Chizza
Gedankenspiele
Von Parfumo empfohlener Artikel
vor 7 Monaten - 19.09.2023
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MGO ist zurück - ein ausführlicher Test

MGO ist zurück - ein ausführlicher Test

Es muss der Albtraum jedes Freundes, Fans oder Interessenten gewesen sein als von heute auf morgen kein Duft mehr über die MGO-Seite zu beziehen war. Lediglich, das war sicher auch nicht jedem klar, über eBay fanden sich Angebote, es gab sogar neue Releases wie Shir Khan oder die ersten Moleküldüfte des Hauses. Meinen Palladium hätte ich hierüber wohl auch erworben, hätte dies nicht ein Freund für mich erledigt, welcher einen direkten Draht zu HGS pflegt. Nun öffnet MGO wieder seine Pforten - an neuem Standort, mit neuen Düften, sowohl im günstigeren Segment als auch mittelpreisig und etwas kostspieliger. Anlass genug, sich die neuen Düfte einmal anzusehen und einen Blog zu verfassen. Alleine schon, da ich nur positive Äußerungen über den Menschen Hans Georg Staudt von diversen Personen höre und das alleine ist eine Hommage wert:

Tobacco Leather landete zuerst auf meiner Haut, als bekennender Lederduft-Enthusiast war das von vornherein eindeutig. Dieses Machwerk wandelt sich, startet mit einer ungewöhnlich frisch-würzigen Rose, die eher grün wirkt, eher den Stiel verarbeitet hat. Hier wirkt nun das Leder, austariert, ein Hauch gourmandig, ganz weit hinten ruft für Augenblicke die Himbeere. Ohrenschützer auf also, wobei diese hier wirklich nur Beiwerk ist. Im Verlauf entscheidet sich dann das Oud, für holzige Nuancen zu sorgen, unterstützt durch ledrige Facetten und rundet Tobacco Leather ab. Ich selbst habe den Weihrauch nicht wahrgenommen, schade drum, dennoch ein netter Duft. Meine Lederpräferenz von MGO bleiben zwar eher rauere Werke wie Desperado aber das heißt nichts. Am ehesten erinnert mich Tobacco Leather an Falcon Leather.

Weiter mit Signature Oligarch, der muss einem gefallen. Mir zu viel Moschus, objektiv ein extrovertiertes Arrangement aus fruchtigen Noten bestehend, welche zu keiner Zeit aufdringlich oder zu künstlich werden. Hinzu kommt auch hier frischer Thymian, schöner Lavendel, zu Beginn eine nette Zitrik. Die Basis auch hier holzig, jedoch eher cremig, fast süßlich.

Oud Mukhallat präsentiert sich da schon anders, auf der Haut wärmend, fast heiß werdend wie Chili. Indisches Oud ja, aber nicht animalisch, eher ledrig, marginal ölig. Flüssiges Holz, sehr würzig. Selten so sanfte Ouds in Kombination gerochen, sonst quellen Düfte dieses Schlags heraus wie beim Öffnen der Büchse von Pandora. Mir einen Hauch zu introvertiert, dennoch klasse Werk!

Diplomat de Signature ist ein feiner Tabakduft, durch die holzig-harzigen Noten und die Zistrose schön akzentuiert. Dennoch, das muss ich sagen, erinnert mich der Beginn an die Tabak-Signature-Basis von La Via Del Profumo, die mir besser gefällt. Auch Egoiste-Vibes kommen bei mir auf. Das sammelt viele Pluspunkte bei mir, kann im Vergleich aber nicht gewinnen. Wer unvorbelastet ist: schöner Tabakduft, geht mir zumindest nicht aus dem Kopf.


Taif Imperial wird dominiert von - der Name verheisst es schon - der Taif-Rose. Diese wird hier spritzig in Szene gesetzt, wird sukzessive gesetzter und merklich durch die holzige Basis „eingefangen“. Einerseits leichte Creme-Nuancen besitzend, drängt das Oud ins Licht, steuert einen feucht-holzigen Ton bei, welcher dank Amber und auch Zeder trotz allem nichts von Dschungel hat sondern eher den Eindruck einer gediegenen Möbelpolitur macht. So wandelt sich Taif Imperial stark und trotz Rosen-Aversion finde ich den Duft wirklich gut! Die Basis ist hier übrigens sehr gefällig und angenehm.

Es geht weiter: Signature Ambassador duftet wie hochwertiges, edles Oud. Keine Spur von Dschungel oder archaischen Elementen. Gediegen wie ein Mahagonitisch, nur nicht so duftend aber in dieser Liga aufspielend. Das liegt sicher auch an dem Safran, welcher das Oud deutlich dominiert, und der zurückhaltenden Bittermandel. So weit eine gute Kombination, aber ohne Ecken und Kanten.


Apropos Safran: Majestic Saffron besitzt für mich eine der besten Safran-Noten im Auftakt, gar nicht kratzig oder künstlich sondern angenehm und fein durch die Orange untermalt. Für mich passiert danach zu wenig. Klar, es wird erdig und holzig, jedoch für mich zu wässrig, mir fehlt es an „Durchschlagskraft“, hätte aber Potential auch wenn der Duft sukzessive in Grüntöne übergeht.

Tonka Deluxe besitzt zweifellos eine nicht alltägliche Tonkabohnen-Note. Hier duftet es nach Gebäck, nach Bittermandel in moderat sowie deutlich nach Vanille. Die ersten Minuten muss ich an Midnight in Paris, sogar an Luna Rossa Black denken. Danach wird es leicht herber - jedoch nur kurz -, für mich gewinnt Tonka Deluxe damit an Tiefe und wirkt wie die Nischenversion der beiden genannten Designerkreationen. Edel und gefällig, das mögliche Credo.


Zuletzt und mit großen Erwartungen konnotiert: Sunshine Oud las sich spannend, der Name ist tatsächlich Programm. Spritzige Zitrik gepaart mit frischem Basilikum erfrischt das moderate Oud, erinnert mich von der Machart her an Yellow Lemon Tree, welcher allerdings auf eine stärkere und dumpfere Oudnote setzt. Hier haben wir fast minziges,  animalisch-holziges Oud, weswegen Sunshine Oud eigenständig ist. Die Idee gefällt mir gut, wird seine Liebhaber finden aber auch polarisieren. Dieser Duft trifft nicht ganz mein Gusto aber hier wurde sich mehr getraut, wenn ich diese Mutmaßung proklamieren darf.

Kommen wir zum preiswerten Segment: MGO verfügt seit einiger Zeit über Moleküldüfte, seit kurzem sogar über relativ viele. Ich kenne nicht alle, daher kann ich nur sagen dass First Molekül wie das Pendant mit dem englischen Namen duftet, wahrscheinlich nur wie angedeutet preiswerter. Ease Guaiac Wood ist mir ebenfalls bekannt; besitzt holzigere Akzente, wirkt intensiver und zugleich auch frischer. Diese Kreationen werden sicher ihre Liebhaber finden.

Zuletzt: es gibt zwar keine Neuveröffentlichungen was seine Attars anbelangt, dennoch sollten diese hier Erwähnung finden. Die Reihe scheint unbekannter zu sein, HGS tritt hier den Beweis an dass schöne und vor allem zugleich hochwertige Ouddüfte auch aus Deutschland stammen können. Attar No. 1 beispielsweise ist eine schöne indisches Oud-Rose-Kombi, welche nicht neu sein mag, hier aber sehr fein ausgeführt worden ist, nämlich dunkel, leicht rosenrostig. Meine Favoriten sind Nummer 8 und 9, Ich meine, wirklich erhältlich ist noch No. 3; hier ist das indische Oud stärker, dafür werden intensivere Gegenpole aufgeboten, welche für Balance sorgen.

Was mich vor Beginn des Testens interessierte, war, wie HGS ähnlich zu lesende Düfte arrangiert so dass die Kompositionen ganz andere sind und ja, das ist ihm gelungen. Das Addieren und Subtrahieren mancher Ingredienzen führt zu absolut anderen Ergebnissen.
Was ich spannend finde, ist die Diversifikation des MGOschen Duftkosmos. Wenn man sich nur mal überlegt, ein Tobacco Leather, auf der anderen Seite hausinterne Klassiker wie den Pour Homme, mehr Vintage geht heute kaum. Oder das feminine Pendant, wieder eine ganz andere Richtung, eher milchig-sanft, floral, unbedarft.
Dennoch bleibt für mich Palladium das MGO-Maß aller Dinge. Diese ungestüme Kreation, in alle Richtungen drängend, sich ausbreitend und alles verschluckend. Doch nicht für jeden scheint Palladium etwas zu sein und ich verstehe das, die ersten olfaktorischen Eindrücke entsprechen den ersten Blicken auf Picassos Guernica.
Die neuen Werke sind all das nicht sondern - wie bereits kurz erwähnt - edel wirkend und gefällig.

Also: schön dass MGO zurück ist und erneut eine Vielzahl von sehr unterschiedlichen Düften veröffentlicht hat. Manch typische Inhaltsstoffe das Label betreffend, finden sich weiterhin prominent in den Duftnotenverzeichnissen. Ich kenne ihn nicht persönlich doch hört man von einem großzügigen, freigiebigen und feinen Charakter. Preislich sehr fair, neuerdings sogar via Samplekit mit der Möglichkeit, ausgiebig zu testen. Dazu möchte ich abschließend raten.

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