Synthetisches Gemetzel
Man möge mir verzeihen. Insbesondere all die, die bereits Kommentare zu Le Labo-Düften verfasst haben, all diejenigen, die im Rahmen der Testkette dafür gesorgt haben, dass diese Düfte irgendwann mal bei mir landeten. Aber leider ist es mir nicht möglich, auch nur einen positiven Kommentar zu verfassen. Und in der nachweihnachtlichen Stimmung von Friede und Freude habe ich schlicht keine Lust auf Verrisse. Und es wären Verrisse geworden. Viele.
Die Ausnahmen sind aus meiner Sicht (Kritiker und Kritteler, ich wiederhole: AUS MEINER SICHT) Bergamote 22 und Rose 31: gelungene Kombination aus Rose und Kreuzkümmel).
Die anderen "Düfte" sind, so meine ich, ein synthetisches Gemetzel. Selbstverständlich ist auch mir bewusst, dass heutzutage kein / kaum ein Duft ohne synthetische Komponenten auskommt. Warum auch? Wenn das gut gemacht ist, kann es sinnvoller sein als natürliche Inhaltsstoffe. Aber hier ist (ich zitiere Ergo sinngemäß) "der Name (Le Labo) Programm" und ich ergänze: Das riecht wie aus dem Abzugsschrank im Forschungslabor eines pharmazeutischen Herstellers. Danke! Das brauche ich nicht. Das finde ich nicht mal mehr witzig. Das ist m.E. einfach überwiegend nicht gut gemacht.
Damit hier nicht der Eindruck entsteht, ich würde die Düfte undifferenziert abwerten, hier einige Hinweise: Alle Düfte wurden von mir einzeln getestet. Und: Ich habe die Düfte inzwischen seit einigen Wochen bei mir. Zeit war also genug vorhanden.
Hier die Einzeleindrück der Düfte. Natürlich nur meine Sicht der Dinge und natürlich vollkommen subjektiv:
Another 13: uninspirierte Zusammenstellung nicht zusammen passender Komponenten. Mehr gibt es dazu nicht mehr zu sagen.
Cuir 28: Nichts davon riecht nach den versprochenen Hölzern, wenig nach dem versprochenen Leder, allenfalls nach einer missglückten Nachbildung eben jener.
Santal 33: Erscheint mir wie ein extrem trockener, unsüßer Sandelholzduft. Was jetzt wie eine Offenbarung klingt, ist etwa so ähnlich wie ein trockener Wein, bei dem die Restsüße und die Säure unharmonisch balanciert sind. Erinnert mich ein wenig an Plastik.
Vanille 44: Styroporgeruch mit Vanillearoma.
Poivre 23: Da ich kein Kenner von Damendüften bin, dieser hier aber ziemlich eindeutig in diese Ri(e)chtung geht - sehr süß, gleichzeitig würzig (was sonst: Poivre), übrigens kaum Entwicklung - verrate ich meine Wertung nicht. So viel sei gesagt: besser, aber ähnlich wie bei den anderen Düfte oben.
Vetiver 46: Starke Ähnlichkeit mit Gucci pour Homme und Comme des Garcons 2 Man, insofern ein schöner Weihrauch-mit-Muskat-Duft.
Bergamote 22: s.o. Zu diesem Duft, den ich für einen der besten von Le Labo halte, werde ich bei Gelegenheit mal einen Kommentar verfassen. Davon habe ich selbst noch eine Abfüllung.
Rose 31: s.o. Gute Kombination: Hat m.E. noch niemand so gemacht: deutliche erkennbare Rose mit deutlich erkennbarem Kreuzkümmel. Das könnte eine interessante Vorlage für andere Parfümeure sein, um etwas noch Besseres daraus zu machen.
Labdanum 18: Riecht so, wie ich es befürchtet habe. Nach Labdanum / Balsam im Vordergrund, aber dezent. Zugegenermaßen ist das aber gelungener als die meisten anderen Le Labos. Viel Moschus und weitere dezent animalische Töne.
Limette 37: Das ist schon ziemlich frech und das meine ich ausnahmsweise mal nicht positiv. Was riecht hier WIRKLICH nach Limette? Ist eher ein synthetischer Alptraum. Schade, denn auf diesen hatte ich mich gefreut und ihn bei den Tests bis zum Schluss aufgespart. Ich finde die Mischung aus stark synthetischer "Limette" und Jasmin schräg. Die Gesamtwertung hier ist aber eigentlich recht gut (wie übrigens auch bei einigen anderen Le Labos). Offenbar liegt es also an meiner Ignoranz gegenüber künstlich-artifiziell riechenden Düften.
Übrigens: Ich habe nichts gegen Düfte, die so, also künstlich resp. artifiziell, riechen. Ich bin ein großer Freund von Comme des Garcons, habe die meisten als Abfüllung oder Flakons, bin Freund von einigen CB I Hate Perfume etc. Aber CdG ist halt in den meisten Fällen viel überzeugender komponiert. Das bleibt spannend im Duftverlauf. Da gibt es ständig Neues zu entdecken. Das sehe ich bel Le Labo ganz anders.
So long... Nun wandern die Düfte weiter. Ich danke herzlich für die Möglichkeit, sie kennen lernen zu düften und bitte nochmals um Verzeihung, dass ich mit ihnen so wenig anfangen konnte. Offenbar werde ich langsam alt. ;)
Herzliche Grüße, liebe Community. Ich wünsche euch einen guten Rutsch und vorab eine ruhige, entspannte Zeit!
Yatagan :)
Nachtrag: Die oben getesteten Le Labos gehörte überwiegend zu den Sonderserien der Marke, die mir durchweg nicht gefielen. Viel besser sind die Düfte aus dem normalen Portfolio (s. meine Wertungen und Statements dort: Bergamotte, Fleur d'Oranger, Iris, Jasmin, Lys, Neroli, Patchouli, Thé Noir, Ylang: alle schön, bis auf Oud, der mir hier zu harsch geraten ist.
Wenn es einer Komposition an echtem Fleisch und Blut mangelt, wenn ein Parfum mit seinen Komponenten und Strukturen wie mit Knochen klappert, um seine Gemachtheit zu zeigen, geht mir das heute ziemlich rasch und oft auch ziemlich doll auf den Keks. Zuletzt ist mir das mit "Gold" (für Saskia Diez von Gesa Schön) so ergangen: Der Duft kommt mir vor wie seine eigene Regie- oder Bastelanweisung - wie man eine Art Aura aus einem Thema generieren kann, an welchen Stellen Brücken zu schlagen sind etc. Ich möchte aber nicht so gern den Bauplan lesen, sondern drin wohnen, im Haus.
Die Le Labos nun hatten mich mit ihrer Labora-Persona und der dazu kontrastierenden Preisgestaltung bislang davon abgehalten, begehrlich oder auch nur interessiert meine Finger nach ihnen auszustrecken. Bin nun, nach dieser Lektüre, sehr sicher, dass das ohne große Versäumnisse so bleiben kann. Danke dafür! Und auch für das warme Willkommen aaO :-)
Cheers, auch Dir einen guten Rutsch!
Guten Rutsch, obwohl das bei dem Wetter mit dem Rutschen so eine Sache ist... ;-DD
In Comme des Garçons 2 Man habe ich einen mehr als ebenbürtigen und günstigeren Duftzwilling zu Vetiver 46 gefunden, der bei Dir immerhin mit noch 60% weggekommen ist – beide von Mark Buxton!
Bergamote 22 ist übrigens ein sehr schöner Duft für die wärmere Jahreszeit. Ich freue mich schon auf einen Kommentar von Dir dazu!
Synthetika sind heutzutage ohnehin fast überall enthalten, der Unterschied liegt in der Qualität. Während man aufgrund der Hochwertigkeit der synthetischen Stoffe bei einigen Düften davon nichts wahrnimmt, riechen dann doch zahlreiche Mainstreamer und Drogerie-Düfte deutlich nach dieser typischen fruchtig-frischen Note, bei der sich in mir alles zusammenzieht.