Annenas
Annenas’ Blog
vor 2 Jahren - 31.12.2021
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Schall und Rauch

Ich bin ja nun wirklich kein Fan von Feuerwerk. Die Chemikalien in der Luft, der dichter werdende Smog und die schlechter werdende Sicht auf das Spektakel helfen auch nicht wirklich. Aber es gibt auch die schönen Silvestermomente. Essen bis zum geht nicht mehr, stille Momente um ein loderndes Feuer, Kälte und Hitze im Kontrast. Ich liebe den Geruch, der entsteht, wenn Holzfeuerrauch und Nacht aufeinander treffen. Feuchtigkeit in der Luft, vielleicht sogar Schnee (obwohl wir da dieses Jahr nicht so viel Glück hatten) und ein Hauch von Fichtennadeln in den Flammen.

Ich fasse selten Neujahrsvorsätze, schaue lieber auf das vergangene Jahr zurück. Und siehe da: Es ist voller Dufterinnerung und Entwicklung. Meine Sammlung ist gewachsen, mein Horizont hat mehrfach den Tellerrand übersprungen und ich freue mich sehr auf nächstes Jahr und die Reise, die meine Nase machen wird. In letzter Zeit haben es mir derbere Düfte angetan, Leder, Kräuter, Harze, aber eine Note fasziniert mich besonders. Sie ist unglaublich unberechenbar und schwer zu greifen. Wer am Anfang etwas aufgepasst hat, kennt sie schon.

Rauch.

Rauch ist für mich eine wahnsinnig faszinierende Komponente. So viel kann schiefgehen: Von kaltem Schinken bis Synthetik und kaltem Aschenbecher ist alles dabei. Aber es gibt eben auch die schönen Eindrücke: Feuer, natürliche, holzige und torfige Noten. Eine zweite Haut aus Duft, die etwas wildes und verruchtes bekommt. Das ist die Art Rauch, die Ich suche.

Ich glaube, Rauch fasziniert mich deshalb so, weil es eigentlich ein meist negativ assoziierter Begriff ist. Der Mensch nimmt Brandgeruch als Gefahrensignal wahr, Feuer als Quelle von Angst und Fluchtinstinkt. Aber auf Haut und Kleidung, in Whiskey, bestimmten Gerichten und Situationen genießen wir Rauch und die einhergehenden Aromen. Für mich ist Rauch die Erinnerung an Hitze. An Holz und klirrende Kälte, an Mondschein und ungreifbarer Momente, die sich manchmal verboten magisch anfühlen. Kitsch? Ja, unbedingt.

Aber kommen wir wieder zurück zu Parfums, denn darum soll es hier schließlich gehen. Es gibt viele unterschiedliche Wege, Rauch als Duftnote zu verarbeiten. Parfumo listet unter rauchigen Noten eine Auswahl von 65 Duftnoten. Es ist alles dabei, von klassischem Weihrauch bis hin zu verbranntem Toast.

Prinzipiell entstehen die Rauchnoten auf drei unterschiedliche Arten: Entweder aus tatsächlichem Räucherwerk, bzw Duftstoffen, die dazu gedacht sind, Rauch zu erzeugen oder aber es werden bestehende Duftnoten durch Rauch angereichert (geräuchert, verbrannt), um ihre Komplexität zu erhöhen. Die letzte Kategorie setzt sich aus Noten zusammen, die rauchartige Qualitäten haben, wie beispielsweise Galbanum oder Mate Tee.

Zur ersten Art, den Räucherwerken - welche übrigens die klassischste Form des Parfums sind ( Parfum kommt aus dem lateinischen: fumare ‚rauchen, dampfen, qualmen und nimmt seinen Ursprung in rituellem Räucherwerk) - gehören Räucherwerke unterschiedlichster Kulturen, Birkenrauch, Feuerrauch, Torf und natürlich Weihrauch.

Die zweite Kategorie sind Düfte, die aus dem Räuchern von anderen Duftmitteln entstehen. Sie sind meist komplexer, runder und vielschichtiger, da sie von Grund auf bereits zwei Duftrichtungen vereinen. Eine der spannendsten davon ist für mich geräucherter Tee. Teedüfte selbst können schon sehr komplex sein, aber die geräucherten Formen, wie beispielsweise Lapsang Souchong gewinnen eine Tiefe, die mich extrem anzieht. Die Möglichkeiten sind hier aber natürlich endlos: Geräucherter Schinken, verbranntes Sandelholz, geräucherte Tanne, verkohlter Fenchel, geröstete Eiche… lest euch einfach einmal die Liste von Parfumo durch. Es sind ein paar sehr unterhaltsame Experimente dabei. Die Intensität des Rauches kann dabei variieren, je nachdem, wie der Rauch erzeugt wird, mit dem geräuchert wird, können sogar noch weitere Duftkomponenten hinzukommen.

Für meine nächste Duftreise möchte Ich mich auf diese zweite Art des Rauches fokussieren, denn es sind die Kontraste, die beim Räuchern entstehen, die mich so faszinieren. Allerdings sind auch ein paar Vertreter aus den anderen Kategorien dabei. Also habe Ich mich einmal in die Tiefen von Parfumo begeben und tatsächlich einfach alle Parfums mit Noten durchgesehen, die mich interessieren. Herausgepickt habe ich mir sechs Noten, rein aus dem Bauch heraus.

Choya Ral


»Choya Ral ist ein indisches Attar, welches aus der Rinde des Salbaums (Shorea robusta) gewonnen wird. Es wird als rauchig, ledrig, harzig-süß mit amberartigem Unterton beschrieben.«

Das Internet gibt zu Choya Ral nicht viel her, der Salbaum ist wohl aber ein wichtiges Symbol des Hinduistischen Glaubens. Noch habe ich den Duft nicht schnuppern dürfen, aber mich reizt an dieser Art rauchiger Note vor allem die harzige Komponente. Hierzu testen möchte Ich Jasmine Smoke von Heretic. Ich bin keine Verfechterin der Weißblüher, aber ich stelle mir die Kombination aus Yasmin und Rauch spannend vor. Vielleicht finde Ich ja hier den gesuchten Kontrast?

Alternativ dazu interessiert mich auch Jasmin et Cigarette von Etat Libre d'Orange, welcher ungleich rauchiger sein soll, als Jasmin Smoke.

Birkenrauch


Birkenrauch ist ein Glücksspiel. Er kann sowohl als Gummiartige Note eingesetzt werden, als auch tiefdunkle Rauchakzente setzen. Spannend finde Ich hier: Flash Back in New York von Olfactive Studio, der den dunklen Rauch mit Leder und würzigen Kopfnoten kombiniert.

Geräucherter Tee


Geräucherter Tee ist ein weitgefasster Begriff. Es gibt Teesorten, die tarditionell geräuchert werden, unterschiedliche Teearten und unterschiedliche Arten zu räuchern. Parfumo fasst hier viele unterschiedliche Noten in einer zusammen. Die einzelnen Differenzen sind dann wohl dem Hersteller überlassen.

Ich hatte hier schon das Glück, Neroli Outrenoir von Guerlain testen zu dürfen und habe sogar mit Tierry Wasser persönlich in der Parfumo Masterclass darüber gesprochen. Hier gefallen mir die Kontraste, das fast schon changierende Bild, das der Duft bei mir hinterlässt. Trotzdem bleibt hier Neroli der Hauptdarsteller. Ich suche weiter nach einem Duft, der den geräucherten Tee in den Vordergrund stellt.

Fume
von Hendley Perfumes klingt nach einer großartig waldigen Rauchbombe, die ich unbedingt ausprobieren muss! Beeswax von Scent Trunk klingt ebenfalls spannend, aber die Scent Trunks sind als Proben unglaublich schwer zu bekommen. Ebenso juckt mich Thé Russe & Orange Sanguine von 100BON. Ich liebe die Naturdüfte dieses Hauses, aber Thé Russe ist leider nicht mehr zu bekommen, außer zu gesalzenen Preisen.

Lapsang Souchong Tee


Hach, wie sehr habe Ich Tea for Two von L´Artisan Parfumeur auf den ersten Riecher geliebt. Aber irgend etwas stört mich daran. Ich glaube es sind Enzian und Anis, die ihn für mich im Verlauf zu weihnachtlich, zu wenig herb werden lassen.Dringend testen möchte ich dagegen Vachetta von Tom Daxon. Kardamom, Muskat und Lapsang Souchong in einem Duft? Oh ja, bitte!


Geräucherte Zeder


Große Hoffnungen begleiten diese Note. Ich liebe den Geruch von Zeder, von leicht verkohlten Nadeln. Frische im Wald und wildes Feuer. Dry Waters-Lavinscense von Hermetica ist auf Parfumo noch völlig unkommentiert, aber die Notenzusammensetzung klingt für mich himmlisch. Ebenfalls interessant könnte Serpentine von Comme des Garçons sein.

Geräucherter Zedernwacholder

Es gibt genau einen Duft auf Parfumo, der diese Note enthält. Natürlich muss ich es jetzt ausprobieren. Bois d'Ascèse von Naomi Goodsir. Ich hoffe auf einen würzigen, boozy Rauchduft. Vielleicht fast etwas whiskeyartig?

Sechs Noten also. Sechs aus 65. 11 Schall und Rauch Düfte zu testen. Wir werden sehen, ob ich eine interessante Auswahl getroffen habe und mich die Duftreise für die nächsten Monate auf Trab halten wird. Natürlich werde ich es nicht schaffen, nur diese 11 zu testen, denn meine Duftreisen verlaufen in etwa so, wie mein erster Spaziergang in einer neuen Stadt. Um mich auszukennen, muss ich mich erst einmal gewaltig verlaufen und dann im hintersten Gässchen auf etwas wunderbares, einen neuen Lieblingsort oder Ausblick stoßen.

Aber jetzt, liebe Community brauche Ich erst einmal eure Hilfe, um die Duftreise auf den Weg zu bringen. Hat jemand Pröbchen, Tipps und Ideen, die meinen Rauchhorizont erweitern könnten? Welches ist euer liebster Rauchduft?

PS: Guten Rutsch ins neue Jahr! Schnuppert für mich an der Wunderkerze… aber nicht zu nah!

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