dafür, dass der Parfumeur es sicher gut gemacht und gut gemeint hat und dass der Duft für einige sicher fantastisch ist.
www.parfumo.de/Parfums/Creed/Ambre_Canelle/Kom mentare/48795

Behaviour:
"Sahara Noir", Bewertung: 30%
Naja sicherlich ist der Duft gut gemacht, befragte (5 Personen) bekamen allesamt Würgereiz..sehr speziell das ganze. Eine Katholikin erinnerte sich sofort an umkippende Omas in der Kirche, welche beim Weihrauchschwenk ab klappten.
www.parfumo.de/Parfums/Tom_Ford/Sahara_Noir/Ko mmentare/51189

Ergoproxy:
"Des Salines", Bewertung: 50%
Eines gleich vorweg: Dieser Maiglöckchenduft ist gut gemacht, keine Frage, aber ich mag ihn einfach nicht. Nun, etwas richtig Ausgefallenes hat Enrico Buccella mit Des Salines nicht kreiert, aber er hat es handwerklich gut gemacht, dass muss man ihm lassen. www.parfumo.de/Parfums/Les_Voiles_Depliees/Des _Salines/Kommentare/38544

Fleurissimo:
"Escape Men", Bewertung: 60%
Er war mit Sicherheit gut gemacht und hatte eine klare Aussage. Was mir allerdings ein wenig fehlt, ist eine gewisse Raffinesse, etwas Anmut, etwas zum Anfassen - er passte mir zu sehr in die Yuppie-Banker- und dann New-Economy-Startup-Kultur seiner Zeit.
www.parfumo.de/Parfums/Calvin_Klein/Escape_Men /Kommentare/60860

Jessibuzzi:
"Dolce", Bewertung: 60%
Alles in allem ist das kein schlechter Duft, nicht falsch verstehen. Irgendwie fühlt er sich gut gemacht an. Mir fehlt jedoch die Abwechslung und Persönlichkeit bei diesem Wässerchen. Ich würde mich bei Mitmenschen jedoch auch niemals daran stören. Er ist einfach, unauffällig und in meinen Augen schlicht langweilig.
www.parfumo.de/Parfums/Dolce_Gabbana/Dolce/Kom mentare/58191

Ergoproxy:
"Collection Impériale - Le Vainqueur", Bewertung: 60%
Was soll ich sagen: gut gemacht, aber nichts was mich vom Chaiselounge gerockt hat.
www.parfumo.de/Parfums/Rance_1795/Collection_I mperiale_Le_Vainqueur/Kommentare/13688

Cappellusman:
"Vera Wang for Men", Bewertung: 70%
Gut gemacht - zu wenig gewagt”
(...) Und doch, gut gemacht reicht nicht ganz. Ein Duft muß mich auch emotional packen, mich überraschen, Fragen zurücklassen. Dies alles geschieht hier leider nicht. Ein potentiell wilder Tiger, dem die Zähne gezogen und die Krallen geschnitten wurden.
www.parfumo.de/Parfums/Vera_Wang/Vera_Wang_for _Men/Kommentare/62986

Pipette:
"Enlèvement au Sérail", Bewertung: 70%
Aber viel zu teuer. Sehr gut gemacht, aber etwas zu duenn und unauffaellig.
www.parfumo.de/Parfums/Parfum_s_MDCI_Paris/Enl evement_au_Serail/Kommentare/53031

Maris:
"Isparta No.26", Bewertung: 70%
Jetzt beruhigt sich der Duft langsam und ich finde ihn schöner. Aber ich glaube, ich bleibe bei 70%. Obwohl, jetzt fange ich an, die 80%, die ich ursprünglich vergeben hatte, wieder zu verstehen. Er ist gut gemacht. Wirklich gut gemacht.
www.parfumo.de/Parfums/Parfumerie_Generale/Isp arta_No_26/Kommentare/62944

HaraldK:
"Vodka on the Rocks", Bewertung: 70%
Einfach ein Duft der so sein kann, wie er will. Gut gemacht. Definitiv nicht uninteressant. Ich bin nur immer noch nicht sicher, ob das wirklich ein 'Parfum' ist.
www.parfumo.de/Parfums/by_Kilian/Vodka_on_the_ Rocks/Kommentare/58910

Angua:
"Arabian Horse No.3.1", Bewertung: 70%
„Arabian Horse 3.1“ finde ich wirklich interessant, ungewöhnlich und sehr gut gemacht, aber den Ponyhof so in der Öffentlichkeit zu tragen, dafür habe ich dann doch nicht den Mut.
www.parfumo.de/Parfums/Parfumerie_Generale/Ara bian_Horse_No_3_1/Kommentare/60710

Cascadeur:
"Secrets", Bewertung: 80%
Wie fast alle Miros gut gemacht.
www.parfumo.de/Parfums/Miro/Secrets/Kommentare /60009

JetonToni:
"Aramis", Bewertung: 80%
Nun gut, Aramis will ich nicht schlecht machen, ein Duft der gut gemacht ist und den ich auch ab und zu trage.
www.parfumo.de/Parfums/Aramis/Aramis/Kommentar e/59800

Jensemann:
"Calycanthus Brumae", Bewertung: 90%
Das Parfum ist auf jeden Fall gut gemacht, und vor allem mal was anderes. Man bekommt nicht diesen typischen zitrischen oder aquatischen Sommerduft, sondern mal was krautig-kühlendes, was richtig gut gemacht ist.
www.parfumo.de/Parfums/Acqua_di_Stresa/Calycan thus_Brumae/Kommentare/62709

Lilau:
"Dior Addict (Eau de Toilette)", Bewertung: 90%
Und auch die Basis ist sehr gut gemacht. Die Vanille verbindet sich mit dem Holz zu einer wunderbaren Komponente, an der ich immerzu schnüffeln muss.
(...) Alles in allem, ein wirklich sehr stimmiger, sehr gut gemachter Duft, der luftig und leicht, aber auch sinnlich, warm und cremig-schmelzend daherkommt.
www.parfumo.de/Parfums/Christian_Dior/Dior_Add ict_Eau_de_Toilette/Kommentare/60888

*händeausschüttel* Es sind wirklich sehr, sehr viele Erwähnungen. Es wird echt sehr oft verwendet. Falls sich wer selbst davon überzeugen mag, hier geht's zum Weitergoogeln: www.google.com/search?client=safari&rls=en&q=s ite:parfumo.de+%22gut+gemacht%22&ie=UTF-8&oe=U TF-8

Es gab hier übrigens auch schon eine Diskussion zum Thema, s. Kommentare: www.parfumo.de/Benutzer/Terra/Blog/Eintrag/ber _Bewertungen_und_Kommentare

Hier kommt es auch vor:
www.parfumo.de/Benutzer/Yatagan/Blog/Eintrag/S ynthetisches_Gemetzel
Zuletzt bearbeitet von Blumenblut am 10.08.2014, 17:51, insgesamt 3-mal bearbeitet
vor 10 Jahren
Olfacto:
Genau genommen könnte man auch schreiben: Mir gefällt der Duft nicht oder mich spricht der andere Duft eher an, weil ich Vetiver so mag. Aber "gut gemacht" hört sich halt besser an und täuscht etwas Sachverstand vor. Ist aber im Falle der Parfümkritik eine echte Sprachhülse.

Tja, sieht ganz so aus.
vor 10 Jahren
Ronin:
Sehe es so wie Klatschmohn: die Formulierung gut gemacht beinhaltet die Wertschätzung für Parfumeur und Personen, die den Duft mögen, obwohl einem selbst der Zugang fehlt. ... Die Wendung gut gemacht setzt voraus, dass diejenigen, die sie verwenden, darüber reflektiert haben, dass es einen Unterschied zwischen Geschmack und Qualität geben könnte...
So sehe ich's auch. Dass es einen "Unterschied zwischen Geschmack und Qualität" gibt, ist doch in vielen Bereichen eine Selbstverständlichkeit. Von einem Bauhaus-Möbel etwa kann schwerlich jemand behaupten, es sei schlecht gestaltet - ob's einem gefällt, ist eine andere Frage. Ob man es sich in die eigene Wohnung stellt (sofern man's bezahlen kann Wink ...), ist noch eine andere Frage: Vielleicht ist es ja zu streng fürs persönliche Wohlgefühl. Oder nicht bequem genug fürs Feierabend-Entspannungs-Rumlümmeln. Oderoder.

So ähnlich ist das für mich mit Parfums. Ob ich sie so liebgewinne, dass ich sie tragen mag, hängt von x Faktoren ab, die mit ihnen selbst nichts zu tun haben, sondern einzig mit meinen "Gebrauchs-Bedürfnissen". Da kommt dann eine Formulierung wie "gut gemacht" ins Spiel: Anerkennung für das, was ich wahrnehme - zugleich Distanzierung: trotz Faszination nicht mein Ding.

Ronin:
...Freilich impliziert die Verwendung von gut gemacht auch, dass der Schreibende grundsätzlich davon ausgeht, Qualität beurteilen zu können...
Stimmt. Frei nach Fontanes "Effi Briest" ist das "ein weites Feld" Wink...
vor 10 Jahren
Ronin:
[...]Freilich impliziert die Verwendung von gut gemacht auch, dass der Schreibende grundsätzlich davon ausgeht, Qualität beurteilen zu können. [...]

Eben, und das ist genau der Punkt: Ich glaube, es nicht beurteilen zu können - und mit Verlaub, von den meisten oder sogar allen, die über Parfum reden, glaube ich das auch nicht, außer sie haben sich selbst bereits mit diesem Handwerk beschäftigt. Wir beschäftigen uns zwar mit Düften, aber nicht damit, wie sie gemacht werden. Das Einzige, worauf wir zurückgreifen können, sind Duftpyramiden, aber die sagen lediglich etwas über die Absicht des/der Parfümeurs/Parfümeure, die Vorgaben der Marketingleute aus. Ansonsten haben wir nur unsere Erfahrungen und unsere subjektive Wahrnehmung.

In allen anderen kulturellen Bereichen, Musik, Literatur, Malerei, ist unser Urteilsvermögen geschulter, weil wir uns zum einen mehr oder weniger selbst in diesen Bereichen geübt haben - auch wenn einer kein Virtuose ist, in der Grundschule hat er doch sicher mal eine Blockflöte in die Hand gedrückt bekommen - und zum Anderen gibt es eine lange Tradition der Ausübung und v.a. des Redens über diese Bereiche, somit auch eine Tradition des objektiven Betrachtens und Beurteilens. Düfte wurden dagegen lange ausschließlich konsumiert. Dass wir hier versuchen, über Parfüm zu reden, scheint mir ein eher modernes Phänomen zu sein.

Daher: Was die Parfümerie, also das Kunsthandwerk der Parfumerschaffung angeht, sind wir wohl ausnahmslos Analphabeten, die sich jetzt aufs Geratewohl was zusammenreimen.
Zuletzt bearbeitet von Venice am 07.08.2014, 12:50, insgesamt einmal bearbeitet
vor 10 Jahren
Undine:
Ronin:
Sehe es so wie Klatschmohn: die Formulierung gut gemacht beinhaltet die Wertschätzung für Parfumeur und Personen, die den Duft mögen, obwohl einem selbst der Zugang fehlt. ... Die Wendung gut gemacht setzt voraus, dass diejenigen, die sie verwenden, darüber reflektiert haben, dass es einen Unterschied zwischen Geschmack und Qualität geben könnte...
So sehe ich's auch. Dass es einen "Unterschied zwischen Geschmack und Qualität" gibt, ist doch in vielen Bereichen eine Selbstverständlichkeit. Von einem Bauhaus-Möbel etwa kann schwerlich jemand behaupten, es sei schlecht gestaltet - ob's einem gefällt, ist eine andere Frage. Ob man es sich in die eigene Wohnung stellt (sofern man's bezahlen kann Wink ...), ist noch eine andere Frage: Vielleicht ist es ja zu streng fürs persönliche Wohlgefühl. Oder nicht bequem genug fürs Feierabend-Entspannungs-Rumlümmeln. Oderoder.

Und dann bleibt ja immer noch die Frage nach den Prozentpunkten.
Gibst Du dann Prozentpunkte für die gute Absicht des Machers oder sagst Du - was ich als ehrlicher empfinden würde - 'ist nicht mein Ding' und vergibst ehrliche 10 oder 20%, weil's Dir nicht gefällt?
vor 10 Jahren
@Venice: Du hast Recht, beim Reden über Duft üben wir alle noch. Viel mehr als beim Reden über Text, über Sichtbares, über Hörbares. Trotzdem - das hier ist eine ausgezeichnete Orientierung:
Ronin:
Edmond Rournitska:
Les qualités fondamentales du grand parfum:
caractère, vigueur, pouvoir diffusant, délicatesse, clarté, volume, persistance.

@ChaiTee: Wenn - falls - ich bewerte, wähle ich einen Mittelweg. Für mich Tragbares beginnt bei 70 Prozent. Meine 60 Prozent-Wertungen bedeuten: Finde ich gut oder sehr gut, ist jedoch nicht meine Welt. (Wobei ich nicht auf die "gute Absicht des Machers" gucke - gut gemeint ist ja bekanntlich das Gegenteil von gutWink -, sondern auf das, was ich an Qualität, siehe oben, wahrnehme.)
Aber es ist schon klar, dass diese Wahrnehmung Grenzen hat und alles andere als "objektiv" ist. Das Bewerten mag ich von daher nicht überbewerten Wink. Und immer häufiger lasse ich's auch bleiben.
vor 10 Jahren
Venice:
Ansonsten haben wir nur unsere Erfahrungen und unsere subjektive Wahrnehmung.

Auf diese Erfahrungen können wir uns doch auch beziehen. Als ich noch wenige Parfums kannte, reichte es mir zu sagen: gefällt mir / gefällt mir nicht. Aber je mehr Düfte man kennenlernt / konzentriert testet, desto besser kann man sie untereinander vergleichen. Insofern kann ich z.B. sagen: "Angel Eau Sucrée" = 100%, obwohl ich ihn selbst nicht tragen würde. Allerdings finde ich seine Aussage klar, den Geruch angenehm und die Puderzuckernote extrem gut nachvollziehbar. Ich finde ihn einfach gigantisch gut gemacht, er gefällt mir in seiner Ästhetik (s. Bsp. weiter oben mit Bauhaus).
vor 10 Jahren
@Blumenblut, klar, so geht es mir ja auch - siehe meine "getestet"-Liste Wink. Aber ich könnte mein Urteil über die Qualität eines Duftes kaum begründen, außer mit meiner subjektiven Wahrnehmung, die Andere oft gar nicht teilen - jüngstes Beispiel "Safanad", wo jemand meint, er rieche hochwertige, echte Vanille, die ich wiederum überhaupt nicht rieche. Oder jemand findet einen Duft, den ich für gut gemacht halte bzw. so empfinde, unausgewogen oder zusammengeschludert. Das intersubjektive Reden über Duft ist das, was wir gerade üben, aber da Parfum immer noch hauptsächlich ein Konsumgut ist, funkt da immer das Marketing dazwischen, das dann gerne das eigene Urteil verfremdet. Wer weiß, vielleicht hätte ich "Vépres Siciliennes" nie für einen gut gemachten Duft gehalten, wenn er billiger wäre?

PS: Die von Ronin zitierten Kriterien verstehe ich nur zum Teil Wink, aber "pouvoir", also Können, ist ja auch wieder etwas, das man erst beurteilen kann, wenn man mehr oder weniger was vom Handwerk versteht.
vor 10 Jahren
Diese "gut gemacht" bezieht sich in seiner Aussage natürlich nicht auf den Schaffensprozess, sondern auf das Werk.

Ist ja glaube ich jedem glasklar, dass niemand den Schaffensprozess des Parfumeurs begleitet hat und die wenigsten sich mit der Herstellung eigener Düfte beschäftigen.
Ein Parfum kann gut gemacht sein, indem es im Gesamtkonzept gefällt. Auch wenn der Duft an sich nicht gefällt.
Es gibt halt Kunstwerke, die originell sind und voller Ideen und die ich mir trotzdem nicht aufstellen würde.
Man muss die Aussage immer im Gesamtzusammenhang betrachten. Vielleicht ist es manchmal nur dahergesagt, aber das ist vieles. Schön, wenn man mal kurz drüber nachdenkt, was man damit eigentlich meint und ob man den Begriff überhaupt nutzen möchte.
Man kann nicht immer und von jedem erwarten, dass er sich seiner Aussagen voll und ganz bewusst ist. Das macht auch nicht immer Spaß, weil dann jegliche Spontanität flöten geht.
vor 10 Jahren
Venice:
... "pouvoir", also Können...
Missverständnis Wink: Im Roudnitska-Zitat geht es um "pouvoir diffusant", wörtlich übersetzt: Ausstrahlungskraft.
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