Chizza
Gedankenspiele
Von Parfumo empfohlener Artikel
vor 2 Monaten - 04.03.2024
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Artisan-Asien im Fokus

Artisan-Asien im Fokus

Sukzessive kamen sie auf: Artisan-Marken aus Ländern, die man bisher nicht explizit auf dem Duftradar hatte, wenn es grob um Asien ging; keine arabischen Länder, keine Türkei oder kein Japan sondern Gefilde, die man bisher nur für eines olfaktorisch kannte. Als Regionen, in denen man Oud ernten konnte, andere Ingredienzen zweifellos ebenso. Doch irgendwann kamen findige Menschen dort auf die Idee, dieses vorhandene Oud, dort auch billig(er) zu beziehen, selbst für eigene Düfte zu verwenden. Die Frage, die sich nun stellt: welche Qualität liefern diese Marken und welche Marken sollte man sich merken? Hier erlaube ich mir eine kleine Einführung respektive Auflistung.

Mit Vorwort: natürlich fällt auf dass die ersten Werke auf Oud basieren und man von dort weitergeht. Sei es die Marke Perito Moreno, dahinter steckt Dixit von Dixit & Zak, seien es Agar Aura & Solafa sowie Suko Oud & Ucca. Die Letzteren kannte man für Oudöle von ansprechender Qualität. Kennt man immer noch. Hinzu kommen aber nun unter der Oudölflagge lancierte Parfums, später dann der Wechsel hin zu einem eigenen Namen. Stichwort Profilschärfung. Hikayat geht einen ähnlichen Weg, Byermia veröffentlichte ebenfalls zuerst eine Oudöle. Beide releasten nun olfaktorische Kreationen, noch unter der alten Marke. Mal sehen, was die Zukunft bringt. Nuku Indo und Aroma Sublime gehen ebenfalls diesen Weg, wobei man bei Aroma Sublime festhalten muss dass dies auch am damals neuen Teilhaber und nun einzigen Inhaber liegt. Dazu später jeweils mehr sonst kann ich den Blog auch hier beenden. ;)

Starten wir mit Indien, welches zweifellos ein riesiges, sehr vielfältiges Land ist. Für mich begann alles mit Dixit & Zak, welche damals diverse Kreationen rund um Hindi Oud lancierten. Für mich ist eine ihrer Stärken, Oud mit zitrischen Noten zu vermählen, Sommer-Ouds zu erschaffen. Yellow Lemon Tree oder auch Rising Cologne seien hier exemplarisch genannt. Only Oud oder auch Hindi Tabac wirken hingegen archaischer und derber was Hindi Oud anbelangt. Insgesamt eine Marke, welche ich gerne weiter verfolge, lediglich die Preispolitik ist mittlerweile diskussionswürdig. Übrigens gibt es von Nitish Dixit heuer eine weitere Marke, Perito Moreno. Anscheinend handelt es sich hierbei um sein Soft Scent-Vehikel. Besser so als die Verwässerung der eigenen, bekannten Marke.
Sherwood entdeckte ich zufällig auf Instagram, auch hier gab es erst Oudöle, bevor man sich an eigenen Kreationen versuchte. Diese lasen sich teils interessant, doch erst Ambrosia habe ich getestet. Ein geschätzter Parfumo benannte das Dilemma direkt: roch gut, etwas fehlte jedoch noch und vor allem: mein Statement klang „typisch indisch“ und so duftete es dann auch. Typisch indisch meint hier: duftet ähnlich wie die anderen indischen Marken, quasi eher eine Art Signatur.
Weiter: An Najwa begegnete ich zunächst auf Ouddict, auch hier verlegte man sich von Hindi-Ölen auf Parfums. Kashतi ist deutlich unbekannter, dafür aber ausgabefreudiger, was die Publikation neuer Düfte anbelangt. Keine komplexen Schöpfungen, auch nicht durchgehend oudlastig.
Obwohl Ahom World mittlerweile wohl in den Vereinigten Arabischen Emiraten residiert, so entstammt dieses Haus in vierter Generation einer Familie aus der Assam-Region in Indien. Diese Erfahrung ist wertzuschätzen, denn sie ist merklich in den Parfums vorhanden. Zuletzt testete ich den Ambre Oud; wohl austariert, vielschichtig, in Sachen Oud auch nicht auf die indischen Gebiete sowie angrenzende Länder limitiert. Teils gibt es sehr teure und sehr limitierte Releases, teils etwas weniger limitierte und preislich nicht exorbitante Kreationen. Die Strukturen wurden hier zuletzt professioneller, daher sollte man den Werdegang von Ahom World weiter beobachten.

Gehen wir nach Malaysia. Hier erblicken wir einige alteingesessene Künstler, angefangen bei Auphorie. Diese Marke existiert seit mehreren Jahren, hat bereits Preise gewonnen und scheint bis auf einen immer verfügbaren Duft jeden Release zu limitieren und genau einmal aufzulegen. Das kann man schade finden, ich finde es konsequent in Zeiten von streng limitierten Parfums, die dann ein Jahr später erneut streng limitiert sind. Als Version 2 oder so. Jedenfalls: die Marke spezialisiert sich auf Sandelholz, Oud und allgemein rauchige Ingredienzen. Es existiert eine Vielzahl von Düften, stellvertretend habe ich Bing Ma Yong ausgewählt. Dieser ist nicht gefällig, hat die chinesische Terrakotta-Armee zum Thema und danach riecht der Duft, anfänglich noch floral-fruchtig eingeführt. Wirklich famos konstruiert; nicht zu simpel, nicht zu sperrig.
Erst vor kurzem habe ich Hikayat entdeckt, eine Marke, die ebenfalls zunächst durch Oudöle respektive deren Veröffentlichung auffiel, später dann einige weitere Werke fabrizierte. Aufgrund der wirklich günstigen Preisfindung ist man geneigt, qualitative Bedenken zu insinuieren. Hier würde man falsch liegen, anscheinend werden die preiswerten Umstände vor Ort weitergereicht. Mir gefällt hier das Zusammenspiel von moderatem Oud mit würzigen Noten, mit cremigen Facetten (Honig etc.); das hat was. Sweet Crassna sei als Beispiel benannt.
Zuletzt eines meiner favorisierten Labels der jüngeren Zeit, Agar Aura. Großartig, so möchte ich nicht wenige Oudöle betiteln; manchmal mediokre, so möchte ich manchen Parfumversuch deklarieren. Eine gute Idee war die Trennung, indem Solafa Scents nun als Marke für die Parfums dient. Leider kann ich hier nichts Positives berichten, berichte daher von schönen Ölen oder nicht komplexen Werken von Agar Aura. Agar Attar war simpel aber das reicht manchmal, um einen schönen, holzig-feuchtharzigen Duft aufzubieten. Blue Malay gefiel aufgrund der fruchtig-feuchten Facette, Al-Arabiya war ebenfalls sehr stark, besaß diese dunkelschokoladigen Nuancen, eine gewisse Würze, Kaffee, angenehme rauchige Noten, ein sehr diverses Oud wurde aufgeboten. Diese Liste liesse sich fortführen, Agar Aura als Kernmarke ist wirklich stark. Über die anderen Aktivitäten hüllen wir den Mantel des Schweigens, was die Releases bis dato anbelangt.

Indonesien ist in Oudkreisen selbstverständlich ein Begriff für die Herkunft von genialen Ouds kommend von der Hauptinsel, aus Sumatra, Borneo, Inseln wie Sumbawa oder auch des indonesischen Teils von Papua-Neuguinea. Nuku Indo Oudstore fiel hier zuletzt durch den konventionellen Labelzyklus auf: erst Oudöle, dann komplexere Veröffentlichungen. Die Kritiken lesen sich gut; mal sehen, wie sich das entwickelt.
Für mich spannender ist die Geschichte von Suko Oud, Ucca und deren kreativem Kopf Jaka Umbaran. Auch hier war am Anfang das Oudöl, jedoch nicht nur aus den bekanntesten Ländern sondern auch von den Philippinen, deren Oud gemeinhin als „blau“ beschrieben wird. Für diese Öle ist Suko Oud zuständig. Ucca ist das Parfum-Vehikel. Dabei scheut sich Jaka Umbaran nicht, in alle möglichen Richtungen zu gehen. Klassisch anmutende Kreationen wie Batavia Oud aufgrund der grünen Noten oder Madjenoen mit der krautigen Lavendelidee gehören ebenso zum Repertoire wie der stark animalische, für mich sogar leicht fäkale Kracher Garut Leatheroud. Sommerliches Oud wird ebenfalls geboten und zwar bei Cologne du Bois. Sehr spannend, jetzt sollte das nächste Upgrade in Sachen eigene Entwicklung erfolgen.
Nehmen wir an der Stelle kurz den Weg nach Pakistan. Vor kurzer Zeit gründete sich Jogi Parfums, die Düfte lesen sich relativ konventionell mit Oud, Sandelholz und dergleichen. Abwarten also. Für mich mutet Gaia Parfums interessanter, variantenreicher an. Die Werke sind Themen nachempfunden, welche weit über Pakistan und Asien hinausreichen. Die olfaktorische Vertonung von Schottland, Versailles und dergleichen sei hier erwähnt. Untypisch: Oud spielt in den Düften häufig keine Rolle.

Ich erlaube mir zu Beginn der einzelnen Vermerke zu manchen Ländern einen kleinen Aufenthalt in Australien, zumindest in Sachen WM-Qualifikation im Fußball zählt Australien ja zu Asien. Hier möchte ich gar nicht groß auf die Marken aus Australien, Neuseeland und weitere eingehen. Marken wie TRNP dürften sonst nicht fehlen. Mir jedoch geht es eher um zwei Artisan-Labels, welche ihren Ursprung in Asien haben. Zunächst sei Byermia erwähnt, welche wie fast alle anderen hier aufgelisteten Marken mit Oud begonnen haben, später dann in Richtung richtige Parfums sozusagen expandiert sind. Interessant ist hier der Umstand, dass eine Vielzahl von Ölen aus eigentlich fast allen bekannten Oudländern angeboten wird. Als Vergleich: meist limitieren sich die Akteure auf Öle aus dem eigenen Land respektive angrenzenden Regionen.

Al Shareef Oudh stammt wohl auch aus Australien. Klasse Öle, klasse Düfte. Ishraaq startet zum Beispiel sehr rauchig, ist durch aufkommende Cremigkeit ambivalent, durch Animalik diametral, einfach als Gesamtkomposition wunderbar austariert.
OM Parfum aus Taiwan ist als Marke noch sehr jung, lernt aber schnell. Die Flakons sind unique gestaltet, künstlerisch aufgewertet, die Düfte selbst immer besser und das im Zeitraffer. Auch hier gibt es thematische Kreationen wie die sieben Todsünden. Lust gefiel mir explizit; herausgearbeiteter, distinguierter Tabak, gefälliger Rum, einen Hauch Animalik, wirklich fein. Die Werke sind sehr unterschiedlich, Sloth beispielsweise mutet eher krautig-klassisch an; frisches Moos, Lavendel, man kennt das.
Ashworth Oud schreibe ich an der Stelle Singapur zu, hier geht es eher um reine Öle. Oud Sumbawa gefiel mir, besaß diese typisch tropische Feuchtigkeit, was das Harz anbelangt. Als „Antagonist“ darf man Oud Choron benennen, indisches und bengalisches Oud sorgen für eine trockene und scharf-rauchige Aura, Animalik kommt hinzu. Später legt sich das alles.
Zuletzt: Aroma Sublime aus Vietnam. Tony Bolton, der Gründer, ist mittlerweile verstorben, die Marke wird von Pierre Black fortgeführt, welcher sich vorher für die Düfte der Marke verantwortlich zeichnete. Zumindest jene, welche aus mehr als Oud oder Sandelholz bestehen. Vietnam und Kambodscha sind die regionalen Schwerpunkte bei der Marke. In der jüngeren Vergangenheit scheint Pierre Black auf mehr als nur Öle zu setzen.

Was ist mein Fazit? Es finden sich nicht ausschließlich hervorragende Marken. Der Werdegang ähnelt sich deutlich untereinander. Während die Ouds der Marken meist sehr gut waren, sind es die Sprays mit mehr Noten nicht immer. Zu viele Schnittmengen, zu wenig absolute Highlights. Ausnahmen sind für mich OM Parfum und Al Shaaref. Erstere veröffentlicht mit rasanter Progression immer bessere Werke, Al Shareef beherrschen sowohl Öle als auch Parfums. Dennoch: manchmal wird zu wenig gewagt aber immerhin existiert so was wie die sommerlichen Ouds von Dixit & Zak oder der Variantenreichtum wie bei Ucca, dort muss eher am Feinschliff gearbeitet werden. Im Endeffekt entsteht dort ein spannender Markt. Ich beobachte also weiter. 

Aktualisiert am 04.03.2024 - 15:35 Uhr
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