Bowlder
Bowlders Blog
vor 4 Jahren - 10.10.2020
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​Ich rieche was du gesehen hast

Es gibt da eine schöne Anekdote die ich gerne mit euch teilen möchte.

Während meiner nun schon mehr als sieben Jahre zurückliegenden Studienzeit hatte ich einen Nebenjob; und wegen meiner Affinität zu Filmen landete ich daher im örtlichen Mehrsaalkino. Dort war ich als Karten- und Snackverkäufer, Kartenabreißer, Schichtleiter oder als Servicemitarbeiter zum Säubern der Säle eingesetzt.

Das Kino war ein Ort verschiedenster Gerüche.
Die alte große Popcornmaschine arbeitete besonders an den besucherstarken Wochenenden ununterbrochen. Die Abluft saugte dabei den süßen Zuckermaisduft ab und bließ ihn nach draußen. An kalten Tagen lag daher häufig dieser Dunst in der ganzen Luft auf dem Parkplatz vor dem Gebäude. Das war herrlich.

Innen kam neben dem frischem Popcorn noch der Geruch von Nachos, Salsa- und Käsesauce, Jalapenos, Kaffee, Bier, Cola usw. hinzu.
Soweit die hauseigenen Aromen...

Dann begann das Wochenende, die Menschen verabreden sich, machen sich schick und freuen sich auf ein schönes Erlebnis. Zu diesem sich-schick-machen zählt für viele auch der Griff zu Parfüm.
Zu den Stoßzeiten gab es somit die volle Breitseite des Dgls/Ppr/Mllr-Sortiments.

Dabei fiel mir im Verlauf, beim Aufräumen der Säle zwischen den Filmen, häufig der Duftcocktail der Menschen auf, der sich in zwei Stunden Filmvergügen in Kombination mit Snacks, Getränken usw. angesammelt hatte.
Mit der Zeit wurde diese Wahrnehmung unbewusst geschärft. Was ich damit sagen will ist, dass jede Klientel ihre Vorlieben hat, die man riechen kann.

Das Erstaunlichste war dabei, das man ohne den Filmplan zu kennen und nachdem alle den Saal verlassen hatten, beim Betreten riechen konnte, welcher Film gerade gelaufen war.

Jede Besuchergruppe hinterließ somit ihre eigene Duftmarke, Teenies, Eltern mit ihren kleinen Kindern, Kindergeburtstage, junge Erwachsene, Pärchen, Frauen mit Müttern, Männerrunden und und und.
Diese Intuition wurde mit der Zeit immer besser und nicht nur ich habe dieses Phänomen bemerkt, sondern auch alle meine Kollegen waren dazu in der Lage.
Als dann vor einigen Jahren ein Spot zum Thema Kino bei Galileo gezeigt wurde (es ging um das Cinemax in Essen) beschrieben die dort Arbeitenden genau die gleiche Fähigkeit und Wahrnehmung. Allerdings nur in einem kleinen Nebensatz.
Ich wahr baff über das Schubladen-Denken unserer Nase und das so eine Dufttypisierung überhaupt möglich ist.

Long Story Short: Man kann anhand des Geruchs im Kinosaal sagen, welcher Film dort lief. Also; ich rieche was du gesehen hast.

Kennt ihr das? Gibt es unter uns vielleicht Lehrer, Busfahrer, Putzfrauen und -Männer, Stewardessen, Ärzte usw. die ähnliche Erfahrungen in ihrem Berufsalltag erleben?

Viele dank für eure Zeit und fürs Lesen.

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