Wenn man nach Weihnachten genug vom Süßkram hat. Oder: Frische Düfte im Winter

Wenn man nach Weihnachten genug vom Süßkram hat. Oder: Frische Düfte im Winter

Eden-RocEden-Roc - Mit diesem Duft ging alles los: Ich habe ihn vorletzten Winter, genauer in der Adventszeit 2021, für mich entdeckt. Damals hatte ich mir einen Adventskalender mit Abfüllungen zusammengestellt und jeden Tag einen neuen Duft getestet und getragen. Eigentlich hatte ich den Duft basierend auf den angegebenen Noten gedanklich in den Sommer geordnet, ihn aber trotzdem im Dezember probegetragen. Gefallen hat er mir auf Anhieb gut, besonders weil er für mich einen wirklich angenehmen unisex-Charakter hat. Besser noch als beim Tragen gefiel er mir dann am nächsten Tag, als mir seine Reste aus meinem Schal in die Nase stiegen. So kam die Abfüllung in dem Winter dann noch mehrmals zum Einsatz, um mich und natürlich auch meinen Schal zu beduften. Interessanterweise hat das in meinem Kopf eine unterbewusste Verbindung zwischen dem Duft und dem Schal, sprich der kalten Jahreszeit, geschaffen. Im Sommer habe ich den Flakon (den ich mir dann zeitnah zugelegt hatte) zwar mit ausgepackt und zu meiner Sommerduftgarderobe gestellt aber quasi nie angerührt.

Auch durch Serafinas wunderbaren Wanderbrief zum Thema Winterfrische habe ich gelernt, dass es noch weitere tolle Düfte gibt, die einen frischen Charakter haben, aber dennoch gut mit der kalten Winterluft harmonieren und auch bei niedrigen Temperaturen eine schöne Entfaltung zeigen und gut zur Geltung kommen. Besonders waren mir aus diesem Brief "Nord du Nord | Wiener Blut" und White Moss & SnowdropWhite Moss & Snowdrop in Erinnerung geblieben. Bis dahin hatte ich gedanklich immer noch die Vorstellung, dass ich frische Düfte nur im Sommer tragen möchte, weil ich mit Winter die warmen, würzigen und süßen Noten verbinde. Tatsächlich ist es aber viel mehr so, dass das hauptsächlich auf die Zeit vor Weihnachten zutrifft. Da möchte man schonmal nach Lebkuchen, Keksen, Schoki, Gewürzen und anderen gourmandigen Leckereien duften. Nach Weihnachten geht es mir beim Parfum dann ganz ähnlich wie beim Essen/Naschen: Ich bin fürs erste mit Süßkram abgefüllt und könnte etwas Abwechslung, "frischen Wind", vertragen.

Also lange Rede, kurzer Sinn: In diesem Winter hatte ich mir vorgenommen, ein paar weitere Freshies auf ihre Wintertauglichkeit zu testen. Ich fände es einfach schön, wenn ich noch andere kühle und frische Düfte für mich entdecken könnte, die mir dann in meiner Januar/Februar-Duftgarderobe eine willkommene Abwechslung nach der süßen Weihnachtszeit bieten können. Dabei stand für mich nicht nur im Fokus, ob mir der Duft an sich gut gefällt, sondern auch, ob er sich für den Winter "passend" anfühlt, was natürlich sehr subjektiv ist. Eine Auswahl an infrage kommenden Abfüllungen hatte ich mir jedenfalls bereitgelegt, sodass ich bei Lust auf einen frischen Duft nur zugreifen musste. Der Winter in diesem Jahr war in den hiesigen Gefilden recht mild (so kam es mir zumindest vor), aber einige Tage mit schönen knackigen Minusgraden waren auch dabei. Außerdem gab es noch zwei ausgewachsene Erkältungen in nur zwei Monaten. Unnötig zu sagen, dass während dieser Zeit, in Ermangelung eines funktionierenden Riechorgans, kein Testen möglich war. Einige Freshies sind aber tatsächlich zum Einsatz gekommen und ich habe meine Eindrücke und Gedanken (für die Nachwelt) festgehalten:

Eden-RocEden-Roc habe ich auch in diesem Winter mehrmals getragen und besonders die Duftreste auf Kleidung und Schal wieder sehr genossen. Sowohl männliche und weibliche Kollegen haben mich darauf angesprochen, was meiner Meinung nach den Unisex-Charakter des Duftes bestätigt. Besonders die mineralischen und salzigen Noten umschmeicheln meine Nase immer sehr angenehm und harmonieren wunderbar mit der kalten Winterluft. Die Haltbarkeit ist auf meiner Haut ziemlich gut, vor allem, wenn man bedenkt, dass es sich um einen frischen Duft handelt. Im Drydown kommt für mich eine gewisse Wärme mit durch, die ich nur schwer beschreiben kann. Was soll ich sagen? Nach wie vor große Liebe ❤

Balade SauvageBalade Sauvage, ein weiterer Frischling aus dem Hause Dior, der mit seiner Unisex-Eleganz zu beeindrucken weiß, begleitete mich an einem Tag, als die Erkältung schon im Anmarsch war. Ich kann nicht sagen, ob ich ihn deshalb nur so dezent wahrgenommen habe, oder ob er in Haltbarkeit und Sillage eher zurückhaltend ist. Mein Umfeld hat ihn jedenfalls wahrgenommen, meine Kollegin aus dem Nachbarbüro sprach mich sogar darauf an. Ich hatte Balade SauvageBalade Sauvage und Eden-RocEden-Roc an zwei aufeinanderfolgenden Tagen getragen und sie hielt beide für den selben Duft. Feige ist für mich in Düften oft schwierig, daher gibt es hier schon mal den Pluspunkt, weil ich das beim Tragen zu keinem Zeitpunkt so empfand. Ich werde ihn sicher noch mehrmals tragen müssen, bevor ich mir hier eine endgültige Meinung bilden kann.

Jo Malone ist ja was frische Düfte angeht eine Institution, weshalb einige Vertreter der Marke ihren Wintereinsatz bei mir hatten:

Blackberry & Bay (Cologne)Blackberry & Bay Cologne ist schon länger Teil meiner Sammlung und ich muss gestehen, er bekommt nicht genug Aufmerksamkeit. Gerade im Sommer sieht er immer nur zu, wie ich fleißig zu Wood Sage & Sea Salt (Cologne)Wood Sage & Sea Salt Cologne greife. Vielleicht ist der Winter eher seine Zeit zum Glänzen? Die grün-herbe Note vom Lorbeer bringt auch hier diesen Unisex-Charakter mit, der die fruchtige Beere nicht süß werden lässt. Er wirkt energetisierend und erfrischend. Wo mich Wood Sage & Sea Salt (Cologne)Wood Sage & Sea Salt Cologne and Strand und Meer denken lässt, weckt Blackberry & Bay (Cologne)Blackberry & Bay Cologne eher das Bild von windiger Steilküste. Ich hätte es nicht erwartet, war aber beim Tragen positiv überrascht, dass er auch im kühlen Wetter so schön wirken konnte.

Pomegranate Noir (Cologne)Pomegranate Noir Cologne ist vielleicht nicht der typische Frischling, aber strahlt für mich diese Kühle aus, weshalb er mir als Testkandidat geeignet erschien. Die Abfüllung hatte ich schon zuvor einige Male getragen, jedoch konnte er mich nie richtig begeistern. Und so war es auch diesmal. Der Duft wirkte auf mich schon immer kühl, distanziert und unnahbar und in der kalten Winterluft verstärkte sich dieses Gefühl noch. Die fruchtige Note vom Granatapfel mag ich zwar, aber Patchouli ist einfach nicht so meins. Generell hatte ich beim Tragen immer den Gedanken, das dieser Duft eher was für den Abend sein könnte.

Salty AmberSalty Amber habe ich als Abfüllung und vor einiger Zeit mal probegeschnuppert, aber noch nie getragen. Diesen Winter kam er nun endlich (sogar mehrmals) zum Einsatz. Da die Jo Malones meist nicht sehr potent sind, habe ich immer großzügige 6 Sprüher auf Haut und Kleidung verteilt. Der Duftcharakter passt gut in mein Beuteschema: Maritim, frisch, salzig und gleichzeitig ist da auch eine etwas dunklere und wärmere Seite mit dabei. Der Duft, der mir beim Tragen im Laufe des Vormittages immer wieder in die Nase stieg, gefiel mir gut und ich habe mich auch wiederholt ertappt, wie ich am Handgelenk schnuppern musste. Die Haltbarkeit war leider nicht so gut, aber ein Layering mit einem Molekülduft könnte ich mir hier ziemlich gut vorstellen. Tatsächlich sehe ich ein Wunschlistenpotenzial, bin mir aber noch nicht ganz sicher, ob er mir vielleicht an warmen Tagen gar noch besser gefallen würde. Das werde ich noch herausfinden.

Forest MossForest Moss hatte ich zuvor noch nicht probiert, aber mit seiner Einordnung der Community in frisch-grün hat er sich als Frischling qualifiziert. Für meine Nase bringt er eine recht bekannte DNA mit und obwohl ich ihn nicht unangenehm zu tragen fand, stand mein Urteil relativ schnell fest: Er passt in jede andere Jahreszeit besser, als in den Winter.

Wild Bluebell (Cologne)Wild Bluebell Cologne konnte mich bisher nicht so recht überzeugen, aber als mir die Abfüllung wieder in die Hände kam, dachte ich: "Vielleicht passt es ja im Winter mit uns beiden". Frische, zarte Blumen, ein Hauch Grün und aquatische Anklänge. Eigentlich nicht das, was ich sonst im Winter tragen würde, aber es passte wider Erwarten erstaunlich gut. Ein kleiner zaghafter Vorgeschmack auf den Frühling. Eine Kollegin, die für eine Besprechung in mein Büro kommt, fragte mich sogar nach einer Weile, was ich da dran habe, weil es so angenehm riecht. Hier würde ich mich vermutlich bei einem guten Angebot sogar zu einem Flakonkauf hinreisen lassen. Einziger Minuspunkt, wie bei den meisten Jo Malones: die Haltbarkeit.

"Nord du Nord | Wiener Blut" hatte ich ja aus dem Wanderbrief sehr positiv in Erinnerung, sodass ich meine Probe nun mal dem Kältetest unterziehen wollte. Schon der Name passt ja ganz wunderbar ins Konzept. Der Duft ist frisch und kühl durch Minze und Eukalyptus, und hat, wie meine Kollegin bei solchen Düften immer sagt, eine "öffnende Wirkung". Gerade bei einer Erkältung ist das vermutlich gleich nochmal so angenehm. Gleichzeitig sind da leichte harzige und tannig-grüne Aspekte, die mir eine Mischung aus Spa und Wald vermitteln. Alles in allem passt das für mich gut in die kalte Jahreszeit und kommt auch in der kalten Winterluft wunderbar zur Geltung. Leider kann mich der Duftcharakter an mir persönlich nicht so ganz überzeugen. Ich konnte mich beim Tragen nicht mit dem Duft identifizieren. Zwischen "der Duft gefällt mir" und "so möchte ich riechen" verläuft manchmal eben auch noch eine Grenze.

Meine Parfum-affine Kollegin aus dem Nachbarbüro hatte mir gesagt, dass sie in einem Video von Jus de Rose den "Une Nuit à Montauk - Nothing but Sea and Sky | Une Nuit Nomade" gesehen hat und von der Beschreibung so angetan war, dass sie sich direkt einen kleinen Flakon bestellt hat. Auf die Frage, ob ich von dem schon mal gehört habe, konnte ich antworten, dass ich sogar eine Probe zu Hause habe. Als ich ihn am nächsten Morgen fix raussuchte, um ihn zum Probieren mit zur Arbeit zu nehmen, entschied ich spontan, dass der vielleicht auch in das Konzept der Winterfreshies passen könnte. Ohne Umschweife wurde er also aufgetragen. Der Duft an sich ist nicht schlecht, hat mich aber auch nicht vom Hocker gehauen. Leider hielt er bei mir kaum bis Mittag. Meine Kollegin mochte ihn auf ihrer Haut auch nicht und beschloss, den bestellten Flakon postwendend zu retournieren. Auch ich muss sagen, dass er tatsächlich viel eher ein Sommerfreshie ist. An warmen schwülen Sommertagen würde er für meinen Geschmack besser zur Geltung kommen. Da kann man diese frische salzige Prise direkt mit Meer und Strand assoziieren. In der kühlen Umgebung wirkt er leider recht synthetisch und sogar die Assoziation Schweiß stand im Raum. Die schwache Haltbarkeit ist mir noch ein zusätzliches Haar in der Suppe.

"724 | Maison Francis Kurkdjian" hatte ich mir nach dem Erscheinen als Sharing-Abfüllung ergattert, und nach kurzem Testen mit Frühling abgestempelt, sodass er noch auf seinen ersten Einsatz wartete. Mit meiner Kollegin von nebenan hatte ich über Sauber-Düfte gesprochen und da kam mir dieser wieder in den Sinn, weil er mich so an frische weiße Wäsche erinnerte. Kurzerhand holte ich ihn also am folgenden Morgen raus, um ihn meiner Kollegin vorzuführen. Sie war von der Duftwolke, die ich im Gang hinterließ hellauf begeistert und landete bei der Suche nach dem Ursprung des Duftes in meinem Büro (wo auch sonst? Wir sind ja meist die einzigen beiden Quellen des Wohlgeruches -wahlweise auch der Geruchsbelästigung- auf dem Gang). MFK ist ohnehin eine Marke, die sie sehr schätzt, sodass mich ihre Begeisterung nicht zu sehr überraschte. Auch als ich ihn in der folgenden Woche nochmal trug, war sie wieder hin und weg. Und mir ging es übrigens genau so: Ein Flakon muss nun bald her. Der Duft hat für mich allerdings nicht diese knackige, kühle Frische, die ich sofort mit Winter verbinden würde. Ich sehe hier viel mehr das Potenzial zum Immergeher. Auch wenn ich überrascht bin, wie schön er in der kalten Winterluft wirkt und wie er meine Stimmung an den grauen Wintertagen gehoben hat, aber in ihm steckt noch weit mehr als das.

Un Dimanche à la CampagneUn Dimanche à la Campagne kannte ich schon aus einem Wanderbrief und seither wartete meine Abfüllung auf ihren großen Einsatz, der nun im Winter stattfand. Die herben Noten der Kräuter gepaart mit der spitzigen Zitrik wirken erfrischend, klar und kühl. Auch beim Tragen mochte ich den Duft noch so gern, wie beim Testen im Wanderbrief, leider fühlte er sich aber im Winter ziemlich deplatziert an. Für mich stellt er eine kühle Erfrischung, wie eine eisgekühlte Kräuterlimonade an heißen Sommertagen, dar. Mit so einer Assoziation kommt er für mich also ganz eindeutig nur als Sommerfreshie in Frage.

Mein Fazit: Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass frische Düfte im Winter funktionieren können und eine wunderbare Abwechslung darstellen. Für mich persönlich scheint sich heraus zu kristallisieren, dass es gar nicht nur um den Duft selbst geht, sondern überwiegend um die individuelle Assoziation. Weckt ein Duft in mir Erinnerungen an sommerliche Eindrücke wie Strand und Meer und andere sommertypische Dinge und Situationen, wirkt er plötzlich "unwinterlich". Ziemlich spannend. Ich habe wieder viel darüber gelernt, wie meine Duftwahrnehmung funktioniert und kann nun für mich passende Winterfreshies schon besser eingrenzen. Ich werde jedenfalls weiterhin nach frischen Düften Ausschau halten, die gut in die kalte Jahreszeit passen, denn der nächste Winter kommt bestimmt ❄

Und ihr so? Tragt ihr frische Düfte im Winter? Wenn ja, welche?

Die Bilder sind von Hans auf Pixabay

Aktualisiert am 05.03.2023 - 05:19 Uhr
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