
Vom Mehrwert inhabergeführter Läden
Viele von uns bestellen notgedrungen im Internet, denn wo sonst bekäme ich wohl zum Beispiel Sombrio Eau de Parfum, wenn ich den Kauf nicht mit einem Trip nach Kanada verbinden wollte? Für Mainstream (gleichgültig ob Designer oder Nische) interessiere ich mich nicht und meine geliebten klassischen Düfte (gerne auch vintage) bekomme ich schon lange nicht mehr in Parfümerien oder Drogerien vor Ort - oder doch?
Vor einigen Tagen war ich am Rhein wandern und dort am Marktplatz eines kleinen hübschen Städtchens auf eine der letzten inhabergeführten Drogerien Deutschlands gestoßen: abseits größerer Städte haben die großen Drogeriemärkte offenbar doch noch nicht alles erobert. Im charmanten, sehr nostalgischen Laden steht der 86jährige Besitzer, der persönlich berät, viel von der Historie der Stadt erzählen kann und auch meine verstorbenen Verwandten aus dem Ort kannte - und die eine oder andere Anekdote dazu.
Im Schaufenster hatte ich einen Duft bemerkt, der selbst im Internet nicht mehr erhältlich ist, und dort zwischen einigen verblichenen Tabac-Verpackungen mutmaßlich seit vielen Jahren auf mich wartete, denn ein fleißiges kleines Wesen hatte ihre Spinnweben liebevoll um die Umverpackung geschlungen. Da der Duft noch gut roch, nahm ich ihn mit, zumal er aus dem Geburtsjahr meines älteren Sohnes stammt - und bezahlte wenig genug: Soho After Shave. Der Duft beginnt mit Hesperidien, Frucht und Florales könnten auch enthalten sein, wahrscheinlich harzige Töne in der Basis, vielleicht etwas Weihrauch - und 90er-typisch auch schon einiges an Aromchemie. Immerhin stammt Soho von Thomas Fontaine, der der Marke Patou noch einmal neues Leben einhauchte, bevor sie endgültig begraben wurde.
Der Duft ist nicht schlecht, aber auch kein Must-have, das Einkaufen jedoch war ein Erlebnis, an das ich gerne zurück denken werde. Wie lange wird der ältere Herr noch in seinem Laden stehen und in einer der letzten inhabergeführten Drogerien Deutschlands selbst beraten und verkaufen, während rund um sein kleines Städtchen alle privaten Drogeriemärkte geschlossen und durch die Filialen der großen Ketten ersetzt wurden: ein melancholischer Blick zurück in vergangenen und fast vergessene Zeiten.
Ein wenig schade, dass diese Kleinode scheinbar nach und nach verschwinden.
Die persönliche Ansprache ist durch nichts zu ersetzen, auch wenn die Onlinebestellung so manchen Vorteil mit sich bringen mag.
An die alte Parfümerie von Christel Brandt in HH, die eine wahre Fundgrube für Vergangenes und Vergessenes war, denke ich immer noch gern zurück.
Und wunderschön bebildert hast Du den Beitrag auch wieder einmal 🤩
Und auch nicht ohne chillige Gespräche über Datteln und Injera oder Fachsimpeleien über Gärtnern und Nüsse raus kommt XD …
Nur, dass die Inhaber:innen jetzt mit m i r sprechen, und nicht mit meiner Mutter, weil ich Ü5 bin XD
Ein Oud-Potpourri....huiuiui....das ist olfaktorisch sicher anspruchsvoll.
Ich hatte schöne ähnliche Erlebnisse und bedaure das auch immer, wenn ein "alteingesessener" Betrieb schliessen muss. Bei uns in Zürich gab es beispielsweise auch einen famosen Rasur-Shop mit allem drum & dran... aber die "Spezialisierung" auf nur eine Sparte ist heute einfach ein Risiko oder bedarf grosser Besucher-Ströme, um dennoch existieren zu können...
Danke für diesen nostalgischen Ausflug!
Danke für den nostalgischen Spaziergang!
https://www.parfuemerie-wierer.de/ueber/
Früher war nicht alles besser!
Aber manches halt schon…!!!
wehmütigzurückkblick*
Vielen Dank, dass du uns mitgenommen hast;-)
Ich kenn noch die Zeiten von Gemischtwaren Läden Parfum neben Söckchen ach herje 😅 war auch nicht schlecht schöne Bilder und keine Wein Verkostung 🤔
Aber, wie krass, dass Dinge aus 1996 heuer spinnwebengezierte Antiquitäten sind - waren die Neunziger doch irgendwie das NonPusUltra des Modernen, mit Techno, Writings, neuen Tattoostyles wie zB Dotting, undundund :O . Creepy, in a way ^^
ich hatte mir für den Kauf eines eigentlich recht profanen Alvaret Gómez-Aqua de Colonia-Fläschchens einen ganz besonderen Ort vorgenommen: In Spanien natürlich, irgendwo auf dem Land selbstverständlich und keinesfalls in einem Supermarkt oder in einer Drogeriekette. Irgendwo am Fuße der Picos de Europa habe ich sie dann gefunden, die perfekte Drogerie: Mit einer würdig verstaubten Auslage und innen bis auf den letzten Zentimeter vollgestellt mit Wunderlichem und Verlockendem, mit Rasierklingen und Haushaltssoda, mit Rasier-, Zahn- und Haarwässern, mit Mädchendüften mit Abbildungen von Idolen aus allerhand Mädchenfilmen der letzten Jahrzehnte. Alles leicht angestaubt und darin der Besitzer oder die rechte Verkaufshand desselben, beide ebenso über Jahrzehnte würdig gealtert. Da habe ich das Flascherl dann erworben, es war mäßig teurer als es woanders gewesen wäre, aber das war es mir wert.
In Spanien findet man sowas auf dem Land noch öfter.
Das waren noch schöne Zeiten und ich freue mich sehr für dich, dass du noch so einen besonderen Laden entdecken durftest.
Solche Läden haben immer diesen gewissen Charme.
Prächtiges Städtchen am schönen Rhein!
Umso schöner,wenn man noch einen kleinen,Inhabergeführten Laden findet welcher einige deiner begehrten Düfte führte.
Es gibt sie noch - diese Perlen.Man muss nur ein wenig vom Weg abweichen.