Chizza
Gedankenspiele
vor 3 Jahren - 23.03.2021
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Kindernasen bewerten Parfums

Als Vater von zwei kleinen Kindern habe ich die nun nicht mehr hier vorhandenen Blogs, wie Kinder Parfum empfinden, gerne gelesen und hatte immer mal wieder vor, das aufleben zu lassen. Alleine als Hommage schon. Nun war es soweit; meine Frau ist in ihren neuen Job gestartet, zur Einarbeitung Vollzeit. Ich selbst nahm mir zwei Wochen Urlaub und kümmere mich nun um alles, also auch die Kinder. Heute kam mir dann die Idee, doch mal zu testen; die beiden Probanden I., sechs Jahre und männlich, sowie L., drei Jahre und weiblich, hatten Lust und sind sowieso interessiert. Eigentlich galt es, einen neuen Duft aus meinen Abfüllungen zu filtern, der meiner Frau gefallen könnte, das kam aber später und daraus folgt vielleicht ein zweiter Blog. Beide schnüffelten sich heute durch meine Sammlung, die bereits bei meiner Frau nicht immer auf Gefallen stößt.

Wir starteten mit Etruscan Water, ein sehr irislastiger, für mich aber herb-frischer Duft mit Tiefgang, mein Lieblingsbianchi.

I. meinte: „das riecht nach Kuchen und ist nicht so gut.“ L. schloß sich an, korrigierte sich aber direkt: „ich mag alle Parfüms von Papa.“

Das mit dem Kuchen, das kann ich tatsächlich irgendwo greifen, anscheinend gibt es außerdem häufig Zitronenkuchen wenn ich nicht zuhause bin.

Lonestar Memories war Nummer zwei und wurde als zu intensiv und wie Luft von draußen empfunden. Ich hoffe mal, es riecht draußen nicht so, wir wohnen eigentlich außerhalb der Stadt, L. mochte den Duft.

Das Adidas EdT stand alleine wegen des Namens hoch im Kurs bei I., er spielt Fußball und hat bereits seine Lieblingssportmarken. Eigentlich ist diese aber Puma, eben wegen des Pumas. Er versuchte diese Note von Düften aus diesem Jahrzehnt zu beschreiben, im Endeffekt mochte er das nicht. L. merkte an, der duftet nach Farbe aber sie mag das. Natürlich. Vermutlich meint sie Wasserfarbe da sie sich leidenschaftlich gerne selber anmalt und so gerne nach Wasserfarbe riecht.

Cilice wurde dann ausgewählt aufgrund des schönen Sprühers. I. meinte, es stinkt aber nur wenig und außerdem merkte er an, es rieche nach Mandarine. L. stieg ab hier größtenteils aus und widmete sich dem Malen mit Wasserfarben. Notiz für mich also: der Junge mag keinen Weihrauch. Mit sechs wohl ok.

Dann kam sein Favorit, Journey Man. Früher war das für ihn der Duft von Brathähnchen, er ist für ihn sehr intensiv aber im Endeffekt liebt er ihn. Mehrere Male griff er erneut zu ihm. Steht eigentlich bei mir auf der Kippe aber das hat sich nun wohl erledigt.

Bei Antaeus war ihm das Grauen ins Gesicht geschrieben, das stinkt für ihn. Ich erwähnte dass ich ihn heute drauf habe aber er blieb dabei und vertrat zu meiner Beschwichtigung die Meinung, mit Bart und Glatze kann man das tragen. Dem widersprach ich nicht.

Autoportrait roch für ihn nach Mandarine, er mag keine Mandarinen, Thema erledigt. Ok, dachte ich mir, was macht der Junge mit seinen Bleistiften dass die nach Mandarinen duften? Aber gut.

Cedro di Taormina ist ja artverwandt, besaß dessen ungeachtet aber den Bonus dass der Flakon laut I. wie ein Aquarium aussieht. Wie zu erwarten hatte er auch hier die Mandarine im Kopf. Langsam dämmerte es mir, dass er Hesperiden mit Mandarinen gleich setzt und er das nicht mag. Gut, ansonsten war die Zeder also raus.

Bei Anubis schüttelte er sich bloß und fragte mich mit entsetzter Mimik: „echt jetzt?“. Unfassbar, dass Papa den auch noch gerne trägt.

Weiter ging es im Kabinett des olfaktorischen Grauens für ihn mit Iron Duke. Beaufort entlockte ihm lediglich ein Zuhalten der Nase und die Aussage dass dieser Duft stinke. Auch hier zog er in Zweifel dass ich nur Düfte besitze, welche mir gefallen. In meinem für ihn hohen Alter von 34 Jahren lässt er mir das wohl als Altersschwäche durchgehen.

Nun endlich fand er einen Duft für sich und blieb dieser Richtung später treu: Arso. „Ein schöner Grasgeruch mit Gänseblümchen.“ ah.....ok....das überraschte mich. Egal, er mochte mal einen Duft, das zählte.

Royal Oud ließ ihn nur den Kopf schütteln, viel zu süß für ihn. Immerhin nicht die Mandarine, wie bei den anderen beiden Zederndüften.

Tuscan Leather empfand er als säuerlich, das behagte ihm nicht. L. stieg wieder ein und wollte bekunden dass sie diesen Duft wirklich liebt. Ohnehin, sie betonte es erneut, mag sie alle Düfte von Papa, nahm den Sprüher von Cilice und nahm einen tiefen Zug. Erstaunlich.

Jetzt kommt der schlimmste Duft für I.: Tobacco Oud. Das Gesicht wurde zur ablehnenden Fratze und man hörte nur: „riecht wie Müll.“ interessante Vorstellung: und was hast du heute so aufgelegt? Müll von Tom Ford. Manch einer mag jetzt Unken, Tom Ford bietet ja nur Müll (ich meine dich, F.! ;))

Interlude Man gefiel ihm noch vor einiger Zeit, jetzt fand I. Ihn zu intensiv. L. betonte hier noch mal dass sie den Duft mag. Alle anderen auch.

Ormonde Man kam dann wieder gut an, I. entwickelt ein Faible für Walddüfte. Allerdings sagte er auch: „riecht nach Mädchenkram.“ daraufhin stieg L. wieder ein: „Ist der für mich? Ich mag Mädchenkram.“

Burning Barbershop entlockte wortkarg nur ein: „Stinkt.“, das war aber zu erwarten. Rauch mag er wie vorher bemerkt nicht. Die anderen beiden Durgas in meinem Besitz würden ihm wohl zusagen, da diese in Richtung Wald gehen.

Godolphin hingegen flog raus, Stichwort Mandarine. Ehrlich, Mandarine? Ich muss mal mit ihm zum HNO, aber gut. Anscheinend entwickelt er ein Mandarinen-Trauma, die brauchen wir wohl nicht mehr zu kaufen.

Amber Teutonic mochte er sehr gerne, ein weiterer Waldduft. Auch hier roch er zwar Obst raus aber das war dennoch in Ordnung. I. besitzt ein spezielles Bewertungsmodell.

Royal Vintage fiel fast aufgrund der zitrischen Noten durch, behauptete sich aber dank der Zypresse und des Flakons: „sieht aus wie eine Laterne.“ Es handelt sich um den alten Flakon, muss ich anmerken.

Blackbird von Olympic Orchids folgte und wurde aufgrund der dunklen Flüssigkeit bereits positiv bewertet. „Riecht nach Mädchen“, ließ mich daran zweifeln ob das so bleiben würde aber nein, man mochte den Duft dann doch. L. warf erneut ein, sie auch, als sie fleißig pinselte. Aber sie mag auch alle anderen.

Dann kamen wir zum Egoiste, mein Favorit. Dieser roch I. zu sauer und er testete mehrfach als ihm klar war dass es mein Lieblingsduft ist. Aber nein, sein Herz gewann Chanel nicht. L. war hin und weg. Braves Mädchen.

London von Tom Ford roch für ihn fürchterlich, stank, den wollte man schnell los werden. Dieses Ergebnis war irgendwie vorhersehbar. Bei Tom Ford steht er also definitiv auf der Seite von bekannten, eher kritischen Parfumos hier.

Nun kam Oro 1920, den kannte er und wusste, der gefällt ihm auch. Natürlich tat er das. Ich bemerkte dass der Tuscan Leather doch ähnlich duftet. Er testete beide erneut und empfand Oro 1920 als frischer, Tuscan Leather als mehr Säure beinhaltend und das sorgte für die deutliche Differenz.

Megamare wurde mit Bananenbonbons verglichen, die mag er. Leider sind mir diese Bonbons unbekannt aber gut. Ich weiß auch nicht ob ich diese Bonbonsorte kennenlernen möchte. Megamare, das war insgesamt erstaunlich. L. malte vertieft aber wir alle kennen wohl ihr Urteil.

Hwyl wiederum - mittlerweile verständlich - gefiel ihm sehr aufgrund der Zypresse. I. bezeichnete den Duft als stark und frisch. Erdig oder waldig, nein, das fand er nicht. Fand er auch bei den anderen Walddüften eher nicht.

Die größte Überraschung war für mich Cuoio von Pal Zileri. Den würde er abkanzeln, klare Sache. Aber nein: „richtig gut, echt gut.“ Das verblüffte mich aber hinterfrage ich mal nicht. Ähnlich wie Oro 1920 ist er ja etwas strenger in Sachen Leder und baut keine Safrannote auf. Irgendwo hier muss der Grund liegen.

Ein anderer Lederduft, der hier häufig ausgesprochen gute Wertungen erhält, ist Colonia Leather. Dieser fiel desaströs durch, „einfach eklig“ war noch die freundlichste Aussage. Eigentlich auch die einzige, der Rest war wildes Gestikulieren. Der intensivere Auftakt wird ihn überwältigt haben.

Broken Theories als Rauchduft hatte von Anfang an keine Chance. Für I. roch er nach von allem zu viel, gefiel absolut nicht. Das ist nachvollziehbar denn die Melange aus all den Inhaltsstoffen ist schon nicht gerade monothematisch und durchaus fordernd.

Bowmakers, die Sache war klar, gefiel. Zypresse, da konnte nichts mehr schiefgehen. Außerdem empfand er die harsche Note am Anfang als frisch, was interessant war. Harze also ja, solange es kein Weihrauch ist.

Sandalwood Cologne fiel gnadenlos durch, der erinnerte ihn an Zitrone. Naja, immerhin nicht an Mandarinen. Zitronen mag er eigentlich aber wohl nicht den Duft sondern eher als eine Art Mutprobe beim Fisch.

Zuletzt kamen die beiden Sommerdüfte meiner Sammlung dran, Colonia Intensa und Esterel. Sein Fazit vor dem Testen: „die werde ich nicht mögen.“ Bitter aber er besitzt offenkundig klare Vorstellungen. Beide erinnerten ihn dann an Zitronenbonbons und das mag er nicht. L. schaltete sich ein und überraschenderweise gefielen ihr beide auch nicht. Aber sonst, ich wiederhole mich ;)

Das war also mein erster Test mit unseren beiden Kindern. Insgesamt habe ich kritisch gemerkt dass ich beim nächsten mal die Anzahl der Düfte verringern werde auch wenn wir uns Zeit gelassen haben. Das Faible für Harz- und Walddüfte war mir bisher unbekannt, was ich persönlich gut finde. Leder mag er nur ohne Safran und die Kopfnoten erinnern ihn - was verständlich ist - gerne an Mandarinen und Zitronen. Spannend dass er mit dem Leder nicht unähnlich zum Geschmack meiner Frau liegt, abgesehen vom Colonia Leather. Er wird also mein neuer Testballon. Zunächst gab es allerdings ein Eis.

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